1010-r Vaier nichk, geh', frag' Deine Mutter und dann tafj oder tu'. tvas die sagt!" Und die Liest sagte zu ihrem Kinde: ..Bleib bei Deinem Vater, denn er braucht in der schweren Stunde, die seiner harrt, eine liebe Hand, die ihm die Augen zudrückt." Der Liesi Tochter blieb bei ihrem Vater. Der Findling aber erlebte durch das Leben, das mannig- ffa'ch ist, die Offenbarung und lernte den Willen des Alten- berger Herrn und des Fremden verstehen. Durch ein Unglück im Steinbruch war eine arme Frau mit ihre» kleinen unmündigen Kindern Wittib geworden. Und was das Weib bekam als Entgelt ihres Ernährers, war eine empörende milde Hungergabe. Da wußte der Findling, daß sein Erbe für die Notdurft der Unglücklichen aufkommen mußte. So mußte er den Hof verwalten, den Armen und Notdürftigen sollte Hilfe werden, er aber wollte ein Arbeiter sein im Weinberge des Herrn. Also bezog er den Meierhof mit seinem Weibe und dem Simon wie der Liesi. Am Sonntag ging es mit dem bekannten Trara und Pfiff im Wichs der lebenslänglichen Fräcke und Zylinder der Gutenburger zur neuen Ovation des Bürgermeisters. Wie tranken sie da wieder, die Wackeren! Als aber der Abend kam. und die schwankenden Gestalten sich ihren Penaten wieder nahten, ging in Gutenburg der Tod um und suchte eine reife Frucht. Und da er den Erhard sah in der Höhe seines Lebens- Ruhmes und in der Nähe des anstürmenden Pereat und Falles, da dachte er einen Helden zu machen, würdig des Nachruhms und der Geschichte. Darum kam den Erhard die Schwäche wieder an. als er zu Bette wollte. Und als die Madien ängstlich auf den Mann starrte, der kreideweiß mit geschlossenen Augen in den Kissen lag, kam der Tod, uin den Erhard vor dem Falle zu bewahren. Als aber der Tod die wehe Furcht des Mädchens vor dem Bette des Sterbenden sah. ließ er noch einmal den Odem des Lebens sich in den Kranken ergießen. Der Erhard schlug die Augen auf. und als er die Furcht der Madien, seines unehelichen Kindes, sah, lächelte er und «sagte: Ah bah, mußt kcire Angst haben, es macht nichts, eS geht vorüber!" Da lächelte die Madlen traurig und nickte dem kranken Manne zu. Der aber sagte mit leiser, ersterbender Stimme, die weither aus der Ferne zu kommen schien: Bist ein liebes Kind, Madlen, auch Deine Mutter ist gut!" Da griff es dem Erhard kalt in die Kehle, und er machte sroße, horchende Augen, und als er verstand und den Tod neben der Madlen sah, da ergriff er die Hand des Mädchens und sagte leise: Ich glaubr, ich muß gehen, grüße Deine." Er redete nimmer, gradaus schaute er, dann murmelte er noch:Es war ein schöner Tag heut." Und dann schaute er unverwandt auf sein Kind, und langsam, langsam erlosch um ihn alles Licht, und die Finster- nis des Vergessens kam über ihn, und wie ihm sein Kind vor den, Auge entschwand, zerging haltlos sein Leben, und der Erlöser Tod nahm, was sein eigen. Die Gutenburger begruben ihren Bürgermeister und Meierten ihn als Helden, und heute noch erzählen Väter ihren Kindern von der Größe des Erhard. Als der Erhard neben seinem Eheweib draußen auf dem Friedhof Seite an Seite ruhte und gleich den vielen anderen ein stummes Wort in der Sage der Vergangenheit des Städt- leins bedeutete, zog der Findling mit seinen Leuten auf dem Meierhof auf. Er selbst führte den Wagen durch Gutenburg, und sein Eheweib, die Madlen. ging neben ihm. Weiter hinten folgten der Simon mit seiner Tochter und Enkelin. Und wie die Waldhütersleute so durch das Städtlein zogen, schien es. als sei eine alte Generation gegangen und käme eine junge. Junges Leben, dem das alte wich, um zu bauen auf den Trümmern, die fielen, als der Kampf tobte. Heute Totenwagen mit gefallener Frucht und morgen 'Hochzeitsgut, obenauf schaukelnd und wippend die Wiege: gestern der Erhard mit viel schwarzem Gepränge und nur wenig wehen Herzen, nun der Aufzug des Findlings. Hoffens- seligkeit im Herzen und Liebe, junge Liebe K>ie gärend'tt Wein. So war das Leben zu schauen in jenen Tagen, als der Findling in die tätigen Mannesjahre einging. Und gleich einer guten Hoffnung kam der erste Schwärm Zugvögel von Süden her und zog frühlingverkündend über Gutenburg in> das Land hinein.__ drafbiiua. Ein japanisches Märchen von Lafcadio Hearn  . Uebersetzt von Fritz Müll er-Zürich. Vor vierzchnhundert Jahren war es, dn verließ ter junge Fischer Urashima Taro in seinem Boot den Strand von Suminoye. Es war an einem Sommcrtag wie heute verträumt und zartblau, nicht strahlend hell, weil blütenwejße Wollen über dem Meere hingen. Auch die Berge waren wie heute weiche blaue Linien zerflossen am fernen Himmel, und so müde waren die Lüfte. Auch Urashima war müde und ließ sein Boot beim Fischen treiben. Ein merlwürdiges Boot war das. keine Farbe daran und kein Steuerruder, von einer besonderen Gestalt, wie du sie noch nie gesehen hast. Nur vor den alten Fischerdörfern, an der Küste des Japanischen Meeres, gibt es noch heute, nach vierzchnhundert Jahren, solche Boote. Lange saß Urashima an seiner Angel. Endlich zuckte es. Aber als er sie heraufzog, loar es nur eine Schildkröte. Nun find Schildkröten dem Herrgott geweiht. Sie haben ein langes Leben, wohl tausend Jahre, manche sagen zehntausend. Sie zu töten wäre Frevel. Sanft löste der Fischer die Schildkröte von seiner Leine und gab ihr die Freiheit mit einem Gebet an die Götter. Dann aber fing er nichts mehr. So heiß war der Tag, so still war Meer und Luft. Kein Leben regte sich ringsumher. Eine große Müdigkeit kam über ihn, und er schlief ein in seinem treibenden Boot. Auf einmal stieg aus der träumenden See ein wunderschönes Mädchen. Von Purpur und Azur war ihr Gewand, lange schwarze Haare flössen über ihren Rücken bis auf die Füße herab, so wie bei den Fürstentöchtern vor vierzehnhundert Jahren. Ueber das Wasser glitt sie daher, so weich wie Luft, beugte sich über den schlafenden Fischer im Boot und weckte ihn mit/eiser Hand. Fürchte dich nicht", sagte sie.Mein Vater. Rt Meerkönig. schickt mich zu dir, weil du ein gütiges Herz hat. Einer Schildkröle hast du heute die Freiheit gegeben. Komm mit mir in meines Vaters Palast auf der Insel, wo der Sommer niemals stirbt. Da, will ich dein Weib sein und mit dir unter Blumen glücklich leben." Voll Staunen und Bewunderung sah sie Urashima an. Denn, sie war schön über alle Maßen. Er konnte sich nicht helfen, er mußte sie lieben. Dann nahm sie ein Ruder und er das andere, und sie fuhren zusammen, gerade so, wie heute noch die Fischer an der westlichen Küste, Mann und Frau, zusammen rudern, wenn die Boote im Abendgolde leuchten. Sanft und still glitten sie dahin über das stille blaue Wasser. dem Süden zu, bis sie zu dem Eiland kamen, wo der Sommer niemals stirbt. Langsam stieg der niedere Strand der Insel aus den blauen Wellen auf. Spitze Dächer hoben sich über immergrünes Laub. Das war des Meerkönigs Schloß, herrlich wie der Palast des Mikados Duriakn vor vierzehnhundert Jahren. Seltsame Diener empfingen sie da in festlichen Gewändern Geschöpfe des Meeres, die Urashima willkommen hießen als den Eidam ihres Fürsten  . So wurde des Mccrkönigs Tochter Urashimas Braut. Es war eine Hochzeit von wundervollem Glanz, und der Palast widerhallte von Lust und Freude. Täglich sah Urashima neue Wunder der tiefsten Tiefe, aus den des Königs Diener sie zum Lichte brachten, Wunder jenes Zauber- landes, wo der Sommer niemals stirbt. Drei Jahre flössen so dahin. Aber in all dieser Zeit lags dem Fischer schwer am Herzen,, wenn er an Vater und Mutter dachte, die auf ihn warteten. Sc» bat er endlich die Geliebte, aus«ine kleine Weile nur möge sie ihn ziehen lassen, ein Wort nur wolle er seinen Eltern sagen, und gleich wieder komme er zurück zu ihr. Da«begann sie zu weinen; lange weinte sie ganz still vor sich hin. Endlich sagte sie zu ihm:Weil du nun gehen willst so muß ich dich ziehen lassen. Aber ich fürchte mich so sehr; ich habe Angst. wir werden uns niemals wiedcrsehen. Eine kleine Schachtel nimm jedoch von mir. Sie wird dir helfen zu deiner Wiederkehr, wenn du befolgst, was ich dir sage: Mach sie niemals auf. Ueber alles in der Welt, mach sie nicht auf was immer dir auch begegnen mag! Denn wenn du sie öffnest, kannst du niemals wieder zurückkommen» und nie mehr sehen wir uns wieder." Darauf reichte sie ihm eine kleine buntbemalte Schachtel. Sie war mit einer seidenen Schnur verschlossen.(Bis auf den heutigen Tag zeigt man diese Schachtel im Tempel von 5kanagawa an der Meeresküste, und die Priester haben Urashimas Angelleine aufbc- wahrt und seltsame Juwelen, die er mit sich brachte von der Insel des Meerkönigs.) Aber Urashima tröstete seine Fran und versprach, niemals das Kästchen zu öffnen, niemals die seidene Schnur zu lockern. Tann