-

155

-

ganzen Welt abhing, und wenn die Sache ihn auch ein wenig an- engsten Zusammenfühlen mit ihnen haben berffreudige Meiffer griff, so wollte er doch der Welt seine guten Dienste nicht vorent des Hammers, das alte Handwerk erneuernd, eine neue Schmiedes halten. tunst geschaffen.

Als nach Beendigung des Hauptgottesdienstes der prächtig an- Es ist nun freilich noch nicht alles, was in dieser Ausstellung gezogene, glatt gescheitelte Diakon das Barenlied" Biel Jahre lang" au sehen ist, mustergültig. Es gibt sogar noch einige Gegenbeispiele, anstimmte und der Sängerchor mit seinen herrlichen Stimmen me- die fich hierher verliefen. So einen Feuerbod, der wuchtig gea lodisch einfiel, ließ Nikolaus seinen Blid durch das Gotteshaus schmiedet scheint( beschnurrbartete Drachen), und der mit einer schweifen und bemerkte an einem der Fenster die Relidowa mit Hand hochzuheben ist aus Blech. Es gibt auch noch Reliefs, mis ihren prächtigen Schultern. Er verglich fie noch einmal mit dem der Hand getrieben, schwierige, aber völlig verfehlte Arbeiten; es jungen Mädchen von gestern, und der Vergleich fiel nicht zugunsten ist eine Bergeudung an Energie, hämmern zu wollen, was der der fleinen Schwärmerin aus.

Nach dem Gottesdienst begab sich Nikolaus zur Kaiserin und brachte, mit seinen Kindern und seiner Gemahlin scherzend, einige Minuten im Familienkreise zu. Dann ging er durch die Eremitage zum Hausminister Wolfonskij und wies ihn unter anderem an, aus seiner Privatschatulle der Mutter des jungen Mädchens von gestern eine Jahrespension zu zahlen. Bon dort aus unternahm er feinen gewohnten Spaziergang.

Das Diner wurde an jenem Tage im Pompejanischen Saale eingenommen; außer den jüngeren Söhnen des Zaren und des Großfürsten Michail waren der Baron Lieben, Graf Rzewuski, Dolgoruki , der preußische Gesandte und der Flügeladjutant des Königs von Preußen zur Tafel geladen.

Während die Gäste die Ankunft des Kaijerpaares erwarteten, hatten Baron Lieben und der preußische Gesandte miteinander ein interessantes Gespräch über die letzten alarmierenden Nachrichten, die aus Polen eingegangen waren.

Polen und Kaukasus sind die beiden Krebsgeschwüre Ruß lands," sagte Lieben. Wir brauchen ungefähr 100 000 Mann in jedem der beiden Länder."

Der Gesandte stellte sich höchst verwundert über diese mit­

teilung.

Polen , meinen Gie..." fagte er. " Jawohl, es ist ein Meisterstück Metternichs, uns diese Last aufgebürdet zu haben

In diesem Augenblid trat die Kaiserin mit dem wadeInden Kopfe und dem erstarrten Lächeln im Gesichte ein, und gleich nach

ihr tam auch Nikolaus.

Bei Tisch erzählte Nikolaus von der Waffenftredung Chadschi Murats. Er fügte hinzu, daß der Krieg im Rautajus nun wohl bald infolge seines Befehls, die Bergbewohner durch Niederschlagen des Waldes und Errichtung eines Feftungsgürtels zurüdzudrängen, ein Ende nehmen werde.

Der Gesandte warf dem Flügeladjutanten einen Blid au; noch an diesem Morgen hatten sie miteinander über die unglüdliche Schwäche des Baren, fich für einen großen Strategen zu halten, ge­sprochen. Jeht erging fich der Gesandte in lauten Lobeserhebungen über den Kriegsplan des Baren, der wieder einmal seine glänzende strategische Begabung ins rechte Licht geseht habe. ( Fortsetzung folgt.)

Schmiedeeifen.

( Ausstellung im Kunstgewerbemuseum.)*)

100

Gibt es etwas, was den Willen zur Form deuilicher zum Ausdruck brächte, als das der Hammer tut, der mit schweren Schlägen das Eisen bändigt? Der Schmied, der den kantigen Stab dehnt oder staucht, fich biegen und winden macht, der ihn spaltet, der einen an den anderen schweißt, einen durch den anderen hin­durchsteckt, der Schmied ist ein prachtvolles Symbol vom Siegen der bildlichen Vorstellung über die Bähigkeit des Stoffes. Leider war uns der Anblid solcher muskulösen Leidenschaft während der lebten Jahre nur selten gegönnt; die Schmiedekunst war durch den Guß und durch eine Reihe anderer Surrogate, vor allem durch das maschinelle Stanzen von Blechen, verdrängt worden. Zu einem Teil hatte sie fich auch selber Schaben zugeführt; sie hatte die Mög­lichkeiten ihres technischen könnens überspannt, sie ergözte sich im Wetteifern mit der natürlichsten Natur. Die Echmiede machten aus Eisen Rosen, die wie gewachsen aussahen, und Weinlaub, das ein wahres Wunder zu sein schien, dabei aber jede Spur des Eiser nen verloren hatte. Das waren für die Kunst des Schmiedens öde Zeiten. Nun soll es wieder besser werden. Die Ausstellung, die im Lichthof des Kunstgewerbemuseums( besorgt durch den Direktor Peter Jeffen, aufgestellt durch den Architekten Hans Bernoulli ) zur Schau steht, zeigt, daß auch die Schmiedekunst an dem Wieder erwachen der Handwerke teilnimmt. Die Ausstellung zeigt zugleich, daß die handwerkliche tüchtige Schmiedekunst, so sehr sie auch ihr technisches Können den alten Meistern entlehnt; sehr gut die aus der Gegenwart geborenen Formen zu zwingen vermag. Moderne Architekten haben sich in das Wesen des Eisens hineingelebt, im

*) Am Sonntag, den 25. Februar, wird der Schmiedemeister Julius Schramm durch die Ausstellung führen. Fachgenossen und Freunde des Handwerks find eingeladen. Versammlung pünktlich um 11 Uhr in der Vorhalle des Museums,

Pinsel viel leichter leisten kann. Man soll aus Metall: teine Bilder schlagen. Auch sonst ist mancherlei nicht ohne Einwand an zusehen. Das große Tor, das in der Mitte des Lichthofes steht, ist gewiß ein anerkennenswertes Stück; doch wirkt es so merkwürdig dünn und trotz der Bronzierung im peinlichen Sinne billig. Das liegt an einem Doppelten; einmal wurden in der Tat dort Bleche verwandt, wo man nach dem Augeneinbrud massives Eisen ber muten würde, zum anderen gibt die Berteilung der Gitterfelden einen streifigen und löchrigen Eindruck. Das Tor links daneben, das der Wilmersdorfer Stadtbauinspektor Nite gemeinsam mit dene Architekten Wolfgang Schüß entwarf, ist dagegen eine treffliche Arbeit. Von Schüß( ausgeführt durch Paul Golde) sehen wir noch zwei, drei sehr charakteristische Beleuchtungskörper. Einige Proben Jehren uns, daß auch Bruno Paul , Hans Jessen, Möhring und andere fich erfolgreich um eine neue Schmiedekunst mühen. Am meisten tonsequent von allen arbeiten Beterjen, Seed, Bräuning meister Julius Schramm ausführen lassen. Wobei es vielleicht auch umgekehrt richtig ist: daß Schramm als der Führende mit ienen, den Architekten, arbeitet. Es wäre töricht, diesen Zusammen hängen nachzuspüren; im Gegenteil, wir freuen uns an dem Widerspiel der Kräfte, an der Innigkeit, mit der hier Formen­benter und Materialbezwinger fich durchdringen. An einigen Stücken, die Schramm ohne Hilfe eines Architekten schmiedete, sieht man beutlich, daß das Wesentliche all dieser Arbeiten eben das Schmiedhafte ist. Die kraftstrogenden Meisterwerte aus Danzigs Straßen, die straffen Rhythmen, auch das luftige Spiel der Goti fühlen wir neubelebt. Ein Oberlichtgitter, wie es Petersen enta warf, droht mit gebundener Energie, ein anderes scheint bei sehniger Festigkeit fast zierlich. Ganz meisterhaft ist es, wenn ein Stab durch Drehung aus der Fläche in den Hochkant wechselt, wenn dann an einzelnen Stellen noch Dornen abgespalten und auswärts gebogen wurden. Sehr interessant sind auch oft die Ver bindungsstellen bei längeren Geländern oder dergleichen; da sucht Schramm nicht durch ein Zusammenschweißen von zwei Stüden die endlose Reihe vorzutäuschen; sein handwerklicher Instinkt treibt ihn, die Notwendigkeit des Nebeneinander, die Kunst der Vereinta gung, zu betonen. Von ganz besondere p Reiz sind die Bünde ( Gitter und Treppengeländer für das Joachimstalsche Gymnasium). mit denen zwei aneinander vorbeigeführte Glieder zusammen gehalten werden; in der Seitenansicht gibt das ein ferniges Relief, das noch gesteigert wird, wenn etwa im Lauf eines Gitters das Hochkantige mit dem Spießtantigen wechselt. Zu dem Kräftigsten gehört der Prozeß des Durchstedens, wenn eine Horizontale eine Vertikale durchdringen muß und nun nicht, wie in den Zeiten einer schlechten Technit, an ihr vorbeigleitet, mit ihr bernutet wird, sondern fühn und energisch den getroffenen Widerstand durcha bringt. R. B.

Neue lyrische Anthologien

"

erscheinen alljährlich in nicht geringer Bahl, und die besten, die schon vorhanden sind, wachsen zu hohen Auflageziffern empor. Mit dieser Gunst des Marftes dürfte denn auch einige Verbindung haben, daß alte Gedichtsammlungen neu bearbeitet herauskommen: dickleibige Werke, die ihre Verleger mit erheblichen Kosten belaften. In Goethes Alterszeit führt die eine Anthologie zurüd: Wolffs poetischer ausschatz des Deutschen Boltes", der von Dr. Heinrich Fränkel erneut worden ist( Dtto Wigand, Leipzig ), ein Buch von über tausend Seiten. Die andere ist der Deutsche Dichter wald", den Georg Scherer vor gut 60 Jahren begründete und den jetzt der Münchener Literaturmann Artur Kutscher bearbeitet Beide Sammlungen hat( Deutsche Verlagsanstalt , Stuttgart ). stehen seitab der modernen Gruppe, die mit stofflichen An ordnungen Neues, das im Leben der Gegenwart wurzelt, schafft. Der Hausschatz ordnet nach Zeitgruppen und Geburtsdaten, der Dichterwald hält sich an die alphabetische Reihenfolge. Jener will einen Neberblick über das lyrische Schaffen von altdeutschen Ur zeiten her geben, dieser setzt diesseits von Goethe, Schiller und den großen Nomantikern an: bei den Dichtern, die feit den Befreiungs­friegen auch das Leben ihrer Gegenwart wieder als Duell des Ihrifchen Schaffens gelten ließen. Bei der Neubearbeitung beider Sammlungen dürfte der in den bürgerlichen Schichten der letzten Generationen gut feßhaft gewordene Buhtitel eine Rolle gespielt haben. Der politischen Empfindlichkeit dieser bürgerlichen Schichten sind ausgiebig Opfer gebracht worden. Nicht daß die beiden Samm lungen fich grundsätzlich sozialen und politischen Stoffen verfchloffen hätten 1 Aber wenn Rutscher, dem Vorgange Scheres folgend, in bezug auf Erotit, auf Staats- und Weltanschauung gewisse Grenz