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faffung zeigt, ist allerdings ein Vorwurf, der ihm schon zu feinen Lebzeiten mit Berechtigung gemacht wurde. Diesen Fehler hat er jedoch mit den meisten Dichtern jener epigonalen Periode gemein. Wenn Auerbach schließlich ins Hintertreffen geriet, so lag die Schuld auch an der großen Schar feiner weniger talentierten Nach treter. Die Dorfgeschichte war eben Mode geworden, wie die Touristenfererei auch und allmählich kriegte das Publikum den Geruch eines mit Lavendel beräucherten Salonbauerntums herz­lich satt. Die bereits am Horizont aufsteigende Moderne" fegte auch über Auerbachs Schwarzwaldgeschichten mit rauhem Besen Hinweg. Vieles an ihnen ist heute veraltet. Der kulturhistorische Einschlag und die schlichte poesievolle Art der Gestaltung verbleibt ale Gewinn. Und es ist wohl möglich, ja es ist sogar im Interesse einer wahrhaft guten Wolfsliteratur höchst wünschenswert, daß die besten Auerbachschen Schöpfungen Allgemeingut werden, sobald seine Werke honorarfrei geworden sind, was mit Beginn des nächsten Jahres eintreten wird.

Leuchtende Luft.

Von Hanns Günther.

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e. k.

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in einem leicht rötlichen, äußerst hellem Schein. Man ging der Sache nach und suchte die Entdeckung praktisch nutzbar zu machen. Das gelang nach manchen Schwierigkeiten dem französischen Phys fifer George Claude , der sich bereits früher durch die Entdeckung eines sehr wirtschaftlich arbeitenden Verfahrens zur Herstellung flüssiger Luft bekannt gemacht hatte.

Die Schwierigkeiten lagen vor allem darin, daß das Neon an fänglich immer geringe Mengen Stickstoff beigemischt enthielt, die die Leuchtkraft stark beeinflußten. Man mußte also zunächst eine Reinigung des Gases vornehmen. Dazu benutte Claude nach dem Vorbilde Dewars die Eigenschaft sehr stark abgekühlter Holzkohle, flüssige Gafe zu absorbieren und in sich aufzuspeichern. Die Holz tohle nimmt dabei die Gase um so leichter auf, je leichter sie zu verflüssigen sind und je tiefere Temperaturgrade in Frage kommen. Neon wird schwerer flüssig als Stickstoff, folglich ist durch dieses Verfahren ihre Trennung bequem zu bewerkstelligen. Man versieht die mit Neon gefüllte Röhre mit einem Ansab, in den ein Stüd Holzkohle kommt und taucht darauf die ganze Röhre in ein Ges fäß mit flüssiger Luft. Der Stickstoff verdichtet sich nach und nach und sammelt sich in den Poren der Holzkohle an, während das Neon unbeeinflußt bleibt. Nach durchschnittlich 15 Stunden ist das Gas genügend rein. Man schmilzt dann den Ansah nach der Röhre hin zu und trennt so die Holzkohle mit dem Stickstoff ab.

Vor rund 150 Jahren teilte einer der berühmtesten Gelehrten Claude benutzte bei seinen ersten Vorführungen in der Pariser feiner Zeit, der große Lavoisier, in dem die wissenschaftliche Chemie physikalischen Gesellschaft eine mit Neon gefüllte Röhre von 4,5 der Neuzeit ihren eigentlichen Begründer sieht, der französischen Bentimeter Durchmesser und 6 Meter Länge, die ausgezeichnete Akademie der Wissenschaften mit, daß die Luft kein Element sei, Ergebnisse lieferte. Etwas später machte man einen größeren Ver­wie man 2000 Jahre lang- gestützt auf die Aussagen und Auf- such, indem man mit Neonlicht bei der letzten Automobilausstellung zeichnungen der Alten angenommen hat, daß sie vielmehr eine in Paris die Hälfte einer der Hauptstraßen des Ausstellungsfeldes Lodere Bereinigung von Stickstoff und Sauerstoff darstelle. Lavoisier erleuchtete. Das Licht war leicht orangerot und für die Augen berief sich bei dieser Angabe auf seine eigenen sehr genauen Ver- sehr angenehm, die notwendige Stromstärke betrug neun Zehntel suche, vor allem auf die Forschungen des deutschen Apothekers Amp., die Betriebsspannung 1000 Volt. Dabei ergab sich eine Scheele und des englischen Pastors Priestley , die beide in der Lichtstärke von 220 Normalkerzen auf 1 Meter Röhrenlänge, das zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, etwa zu gleicher Zeit, aber entspricht bei dem oben angegebenen Stromverbrauch einem ohne voneinander zu wissen, über die Eigenschaften der atmosphäri- Verbrauch von 0,7 Watt für die Normalferze. Claude glaubt je­schen Luft gearbeitet hatten. doch, daß es ihm gelingen wird, den Stromverbrauch auf 0,5 Watt Lavoisier fand bei der französischen Akademie damals keinen herabzumindern, und damit würde die neue Beleuchtung durchaus Glauben für die Ungeheuerlichkeit", die er vortrug. Man lachte fonkurrenzfähig werden. ihn geradezu aus und Beaumé, ein anderer berühmter Chemiker Nun steigt natürlich sofort die Frage auf, woher man Neon jener Tage, urteilte mit dem Brustton der vollsten Ueberzeugung: in so großen Mengen bekommen soll, wie es nötig wäre, um solche " Die Urelemente( Luft, Wasser, Feuer und Erde) sind von den Lampen allgemein einzuführen. Claude hat für die Beantwortung Physikern aller Länder und Zeiten erkannt und bestätigt worden. Dieser Frage bereits gesorgt, indem er ein Verfahren ausarbeitete, Es ist nicht anzunehmen, daß diese Elemente, die zwei Jahrtausende nachdem sich Neon bequem in großen Mengen aus der Luft ab­lang als solche galten, heute in Bestandteile aufgelöst werden sondern läßt. Auf dessen technische Einzelheiten kann ich hier je fönnen. Und man müßte mit absurden Folgerungen, um nicht doch nicht eingehen, da das zu weit führen würde. Interessant ist mehr zu sagen, vorgehen, wenn man die Existenz der Luft und der aber zum Schluß ein Streifblick darauf, wie weit wir nun schon Erde anzweifeln wollte. An nichts mehr könnte man glauben, in der Ausnutung der Atmosphäre gekommen sind: Luftsauerstoff wenn Luft, Wasser, Feuer und Erde nicht mehr als Elemente an- als Heizmaterial, Luftstickstoff als Düngemittel, jetzt Neon als Licht! Wohin wird unser Weg da wohl weiter gehen?

erkannt würden."

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Kleines feuilleton.

Aus der Vorzeit.

Doch all dieser Widerstand nußte nichts. Die Tatsachen sprachen zu laut und allmählich drang die Ueberzeugung durch, daß die Luft fein Element sei. Aber es war nur der erste Schritt auf einem langen Wege, der damit getan war, und er blieb ein volles Jahr­hundert lang leider der einzige. Man nahm an, das Geheimnis der Atmosphäre sei gelöst und betrachtete sie hinfort als ein Ge­menge von Sauerstoff und Stickstoff mit das hatte man auch Haben unsere Vorfahren Erde gegessen? Unter noch entdeckt ganz wenig Kohlensäure und Wasserdampf. Dann den Naturvöllern und sogar bei den höher entwickelten Stämmen tam eines der Sonntagskinder in der Geschichte der Wissenschaften der Gegenwart ist das Effen oder wenigstens Kauen verschiedener und warf das schon selbstverständlich Scheinende mit einem Ruck Erdarten so weit verbreitet, daß es nicht sehr unwahrscheinlich wieder um. Der englische Chemiker Lord Raleigh hatte Unter suchungen über den atmosphärischen Stidstoff angestellt und dabei flingt, wenn man annimmt, daß auch der vorgeschichtliche Mensch von dieser Gewohnheit nicht ganz frei gewefen ist. Unsere Vors gefunden, daß dessen Dichte nicht mit der des im Laboratorium fahren haben es sicher überhaupt nicht leicht gehabt, sich die not entwickelten, chemisch reinen Stickstoffes übereinstimmt. Aus diesem wendige Nahrung zu verschaffen, da sie aus Mangel an tüchtigen Befund ließ sich schließen, daß der Luftstickstoff noch mit anderen Waffen die Jagd nur mit mäßigem Erfolg betreiben konnten. Gasen gewissermaßen verunreinigt sei, und Raleigh ging zusam- Sie werden daher recht oft den daher recht oft den Hunger gefühlt haben, men mit seinem Fachgenossen und Freunde Ramsay an die Arbeit, und es wäre ihnen aus diesem Grunde auch wenig zu verargen, diese Gase zu ermitteln. Das erste Ergebnis war um 1894 die wenn sie ihre Leichen, wie es mutmaßlich geschah, auf dem Entdeckung des Argons. Ramsay sette die Untersuchungen fort Wege der Menschenfresserei begruben. Ferner mögen sie gelegentlich und im Jahre 1900 fonnte er mitteilen, daß er noch vier weitere alle erdenklichen Mittel angewandt haben, um den Hunger zu bes Gafe: Helium, Krypton, Neon und Xenon in der Luft entdeckt täuben. Professor Baudouin, der führende Kenner des vorgeschicht und daraus abgesondert habe. Alle diese Gase kommen allerdings lichen Menschen in Frankreich , hat jetzt aus der Untersuchung von nur in äußerst geringen Mengen in der Atmosphäre vor, beispiels- Bähnen des Urmenschen den Schluß gezogen, daß auch unsere Vor­weise enthält 1 Gramm Luft nur/ c0 000 Gramm Neon. In anderer fahren Erdesser gewesen sind. Schon früher hatte man bei Zähnen Hinsicht waren diese Gase noch merkwürdiger. Sie zeigten zu ausgewachsener Stelette, die aus den Gräbern der jüngeren teinem der bekannten Elemente chemische Verwandtschaft und gingen Steinzeit stammten, eine sonderbare Abnutzung festgestellt, daher auch keine chemischen Verbindungen ein. Da Gold und die an Stärke die durchschnittliche Abnugung an den Zähnen Platin, überhaupt die Ede I metalle die gleiche Erscheinung zeigen, des Menschen der Gegenwart oder des Mittelalters übertrifft. wurden die neuen Gase Edelgase" genannt. Baudouin hat nun dieser Erscheinung seine besondere Auf­merksamkeit zugewandt und sie auch in vielen Fällen bei Zähnen von Kindern gefunden, und zwar namentlich an den vordersten Back­zähnen( Prämolaren), und hält es denn auch für zweifellos, daß sie auf eine besondere Nahrung zurüdgeführt werden muß, die den Kindern und Erwachsenen gemeinsam gewesen ist. Man braucht nicht gerade anzunehmen, daß der vorgeschichtliche Mensch reine Erde ge gessen habe, sondern nur, daß er Wurzeln und Körner, die vielleicht Man hatte Glasröhren mit Edelgafen gefüllt, um Untersuchun- auf sehr rohen Steinmühlen zerkleinert worden waren, zugleich mit gen darüber anzustellen, wie sich diese Gafe beim Durchgang hoch erheblichen Mengen von Sand zerkaut und heruntergeschluckt habe. gespannter elektrischer Ströme berhielten. Bei diesen Versuchen Bei erdeffenden Wölfern Afiens und Afrikas lassen sich genau dieselben zeigten die mit Neon gefüllten Röhren sehr lebhaftes Aufleuchten Merkmale an den Zähnen nachweisen.

Soweit wäre die Sache ganz interessant als Beispiel für das, was die moderne Chemie leistet. Wirklich wichtig aber werden solche Entdeckungen für uns erst dann, wenn sie greifbare praf­bische Folgen zeitigen. Das geschah mit einem der Edelgase vor furzer Zeit. Das Neon scheint uns ein neues Licht gu berheißen! Anders gesagt, die Luft wird künftig zu Be­Teuchtungszwecken ausgenutzt werden können.

Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drud u. Berlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.