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eine Schlappe erlitten und die Flucht ergriffen hatte, während er 1 fest überzeugt. Jebt aber lagen ihm diese Gedanken fernt. Im nach seiner und aller Muriden Auffassung den Sieg dabongetragen Schoße der Familie, unter den Liebfofungen der schwarzäugigen, und die Russen bertrieben hatte. Er hatte in diesem Treffen, was schnellfüßigen Aminet, seiner achtzehnjährigen Lieblingsgattin, nicht oft geschah, selbst eine Büchse auf die Feinde abgefeuert und wollte er sich zunächst von den Aberstanderen, mehr geistigen ala war mit geschwungenem Säbel auf sie losgesprengt, daß seine Mu- förperlichen Strapazen erholen. riden ihn mit Gewalt zurüdhalten mußten, Zwei von ihnen hatten dabei an seiner Seite den Tod erlitten.
Es war um die Mittagsstunde, als Schamhl in Begleitung einer Schar von Muriden, die um ihn herum ihre Rosse tummelten, ihre Büchsen und Pistolen in die Luft abschossen und ohne Aufhören ihr„ La illach il allah"(„ Es ist nur ein Gott ") sangen, in feinem Hauptorte Dargo erschien.
Die ganze Bevölkerung der großen Ortschaft stand auf der Straße und auf den Hausdächern, um den Gebieter würdig zu empfangen. Man feuerte, um die Feierlichkeit des Einzuges zu erhöhen, gleichfalls aus Büchsen und Pistolen in die Luft. Schamyl ritt auf einem weißen arabischen Rosse, das bei der Annäherung an das Haus seines Herrn lebhaft und munter den Kopf in den Bügeln bewegte. Sattel- und Baumzeug waren im übrigen von recht schlichter Art, weder Gold noch Silber blinkten daran; der Bügel bestand aus einem in der Mitte mit einem dunklen Streifen berzierten roten Riemen aus feinem Leder, die Steigbügel waren einfache, runde Metallhülsen, und die unter dem Sattel hervorschauende Schabracke war aus einfachem rotem Tuch verfertigt. Der Imam trug einen braun überzogenen, am Halse und an den Aermeln mit schwarzem Rauchtverk besetzten Schafpelz, der um die schlanken Hüften mit einem Riemen umgürtet war. Ein Dolch steckte in dem einfachen Gürtel. Auf dem Kopfe trug er eine hohe Lammfellmütze mit flachem Deckel, schwarzer Troddel und einem weißen Turban, dessen Ende über den Hals herabhing. Die Füße stedten in grünen Schuhen, und über die Waden hatte er schwarze, mit einfacher Schnur besetzte Lederstrümpfe gezogen.
( Fortsetzung folgt.)
Die Schilddrüse.
Die Schilddrüse gehört zu den Organen des menschlichen Kör pers, denen man früher teine Bedeutung zumaß. Die Untersuchun gen der letzten Jahrzehnte haben indessen gezeigt, daß sie von lebenswichtiger Bedeutung ist; Tiere, denen die Schilddrüse her ausgenommen ist, gehen in furzer Zeit unter sehr eigenartigen Krankheitserscheinungen zugrunde. Heute wissen wir, daß auch gewisse Krankheiten des Menschen auf einer Entartung oder abnormen Entwickelung der Schilddrüse beruhen. Es wäre heute ein grober Kunstfehler, einem Menschen dieses Organ etwa zu operativen Zwecken völlig zu entfernen.
Das Gewicht der Drüse, die unmittelbar vor und zu beiden Seiten des Kehlkopfes und der Luftröhre gelegen ist, schwankt zwischen 30 und 60 Gramm; sie besteht aus zwei Seitenlappen, die durch ein schmales Mittelstück miteinander verbunden sind und dadurch eine hufeisenähnliche Gestalt bekommen. Bei manchen Menschen kann die Drüse eine sehr erhebliche Größe erreichen, zum tropf entarten und mannigfache Beschwerden hervorrufen. Die Drüse fann empfindliche Organe, Nervenstränge, die in der Nähe liegen, drücken und dadurch Lähmungen hervorrufen; besonders häufig als Begleiterscheinung von Schilddrüsenerkrankungen ist die Lähmung des Stimmnerven, der die Oeffnung und Schließung der Stimmbänder zu besorgen hat. Solche Menschen sind an dauernd heiser, können feine Stimme bilden, während ihre Sprech muskulatur ungestört ist; sie können also die einzelnen Wortbil nicht zum Tönen bringen, weil ihre Stimmbildung geschädigt ist. Solche Lähmungen find natürlich nur Nebenbefunde; sie haben mit dem Wesen der Schilddrüse nichts zu tun. Wie wir aus ge nauen chemischen Untersuchungen wissen, wird in der Schilddrüse ein jod haltiger Eiweißförper, das sogenannte Thyreojodin, produziert; es scheint, daß dieser Stoff das wirksame Brinzip der Schilddrüse darstellt. Uebrigens ist die Schilddrüse auch das ein zige Organ des menschlichen Körpers, das eine jodhaltige Substanz herstellt.
Nichts Schimmerndes, tein Gold- oder Silberschmud, war an dem Imam zu sehen. Seine hohe, gerade, stattliche Gestalt in der schmucklosen Kleidung machte inmitten der Muriden, deren Kleider und Waffen reich mit Gold und Silber verziert waren, einen über- dungen mit der Zunge, dem Gaumen usw. gut formen, sie aber aus ernsten Eindruck. Und dieser Ernst seiner Erscheinung war es, der auf das Volk jene starke, von Schamhl wohl berechnete Wirkung hervorbrachte. Sein blasses, von dem gestuzten roten Vollbart um rahmtes Geficht mit den stets halb geschlossenen fleinen Augen hatte in seiner Unbeweglichkeit einen starren, steinernen Ausdruck. Während er die Straße entlangritt, fühlte er wohl, daß Tausende bon Augen auf ihn gerichtet waren, er selbst jedoch würdigte niemanden auch nur eines Blides.
Chadschi- Murats Frauen waren mit den übrigen Hausbewohnern zusammen auf den Altan hinausgekommen, um den Einzug des Imams mit anzusehen. Nur die alte Batimat, ChadschiMurats Mutter, mar in der Hütte zurückgeblieben die langen, Hageren Arme um die Knie geschlungen, jaß sie dort auf dem Fußboden, während das aufgelöste graue Haar über ihre Schultern herabfiel. Mit den stechenden schwarzen Augen blinzelnd, schaute fie auf die verglimmenden Zweige im Kamin. Gleich ihrem Sohne Hatte fie Schamyl steta gehaßt und wollte ihn jest so wenig wie früher sehen.
Auch Jussuf, der Sohn Chadschi- Murats, bekam den feierlichen Einzug Schamyls nicht zu sehen. Er hörte nur in seiner finsteren, bon üblen Dünsten erfüllten Grube die Freudenschüsse und den Gefang und empfand heftigen Schmerz über seine Ginschließung, wie nur ein von Lebensluft und Lebenskraft strozender Jüngling, den man der Freiheit beraubt, fie empfinden tann. Draußen war alles heller Jubel und er faß in dem düsteren Loche und fah nur immer diese unglücklichen, schmußigen, berHärmten Gefichter seiner Kerkergenossen, die voll Bosheit waren und zumeist einander gegenseitig haßten. Er beneidete jene Glücklichen, die in Licht, Luft und Freiheit auf ihren schmucken Rossen fich um den Gebieter tummeln, ihre Büchsen losknallen und freudig ihr La illach il allah" rufen konnten.
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Nachdem Schamhl den Ort passiert hatte, Tenfte er in einen großen Hof ein, an den sich ein zweiter, innerer Hof anreihte. In diesem befand sich Schamyls Serail. 8mei bewaffnete Leeghier empfingen Schamhl an dem offenen Tore des ersten Hofes, in dem fich eine große Menge Volkes bersammelt hatte. Die einen waren bon fernher gekommen, um über ihre Angelegenheiten mit Schamyl zu reden, andere waren einfach Bettler, und noch andere waren erschienen, um sich vor ihm als Richter zu verantworten und sein Urteil entgegenzunehmen. Als Schamhl auf den Hof geritten fam, erhoben sich alle Anwesenden und begrüßten den Imam ehrerbietig, indem sie die Hände auf die Brust legten. Einige Enieten nieder und verblieben in dieser Haltung, bia Schamyl den Hof vom äußeren bis zum inneren Tore durchmessen hatte. So manches Geficht, dessen Anblick ihm unangenehm war, und so manchen läftigen Bittsteller erkannte Schamhl unter den Wartenden, boch ritt er an allen mit demselben unbeweglich starren Gesichte vor über, lenkte in den inneren Hof ein und stieg an der Galerie seiner Behausung links vom Tore ab. Nach den Anstrengungen des Kriegszuges, der zwar von Schamhl und den Seinigen als Sieg gefeiert wurde, aber doch in Wirklichkeit ein Mißerfolg war, sehnte fich Schamhl jetzt nur nach Ruhe. Abgesehen von der Ginäscherung und Zerstörung zahlreicher Tschetschenzendörfer, hatte dieser Bug zur Folge, daß das mantelmütige Wolf in den Bergen unsicher und der Unterwerfung unter das russische Regiment zugänglich gemacht war, und Schamyl war von der Notwendigkeit von Gegenmaßregeln
Die große Bedeutung des Thyreojodins für den menschlichen Organismus hat uns die experimentelle Physiologie gelehrt. Die Chirurgen hatten früher, als man die Bedeutung der Schilddrüse unterschätzte, das leicht vorn am Halse zugängliche Organ bei fropfiger Entartung herausgeschnitten. Es zeigte sich aber bald, daß die vollständige Entfernung der Schilddrüse unangenehme Erscheinungen zur Folge hatte, Wachstumsstörungen, Knochenerkran fungen und auch Beeinträchtigung der geistigen Funktionen hervor rufen konnte. Man machte bald die Erfahrung, daß diese Folge zustände vermieden wurden, wenn ein fleiner Teil der Drüsensub stanz im Körper zurückblieb, und änderte auf Grund dieser Ergeb nisse, die in vielen Tiererperimenten ihre Bestätigung fanden, die Operation entsprechend ab; man ließ also einen fleinen Teil der Drüse auf alle Fälle zurück. Einige fühne Forscher konnten am Tiererperiment zeigen, daß die bösen Folgeerscheinungen auch aus blieben, wenn nach der radikalen Entfernung der Schilddrüse ein Teil davon an eine andere Stelle des Körpers verpflanzt( transplantiert) wurde. Es war also nicht nötig, daß die Drüse ihren Siz am Halse behielt, es war nur nötig, sie bezw. einen Teil von ihr an einer gut ernährten Stelle des Körpers zu erhalten. Weitere Versuche führten sodann zu dem Resultat, daß auch der bloße Ge nuß von Schilddrüsensubstanz die Folgen der Totaloperation aufheben tann. Wir werden noch sehen, daß diese Erfahrung heute dazu benutzt wird, gewisse Allgemeinerkrankungen, die auf eine Berkümmerung der Schilddrüse zurückgeführt werden können, in sehr wirksamer Weise zu bekämpfen.
Die Schilddrüse wirkt also nicht örtlich, nicht Tofa I, wie die meisten anderen drüßigen Organe, die Speicheldrüfen des Mundes, die Bauchspeicheldrüse, die Nieren, sondern sie übt eine Allge mein wirkung auf den Körper aus. Sie braucht darum nicht an eine bestimmte Stelle des Körpers gebunden zu sein. Die am meisten berbreitete Ansicht geht dahin, daß die jodhaltige Substang der Schilddrüse den Zweck habe, giftige Stoffwechselprodukte des Körpers unwirksam zu machen, also eine Entgiftung des Körpers herbeizuführen. Das Wesen der Schilddrüsenwirkung ist bisher noch durchaus nicht boll aufgeflärt; wir wissen nur soviel, daß Menschen und Tiere schwere Allgemeinerscheinungen bieten, wenn ihre Schilddrüse nicht normal funktioniert. Dabei ist sowohl den völlige Mangel der Drüse als auch die übermäßige Produktion den wirksamen Drüsensubstanz schädlich; beide Zustände kommen beim Menichen vor, die mangellafte Entwickelung und die leberenta wickelung der Schilddrüse, und sind für bestimmte Krankheitszu stände charakteristisch; erstere für eine ganz bestimmte Art geistiger und förperlicher Zu üdgebliebenheit, den sogenannten Sereti nismus und das ihm nahestehende Myrödem, lettere für die bekantite Bajetomsche Krankheit.
Bei ben Krelins, gristig zurückgebliebenen Menschen von bes