kommen viele schönen Tinge wieder zum Vorschein, das sollst Du nur sehen!" Bist Du heute morgen bei der Maschinenfabrik gewesen, Schwiegervater?" fragte Pelle. Ja, ich bin da gewesen. Aber da ist nichts mehr für die Streikposten zu tun. Die Arbeitgeber haben alle Mann auf der Fabrik einquartiert, da bekommen sie volle Verpsle- gung und alles. Es sollen eine Menge ausländischer Streik- trecher darunter sein, die Arbeit ist in vollem Gange." Das war eine niederschlagende Nachricht. Die Eisen- fabrikanten hatten den ersten Sieg gewonnen! Sehr schnell würde das niederschlagend auf die Arbeiter wirken, wenn sie sahen, daß ihre Betriebe auch ohne sie in Gang gehalten werden konnten. 5Da muß man einen Pricken vorsetzen," sagte Pelle. Sonst fahren sie in ihrem Kurs fort, und das Ganze löst sich auf. Wir müssen denen da drinnen eine Laus in den Pelz setzen." Wie sollen wir das nur machen, wenn sie eingesperrt sind, und die Polizei Tag und Nacht vor den Türen pa- trouilliert. Wir können ja nicht einmal mit ihnen reden." 'Stolpe lachte verzweifelt. Dann muß sich ein Mann hineinschleichen und so tun, als wenn er Arbeit annähme!" Stolpe zuckte zusammen.Als Streikbrecher? Dazu kriegst Du nie im Leben einen anständigen Mann, selbst wenn es nur aus Scherz geschieht! Ich tat es selbst auch nicht! Ein Streikbrecher ist doch ein Streikbrecher, man mag es drehen und wenden, wie man will." Ein Streikbrecher, sollt ich meinen, ist doch wohl einer, der den Kameraden schadet? Wer seine Haut für sie wagt, verdient wohl einen andern Namen." Darauf will ich mich nicht einlassen," sagte Stolpe. -Das ist mir wohl ein wenig zu hoch, ich werde mich schön hüten, mit Dir zu disputieren. In meinem Katechismus da steht, daß der ein Streikbrecher ist, der Arbeit annimmt, wo Zuzug verboten ist und daran halte ich mich!" Pelle konnte reden, soviel er wollte: der Alte ließ sich nicht vom Fleck bewegen.Aber eine andere Sache wäre es ja, wenn Tu es selbst ausführen wolltest," sagte Stolpe.Tu hast ja keine Rechenfchast dafür abzulegen, was Du tust, son- dern gehst nach Deinem eigenen Kopf." Ich habe der Bewegung Rechenschast abzulegen!" er- widerte Pelle scharf,«und ich will es gerade darum selbst tun!" Stolpe saß da und machte die Arme krumm und streckte sie wieder aus.Ach, es würde gut tun, wieder Arbeit zu haben!" rief er plötzliK aus.Der Müßiggang setzt sich einem wie Gift in die Glieder, und nun ist da die Miete, Mutter. Wo zum Teufel sollen wir die nur hernehmen? Sonnabend muß sie auf dem Tisch liegen, sonst werden wir rausgesetzt, hat der Wirt gesagt." Das wird sich schon finden. Vater!" sagte Frau Stolpe. 'Verlier' Du darum den Mut nur nicht!" Stolpe sah sich in der Wohnung um.Ja, ein bißchen ist da ja noch zu nehmen, wie der Hunger sagte, als er mit hem Darm angefangen hatte. Höre mal, Pelle, weißt�Du was? Freilich bin ich Dein Schwiegervater, aber eine Frau wie meine hast Du denn doch nicht!" Ich bin mit Ellen zufrieden, so wie sie ist," erwiderte Pelle. Es schellte, es war Stolpes Bruder, der Zimmermann. Er sah mitgenommen aus, mager und ärmlich in der Klei- dung: seine Augen waren von roten Flecken umgeben. Er sah keinen an, dem er die Hand gab. Setz Dich, Bruder," sagte Stolpe und schob ihm einen Stuhl hin. Tanke, ich will gleich wieder gehen. Es war ich wollt Dir nur etwas sagen, na ja" Er starrte zum Fenster hinaus. Ist bei Euch zu Hause irgendwas los?" Nein, nein, das gerade nicht. Ich wollte Dir bloß sagen, daß nun melde ich meinen Austritt an!" stieß er plötzlich hervor. Stolpe sprang auf, er war kreideweiß geworden.Be- denk doch, was Du tust," sagte er drohend. sFortsetzung folgt.l! Semem. Dem Leben Abgelauschles. Von Betty Mayer. L Ein armer Teufel lief mit zerrissenen Schuhen durch die regen« nassen Straßen. Das brüchige Leder rieb ihm die Füße wund, dehnte sich, wurde weich und ließ die Zehen durchgucken. Ein ekles Kältegefühl, von dem nassen Körper aufsteigend, kroch durch seinen schlecht genährten Körper. Der arme Teufel hielt die blaugefrorenen Hände in den Taschen der schäbigen Kluft, stand zitternd an der Straßenecke und trat von einem Fuß auf den andern, um sich zu wärmen. Schmutzigbraune Zehen guckten aus dem feuchten, zerrissenen Schuhiverk. Jemein" näselte ein Dandy in Lackstiefeln, der am Arm seiner geschminkten Maitresse vorüberging. n. Drei Paar forn Fröschen" klagte die dünne Kinderstimme. Elend magere, schmutzige Händchen hieiten schwarzglänzende Schuh-- riemen hoch. Aus dem gelbblassen, frübwelken Kindergesicht blickten scheue, hungrige Augen auf die vorllbcrflutende Menge. An der Hand der Gouvernante ging das Bankierstöchterchen vorüber, wohlgenährt, in warme, weiße Wolle gekleidet. Sein heller Blick sah, wie das magere Kerlchen mit den Schuhriemen sich ver- stöhlen bückte, ein halbzertretenes Stück Brot vom schmutzigen Straßenrand aufnahm und hastig in den Mund steckte. Sehen Sie nur. Fräulein, das unsaubere Kind", sagte daS propre, blühende Mägdlein. Gemein", murmelte das Fräulein und wandte sich mit einem Ausdruck des Ekels ab. in. Im Dachgeschoß lebten zwei, die hatten sich lieb. Wenn sie abends von der Arbeit kamen,- dann deckten sie ibr wackelig Tischchen, bereiteten Pellkartoffeln und Heringe, hielten graziöse Mahlzeiten und küßten sich und lachten. Fröhlich waren sie wie die Spatzen vorm Fenstersims, und da? Lichtermeer der Großstadt lag ihnen zu Füßen. Zum Standesamt langte es immer noch nicht, auch nicht zu goldenen Ringen, aber noch mehr verheiratet konnten sie eigent» lich nicht sein und lieber konnten sie sich wohl auch nicht haben. Dem dicken Hauswirt war ein anonymer Brief ob seiner un» moralischen Datbstubenmieter zugesandt worden. Der war gerade schlechter Laune. Sein Verhältnis hatte sich beklagt, daß er nicht genug für Toiletten aufbringe, daß er sie wohl wegen der Mizzi vernachlässige, und gedroht, mit seinem Freunde, dein Börsenmakler, anzubinden; zudem wolle sie ihm bei seiner Frau denunzieren, die er ja doch nur des Geldes wegen geheiratet hätte. Also der Herr Hauswirt hatte Grund, schlecht gelanut zu sein. Und nun noch das Pech, in dem eigenen, reinen Hause unmoralische Mieter zu haben. Wütend kratzte die Feder die Kündigung aufs Papier. Nicht gesetzlich verheiratet 1 1 Gemein" schimpfte der Hauswirt. DerVerftand" der Säugetiere. Die Säugetiere hat man, weil der Mensch körperlich zu ihnen gehört, ihm auch geistig auf eine Weise nahe und an die Seite gestellt, die sich mit unbefangener Beobachtung nicht verträgt und wissenschaftlicher. Kritik nicht standhält. Darin muß unbedingt gründlich Wandel geschafft werden, und das ist gerade auf diesen Blättern hier um so mehr Pflicht, als die fvüheren Auflagen unseresTierlebens" wohl nicht ganz unschuldig an jener un» berechtigten Vermenschlichung der Tiere sind. Prüft man", sagt der Leipziger . Philosoph Wundt in seinen Vorlesungen über die Menschen- und Tiersecle",alles, was von wohlverbürgten Beobachtungen vorliegt, genauer, und läßt man sich zugleich von jenem Gesetz der Sparsamkeit leiten, nach dem zu verwickelten Erklärungsgründen erst dann gegriffen werden darf, wenn die einfachen versagen, so läßt sich das gesamte intellek- t u e l l e Leben der Tiere vollständig auf die einfachen Assoziations- gesetze zurückführen, während überall da, wo die entscheidenden Merkmale einer wirklichen Reflexion oder einer aktiven Verstandes-- oder Phantasietätigkeit eintreten müßten, solche Merkmale fehlen." Dürch das Entgegenkommen des Bibliographischen Instituts in Leipzig sind wir in der Lage, unsere Leser mit einem Abschnitt aus dem zehnten Bande(der AbteilungSäugetiere" erster Teil) von..B r e h m s T i e r l e b c n" bekannt zu machen, das, völlig neu- bcarbci�t, gegenwärtig in vierter Auslage erscheint.