316- trage liegen. Um so erstaunter ist man über seine geschickten Be- tvegungen, wenn er einer Beut« nachstellt. Beim Austrocknen seine» WohngewässerS gräbt sich der Fisch tief in den Schlamm ein.und scheidet hier einen dichten erhärtenden Schleim aus, der ihn wie ein Kokon umhüllt. So bleibt das Tier eingegraben liegen, bis die neue Regenperiode die Schlcimkapsel auflöst und ihn aus seinem selbst gebauten Gefängnis befreit. Wenn auch die Lebensfunktionen während dieser Ruhezeit stark herabgesetzt sind, so findet doch ein geringer Stoffwechsel statt, und das Tier bedarf der Atemluft. Diesem Zwecke dient eine vom Maul des Tieres aufsteigende bis zur Oberfläche reichende mit Schleim austapezierte Röhre, die ständig frische Luft zuführt. Man kann sich leicht davon überzeugen, ob ein derartiger Bau einen Fisch ent- hält und ob er am Leben ist. Man braucht nur mit einem Stroh- Halm in die Röhre hineinzufahren, sofort ertönt ein schriller Schrei, der durch heftiges Auspressen der Luft aus den Lungen erzeugt wird. Auch die Fähigkeit zu schreien ist entschieden ein für einen Fisch sehr eigentümliches Verhalten. Man hat schon wiederholt Molchfischc in ihren Schlammkapseln nach Europa eingeführt und sie hier lange Zeit im Aquarium gehalten. Es sind austerordentlich gefrästige Geschöpfe. In der Freiheit besteht ihre Hauptnahrung aus Kaulquappen, Fröschen und anderen Fischen; in der Gefangen- schaft lassen sie sich aber leicht an die Darreichung von Fleisch ge- wöhnen. Die Nahrung wird erst mehrmals gekaut, ehe sie ber- schlungen wird. Da die Tiere außerordentlich streitsüchtig sind. kann man sie mit keinen anderen Tieren zusammenhalten. Auch wenn mehrere Molchfische zusammen in einem Becken sind, befinden sie sich in ständigem Kampfe und richten sich oft fürchterlich zu. Zum Glück besitzen sie ein sehr gute? Regencrationsvermöaen. so daß die verloren gegangenen Flossen usw. rasch durch Neubildungen ersetzt werden. Bemerkenswert ist e» endlich noch, daß der Protopterus eine giemlich weitgehende Brutpflege ausübt. Die Eier werden in einem selbstgegrabenen Neste von mehr als einem Fuß Tiefe abgelegt und hier sorgfältig von dem Vater bewacht, der auch durch Bc- wegungen seines Schwanzes für einen ständigen Zustrom frischen saucrstoffreichen Wassers sorgt. Auch die ausgeschlüpften Larven die Tiere machen nämlich eine regelrechte Metamorphose durch werden noch längere Zeit von den Männchen in dem Neste bewacht und gegen jeden feindlichen Eindringling verteidigt. Da die Mvlchfische ein sehr zarte? wohlschmeckendes Fleisch besitzen, wird ihnen von den Eingeborenen eifrig nachgestellt; auch für den europäischen Gaumen bilden sie eine Delikatesse. Hoffent- lich bildet diese letztere Eigenschaft nicht die Veranlassung, daß diese» interessante Tier bei dem weiteren Vordringen der Kultur in seinem Bestände gefährdet wird. T. kleines Feuilleton. Mttfik. Der Kuckucksruf in der Tonkunst...Kuckuckssang ist kein Harfenklang", sagt da? Volkslied. Nichtsdestoweniger übt der schlichte Kuckucksruf, der meist in den letzten Apriltagen die Nähe des ersehnten MaimondeS zu künden beginnt, auf das menschliche Gemüt eine starke und fröhlich stimmende Wirkung aus. Und gerade im Volke ist dieser Vogelruf beliebter als manch anderer, der viel- leicht lieblicher klingt. Als in München einst ein Vogclfreund in ein Fenster seiner Wohnung einen rufenden Kuckuck stellte, strömten die Zuhörer in solchen Massen herbei, baß kein Wagen mehr die Straße passieren konnte!?lber der schlichte und doch nicht reizlose Kuckucksruf. der so merkwürdig zwingend zum Nachahmen reizt, hat auch seit alten Zeiten den Tonkünstlern gefallen, und viele hielten dies sympathische Intervall der schöpferischen Ver- Wertung würdig. Und so ist der Kuckusruf wohl gerade um seiner Einfachheit willen anscheinend das erste Vogelmotiv ge- 'wesen, das in die Tonkunst Aufnahme fand. Nachweislich am frühesten finden wir ihn in dem von einem britischen Mönche, namens Simon Fornsete im Fahre 1226 ge- schriebenen sechsstimmigen Doppelkanon..Lämmer is icumen in. lAiyde sing- cuccu". Klarer und unverkennbarer als aus diesem Kanon tönt uns die Stimme des Kuckucks oder Gauches ans einer Sammlung vonkurzweiligen, guten, frischen, deutschen Liedlein" entgegen, das Anno 1676 in Dresden erschien. Denn darunter befand sich das Volkslieb vomGutzgauch", der auf einem Zaune sitzt und im Regen naß wird. Die vom Fachmann am höchsten geschätzten musikalischen Verarbeitungen des Kuckucksmotivs sind das altbekannte VolksliedKuckuck, Kuckuck, ruft's aus dem Wald", ein von demChurfürstl. Maynitzif. Italienischen Sccretarius" Walter stammendes, im Fahre 1694 veröffentlichtes Stück. Auf- merksam macht Bernhard Hoffmann in seinem BuchKunst und Vogelgesang" auch auf den aus dem 16. Fahrhundert stammenden vierstimmigenCliant des oiscaux"(Gesang der Vögel) von El. Janeqnin. Dieser bringt eine große Feinheit, die wiederum der Naturkcnncr zu würdigen weiß: Er gibt dem Kuckuck hier und da drei Töne und in der Tat läßt der Vogel in großer Erregung auch drei Töne hintereinander erschallen. Den Kuckuck am schönsten singen aber läßt doch Beethoven , und zwar in der Vastoralesym- phonie am Ende des zweiten Satzes. Hier erheben auch Wachtel und Nachtigall ihre Stimme. Kuckuck. Nachtigall und Wachtel , diese drei gehören übrigens insofern zusammen, als sie das Vogel» sängertrio waren, von dem sich die schaftenden Musiker zuerst an» regen ließen. ES gehörte gewissermaßen zur musikalischen Trabi» Hon, sich auf diese drei zu beschränken. DaS hinderte freilich nicht, daß nebenher auch manch anderes Vogelstimmcken im Reiche der Kunst ertönen durste. Und allmählich ist diese EhreAmsel, Drossel, Fink und Star, und der ganzen Vogelschar" so darf man beinahe sagen zuteil geworden. Selbst für Hahn un» Henne gilt es! Der Reichtum mancher Wagnerschen Opern an glanzvoll verwerteten Vogelmotiven ist bekannt. Uebrigens ist auch unser Kuckuck in der Oper zu finden. Unzählige Male ertönt z. B. sein Ruf in HumperdinksHänsel und Grete!" nach dem so Volks- tümlich gewordenen LiedeEin Männlein steht im Walde ganz still und stumm". Man erzeugt hier zunächst den reinen Ruf mit einem besonderen Instrument, worauf da? Motiv von Hörnern, Flöten usw. aufgegriffen wird. Kunst. Die Photographie im Dien st e der Kunst- g e s ch i ch t e. In Holland ist ein heftiger Streit zwischen mehreren angesehenen Kunsthistorikern entbrannt, ob da» bekannte Gemälde der Elisabeth BaS im Reichsmuseum dem Altmeister Rem- b r a n d t, wie seit Jahrhunderten angenommen wurde, oder seinem Schüler Ferdinand B o l, zuzuschreiben ist, ein Streit, der weit über Hollands Grenzen hinaus den Kunsthistoriker und das kunst- verständige Publikum interessiert. Wenn auch die Autorschaft gleichgültig für die Vorzüglichkett des Bildes blecht, so ist doch im heutigen Kunstleben der Name de» Schaffenden gewichtig und oft fast maßgebend für die Beurteilung und vor allem für die Be- Wertung von Bildern geworden; befremdlich erscheint es nur, daß in der berühmtesten Heimstätte NembrairdtS noch ein Streit ent- stehen kann über die Autorschaft eine» so viel bewunderten Ob- jektes. Dr. A. Bredius warf die Frage auf, ob nicht Bol der Meister der Witwe BaS gewesen sei. Dr. I. Veth und Dr. C. Hofftede de Groot widersprachen ihm heftig. Der photographischen Technik ge- lang eS. Beweise für die wahrscheinliche Autorschaft BolS zu bringen. W. H. Jdzerda berichtet nach demPrometheus" dar- über in der Photogr. Korrespondenz. ES werden stark vergrößerte Detailaufnahmcn ähnlicher Objekte aus Bildern verglichen, welche einwandfrei einerseits Rembrandt , andererseits Bol zuzuschreiben sind. Dabei wird die Entdeckung gemacht, daß ein bekanntes, Rem- brandt zugeschriebenS Bild der Galerie Rothschild in Paris von BolS Hand stammt, dessen Signum mit dem Namen Rembrandt übermalt ist(schätzungsweise ein Verlust von vielen Tausenden, beim Bild der Witlvc Bas von etwa einer Million holländischen Gulden). Die Detailaufnahmen von Händen, Manschetten und Taschentüchern an den fraglichen und an einwandfreien Gemälden weisen bei ersteren ohne Ausnahme auf die Urheberschaft des Fer- dinand Bol hin. Ein photographischer Sachverständiger müßte zweifellos in diesem Sinne entscheiden. Doch scheint die Photo- graphie und ihr Aufklärungsdicnst in den kunstsachvcrständigen Kreisen noch nicht genügend gewürdigt zu werden. Jdzerda wünscht deshalb, daß mit bedeutenden öffentlichen Gemäldesammlungen photographische Versuchsanstalten,Prüfungsateliers" verbunden würden, um eine systematische photographische Prüfung der Bilder imd einen einwandfreien Beitrag zur Entscheidung von Streit- fragen, wie der genannten, zu ermöglichen. Meteorologisches. Die tiefsten Barometerstände. Ganz im all- gemeinen wird der Barometerstand von 766 Millimetern als nor» mal bezeichnet. Das bedeutet, daß dieser Barometerstand im Jahresdurchschnitt in der Höhe de» Meeresspiegels auf der Erde herrschen müßte. Man nimmt daher auch bei den täglichen Wetter« karten die Linie, die alle Orte mit einem Barometerstand von 766 Millimetern verbindet, als Grenze zwischen den Gebieten höheren und niedrigen Luftdrucks an. Ganz genau stimmt da» eigentlich nicht, da der mittlere Barometerstand der Erdoberfläche im Meeresniveau nach langjähriger Berechnung etwas geringer ist, aber dieser Unterschied ist nicht erheblich. Von viel größerer Wichtigkeit sind die Grenzen, innerhalb derer der Barometerstand an einem und demselben Ort schwanken kann. Sie sind überall recht bedeutend. In Mitteleuropa jedoch hat man einen Stand von gegen 796 Millimetern schon als ein sehr hohe? Maximum zu betrachten, einen solchen von 736 als sehr tiefes Minimum. In anderen Erdgegenden aber scheinen noch viel größere Unterschied« des Luftdrucks einzutreten, und zwar ganz besonders nach der unteren Seite hin. Im Jahrbuch der Pariser Meteorologischen Ge­sellschaft wird eine Liste von Minima unter 696 Millimetern zu- fammengestellt. Schon dieser Betrag kommt in unseren Breiten kaum jemals vor, aber im Jahr 1899 ist einmal an der Nordwest» küste der Insel Madagaskar ein Barometerstand von 628,9 Milli- meiern gemessen Ivorden. Diese Beobachtung steht freilich völlig einzig da, und man darf vielleicht bezweifeln, ob sie als zuver- lässig geschätzt werden darf. Da? nächste tiefe Minimum wurde an Bord de? SchiffesArethusa" im Jahr 1966 in den nördlichen Tropen des Stillen Ozeans bestimmt und soll immerhin 664.4 Milklmctcr Minima gezeigt haben. Zwischen 686 und 696 Milli- meter werden mehrfach verzeichnet, sämtlich aus tropischen Ge- bieten._ Verantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Druck u. Verlag:vorwärtsBuchdruckereiu.VerlagSanstaltPaulSingertCo..BerlinS1V.