Sjfttunßeft in geometrischen Figuren ausgelegt, die Fenster- »sfnungen von dünnen', in zarten Mustern ausgehauenen Steinplatten bedeckt, so daß das Licht nur durch die unzähligen durchbrochenen Löchlein eindrang, die ihrerseits wiederum teilweise von eingefügten Glasstücken in verschiedenen starken Farben geschlossen waren, um dem Halbdunkel Stimmung und Mystik zu verleihen'. Ein zackiges Gesims schloß die Mauer oben ab. Es diente als Brustwehr des flachen Hausdaches, das die Frauen als Aufenthalt benutzen durften und von dem die Männer aus demselben Grunde verbannt waren. Blaue Fayencetafeln, deren Arabesken zusammenhängende große Muster bildeten, bekleideten die Wände der Arkaden. Aus allen Räumen führten Türen in den Garten, die ebenso wie die vergitterten Fenster, welche fast bis zur Erde reichten, von ausgehauenen Marmorplatten umrahmt waren. Auf jeder der beiden Langseiten war eine Nische vertieft mit kleinen plätschernden Marmorspringbrunuen, und die Becken- Mvölbe bestanden aus weißem Stuck, in welchem geduldige Hände die eigentümliche Kunst der Araber, die Arabesken- schnitzerei, geübt hatten. Der Hof selbst war mit weißen Marmorfliefen belegt. In der Mitte senkte er sich zu einem Bassin mit spiegelhellem Wasser, das die Wurzel einer schlanken Zypresse badete, deren dichtes dunkles Laub undurchdringlich verfilzt und verwebt war mit der hochroten Blütenfülle einer phantasievollen Schlingrose. In einer Ecke des Hofes, wo drei Säulen sich vertraulich Jcht aneinanderschmiegten, kletterte eine Bougainvilliers die Mauer entlang, alles verhüllend unter einem Vorhang von grellem Gr6d6line. Vor den Fenstern und um die einzelnen Säulen standen Gruppen blühender Topspflanzen auf zier- lichen Stativen. Von den Deckengewölben herab hingen bunte Glaslaternen und kleine vergoldete Bauer mit bunten Finken und Kanarienvögeln, während oben in den vier Ecken des Dachgesimses blutrote Geranien, in Tonvasen stehend, mitten Hinaufschossen in das starke schöne Kobalt des afrikanischen Himmels, (Fortsetzung folgt. 1 Sin Vater. Von Anton Tschechow . »Also aufrichtig gestanden, ich bin betrunken— entschuldige I Ich kam unterwegs an einer Bierhalle vorbei und da trank ich der Hitze wegen zwei Gläschen. Die Hitze, Bruder T Der alte Musatow zog einen Lappen aus der Tasche und trocknete damit sein rasiertes, mageres Gesicht. .Ich komme nur auf einen Augenblick zu Dir, Bernhardchen," fuhr er fort, ohne den Sohn anzusehen,»wegen einer sehr wichtigen Angelegenheit. Entschuldige, wenn ich Dich gestört habe— hast Du dielleicht bis Dienslag zehn Rubel, mein Seelchen? Verstehst Du, gestern mutzte ich Miete bezahlen, und Geld, weiht Du..." Der junge Musatow ging schweigend hinaus, und man hörte ihn hinter der Tür mit der Wirtin des Landhauses und den Kollegen flüstern, welche das Landhaus mit ihm gemeinschaftlich gemietet hatten. Nach drei Minuten kehrte er zurück und übergab dem Vater schweigend einen Zehnrubelschein. Dieser steckte das Papier, ohne aufzublicken, nachlässig in die Tasche und sagte: »Merci I— Nun wie geht's Dir? Wir haben unS schon lange mcht gesehen." „Ja. recht lange nicht. Seit Ostern." „Wohl fünfmal wollte ich zu Dir kommen, aber immer hatte ich keine Zeit; bald war dies, bald das... schrecklich I... Uebrigens— ich lüge. Das alles ist gelogen. Glaube mir nicht. Bernhardchen I Ich sagte, Dienstag würde ich Dir die zehn Rubel abgeben— glaube auch das nicht I Nicht eines meiner Worte glaube I Gar nichts habe ich zu tun, es ist einfach Faulheit, Trunkenheit und ein Gefühl der Scham, mich in dieser Kleidung aus der Stratze zu zeigen... Ent- schuldige. Bernhardchen, ich habe Dir etwa dreimal' ein kleines Mädchen nach Geld geschickt und einen kläglichen Brief dazu geschrieben. Auch dem Brief glaube nicht: ich log. Ich schäme mich, Dich zu berauben, mein Seelchen. Ich iveitz, datz Du selbst knapp das Auskommen hast und oft auch borgen mutzt, aber ich kann nicht anders. Man sollte mich für Geld zeigen— solch ein unverschämter Kerl bin ich! Nimm nicht übel, nimm es mir nicht übel. Bernhardchen. Ich sage Dir die volle Wahrheit, weil ich immer Gewissensbisse bekomme, wenn ich in Dein engelgleiches Gesicht sehe..." Einige Minuten vergingen in Schweigen. Der GreiS seufzte tief auf und sagte: „Möchtest Du mich nicht mit einem Gläschen Bier traktieren?" Der Sohn ging schweigend hinaus und man hörte ihn wieder hinter der Tür flüstern. Als man bald darauf Bier brachte, wurde der Greis beim Anblick der Gläser lebhafter und schlug plötzlich einen anderen Ton an. „Vor einiger Zeit, Bruderherz, war ich zum Rennen,' erzählte er, und machte erschreckte Augen.„Wir warer. unserer Znei und wir setzten am Totalisator drei Rubel auf„Schustrak". Gesegnet sei dieser„Schustrak"! Für die drei Rubel bekam jeder von uns zwei-- unddreihig. Ich kann ohne Nennen nicht leben, Bruder. Es ist ein adliges Vergnügen. Mein„Weibchen" steckt mir dann immer ein paar Scheine zu, und ich gehe. Ich liebe es nun einmall' Bernhard, ein blonder, junger Mann mit melancholischem, un-- beweglichem Gesichtsausdruck, ging leise aus einem Winkel in den anderen und hörte schweigend zu. Als der Greis seine Erzählung unterbrach, un, zu husten, ging er auf ihn zu und sagte: „Ich habe mir unlängst ein Paar Stiefel gekauft. Papachen. aber sie sind mir zu eng. Möchtest Du sie mir nicht abnehmen? Ich lasie sie Dir billig....' „Einverstanden!" willigte der Alte ein und schnitt eine Grimasse. „Aber nur zu demselben Preise, damit Du keinen Verlust...' „Gut. Du kannst mir das Geld bei Gelegenheit geben.' Der Sohn kroch unter das Bett und langte ein Paar neue Stiefel hervor. Der Vater zog seine ungeschickten, plumpen, dunkel- braunen, augenscheinlich nicht ihm gehörenden Stiefel aus und be» gann das neue Schuhwerk anzupassen." „Wie angegossen I" sagte er.„Also gut. ich will sie meinetwegen behalten. Dienstag, wenn ich Pension bekomme, schicke ich danach.... Uebrigens ich lüge," fuhr er fort, jindem er plötzlich in den füheren weinerlichen Ton zurückfiel.„Ich log vom Totalisator, und ich lüge auch jetzt von der Pension. Aber Du hältst mich zum Narren, Bernhardchen... Ich merke Deine grotzherzige Politik sehr gut. Oh, ich verstehe Dich aus- und inwendig I Die Stiefel sind Dir zu eng, weil Deine Seele weit ist. Ach, Bernhard, Bernhard, ich merke und verstehe alles I" „Ihr seid nach einer anderen Wohnung gezogen?" unterbrach ihn sein Sohn, um das Gespräch auf etwas anderes zu bringen. „Ja, Bruder, gezogen... Jeden Monat ziehen wir. Mit ihrem Charakter kann mein„Weibchen" nicht lange auf einer Stelle sitzen, ohne sich mit allen zu zanken...." „Ich besuchte Euch in der alten Wohnung, um Dich zu mir aufs Land einzuladen. Bei Deiner Gesundheit könnte Dir reine Landluft wohl nichts schaden." „Nein," winkte der Alte mit der Hand,„das„Weibchen" lätzt'S nicht zu und ich selbst will auch nicht. Wohl hundertmal habt Ihr schon versucht, mich aus dem Sumpf herauszuziehen, aber es hat zu nichts geführt. Gib es aus! Am besten, Ihr latzt mich in der Bude krepieren. Siehst Du, jetzt sitze ich hier bei Dir, schaue in Dein engelgleiches Geficht und dabei zieht es mich doch nach Hause in meinen Sumpf. Das ist schon so mein Schicksal. Einen Mist- käfer mutz man nicht auf Rosen setzen.... Uebrigens, Brüderchen, es ist höchste Zeit für mich, es wird schon dunkel." „Warte einen Augenblick, ich begleite Dich. Ich mutz heute noch nach der Stadt." Beide zogen ihre Paletots an und gingen. Als sie bald darauf in einer Droschke satzen, war es schon dunkel und in den Fenstern schimmerte Licht. „Bestohlen habe ich Dich, Bernhardchen", murmelte der Vater. „Arme, arme Kinder I Es mutz entsetzlich sein, solch' einen Vater zu haben I Benihard, mein Engel, ich kann nicht lügen, wenn ich Dein Gesicht sehe. Sei nicht böse... WaS ich für ein unver- schämter Kerl bin I Großer Gott! Heute habe ich D i ch bestohlen, Dir Verlegenheit bereitet durch meinen betrunkenen Zustand, morgen bestehle ich Deinen Bruder und bereite auch ihm Verlegenheit. Aber gester» hättest Du mich blos sehen sollen! Gestern kanien Nachbarn und allerlei Lumpenpack zu meinem„Weibchen" und— ich leugne es nickt. Bernhardchen— ich betrank mich und begann— denk' Dir diese Gemeinheit!— auf meine Kinderchen zu schimpfen. Beklagte mich, Ihr kümmertet Euch gar nicht um Euren Vater. Ich wollte, siehst Du, die betrunkenen Frauen rühren, mich auf den unglücklichen Vater hinausspiclen. Das ist schon mal so meine Art: wenn ich mein Laster verbergen will, wälze ich die ganze Schuld auf die unschuldigen Kinder. Ich kann Dir nichts vorlügen. Dir nichts verheimlichen, Bernhardchcn. Wenn ich Dein engelgleichcS Gesicht sehe, dann..." „Genug, Papachen! Wir wollen doch von etwas anderem spreche»!" „Heilige Mutter GotteS, was für Kinder ich habe!" fuhr der Alte fort, ohne auf den Sohn zu hören.„Solche Kinder sollte nicht ein Lump wie ich haben, sondern ein anständiger Mensch mit Seele und Charakter! Ich bin nicht würdig.. ," Der Alte nahm seine kleine Schirmmütze ab und bekreuzigte sich einigemale. „Dank sei Dir, o Herr!" seufzte er und blickte zur Seite, als wenn er das Heiligenbild suchte.„Herrliche, seltene Kinder! Drei Söhne habe rch. und einer wie der andere: nüchtern, ordentlich. arbeitsam... Und wie klug! Kutscher, was für kluge Köpfe I' Ein Gregor hat soviel Verstand, datz eS für zehn reicht I Er versteht französisch, deutsch , und reden kann er— was sind alle Advokaten dagegen!... Du, Bernhardchen, bist in meinen Augen ein Mär- ihrer. Ich ruiniere Dich. Du gibst mir unaufhörlich, obwohl Du weitzt, datz Dein Geld zum Teufel geht. Unlängst schickte ich Dir einen Klagebrief und schilderte Dir meine Krankheit— das war natürlich wieder gelogen. Aber Du gibst mir, weil Du mich durch
Ausgabe
29 (26.4.1912) 81
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten