flaclj Karthago durch die Wüste zu ziehen. Auch durch dasJudentum könne man den Himmel erreichen. Aus diplo-matischen Gründen schilderte er diese beiden Religionen alsgleich große Umwege und hütete sich, einer von ihnen denVorzug zu geben. Der rascheste Weg— und den, den einvernünftiger Mensch also wählen müsse— sei jedoch derMethodismus, was er ihnen sogleich schwarz auf weiß vor-führen werde.Die Lichter erloschen, und man sah ein lebendes Bildeiner amerikanischen Weckungssitzung, in der die Erlösungmit einer Flinkheit vor sich ging, die auch die Verstocktestenüberzeugen mußte. Die jungen Israeliten waren äugen-scheinlich ganz verblüfft.Nachdem die Stimmung solchermaßen vorbereitet war,erhob sich Frau Barridre, schwarzgekleidet und bleich. ImVergleich zu dem Priester wirfte sie fast streng. Das Haarwar weißer als zuvor, aber das Gesicht schien förmlichverjüngt.Sie sprach ruhig und klar, wandte sich mehr an die Logikals an die Gefühle der Versammlung, die sie wohl durch dieBilder als hinlänglich beeinflußt erachtete. Verständig genugbeschränkte sie sich auf ein einziges Motiv und faßte sichganz kurz.Der Grundgedanke war die Ueberlegenheit des Christen-kums sowohl über das Judentum wie über den Islam. Dieanderen Religionen, und besonders der Jslani wende sich haß-erfüllt gegen alle anderen Glaubensbekenntnisse, und derKatholizismus— dies war ein Seitenhieb— sei nicht vielbesser. Das wahre Christentum, der Methodismus, suche da-gegen seine Feinde auf und strecke ihnen freundlich die Handentgegen. Er suche Gutes selbst denen zu tun, die voll Bos-heit und Verleumdung seien. Aber der, dessen Herz die größteLiebe ersülle, beweise dadurch, daß er die wahre Religionbesitze.Es wurde ein Psalm gesungen, worauf die Versammlung,die während der Reden merklich ermattet war, sich abermalsin ein lärmendes Biographentheaterpublikum verwandelte,das kichernd die Ausgänge suchte.lFortsetzung folgt.)(Nachdruck»«rdoien.lDer Zod.Von Martin Andersen Nexö.Die seltsame Woge, die auf dem Erdenrund durch die unterenVolksschichten geht und die große Umwertung in Gang bringt, hatauch ihren Wieg in die Bornhokmer Gegend genommen und denkleinen Mann veranlaßt, den Kops ans Tageslicht zu stecken. Manmerkt das an vielen alltäglichen Kleinigkeiten, und besonders tiefist es im Verhältnis des Armen zum Tode zu spüren. Der Tod istnicht mehr Allbeherrscher, jetzt kündet sich auch etwas anderes an;die Interessen des kleinen Mannes haben sich vom Tode auf dasLeben übertragen.Die Götter mögen wissen, woher der arme Hannes den Mutdazu genommen hat, Forderungen an das Dasein anzumelden?Von oben her hat man ihn nicht dazu angeregt, sein bloßer Appetitgilt immer noch als Raub. Dem Aeußeren nach ist er das gleicheschlcchtgckleidete Arbeitstier wie früher, mit den steifen Gliedernund mit der zahllosen, unersättlichen Kinderzahl. Aber es ist etwasStarkes in sein Leben gekommen, wodurch die Branntweinflaschein den meisten Fällen überflüssig geworden ist. Der kleine Mannhat Interessen an diesem Leben, als besäße er Aktien darauf; erspricht über Politik und operiert— Gott steh uns bei!— mitPlänen, sein Dasein zu verbessern. Nun, das tut auch not! Aberdaß gerade er auf solche Gedanken kommt, er, der Elendeste vonallen, der durch Jahrhunderte mit Schmalzschnitten, Branntweinund Erzählungen vom Tode großgefüttert worden ist! Es ist jaeine Frechheit, ein Größenwahn sondergleichen, daß der armeHannes das Dunkel von sich abstreift und die Weltordnung än-dein will!Ich bin erstaunt darüber, wie leicht das Neue mit seiner un-crbittlichcn Forderung einer helleren Lebensmöglichkeit die Leutemeiner eigenen Generation erobert hat. Die Losung liegt diesenvon der Welt abgesonderten Erd- und Steinarbeitern sozusagen aufder Lippe; wenn sie sie einmal gehört haben, dann kennen sie siezur Genüge. Und woher haben sie ihre Begriffe vom Licht? Ueberunserer ganzen Kindheit brütete noch das Dunkel; der Tod warder allgewaltige Regent. Der Schatten des„grauen Mannes" lagüber der Erde, er war der starke Hintergrund aller Dinge; zu ihmmußte man seine Zuflucht nehmen, wenn man über den Alltaghinaus wollte. Die vier nackten Wände des Lebens konnten es da-mals nicht aufnehmen mit den schwarzen Brettern eines SargeS.Eine so magere, selbstverständliche Lösung der Tod auch war,er mußte immer herhalten. Durch die Erfahrung belehrt, hatte derarme Mann durch die Zeiten hindurch seine Zukunftsaussichten attdieser einen Stelle gesammelt, von wo sie ihm niemand fortnehmenmochte. Hier hatte das Abenteuer sein Reich. Ein merkwürdigerTod blieb länger im Gedächtnis haften als alles andere; und un-zählig sind die Geschichten, deren ich mich aus meiner Kindheit ent,sinne, wie der und jener ums Leben kam.Auf dem Grunde jedes Gesprächsstoffs lag der Tod; und beiden Festgelage», wenn man aufgeräumt und des Alltags über-drüsfig war, sprang die Unterhaltung unmittelbar auf dieses un-erschöpfliche Thema über, das man dann nicht mehr verließ. Dawar der Tod mit Saft und Kraft, der die Leute, am liebsten diestärksten von ihnen, hinterrücks überfiel und mitten in ihrerschönsten Jugend zu Boden warf. Oder der sanfte Tod, der denMenschen im Spiel dahinraffte, wenn er auf der Wiese Blumenpflückte. Meist aber war es der Tod in neuer, launischer Gestalt.So hatte der eine von uns in seiner Jugend auf einem Hofgedient, wo die Kinder einander im Spiel in eine Kiste einsperrten;doch als einmal eins von den Kindern darin saß, wurde zuge-schloffen, und das arme Wesen erstickte.--- Ein Bauer ist beider Erntearbeit beschäftigt, er erhitzt sich und trinkt aus einemBach; es sticht ihm etwas in die Nase, vielleicht die Kraft desWassers, und er stirbt daran.--- Dem stärksten Burschen kannes passieren, daß er seine Zunge verschluckt... und weg ist er.Und bei einem anderen dauert es wohl vierzig Jahre, bis der Todihn fortnimmt. Es fängt in der großen Zehe an und der Mannverfault langsam; erst wenn das Herz erreicht ist, kann er insNichts entwischen.---- Einer sitzt drüben in Amerika undschreibt an seinen Herzensschatz, sie solle doch auch hinüberkommcn;und gerade bei ihrer Ankunft stirbt er. Andere aber lange über dieZeit, der Tod verschließt die Augen, sie kommen oft an seinemRachen vorüber, er sieht sie nicht— oder will sie nicht sehen.Eine eigentümliche Vertraulichkeit kennzeichnete das Verhältnisdes armen Mannes zum Tode; er brachte ihm nicht wenig Humorentgegen, veranstaltete zuweilen geradezu ein Fest mit ihm. Irgend-wo muß der Tod ja sein Opfer finden! Und der mürrische altePförtner, der vom Morgen der Zeiten an in grauer Unbestechlichkeithoch und niedrig aus dem Dasein herausläßt, ging zur Abwechselungeinmal auf das Spiel ein. Die Leute kamen und wälzten sich vorseinen Füßen— wie spielende Hunde. Dann gab er ihnen mitseinen etwas harten Händen einen Klaps, haschte nach ihnen undließ sie mit halber Gesundheit wieder laufen. Sie schrien vorSchmerz, aber im nächsten Augenblick waren sie wieder obenauf;ein herrlicher Spaß war es doch gewesen!Jetzt entsinnt sich hier am Strande niemand mehr, wie Gedionund der Tod miteinander spielten; und vor dreißig Jahren war dasdoch die beste aller Geschichten. So ganz und gar hat das Neuevom Volke Besitz ergriffen.Gedion gehörte zu denjenigen, denen keine bestimmte Todesartzugewiesen worden war; so etwas gibt dem Menschen immer eineschiefe Stellung zu allen Dingen. Seit Gedion das Licht erblickthatte, wußte jeder, daß es anderS um ihn stand als um den großenHaufen.Etwas Handgreifliches, woran man sich hätte halten können,war nicht vorhanden. Er stammte von einer barfüßigen Fischer-dirn und einem jungen Seemann, der ertrank, bevor der Jungezur Welt kam, und der ihm einen Ooltuchanzug und eine Schiffs-kiste hinterließ. Die Mutter gab ihm die Brust und gesalzenenHering; und seinen Namen bekam er nach einer Galjonsigur mitdaran hängendem Namensschild, die gerade in jenen Tagen ansLand getrieben wurde. Zum Ueberdruß waren außer seinem Vaterauch fein Großvater und zwei Brüder seines Vaters auf dem Meereumgekommen— und auch ein paar von den Brüdern seiner Mutter.Niemand im Dorf hatte seine Papiere besser in Ordnung alsGedion.Aber ihm wurde nicht erlaubt, wie die anderen aus dem Dasein zu schlüpfen. Er schrie wie jedes andere Würmchen und fraßund gab die Dinge wieder unverdrossen von sich; aber die Leutenahmen ihn dennoch aufs Korn und sahen allerhand, wo anscheinendgar nichts zu sehen war. Die Mutter war verzweifelt und kämpftetapfer für ihren Jungen; sie zeigte ihn nackend vor. hielt ihn andem einen Fuße fest, ließ ihn in der Luft-zappeln und tauchte ihnin kaltes Wasser:„Seht, ist er nicht drall und rot! Und geht ihmdie Haut nicht ab von der eigenen Flüssigkeit!" Und im Wasserschrumpften seine Geschlechtsteile zusammen. Ein tüchtigeres Kindwar in dem Fischerdorf nie geboren worden. Aber die Leute ließenund ließen sich nicht überzeugen.„Er ist nicht dazu geschaffen,eines natürlichen Todes zu sterben," sagten sie kurz und bündigund nickten.Das Meer selbst widersprach ihnen. Schon von seinem viertenJahr an trieb Gedion sich mit den jungen Burschen auf dem Wasserherum. Wenn das Meer im Sommer wie ein faulenzendes Mutter»tier dalag und seine Kätzlein am Strande hinrollen ließ, dann hätteniemand behaupten können, daß Gedion ein Fremder inmitten desSchwarms sei; er schnurrte vor Wohlbehagen, so klein er war, unterdem liebkosenden Lecken der Wellen.Aber die Alten hielten starr an ihrer Ansicht fest. Und als dieKinderkrankheiten sich einstellten, sagten sie zu Gedions Mutter,sie solle sich Rat holen.„Sonst krepiert er Dir," meinten sie.Das Mädchen wollte vor Scham in die Erde versinken. Dakamen die Leute und wollten.ihrem prächtigen Jungen einen Platzaußerhalb der menschlichen Gesellschaft anweisen, es sollten ihmPflaster aufgelegt werden wie einem beliebigen Landkinde, während