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ftellung ein, als ihr ganzes Fortpflanzungsgeschäft sich auf dem Rande vollzieht. Alle übrigen Lurche suchen schon vor der Paarung das Wasser auf; hier halten sie ihre Liebesspiele, hier legen sie auch ihre Eier ab und überlassen dann den Laich seinem Schicksal. Bei der Geburtshelferkröte hingegen finden sich die Geschlechter schon auf dem Lande zusammen und zwar zweimal im Jahre: je im April und September; mit auf dem Rücken reitenden Männchen treiben sich die Weibchen zur Fortpflanzungszeit im Felde herum, bis eines Tages unter dem Reiz der massierenden Streichelbewe­gungen des Liebhabers das weibliche Tier die mit 20-60 Giern ver­Enotete Laichschnur von sich gibt, dabei unterstützt von dem Männ­chen, das mit dem Fußende seiner langen Hinterbeine den zähen Baichstrang geschickt zu fassen weiß und dadurch, daß es die Beine bald anzieht, bald streckt, den Geburtsatt erleichtert. Da die Gallerthülle der Gierkette sehr klebrig ist, bleibt die Laichschnur an den Schenkeln des Männchens hängen und wickelt sich infolge der ununterbrochenen Strampelbewegungen an ihnen allmählich zu einem Knäuel auf, der sich mit dem Trockenerwerden der Gallert­schale rasch zu einer engen Fessel zusammenzieht und fest an den Beinen haftet. Inzwischen hat das Weibchen sich losgemacht und ist seiner Wege gezogen. Es ist aus mit der Liebe, aber es ist nicht (( wie bei den übrigen Lurchen unserer Heimat) aus mit der Sorge um die Brut. Denn während der vier, fünf Wochen, die nun ver­streichen, bis die Eier zum Ausschlüpfen reif geworden sind, schleppt Das Männchen den Laich auf dem Lande mit sich herum, bis bei einem der Bäder, die der Krötenvater von Zeit zu Zeit in einer Bfüße zu nehmen pflegt, die aufgeweichten Eihüllen plazen und Die Embryonen als Larven von 16-18 Millimeter Länge sich ins Wasser entleeren. Hier leben sie als froschquappenähnliche Tiere über ein Jahr, um durchschnittlich im 15. Monat nach der Geburt als etwa Zentimeter lange, fertige Krötchen, die sich aller Rarbenmerkmale entledigt haben, ans Land zu steigen. Sie brauchen also verhältnismäßig lange Zeit zur Verwandlung; denn unsere übrigen Salamander- und Froschlurche haben ihre Meta­morphose durchschnittlich schon nach vier bis fünf Monaten abge­schlossen.

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Eigentlich pitant wird die Sache aber doch erst, wenn man sich die Frage stellt, wie wohl die durch Riesenwuchs ausgezeichneten, ohne Brutpflege im Wasser zur Entwicklung gelangten Nachkommen der Warmraumtiere sich verhalten, wenn sie nach Eintritt der Ge­schlechtsreife selber dem Fortpflanzungstrieb erliegen. Auch in dieser Richtung hat Kammerer Versuche angestellt und gefunden, daß die von den Eltern erworbene Aenderung des Fortpflanzungs­instinktes sich auf die Kinder bererbt. Werden sie unter den gleichen Bedingungen gehalten wie die Eltern, so legen sie ihren Laich direkt ins Wasser ab und überlassen ihn dort ohne jeden Pflegeversuch seinem Schicksal, während sie ins Freilandterrarium zurückver­seht ihre Gier zwar bald am Land, bald im Wasser abladen, aber auch jetzt niemals mehr Brutpflege ausüben. Auch bei Kreuzung normaler Tiere mit abgeänderten geht die Instinktvariation nicht verloren. Bringt man beispielsweise ein abgeändertes Männchen mit einem normalen Weibchen zur Paarung, so verhalten sich alle Männchen aus dieser Ehe wie der Water, wissen also von Brutpflege nichts. Tut man dagegen ein normales Männchen und ein abge­ändertes Weibchen zusammen, so erscheint die Abänderung erst wieder in der Enkelgeneration dieser Eltern; es folgt also zunächst ein Geschlecht, dessen Männchen alle brutpflegend, dessen Weibchen alle landlegend sind, und erst die Kinder dieser durchweg normalen Tiere sind wieder( zu einem Viertel) anormal, d. H. die Instinkt­variation folgt den bekannten Mendelschen Spaltungsgesehen. In eine ganz andere Richtung können durch kleine Abände rungen in den Lebensbedingungen die Beugungsgewohnheiten des Laubfrosches hineingedrängt werden. Normalerweise lebt dieses Tier am Land und sucht nur zur Fortpflanzungszeit das Wasser auf. Ihm wird der Laich in Ballen übergeben; Brutpflege ist un­bekannt. Kammerer richtete nun sein Terrarium folgendermaßen ein: er ließ die Lufttemperatur nie unter 16 Grad Celsius sinken, so daß die Laubfrösche in der behaglichen Umgebung ihr Winter­schläfchen vollständig vergaßen, und setzte, damit es den Lieren auch an Grün und Klettergelegenheiten nicht fehlte, ein paar Exemplare des indischen Blumenrohrs in den Käfig. Die jungen Blätter dieser Pflanzen sind tütenartig zusammengerollt, halten sich in diesem Bu stand sehr lange, und so fest schließen die Ränder der Blattscheide zusammen, daß Wasser, das in den Trichter gerät, sich in ihm jammelt und hält. Es gelingt infolgedessen leicht, die Blattüten in kleine Wasserreservoirs zu verwandeln und durch tägliche Be­neßung in diesem Zustande zu erhalten. Die Laubfrösche brachten, ihrer Gewohnheit gemäß, fast ihre ganze Zeit auf diesen Pflanzen zu. Und so gut gefiel es ihnen da oben, daß sie nicht einmal mehr becken, das am Boden bereit stand und ihnen im Jahre zuvor noch ganz recht gewesen war, zur Laichablage aufzusuchen, benutten sie die Blattüten als Wiegen für ihre Giermassen, benahmen sich also ähnlich wie die javanischen Flugfrösche und andere erotische Baumlurchen, die ihre Gierballen zwischen den Blättern der Sträucher aufhängen, auf denen sie leben. Der Tütenlaich tam zur Entwicklung, aber während der Laubfrosch unter normalen Umständen seine Berwandlung zum fertigen Tiere in vier Monaten vollendet hat, war in den lichtarmen Tütenreservoirs die ganze Entwicklung so verzögert, daß erst nach Ablauf eines Jahres die Larben sich zu Fröschchen umgebildet hatten. Die Tendenz"- meint Kammerer- ben Fortpflanzungsatt eben da zu erledigen, wo sich das übrige Leben abspielt, dürfte für diese Instinktvariation des laichenden Raubfrosches ursächlich sein."

Gs ist nun außerordentlich interessant, daß dieser normale Rebensgang mit seinen eigenartigen Fortpflanzungs- und Brut­pflegegewohnheiten vollständig aufgegeben wird, wenn man die brunstreifen Eltern veranlaßt, das Fortpflanzungsgeschäft in einem ( mit allem sonstigen Krötenkomfort naturgemäß ausgestatteten) Raum zu vollziehen, dessen Lufttemperatur ständig auf einer Höhe bon 25-30 Grad Celsius gehalten wird, und auch die Larven unter diesen Bedingungen ihre Entwicklung durchmachen läßt. Die un- zur Laichzeit von den Pflanzen herunterstiegen; statt das Wasser­gewohnte Hize scheucht nämlich die Tiere in die Wasserbecken ihres Kerrariums hinein und statt( wie gewohnt) auf dem Lande, voll­zieht sich der Zeugungsaft hier; im Wasser paaren sich die Ge­schlechter, ins Wasser legt auch das Weibchen den Baich, wobei ihm das Männchen Geburtshelferdienste leistet; da aber die Gallerthülle im Wasser sofort aufzuquellen beginnt und dadurch ihre klebrigkeit verliert, kann der Krötenvater sich die Gierkette nicht um die Hinter­extremitäten wideln, er gibt die Brutpflege auf und der Laich bleibt gleich dem der übrigen Amphibien unbehütet im Wasser Liegen. Von den Giern entwickeln sich in der ungewohnten Um­gebung freilich nur wenige, diese wenigen aber schlagen ein ganz anderes Entwidlungstempo ein: statt erst nach 4-5 Wochen geben Sie den Embryo auf einem viel primitiveren Stadium schon nach zwei Wochen frei, und statt in 15 Monaten vollzieht sich schon in 3-4 Monaten die weitere Verwandlung der Larbe zum fertigen Feßler. Ueberdies zeichnen sich die aus den Wassereiern hervor. gegangenen Kröten durch Riesenwuchs aus, sie gedeihen zu Voll­Tröten von 6-6 Bentimeter Körperlänge heran, die schon nach einem Jahre geschlechtsreif find, während in der Natur die ausge wachsenen Tiere eine Länge von höchstens 4-4,7 8entimeter er zeichen und erst nach zwei Jahren fortpflanzungsfähig werden.

Wie weit diese Instinktabänderung sich treiben läßt und ob auch sie erblich figiert werden kann, wie die der Geburtshelferkröte, werden wir später erfahren.

Kleines feuilleton.

Medizinisches.

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Im Laufe der folgenden Laichperioden führte die durch äußere Mittel zunächst mechanisch erzwungene Abänderung in den Laich­gewohnheiten allmählich zu einer immer ausgeprägter auftreten den Instinktvariation, die sich darin äußerte, daß die mittlerweile Czerny über Krebsheilung burch Thor­an die hohe Temperatur gewöhnten und daher wieder am Lande behandlung. Die Strahlenbehandlung die Radiotherapie- Cebenden Tiere zum Laichakt zielbewußt das Wasserbecken auf­suchten" und die Männchen ihre Giaufladeversuche ganz unter­Tießen. Dabei blieb es auch, wenn man die Warmraumtiere, denen das Wasserlaichen und die Nichtbrutpflege allmählich zur festen Ge­wohnheit geworden war, wieder in Freilandverhältnisse zurücver­sezte; erst nach mehreren Laichperioden traten im Freiland Rüd­schläge zu den alten Feßlergebräuchen ein. Aber das Haupt­ergebnis dieser Versuchsreihe wird dadurch nicht berührt; es bleibt dabei, daß unter der Einwirkung ungewohnt hoher Lufttempe­raturen die Geburtshelferkröten den Sinn für ihre komplizierten Fortpflanzungs- und Entwicklungsgewohnheiten verlieren und zu Sem primitiven Zeugungs- und Entwicklungstypus der übrigen Froschlurche übergehen. Diese Annäherung an die Frösche, Unken und gemeinen Kröten spricht sich übrigens auch darin aus, daß statt der 20-60 großen, sehr dotterreichen Gier allmählich 90-120 leine, dotterarme abgelegt werden; das Wasserleben verkürzt ja die Embryonalzeit um volle zwei bis drei Wochen, die Ausrüstung des einzelnen Gies mit Nährstoff braucht daß er nicht mehr so groß zu sein und die überschüssige Zeugungsenergie kann auf die Pro­duktion einer erklecklich höheren Eiermasse verwendet werden. Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.

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der Geschwülste hat sich aus fleinen Anfängen allmählich zu großer Bedeutung emporgearbeitet, und dennoch steckt sowohl die theoretische Einsicht wie die praktische Anwendung derselben noch in den Kinder­schuhen. Nur der hohe Preis der reinen Radiumpräparate- ein Milligramm Radiumbromid kostet airfa 400 m. war ein Hindernis für eine größere Anwendung derselben. Auf der Suche nach Ersatz ist es Profeffor Otto Hahn gelungen, das Mesothorium zu entdecken. Ja, die Versuche mit diesem haben sogar ergeben, daß dasselbe noch wirkiamer zu sein scheint, als das Radium. Wie der berühmte Krebsforscher Exzellenz Czerny in der letzten Nummer der Umschau", Wochenschrift über die Fortschritte in Wissenschaft und Technik in einem hochinteressanten und mit zahlreichen Abbildungen versehenen Artikel mitteilt, sind in dem Heidelberger Krebsinstitut mit Mesothorium ganz hervorragende Erfolge erzielt worden. An der Hand der Bilder, die den Krankheitszustand vor der Behandlung und das Aussehen nach derselben zeigen, tann man nur staunen über die bedeutende Wirkung dieses Heilmittels, das ganz bösartige Geschwülste geheilt hat. Wenngleich noch nicht alle Schwierigkeiten überwunden sind, so ist doch zu hoffen, daß die weiteren Fortschritte auch zu einer Heilung innerer Krebsgeschwülste führen werden.