lege. Wären wir damals geflohen, so lebte sie noch, und unser Kind lebte, und wir wären alle drei glücklich." Und Abdallah?" Er hat sie mißhandelt sie langsam gemordet und es wäre meine heilige Pflicht gewesen, sie zu befreien." Hättest Du nicht vom ersten Tage an. da Du sie hier auf dem Friedhof trafst und dazu bewogst, sich zu entschleiern, ihr Herz behext denn es war sie und keine andere, von der Du mir- danials erzähltest!, so wäre sie mit Abdallah glück- lich geworden. Aber Du hast Deine bösen Blicke auf sie ge- warfen, und die wirkten wie ein Fluch. Ihr Franzosen seid schuld an' dem tSIuche, der unser ganzes Haus betroffen hat. Mein Vater ist fortgereist als ruinierter Mann. Er hat uns aus Tripolis  ' geschrieben, daß er nie mehr hierher zurück- kehrt, weil er nicht als Bettler in Tunis   umherschleichen will. Er hat vor seiner Abreise alles zusammengescharrt, war er konnte, und wir sitzen mit leeren Händen da. Alles durch Eure Schuld. Ihr bringt Fluch über unser ganzes Volk, bis wir uns eines Tages erheben und Rache nehmen werden. Erinnerst Du Dich, was ich damals vor zwei Iahren von der Trikolore sagte, die sich schützend über unsere Gräber breitet? Sieh Dich heute um! Wohin ist die Trikolore ge- kommen?" Marcel hakte Nur ruhig aussprechen lassen, um sich ein wenig klar zu werden, wohin das Ganze eigentlich ziele. Nun sah er sich um und stutzte über Rurs Beobachtung. All die roten und blauen Blumen waren wie fortgeblasen. Glan- zende gelbe Blüten, die die Bauernböse Kräuter" zu nennen pflegen, schössen zu Millionen auf und überspielten wie eine Flut geschmolzenen Goldes alle die anderen Blumen. Selbst die Bäl'.me, die blühenden Akazien, leuchteten in derselben gelben Farbe, die in diesem Monat hier unumschränkt herrschte. Siehst Du," fuhr Nur in seiner Bildersprache fort,diese gelben Blumen, sie sind mein großes zahlreiches Volk, das in aller Stille die Trikolore verschwinden läßt. Und siehst Du die einzelnen roten Lilien, die sich über all die gelben Blüten erheben?" Er wies auf den blutroten Gladiolus, der hier und dort wild zwischen den Gräbern wuchs. Kennst Du sie? Das ist Sif el Arab, das Schwert der Araber. Sie stehen da wie eine stumme Drohung gegen alle Unterdrücker. Du sprachst an jenem Morgen davon, daß hier drinnen alles bloß ein zufälliger Wirrwarr sei. Du bemerktest nicht, daß es etwas gibt, das niemals zufällig ist, und das ist die Richtung. Alle diese Gräber wenden sich gen Osten. Selbst nach dem Tode liegen wir da und schauen gen Mekka  . Ihr könnt uns Eure Sprache und Eure Heere senden umsonst! Solange wir nicht nach Paris   sehen, sind wir nicht verloren und wir wollen alle Tage nach wie vor unser Antlitz nach Mekka   wenden." (Schluß folgt.) Hiia der GcFcbicbtc des Hlpen- verkebrs» In immer stärkerem Matze wächst die Zahl derer, die allsommer- lich und nach dem Emporkommen des Wintersports auch im Winter die Alpen   aufsuchen, um dort Erholung oder reichen Genutz zu finden. Das Reisen wird immer mehr erleichtert, manch- mal auch verbilligt, und so sind Gebirgsfahrten längst nicht mehr das Privileg wohlhabender Leute. Wir finden die Alpen   erhaben, schön, interessant und bringen aus ihnen Erinnerungen und Eindrücke fürs Leben heim. Aber diese Erkenntnis ist erst sehr spät entstanden, spät auch unter den Bewohnern der Alpen selbst. Zu VergnügungS- und Erholungsreisen in ihre Bergwelt hat sie sich erst im IS. Jahrhundert verdichtet. Bis zum Ende des l8. Jahrhunderts herrschte im allgemeinen noch die den alten Römein geläufige Vorstellung! und die war dem Ge- birge nicht gerade günstig. Wohl gab es schon vor und zu Beginn der Kaiserzeit viele römische Landhäuser am Gardasee   und am Comersee, dort, wo die Starrheit und Herbheit des Gebirges weich, wo südliches Klima und südliche, farbenprächtige Vegetation es um« schmeicheln: aber die inneren Teile erzeugten in den Römern das Gefühl der Ungastlichkeit und trostlosen Verlassenheit, ja des Grauens. So hatte der Oberitalien   umschlietzende Alpenkranz für sie im wesentlichen nur den Wen und die Bedeutung eines Walles, der ihr Land gegen die Barbaren schützte und ihnen andererseits gesicherte «usfallpforten gegen Germanien   bot. Augustus   begann mit dem Ausbau der bereits vorhandenen und von der Urbevölkerung be- nutzten Patzwege zu Militärstratzen, und eine zweite Periode umfangreicher Stratzenbanten fallt in die Zeit de? Septimins Severus(gestorben 211 n. Chr.). Diese Alpenstratzen, die autzer den Legionen auch der Kaufmann benutzte, haben Jahrhunderte hindurch ihren Zweck erfüllt, bis sie schließlich gegen die anstürmenden germanischen Stämme nicht mehr gehalten werden konnten und diesen die Vernichtung des wankenden Wesiroms erleichterten. Daß bereits in vorrömischer Zeit mehrere der heutigen nord» südlich führenden Alpenpässe begangen worden sind, beweisen die Reste prähistorischer Befestigungen an ihren Ausgängen und andere Funde an den Saumwegen selbst. Auch ganzen Völkerscharen boten die Alpen   schon damals kein unüberwindliches Hindernis für das Vordringen nach Süden, von den Gallierscharen an, die um 383 v. Chr. Rom verbrannten, bis zu den Cimbern und Teutonen fast drei Jahr- hunderte später. Dagegen haben die alten Bernsteinstrahen die Alpen  nicht gekreuzt, sondern umgangen. Nicht selten scheint es, als seien Pässe lokaler Arrt in der Vorzeit und noch im Mittelalter häufiger benutzt worden als heute, z. B. die Pfade über die die süd- lichcn Nebentäler der Rhone   trennenden Gebirge des Kanton Wallis  ; man scheute, um von Dorf zu Dorf zu gelangen, den Umweg über das Rhonetal. Reber berichtet, daß früher die beiden Visper Täler nach Chippis   am Aufgang des Eifischtales, ein- gepfarrt waren, und daß die in Zermatt   Verstorbenen in ihren Särgen mühsam über die Gletscher nach Chippis   zum Kirchhof ge- tragen wurden. Heute hat das längst aufgehört. Als die ältesten Alpenpässe können wir bezeichnen: den Ligurischen Küstenpatz, den Patz über den Moni Genevre, den wahrscheinlich Hannibal   ein- geschlagen hat, den Kleinen und den Großen St. Bernhard  , den Septimer und Julier, den jetzt eben fahrbar gemachten Jausen, den Brenner, an dessen Nordseite bei Matrei   und Sistrans   etruskische Altertümer gefunden worden sind, endlich die Ploecken, die aus dem Ober-Gailtal nach Tolmezzo   führt und sehr früh eine wichtige Handelsstraße war. Den Gedanken, den großen St. Bernhard zu einer Militärstratze auszubauen, hatte bereits Cäsar erwogen. Augustus   führte ihn aus, die Straße wurde jedoch nur zum Teil fahrbar hergestellt, während der kleiue St. Bernhard ganz fahrbar ausgebaut wurde. Anscheinend wurde damals auch schon der Julier angelegt, nicht aber der Brenner  ; wenigstens nicht als ununterbrochener Stratzenzug. Gleichzeitig mit dem Bau der augustäischen Straßen erfolgte die Unterwerfung, der keltischen und rärischen Alpenvölker. Damic schwand auch einiger- maßen die Abneigung der Römer gegen die Alpen  ; im zweiten nach» christlichen Jahrhundert faßte römische Kultur in ihnen Fuß und drang bis aus die oberbaherische Hochebene vor. Die Technik des römischen Straßenbaues war bewunderungS- würdig und durchaus zweckentsprechend. Als Militärstratzen gedacht, mußten die neuen Alpenwsge so angelegt werden, daß sie jcderzeir benutzbar waren. Deshalb vermied man es, ganz unten in der Talsohle zu bauen, wo die Straßen Schneeverwehungen und Zer- störungen durch das Wasier des Talbaches ausgeietzt gewesen wären, sondern hielt sich in größerer Höhe ani Abhang oder aus den Terrassen und Vorhöhen.- Im Interesse der Sicherheit scheute man auch keine Umwege. Die römische Brennerslraße, die als Ganzes aus der Zeit des Septimius Severus   herrührt und mit einigen antiken Meilensteinen im Innsbruck  « Ferdi- naudeuni vertreten ist, verlies im Gegensatz zur hertzigen Straße im allgemeinen höher. Sie folgte nördlich von Bozen   nicht gleich dem engen Tal de? Eisack  , wo heute Strom, Straße und Eisenbahn  sich enge zusammendrängen, sondern stieg auf das Plateau des jetzt durch eine Zahnradbahn von Bozen   erreichbaren Ritten und erreichte das Eisacktal erst bei Waidbruck  . Und ebenso sieht man südlich von Innsbruck  , jeitzeits der Stephansbrücke über den Nuzbach, die alte Römerstraße steil hinauf nach Schönberg gehen, während die bequemere, moderne Straße, die im Tal der Sill bleibt, die Höhe in vielen Kehren gewinnt. Der Tourist bevorzugt diese alte Straße, weil sie Ausblicke auf das Stubaital   und seine Ferner gewährt. Sichtbare Reste der ursprünglichen römischen Alpenstraßen sind nicht selten neben den modernen Chausseen zu finden. Es sind entweder KieS- oder Gerölldämme oder Steinplattenpflasterungen von mäßiger Breite, z. B. aur der Südseite des MalojapasseS bei Cafaccia, am Großen St. Bernhard   und auf dem Rittenplateau. Besonders gut erhalten und ausgedehnt find die Reste an der sogenannten Birnbaumer Straße zwischen Heidenschast und Oberlaibach in Krain  . Das Mittelalter hat an Alpenstraßen nur das Vorgefundene übernommen und nichts Neues geschaffen. Der St. Golthardpaß wird zwar im 13. Jahrhundert zum erstenmal erwähnt, aber er ist viel früher entstanden. Die Römerzüge der deutschen Fürsten   folgten den antiken Heerstraßen. Am beliebtesten war für diese Unterneh- mungen semer Bequemlichkeit und geringen Höhe wegen der Brenner  - patz, der nach Oehlmanns Berechnung allem öömal von den Kaisern überschritten worden ist, während sie den Großen St. Bernhard 2<ZmaI und den im Mittelalter wichtigen, gegenwärtig aber zum Saumweg für den örtlichen Berkehr verödeten Septimer 17mal passiert haben. Bis ins IS. Jahrhundert hinein waren nur der Brenner  , der Col di Tenda und der Arlberg leidlich fahrbar, und als Goethe 1788 über den Brenner seine Jtalienfahrt antrat, war dieser erst seit anderthalb Jahrzehnten der Postkutsche erschlossen. Außerordentlich dürftig sind die Nachrichten darüber, wie man im Altertum und Mittelalter auf diesen Alpenstratzen reiste. Das erklärt sich indessen daraus, daß damals die Chronisten und Historiker für die Alpen   und deren Ueberschreitung selbst kein Jnterefle«n, pfänden oder bei anderen voraussetzten; erst