da? Ziel der Züge und die dort mit ihnen verknüpften kriegerischen und friedlichen Ereignisse erschienen der Aufzeichnung Werl . Die römischen Militärstrassen werden so gebaut, dass sie auch im Winter zur Not benutzt werden konnten, und das ist ohne grosse Verluste geschehen. Im März und April 69 n. Chr., also in einer für Alpenübergänge recht ungünstigen Jahreszeit, brachte Vitellius 49 009 Mann über den Mont Gensvre und gleichzeitig 39 990 Mann über den Grossen St. Bernhard ungefährdet nach Italien hinüber. Die deutschen Könige wählten für ihre Nömerzüge gewöhnlich den August oder September als die geeignete Zeit(Heinrich IV. für seinen Canossagang, der über den Mont Cenis führte, den Januar), zumal dann die Alpenbewohner auch das Getreide eingebracht hatten, die Verpflegung also leichter war. Da es für diese mittelalterlichen Heere an ausreichender Orts- Unterkunft fast überall mangelte, war Einquartierung nicht möglich, und es wurde unter dem Schutz von Zelten und schnell hergerichreten Hütten biwakiert. Für die Wahl der Lagerplätze war das Vor- handensein von Wasser und von Grünfulter für die Pferde und Lasttiere massgebend. Auf deutscher Seite wurde das Futter einfach vom Felde genommen, aus italienischer musste es bezahlt werden, was aber nicht immer geschah. Der Mundvorrat für die Menschen wurde in der älteren Zeit vor Antritt des Zuges beschafft und auf Saumtieren oder Wagen mitgeführt. Später verliess man diesen Brauch, man griff zur Requisition und vergass nicht selten die Zahlung. Die Heerführer versuchten allerdings dagegen ein- zuschreiten und verboten ihren Leuten, etwas zu nehmen, ohne die Eigentümer zu entschädigen; aber das half nicht viel, und so fürchteten die Aelpler den Durchzug militärischer Banden etwa wie einen Hagelschlag und brachten sich und ihre bewegliche Habe recht- zeitig in Sicherheit. Auf seinem ersten Römerznge, 1154, ging Friedrich Barbarossa und seinem Heer auf der Brennerstrasse die Nahrung aus, so daß er sich an einigen geweihten Stätten vergriff; er liess deshalb am Gardasee eine Geldsammlung im Heere ver- anstalten und den Ertrag den Bischöfen von Brixen und Trient aus- händigen. Anlässlich Friedrichs II. Römerzuge. 1168, hausten die den Vortrab bildenden Truppen, die mit ihrem Proviant zu schnell fersig geworden waren, auf der Brennerstrasse wie die Räuber, so dotz alle Anwohner flohen und in Brixen und Trient niemand etwas auf den Markt bringen wollte. Es bedurfte erst Friedrichs feierlicher Zusicherung, dass keinem etwas geschehen und alles be- zahlt werden würde, ehe man für sein hungerndes Heer Märkte abhielt. Schon aus diesen Verpflegungsnölen erklärt es sich, dass die Alpenübergänge deusicher Potentaten oft mit erheblichen Ver- lüften an Menschen und Tieren verbunden waren, und dazu kam der bewaffnete Widerstand der lombardischen Städte, der weit bis in die Alpen hineinreichte. So atmete alles erleichtert auf, wenn man das böse Gebirge hinter sich hatte und in der Ebene stand. Andere Leute, als Krieger und Händler, begannen erst im 13. Jahrhundert sich in den Alpen umzusehen, besonders nachdem der Bcrner Llbrecht von Haller, der auch zu den ersten Erforschern der Alpen gehört, in leinen, Lehrgedicht.Die Alpen ' auf die Majestät und Schönheit des Gebirges aufmerksam gemacht hatte. Andere Dichter und auch die Maler folgten. Der Genfer Natur- forscher H. B. de Saussure vollbrachte 1787 die erste wissenschaftliche Besteigung des Montblanc . Freilich kam das 19. Jahrhundert heran, bis Forschung und Tourissik die Alpen als dankbares Feld voll er- kannten; im schweizerischen und französischen Teil geschah es eher als in den Ostalpen. Der Ortler erfuhr eine wissenschaftliche Be- steigung 1895, aber erst seit 1865 lockte die Gruppe die Hochtouristen an. Die Jungfrau wurde 1311 zum erstenmal erstiegen, die Dufour- spitze, der höchste Gipse! des Monte Rosa , 1355 durch die Engländer. Das Matterhorn zu Häupten des Zermatter Tales bezwang erst 1865 Edward Whymper , während vier seiner Gefährten dabei das Leben verloren. Dem Fremdenstrom wurden manche Alpenteile durch Strassen erst spät erschlossen; so die Dolomiten, die lange nur die Geologen gereizt hatten, während sie jetzt das touristische Mode- gebiet Tirols sind, erst seit sechs Jahren. H. Singer. Vom Eilige der pflanzen» Wir brauchen die Wunder nicht ausserhalb der Welt zu suchen, sie sind in der Welt, sie lassen alle Phantasien selbst der erfindungs- reichsten Poeten weit hinter sich. Von Einäugigen erzählen uns wohl die Märchen und Sagen, aber von den Tausendäugigen wagte uns kein Dichter ein plausibles Bild vorzuführen. Wir brauchen nur ein paar Blätter der nächsten Pflanze in die Hand und unter die Lupe zu nehmen, und wir haben die Tausendäugigen vor uns, die am ganzen Leibe mit Augen bedeckt sind, mit Lichtsinnes- organen, die gierig das Licht der Sonne in sich trinken. Bei den Pflanzen, die keine Möglichkeit haben zu rascher Bewegung wie die Tiere und der Mensch, ist dementsprechend für das Auge auch nicht eine so lebhaste Betätigung notwendig und daher die Eni- Wickelung von einem besonderen Fall abgesehen eine nicht so hohe, wie bei diesen Wesen. Aber wir finden doch bei den Pflanzen ähnliche Gebilde wie jene Augenflecken, die die niedersten Tiere an sich haben, mit denen verschiedene Helligkeitsgrade und auch die Richtung des einfallenden Lichtes wahrgenommen werden kann. Die Weinbergsschnecke z. B. streckt ihre Augen als zwei schwarze Pünktchen agf den äußersten Tastenden der beiden län- geren Fühler in das Sonnenlicht hinein. Der Seestern in der grünen Dämmerung der Meeresgründe ist wie ein Albino mik roten Augen bewaffnet, die als zarte Fleckchen unterhalb der Arme wie kleine matte Rubine schimmern, und auch unser Blutegel ist auf den vorderen Körperringen mit ähnlichen Augflecken ausge- stattet, für den Fall, daß er mal aus seinen Schlammgründen heraus sich nach der Sonne und dem Licht sehnst Ausgesprochene Augenflecken, ebenso rot wie die des Seesterns, tragen auch fast sämtliche grüne Algen und auch schon die Schwärmsporen der Fadenalgen an sich, und zwar stets am tasten-- den Vorderende des �winzigen Körpers. Diese rein pflanzlichen, mikroskopischen kleinen Wesen, die sich aber die freie Beweglichkeit im Kampf um ihr viel gefährdetes Dasein bewahrt haben, sind mit noch höher entwickelten Lichtsinnesorganen ausgestattet als gewöhn- lich die Pflanzen, und bei ihnen hat man es wahrscheinlich mit den wahren Gegenstücken zu den einfachsten sierischen Augen zu tun. Eine Art Seepurpurs ist in den Augen enthalten, wie er auch im menschlichen Auge vorhanden ist; der gleiche Farbstoff, wie er sich ebenfalls im Auge der niedersten Würmer findet, und ebenso findet man hier wie dort stark lichtbrechende kleine Kügelchen in den Augen, die das Vermögen haben, den empfangenen Lichtein» druck intensiver zu gestalten. Das eigentlicheWundertier" unter diesen Algen aber, da? mit einem gut entwickelten regelrechten Auge begabt ist, muß man unter der Familie der Geißelalgen suchen, jener flinken Be- wohner unserer Süßwassertünipel, die mit vielen feinen, aus ihrem Leib heraushängenden Fäden, denGeißeln", das Wasser hinter sich zurückpeitschen und sich so vorwärts bewegen. Glenoäinun, polyphemus hat man dies kleine Einauge bezeichnenderweise ga- nannt. Es trägt in seinem Nadelspitzchen von Äuge eine winzige Miniaturlinse, die aber gut geformt ist, und dahinter entdeckt man unterm Mikroskop eine richtigeRetina ", die schwarze oder rote Färbung zeigt. Also ein wohlgebautes vortreffliches Auge, um das manches höhere Tier dieses Pflanzentüpfchen beneiden könnte. ES ist aber gar nicht so unbegreiflich, daß hier eine Pflanze mit einem Auge ausgestattet ist, das zweifellos zu den höckfft entivickeltew Sinnesapparaten der ganzen irdischen Flora gehört; denn es ist eine schnellbewegliche Pflanze, für die es Sinn hat, daß sie sehew kann. Daß unsere gewöhnlichen Pflanzen etwa erste Anfänge vont Formen wahrnehmen könnten, wie dies vielleicht bei glenoäinium polyphemus der Fall, ist kaum anzunehmen. Die in den Ober- hautzellen der Blätter gelegenen Lichtsinnesorgane sollen hauptsäch- lich zur Verdichtung des Lichteindruckes dienen. Jeder Blumen- liebhaber hat schon an seinen in der Nähe des Fensters aufgestellten Pfleglingen beobachtet, daß sie stets bestrebt sind, ihre Blätter im die sog.fixe Lichtlage" zu bringen, d. h. so einzustellen, daß die Spreitfläche des Blattes senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen liegt. Als der Botaniker Noll die gleiche Tatsache zum erstenmal von einer Pflanze berichtete, deren seltsames Leuchten zu vielen Märchen und Sagen Anlaß gegeben hat, und zugleich damit die Ursache der rätselhaften Lichterscheinung aufdeckte, erregte er in der wissenschaftlichen Welt nicht geringes Aufsehen. Das in den, Granit- und Schiefergebirgen Deutschlands und Oesterreichs in dunklen Schluchten und am Eingang von Höhlen angesiedelte Leuchtmoos erglänzt in einem goldig-smaragdencn Licht. Die entwickelte Pflanze streut dies Schimmern nicht mehr aus, son» dern nur der aus zwei Läppchen bestehende Vorkeim, der durch seine linsenförmigen Zellen eine raffinierte Hohlspiegelbeleuchtung zu» stände bringt, um den in 6 7 smaragdgrüne» Stippchen am Grunde der Zelle liegenden Chlorophyllkörnchen, die vom Lichte leben, die spärlich einfallenden Lichtstrahlen möglichst konzentriert zuzu- führen. Diese linsenartige Vorwölbung findet man auch bei den Lichtsinnesorganen der übrigen Pflanzen, wo der Aufnahmeapparat meist in der farblosen Oberhaut der Blätter liegt. Am klarsten ersichtlich ist dies z. B. bei den Wasserzellen der Eiskräuter, die das Licht durch ihre dicken glasigen Linsen tief in das Innere der dicken fleischigen Blätter hineinstrahlen lassen. Eine halbkugelige Vorwölbung der oberen Zellschicht der Blätter stellte der Botaniker Stahl auch an tropischen Schattenpflanzen fest, die natürlich auf besondere Ausnutzung des geringen Lichtes an ihrem Standort an- gewiesen sind. Bestätigt wurde dies durch den Berliner Pflanzen- Physiologen Prof. Haberlandt, der über die Lichtsinnesorgane der Pflanzen sagt:Bei manchen Pflanzen bildet die Außenwand der obersten Zellreihe der Blätter durch bikonvexe Verdickung ihres mittleren Teiles wahre Sammellinsen, die gewissermaßen in die Außenwände der Blätter eingesetzt sind. Wie ausgezeichnet diese meist aus Holzstoff, zuweilen aber auch aus Kieselsäure(also Glas!) bestehenden kleinen Linsen wirken, davon kann man sich durch unmittelbare Beobachtung überzeugen. Die senkrecht zur Blattfläche, parallel zur optischen Achse der Linsen einfallenden Strahlen werden so gebrochen, daß die konvergierenden Strahlen die Mitte der Innenwand scharf und hell beleuchten." Ist aber die Beleuchtung keine zentrische, d. h. wird das Mittelfeld der Innen» wand nicht von den einfallenden Lichtstrahlen getroffen, so übt die? auf das seitlich gelegene Plasma eine Reijwirkung aus, die durch die nervenähnlichen Fibrillen, durch zarteste Verbindungsfäden, nach dem Blattstiel weiter gemeldet wird. Denn nicht das Watt selbst nimmt die notwendigen Bewegungen vor, um sich in die fixe Lichtlage zu bringen, in der das Mittelfeld, die eigentliche Auf» nahmestelle der Lichtnahrung, beleuchtet wird, sondern die not- wendigen Krümmungen und Drehungen zu; Erreichung dieses