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Zwedes werden vom Blattstiel ausgeführt, der selbst ganz licht unempfindlich ist. Darum jagt Haberlandt in seinem berühmten auf der Naturforscherversammlung von 1904 gehaltenen Vortrag: Er( der Blattstiel) gehorcht blind der Blattspreite, wie die Hals­muskulatur dem Kopf eines Vogels, der aus dem Dunklen ins Helle, späht."

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Beitschrift Anthropologie" werden die ersten Photographien diefer denkwürdigen Entdeckung veröffentlicht und der glückliche Entdecker, der Archäologe Dr. Lalanne, erläutert sachkundig die Bedeutung der seltsamen Bildwerke. Die Funde fanden sich, aus dem Felsen herausgehauen, in einer Schicht der Aurignacepoche, ältesten jungpaläolithischen Kultur, in der ja auch schon früher Ehe wir von den interessanten Experimenten sprechen, mit Zeugnisse bildkünstlerischer Tätigkeit, aber nur kleine Rundfiguren denen Haberlandt dies nachwies, sei noch von einem neuen Zugang aus Elfenbein oder Stein, nicht so verhältnismäßig große Reliefs, zu dem Innenleben der Pflanze etwas gesagt, den wir ebenfalls ans Licht getreten waren. Nach den mäßigsten Schätzungen der Präs diesem Forscher zu verdanken haben. Vor wenigen Jahren ver- historifer müssen die Skulpturen ein Alter bon 15 000 bis öffentlichte er in den Berichten der deutschen botanischen Gesell- 20 000 Jahren haben. Zwar sind die Umrisse nur in schaft" eigentümliche Beobachtungen über verwickelte Lichtsinnes- großen Bügen und mit einer gewissen Roheit aus dem Stein organe einiger niederer Pflanzen, die er dort zum erstenmal er- herausgehoben, aber es sind augenscheinlich genau beobachtete flärte. Unter den mit den Bärlappgewächsen verwandten Sela und naturgetreue Bildnisse dieser uralten Vorfahren und sie ginellen fommt eine Art vor: S. helvetica, die sich auch im Moose zeigen den Menschen der Steinzeit viel ähnlicher dem heutigen unserer Wälder öfter findet. Da sie stets im Schatten anderer Typus, als man wohl geglaubt hatte. Das eine Basrelief stellt Pflanzen stehen, sind bei ihnen die Lichtaufnahmeapparate selten eine nackte Frau dar, die in der rechten Hand ein Bisonhorn hält. vollkommen ausgebildet. In den sonst farblosen Epidermiszellen Die Figur ist aus einem Kalksteinblock herausgehauen, in einer der Blätter befindet sich hier ausnahmsweise einmal Blattgrün, Reliefböhe von etwa 2 Zentimeter und einer Gesamtgröße der Figur ein winzig grünes Becherchen, das ganz im Hintergrunde der Zelle von 46 Zentimeter. Mit Ausnahme des Kopfes ist der ganze Körper fich unter dem verhältnismäßig großen Refiettor der stark vorge- poliert; man bemerkt an gewissen Stellen Spuren einer roten Be­nölbten Außenwand bestrahlen läßt. Wie ein Märchen, ein wissen- malung. Nicht weit davon hat der Steinzeitkünstler einen Mann schaftliches allerdings, flingt es, daß dieser Chloroplast dem Licht in Dreiviertel- Profil dargestellt, in der Haltung eines Bogenschützen, Sogar nachläuft. Fällt das Licht der Sonne nur von der Seite auf der zum Schusse bereit ist. Der Oberteil des Kopfes und die das Blatt, dann fährt der Chloroplast aus seiner Ruhe auf und unteren Gliedmaßen fehlen; die Größe beträgt so 40 genti­friecht wie eine Amöbe faul dem hellen Lichtfleck nach. Dieser fleine meter. Die Körperformen der Frau erinnern deutlich ant rätselhafte Wanderer in den Zellen der Selaginellenblätter hat die das Aussehen noch heute existierender primitiver Stämme, besonders Eigentümlichkeit und das ist die eigentlich Haberlandtsche Ent- der afrikanischen Buschmänner. Da man überhaupt nur wenige Deckung hier, daß er von einer ziemlich starken, nur auf der dem prähistorische Darstellungen des Menschen befigt, etwa 10 Statuetten, Lichte zugewandten Seite sich befindlichen Haut überzogen ist, die nicht größer als 7 oder 8 Zentimeter, zum großen Teil beschädigt, mit dem Blattgrüntöpfchen hinter dem Licht herwandert, weil sie und nicht mehr als 5 oder 6 Zeichnungen, die wahrscheinlich einer aber an den Wanderungen des Blattgrüus teilnimmt, haben wir jüngeren Zeit angehören, so ist die Bedeutung der neuen Funde es in ihr mit dem Urbild der Retina( Netzhaut) zu tun. Diese schon an und für sich außerordentlich. Aber nicht minder wichtig Annahme wird noch dadurch bekräftigt, daß Haberlandt herausfand, ist die immerhin schon entwickelte Technik, mit der diese die Struktur der lichtempfindlichen Plasmahaut sei eine ähnliche Figuren dem Stein herausgelöst sind. Die Art der wie bei der Retina der niederen Tiere. Arbeit läßt sich erkennen, da mit den Skulpturen zusammen eine große Anzahl von Werkzeugen gefunden wurden, die bei der Kunstübung verwendet worden waren. Wir tun hier einen Blick in eine Künstlerwerkstatt vor zwanzigtausend Jahren und müssen die Geschicklichkeit bewundern, mit der dieser Mensch der Urzeit eine so wenig nachgiebige Materie wie den Flintstein so mannigfach zu formen und sein Werkzeug so wohl seiner Hand anzupassen wußte. Es besteht eine merkwürdige Aehnlichkeit zwischen dem Hand­werkzeug des heutigen Bildhauers und dem seines primitiven Ahnherrn. Da finden sich zuerst Instrumente, die bestimmt find, im Groben aus dem Stein herauszuarbeiten. Das Etwas schwieriger war es, zu beweisen, daß nun tatsächlich die sind Hacken, hammerartige Werkzeuge, Merte, Sägen und Steinhobel. Oberhautzellen als die Lichtsinnesorgane der Pflanzen funktio- Alle diese Werkzeuge waren der Hand vollkommen angepaßt, und nieren und nicht andere Faktoren hier maßgebend sind. Um das zu wir dürfen daraus den Schluß ziehen, daß unser Künstler ein geigen, mußte womöglich die Funktion dieser Organe ausgeschaltet Rechtshänder war. Sehr zahlreich sind die Stichel vertreten, kleine werden. Das gelang sehr einfach dadurch, daß man die Blätter und große, einfache und doppelte, dicke und dünne. Die unter Waffer tauchte. Denn da der wässerige Bellfaft ungefähr Stichel haben treffliche Steinflingen mit fein gemufchelten" das gleiche Lichtbrechungsvermögen hat, wie das Wasser selbst, so Oberflächen. Sehr reich vertreten sind auch die Hohlschaber, toor damit die Wirkung der Linsenapparate aufgehoben und von denen ja die jüngere Steinzeit bereits über die ber­tatsächlich vermochten sich auch nur nicht mehr die Blätter in die schiedensten Formen verfügte. Aber der Künstler begnügte sich fige Lichtlage zu rücken. Die Wissenschaftler aber gaben sich damit nicht damit, seine Werte aus dem Stein herauszuhauen und zu nicht zufrieden, und nun schaltete Haberlandt die Linienfunktion sticheln, sondern er verlieh ihnen auch Farbenpracht durch eine mit der Oberhautzellen dadurch aus, daß er die Blattoberfläche nur Oder und Mangan ausgeführte Bemalung. Den Farbstoff zerdrückte mit Wasser benette und dann mit einem zartesten Glimmerplättchen er auf einer Schieferplatte und Lalanne hat eine solche aufgefunden belegte, so daß hierdurch eine ebene Grenzfläche hergestellt wurde. von 27 Zentimeter Länge und 15 Zentimeter Breite in oblonger Auch jetzt versagten die Blätter vollständig. Form, die noch ganz und gar mit einem roten Farbstoff bedeckt war.

Der Beweis, welcher Teil der Pflanze, ob der Stengel oder das Blatt der lichtempfindliche sei, gestaltete sich für Haberlandt ein­fach. Er umwickelte zu dem Zweck den Stengel mit lichtundurch Lässigem Bapier und rückte das Blatt aus der firen Lichtlage. Es stiebte aber doch langsam wieder die vorige Stellung an, die das Blatt unter Krümmung des Stengels in senkrechte Lage zu den ein­fallenden Lichtstrahlen schob. Nun wurde die Oberfläche des Blattes ebenso verhüllt und der Stengel wieder freigelegt. In welche Stellung die Pflanze auch gerückt wurde, sie verharrte darin, trar taub gegen die Einflüsse der Beleuchtung.

Aus dem Tierleben.

Wenn die Oberhautzellen Linsen sind, müssen sie auch Bilder widerspiegeln können. Der rührige Forscher, der vor keinem Wahrheitsbeweise seiner überraschenden Theorien zurückschreckte, hat auch dies gezeigt und tatsächlich Bilder in diesen Wunderaugen Der Pflanzen zustande gebracht. Er stellte zwischen dem Spiegel schon jahrhundertelang Naturforscher gefesselt, aber eine streng des Mikroskops und dem Fenster ein zweites Mikroskop auf und sah nun wirklich auf den Innenwänden der Oberhautzellen die winzigen Bildchen des zweiten Mikroskops. Ob dies Vermögen der Pflanze, Bilder aufzunehmen, physiologisch für sie irgendeinen Wert hat, ist sehr fraglich, physikalisch ist das Experiment zweifellos sehr interessant. Das alles macht die zusammenfassenden Worte Francé's berechtigt: Das sind wahrhaft erstaunliche Dinge, die aus den Facettenaugen" der Blätter strahlen! Die nüchternen Laboratoriumsversuche machen die ausschweifendsten Dichterphanta­fien zuschanden. Der Begriff des Pflanzenauges" wird, so abenteuerlich er uns noch heute erscheinen mag, nicht mehr ver­schwinden." Alwin Rath.

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Bögel im Sturm. Die Beobachtung des Vogelfluges hat wissenschaftliche Untersuchung ist erst möglich geworden, feit alle Einzelheiten des Fluges durch den kinematographischen Apparat bis ins fleinste festgehalten werden können. Aus der Fülle der so ges machten Beobachtungen teilt Georg Henner in leber Land und Meer" einige interessante Beispiele mit. Obwohl der Vogel den plötzlichen Windstoß fast momentan pariert, so wagt er sich doch fast nie während eines Sturmes in die Lüfte. Auch er hat, wenngleich er unendlich vollkommener gebaut ist als die beste Flugmaschine, in dem Chaos der Luftwirbel einen schweren Stand. mehrfach sind Flugunglüde von Vögeln berzeichnet worden. Ein Bolt Hühner, das in einen Windwirbel geraten war, hatte so heftige Zusammenstöße auszustehen, daß einzelne Tiere tot zur Erde fielen. Manche Vögel, so besonders die Möwen, scheinen stürmisches Wetter bereits einige Zeit vorher zu ahnen und bringen sich in Sicherheit, ehe der Wind mit vollen Baden losbläst. Mit einem sehr starken Wind im Rücken fliegt kein Vogel gern, er ihm die Federn zerzaust. Dagegen fliegen Bögel, insbesondere folche, die kurze Schwingen haben, fast immer nur gegen den Wind auf, der ihnen das Hochkommen erleichtert. Ein verhältnismäßig Aus einer Künstlerwent statt bor 20000 Jahren. fchwerer Bogel wie unser Storch muß erst ein paar Luftsprünge zas Becken der Dordogne , das durch seine außerordentliche Fülle machen, um so den nötigen Raum zur Entfaltung seiner Schwingen von prähistorischen Funden Frankreich bereits so manchen fostbaren zu gewinnen. Ebenso hat man so manche Flugmaschinen mit Stelzen Schatz beschert hat, ist auch der Fundort für zwei Bas- Reliefs, versehen, um den Abflug von der Stelle aus, ohne vorheriges An­die eine männliche und eine weibliche Gestalt darstellen. In der laufen vom Boden, zu ermöglichen.

Kleines feuilleton.

Aus der Vorzeit.

Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW

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