Wnterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 125. Dienstag, den 2. Juli. 1912 lNachdru« verboten.) 11 Der Mittiber.*) Von Ludwig Thoma  ' 1. Kapitel.**- Um d' Kathi is schad; dös beHaupt' i, weil's wahr is, und koa besserne Hauserin(Hausfrau) is weit uniadum net g'wes'n," sagte der Zwerger von Arnbach, und Männer und Weiber, die beim Leichentrunk sahen, nickten beistimmend. De Ehr' muaß ihr a niada(jeder) Mensch lass'n, daß ihr d' Arbet guat von da Hand ganga is." Han?" Die Fischcrbäuerin von Neuried redete undeutlich, weil sie ein tüchtiges Stück Wurst kaute; aber wie sie es hinunter- geschluckt hatte, wiederholte sie ihre Worte. Daß ihr d' Arbet guat vo da Hand ganga is. sag i." Und halt vastanna hat sie's aa," rief einer über den Tisch hinüber. «Freili Hot sie's vastanna. Und gar' so viel a guate Melcherin is sie g'wesen," sagte die Fischerbäuerin, die als Schwester der Verstorbenen heute ein Aufhebens machen durfte.Solchene muaß it(nicht) viel geb'n, und it leicht, daß a mal a Kuah nach ihr ausg'schlag'n hat, und vo drei Strich hat sie so viel Milli ausg'molka, wia'r an anderne aus Vieri." Und g'rath'n is ihr alssammete," rief die Huberin von Glonn  ,sie hat a niad's Kaibi(Kalb) durchbracht: und bal (wenn) si oans no so g'ring herg'schaugt hat, is ihr it u>ng'° stanna." Was mög'st?" fragte der Zwerger, den die Fischer- bäuerin anstieß.Ah so! Geh, theat's d' Würscht no mal Herl  " Und er gab der Nachbarin hinaus, die mit Messer und Gabel darüber ging und wehleidig sagte:Es is schad um sie, weil sie gar so viel a guate Melcherin war." Der Schormayer von Kollbach hörte die Lobreden oder hörte sie nicht; er schaute verloren an sein Bicrglas hin; und wenn er den Deckel aufmachte und eines trank, geschah es auch gedankenlos und ohne Genuß. Was hoscht jetzt an Sinn?" fragte ihn der Zwerger. Wia?" Was d' an Sinn hoscht? Uebergibst(den Hof), oda machst alloa furt?" I bin do it alloa." Ja no, bei Tochta werd aa it ledi bleib' n mög'n; und bal sie heireth, was is nacha?" Dös woaß i jetzt aa it." Geh, Zwerger, laß guat sei! Wer red't denn von Ueba- geb'n. bal ma d' Muatta erst vor a Stund   ei'grab'n Hamm?" Der Schormat)er Lenz sagte es. und zeigte sich überhaupt als rechtsinnigen Menschen, der auch im Unglück seine fünf Sinne beisammen hat, indem er acht gab, daß beim Leichen- mahl alles mit Ordnung ging und Verwandte und Gefreun- dete herzhaft Zugriffen. Ja no," antwortete der Zwerger,mi red't grab; und wer woaß, wann ini Wieda   beinand is. Und es is guat g'moant g'wen, Schormayer; des sell derfst g'wiß glaab'n." Wia?" J sag. daß i dir nix schlecht's moan, und nix für un- guat!" Na, na!" Bal d' Kathi bei'n Lcb'n blieb'n waar, kunnt'st freili no a fünf Jahr regicr'n, aber a so werd's dir hart o'kemma." >ea, ja, Sie is so viel a guate Melcherin g'wen, und in Stall überHaupts hat's koa besserne gar it geb'n," sagte die Fischer- bäuerin, indes sie einen Löffel Rübenkraut zum Schwein- fleisch nahm. Der Herr gebe ihr die ewige Seligkeit und lasse sie ruhen in Frieden, Amen!" rief am untern Ende eine scharfe Stimme, die zu den frommen Worten nicht recht paßte. Und sie ging von der Asamin aus, die mit einem kleinen Gütler ein armseliges und streiterfülltes Leben führte. *) Witwer. Sie hatte aber auch mit der Katharina Schormayer eine Schwester begraben und mußte deswegen an diesem traurigen Tage gehört werden. Amen!" responsierten die Verwandten und Gefreun- deten, und räusperten sich dazu; denn sie gönnten der Asamin nicht, daß sie das Wort führen sollte. Dann war es still; bloß daß man Gabeln und Messer auf den Tellern kratzen hörte, oder auch einen, der seufzte, oder einen, der sagte:Ja no! Jetzt is scho amal a so." Nach einer Weile jedoch brachte der Zwerger die Unter- Haltung wieder in Fluß. Des muaß mi sag'n, schö hat da Herr Pfarra g'redt, und g'rad fei' hat a sei Sach' fürbracht." Er Hot überHaupts a guat's Mäuwerk(Mundwerk)," lobte der Schneiderbauer;da is er ganz änderst wia der inser in Arnbach. Der sell ko gar nix." Dös is wahr, bei dem muaß mi einschlafa, aba an Herrn Metz   lob' i. Er hat der Schormayerin ihr Ehr geb'n, daß mi z'fried'n sei muaß." Ein fleißiges Weib ist eine Krone ihres Mannes, hat a g'sagt, und desscll hat er aa g'sagt: durch ein weises Weib wird das Haus erbauet. I han ma's guat g'mirkt." Die Asamin ließ sich zu oft hören. Mirk d' as no! Du ko'st as guat braucha!" schrie der Schneiderbauer grob und brachte viele zum Lachen. Bal's aba da Herr Pfarra g'sagt hat!" IS ja recht, mirk da's no g'rad!" Von a Predigt ko sie a niada was hoam nehma, net grad i alloa." Is ja recht." Und des sell derf i do sag'n, daß mi de Predigt g'fall'n hat, und überHaupts is sie von mir so guat a Schtvesta g'wen als wia vo de andern; und des is amal wahr, daß er dös g'sagt hat. Ein fleißiges Weib, hat er g'sagt, ist die Krone des Mannes." Is ja recht, bal's no du aa oane waarst!" Nacha kriaget der Asam vielleicht gar was für di," sagte der Zwerger; und wieder lachten Verwandte und Ge- freundete. Schaug no, daß du was kriagst für de Dei'; und des sell muaß i dir no sag'n..." Sei amal staad!" mahnte Lenz so nachdrücklich, daß di Asamin einhielt. Und jetzt schob auch seine Schwester Ursula die Fleisch- platte vor den alten Schormayer hin. Geh, Vata, dennerscht(denn doch) was!" I wog it." Dös is jetzt aa nix, bal du a so da hockst; is m des best' Sachl" I mag it, sag' i." Wickel's eahiu ei!" sagte die Fischcrbäuerin.Dahoam mag er's na scho." Der Wittiber trank ein ums andere Mal und schaute mit leeren Augen vor sich hin, daß es den Schneiderbauern erbarmte. Wie lang bist jetzt verheireth g'wen?" fragte er den stillen Mann. I?" ',Ja, muaß do bald dreiß'g Jahr sei." It ganz. Achtazwanzgi san mi beinand g'wen." Is a lange Zeit. Da g'wohnt ma si z'samm." Da g'wohnt ma si z'samm, ja, ja! Und jctz woaß i gar nix mehr, wo i hi'g'hör', und dahaam is nix, und änderst- lvo is aa nix." Es werd scho wieder, Vata, laß no guat sei!" sagte Lenz. Nix werd's Dös dastehst du net. Bal mi achtazivanz'g Jahr mitanand g'arbet hat, und is van Tag g'wen wia den andern, und auf oamal is's gar, dös is dumm ganga. Dös Hütt''s it braucht." No schau, bei dir is no net allssammete aus." tröstete der Zwerger.Du Host a Baargeld   und kost zuaschaug'n, wann's d' heut übagibst." Ja, bal i d' Arbet nimma Hab, was is denn nacha? Und alloa is d' Arbet aa nimma luschti. Dös is amal nix mehr und werd nix mehr."