Da hatte er einmal das Richtige getroffen.Für was follte der Schormayer bloß immer die ver-drossenen Gesichter daheim betrachten? Und wenn er auch aufkeine Meile Weges daran dachte, sich unter'm Spazierengeheneine Frau zu suchen, so war es doch lustig, einer das Maulwässerig zu machen. Und für einen Mann zu gelten, der leichtkönnte, wenn er bloß möchte, das war eine gute Abwechselungnach den letzten Wochen.„A Luada bist scho," sagte er zum Tretter,«daß du gleiwieder oane aufgabelt hätt'st für mil",.O mei Mensch! Bal's d' willst, sag' i dir glei a Dutzet."„Oehöl"„Da is beim Eberl in Asbach oani, und beim Glas inBruckberg waar aa koa z'widerne(zuwidere), und da Prantnerin Eckhof Hütt' an überstandige(überreife) Tochter, aba noguat bei'n Zeug, und da Sedlmoar von Arnzell..«Hör auf, sag i! Mit dir kam i des ganz Bezirksamtaus."„Und no zwoa dazua. Mei Liaba, i kunnt für an Türk!an Schmuser(Vermittler) macha."„Für mi find'st aba do koani.">,.Bist halt z' hoakli(heikel). Aba, patz auf: wia vielKinda hoscht'n du?"„Zwoa. An Buam und a Madl."«Sell is it viel."„Aba gnua."„San f' scho alle zwoa g'wachs'n?"„Da Bua is sieb'nazwanz'g und's Madl drei Jahrjünga."„So? Ja bal's d' du net o'beißt, nacha kunnt i vielleichtfür de was find'n."„Beim Madl bist vielleicht scho z'spat dro."„Hot sie scho oan?"„Na. Aba grad heunt is sie aa'r auf da Schau."Und wie der Schormayer das sagte, blieb er stehen undsing zu lachen an.„Grad heunt is sie auf Arnbach übri, und jetzt hon i desnämliche G'schäft z' Weichs drentl De moant, i hock jetzt da-hoam und laß mir vo da Zollbrechtin a Muaß kocha! Daweillaff i umanand und schätz d' Weibsbilder o. Do kunnt'stvarecka!"Er lachte, daß ihm der Atem ausging.Und dann schlug er dem Tretter, der seine Fröhlichkeitohne Verständnis sah, auf die Schulter.„Siehgst, Simmerl," schrie er,„jetzt' freut's mi erscht,daß i mit dir hinter an Weiberkitt'l herlafs, und grad fidelmuaß's heunt wer'n. Und bal ins de oa net g'fallt, nacharenna mir wia d' Hund, bis ma'r an anderne z'weg'n bringa."„Wos hoscht denn auf oamal?"„Nix hob i! Kreuzluschti bin i! Hergottsaggerament,Hot si dös schö auftrosfa, daß i heunt auf den nämlinga Markttreib' wia d' UrschulaI Wer woaß, wer sei Viech schnellero'bringt? Ha... ha...ha!"„Du damischer Tropf, was g'freut di denn a so?"„De Dummheit g'freut mi-.. ha... ha... ha? Da-hoam, woaßt d', hätten s' ma'r a Kindsmagd ei'gstellt, unddawei laff i bis Weichs an's Kammafenschtal"„Dös vasteh i net."„Braucht's net, Simmerl! Aba'r i vasteh's guat, wiadumm dös oft is. wenn was recht g'scheit sei möcht'. Und jetztbin i amal kreuzfidel, und Bier trink'n mir heunt gnua!"„Gilt scho!" schrie der Tretter und lachte mit.Der Schormayer schritt noch um eins lebhafter aus, undzwischen Husten und Lachen redete er vor sich hin!„Jetztkunnt's. glei ganz dumm geh'... ha... ha... ha... DuLall'n(Trine) du dappige!"(Fortsetzung folgt.)Die Volksseele des Zapfen Jos.Von Rudolf Grein z.Der Herr Oberlehrer Dr. Max Bünting hatte fein ganz besonderesSleckenpferd. Das war Ethnologie und Völkerpsychologie. Schonseit geraumer Zeit trug er sich mit dem Plane, oie österreichischenAlpenländer zu bereisen und dort aus eigener Anschauung Sitten,Gebräuche und Menschen kennen zu lernen.� Der Volksseele wollte er dort nachspüren in ihren intimsten,urwüchsigsten und echtesten Acußerungcn. Er brauchte Menschen,die noch gar nicht von der Kultur beleckt worden waren.Mit Tirol, diesem Eldorado ursprünglichen Menschentums,Sollte er den Anfang machen. Er beschloß, eine Osterreise nach dem„heiligen Landl" zu unternehmen. Wenn Sie Natur draußenwieder erwachte, wenn eS auf Bergen und Höhen schneefrei zuwerden begann und geichzritig das alte kirchliche Fest vor der Türestand, da mußte doch auch die Volksseele ihre besonderen Feiertagehaben und ihre Schwingen um so mehr entfalten. Der Herr Ober-lehrer war immer ein gutes Stück Schwärmer gewesen.Abseits von den Bahnstrecken und Reichsstraßen wollte er seineForschungen zu dem projektierten größeren Werk über die Volks-seele der Alpenländer beginnen.Es war Heuer spät Ostern. Von dem Frühling zeigten sichdaher überall schon deutliche Spuren. An den Hauptadern desVerkehrs in Tirol, in Innsbruck, dann namentlich in Südtirol,Bozen, Klausen, ganz abgesehen von dem Weltkurort Meran, wogtebereits der Fremdenstrom.Das konnte der Oberlehrer aber alles nicht brauchen. Da tvarfür ihn keine Urwüchsigkeit mehr zu finden. Da war die Volks-feele entweder schon längst gestorben oder schlief sogar zur Oster-zeit, wo sonst alles auferstand, einen tiefen Dornröschenschlaf.Endlich landete Dr. Bünting in einem kleinen weltfernenDörfl im Vintschgau droben, das auch während der sommerlichenHochsaison völlig abseits vom Fremdenverkehr lag.Die Wirtsleute des einzigen Gasthauses, das überhaupt imOrte war, machten große Augen, als sich der Herr Oberlehrer nacheinem Fremdenzimmer erkundigte.„Wir sein nit eing'richtet auf Fremde!" meinte die Wirtin,ein älteres, schüchternes Weibele, verlegen.„Da müaßt's schonauf Naturns oder Stäben abigiah'n!"„Das will ich aber nicht!" sagte der Oberlehrer und schautesich hochbefriedigt in der kleinen, Niedern Wirtsstube um.„Irgendein Zimmer werden Sie mir schon zurechtmachen. Eine Kammertut's auch."Droben im ersten Stock, gerade über der Wirtsstube, war einZimmer, das man für etwaige Verwandte oder Bekannte als Gast-zimmer bereit hielt. Das bekam der Fremde.Abends beim Essen war der Herr Oberlehrer der einzige Gastin der Wirtsstube. Der Wirt und die Wirtin setzten sich abwechselndzu ihm, um ihm Gesellschaft zu leisten. Eigentlich bedeutete derFremde ein« Störung für die einfachen Wirtsleute. Und geradeausgerechnet heute am Karfreitag hatte er daherkommen müssen,wo es auf Ostern ohnedies noch so viel zu richten und zu putzenim Hause gab.„Sagen Sie mal." erkundigte sich der Oberlehrer einigermaßenerstaunt bei dem Wirt,„kommen denn hier abends keine Gästezu Ihnen? Ich meine Bauern und Bauernburschen aus demDorf und von den Berghöhen?"„Raa. An an Werktag nit. Dös is bei uns nit der Brauch.Lei(nur) an an Sonntag oder Feiertag. Sonst nit."„So?" machte der Herr Oberlehrer nachdenklich. Er war nochein jüngerer Mann, groß und schlank und von sympathischemAeußern. Ein starker, blonder Vollbart gab seinem Grsicht etwasWürdevolles. Der Wirt dagegen war schon ein älteres Manndl,sehr ergraut, mit glattrasiertem Gesicht und von dcrbgcdrungenerFigur. Eine trübe Oellampe, die über dem runden Tische imHerrgottswinkel hing, beleuchtete nur spärlich die klein«, getäfelteWirtsstube.„Ich möchte gerne Bauern kennen l«rnenl" erzählte Dr. MaxBünting dem Wirte, nachdem die beiden eine Weile stumm da-gesessen waren.„Wissen Sie, Bauern, richtige Bauern, die wo-möglich noch nie in einer Stadt gewesen sind. Gibt es denn diehier?"„Ei wohl! Geben tuat's es schonl" sagte der Wirt nachdenklich.„Am Berg droben da is oancr. Den Zapfen Jos hoaßt man ihn.Der kommt nit amal alle Sonntag auf Tschars in die Kirchen.Geht lei da bei uns in die Mess' und weiter wia auf SchlanderSis der amal g'wiß seiner Lebtag nit kommen."„Nicht einmal nach Meran hinunter?" frug Bünting mit demgrößten Interesse.„Naa. Nit amal nach Meran!" bestätigte der Wirt.„NachSchlanders geht er lei wegen dem Steuernzahlen."„Und hat der Mann auch was erlebt?" frug der Oberlehrer.Der Wirt sperrte einen Moment verwundert seinen bartlosenMund auf.„Erlebt? Ja freilich. Erlebt hat er viel, der Jos.Erst vorig's Jahr sein ihm drei Kälber hin worden."Der Fremde mußte lachen.„So war's nicht gemeint. Ichglaubte, ob er was erzählen kann. Was Selbsterlebtes!"„Ah ja! Erzählen kann der grad' g'nuag, der Jos, wenner's Maul auftuat!" sagte der Wirt.„Da mutz er wohl ein bitzchen bezecht sein, was?,"'„Wenn der an Rausch hat, red't er gar nix. Da fangt erz' raufen anl" erklärte der Wirt.„Raufen? Ausgezeichnet!" rief der Oberlehrer ganz begei-stert.„Der Zapfen Jos wird gleich morgen aufgesucht. Sie gebenmir dann Nock genau den Weg an!"...Als der Wirt etwas später als gewöhnlich in seine Schlaf-kammer ging,, sagte er scheu und' mit unterdrückter Stimme zuseinem Weib:„Du, Sefa, patz' auf, der Herr droben is narret.Morgen will er extra auf'n Berg aufi giah'n und den Zapfen Josanschau'n!"„Den Zapfen Jos anschau'n?" verwunderte sich die Wirtin.„Was d' nit sagst! Siehst, i Hab mir's glei denkt, daß es b«i demrappelt(verrückt ist), weil er si einbildet hat, er müass' bei unsa Zimmer haben! Als wenn sie drunten in Naturns nit Zimmer