Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 132.
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Donnerstag, den 11. Juli.
Nachdruck verboten.
Da merkte der Viehhändler wohl, daß er kein schleuniges Geschäft machen könne; aber als ein zäher Mann mochte er nicht zu schnell von seinen Absichten lassen, und er versuchte noch mancherlei.
Der Schormayer gab ihm keine Hoffnung und nahm ihm feine. Er war so lustig aufgelegt wie schon lange nicht mehr, weil er den Tretter, der ihn hatte fangen wollen, so schön an der Angel hielt. Auf seinen Vorschlag kehrten sie in jedem Wirtshause unterwegs ein, und er freute sich an dem schönen Eheglück, das ihm der eifervolle Schmufer ausmalte, und auch daran, daß sich dieser Mensch so ganz umsonst plagte.
Eine halbe Stunde vor Kollbach und an einem Kreuzwege mußte er Abschied nehmen von ihm, und er tat ihm auch da den Schmerz nicht an, seine wahre Meinung zu sagen, sondern ließ alles im Ungewissen und Aussichtsreichen.
,, Also, Schormoar," sagte der Tretter, indem er mit gläsernen Augen seinen Weggenossen anschaute, also, es bleibt dabei: mir gengan no amal umi auf Weichs ."
„ Dös hoaßt, bal i..."
Nir dal Mir gengan umi, und du packst de Kaltnerin 3'samm, fag i dir! Herrgottsaggerament!"
oad
Js scho recht. Und du gehst jetzt hoam und schlafst dein Rausch aus!"
1912
Ein paar Minuten war er draußen geblieben, und da waren sie schon einig. Die Limmerischen auch. Für die hätte wohl auch geschwind was abfallen sollen; und der Bahler wäre er, der Schormayer, gewesen. Jetzt hodten siz gewiß noch beieinander und rechneten dem schiechen( häßlichen) Weibsbild vor, was es für ein Glück machen könne auf dem größten Hof in Rollbach mit gutding hundert Tagwerk Grund, sechs Roß und an die vierzig Stück Vieh. Da könnte die Kaltnerin den Hintern gar stolz drehen, wenn sie als Bäuerin in dem allerschönsten Sach herumginge und alles kommandierte und ihre scharfe Stimme ertönen ließe. Was die sich bloß einbilden! Braucht gar nir, als nur gerade wollen, und das Weibsbild hockte sich mit seinen fünfzehntausend Mark- oder nein, bloß mit der Hälfte!- als Echormayerin nach Stollbach hinein.
Aber das war hernach lustig gewesen, wie er sie alle miteinander zwei Stunden lang an der Nase herumgeführt hatte, und den ganz gescheiten Tretter erst recht. Du muaßt it glaab'n daß i was davo hab! Vo mir aus derfst du gnua ledi bleib'n, und zweg'n dem bin i um toan Pfennig net ärmer." Hat sie dir nichts versprochen hinter der Tür, und meinst du, andere Leute sind dümmer wie du? Du Tröpferl!!
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Hopp auf! Ein vorspringender Ast streifte dem Schormayer den Hut vom Kopfe, und da war er auch schon am Walde vorbei und stand auf der Höhe oberhalb sollbach. Er strengte die Augen an und schaute nach der Nichtung, wo sein Haus lag. Kein Licht schimmerte darin.
War die Ursula noch nicht daheim, oder lag sie schon im
Bett?
Wos Rausch? hon koan Rausch! Und dös muaß sei Richtigkeit hamm, daß mir auf Nikolo... öha! Jebt hätt ' s mi bald g'riss'n... also daß du und de Kaltnerin vastehst? Daß de Saltnerin und du.. gel? Alta Spezi! Und... und... woaßt, i bi dei Freund, und i moan da' s guat, laß da sag'n... öha! und auf deina Hozet( Hochzeit)... und Austragler, der für nichts mehr gut ist auf der Welt! da muaß i no tanz'n, und grad luschti muaß wer'n, gel? Da hau hera!"
Der Tretter spuckte saftig in die Hand und hielt sie zum Treugelöbnis hin, aber der Schormayer war schon weiter gegangen und in der Dunkelheit seinen Blicken beinahe entschwunden.
Da schrie er ihm mit heiserer Stimme nach. Schormoar! Paß auf! Auf Nikolo( Nikolaus) gilt ' s scho! Mir gengan umi. Herrgottsfaggerament..."
Er schlug den Weg nach Pettenbach ein und schlug einen Haken nach rechts, wenn er links zu nahe an den Graben getommen war.
Einmal blieb er noch stehen und horchte, denn es war ihm, als hätte ihm der Freund gerufen; und indem er die Hände vor den Mund hielt, schrie er in die Nacht hinein: Wos willst? Hoscht d' was g'sagt?"
Es kam keine Antwort und der Tretter ging weiter. Der Schormayer hatte nichts mehr von ihm gewollt, aber er hatte laut gelacht und mit sich selber geredet.
„ Schaugt's no grad den b'suffan' Spißbuam o! Hätt er schmusen mög'n! Ha... ha... und mit dera Beißzanga!" Und indem er im Gehen nach dem lärmenden Tretter hinhorchte, schickte er ihm die allerfreundlichste Einladung nach.
6. Kapitel.
Ganz nüchtern war der Schormayer selbst nicht mehr, wie er nun am Waldrande dahinging und mit dem Stecken fröhlich an die Baumstämme schlug. Alles, was er an diesem Tage erlebt hatte, war ihm ein rechtes Gaudium gewesen, und seine Fröhlichkeit war nicht trocken gelegen. Wie das schieche Weibsbild einmal grantig und einmal zutulich gewesen war, und sich gleich gar schon ausrechnete, was sie mit ihren Kindern tun werde! Für den Fall, daß' s eppas wurd' mit ins zwoa." Freilich. Her und am Baum nauf! Das hätte er sich ja so gedacht! Ein zuwideres Frauenzimmer aus dem Hause hinaus, und noch das grimmigere dafür herein, und schlechte Tage, einen für den anderen bis zum letzten.
Was sie dem Tretter versprochen haben mußte, daß der gar so bärig auf die Heirat wurde? Und wie schnell sich die verstanden hatten! Han?
Und wenn sie daheim war und nicht ihn und nicht die Bollbrechtin gefunden hatte, dann mußte sie die Augen aufgerissen haben. Herrgott, sie hätte ihn heute sehen sollen beim Limmer in Weichs , wie sich vier Leute die schönste Mühe mit ihm gaben und ihm wie einem jungen Hochzeiter um den Bart gingen. Bist doch nicht ganz und gar der alte Dadädl( Narr) Muß doch noch was sein an dir, wann die Weibsbilder liebreich werden, daß sie dir gefallen! Wer weiß, ob der Brückl Kaspar heute drüben in Arnbach der Ursula so schön getan hatte wie ihm die Kaltnerin, der die Augen glanzig wurden vor hoffnungsvoller Erwartung?
Jawohl, du Schneegans, das hättest du dir nicht einfallen lassen, daß der Vater die Zollbrechtin hinauswürfe und auf die Brautschau ginge und beim erstenmal ein Weibsbild an der Angel hätte! Die Vorstellung, wie er heute aber schon auch alle Mitmenschen, und seine Tochter am allermeisten, hinters Licht geführt hatte, machte den Schormayer immer noch fröhlicher, und er stolperte seelenvergnügt in seinen Hof. Der Hund schlug an.
,, Sei stad( still), Russell Kennst d' mi net?"
Da schloff der Schnauzl in seine Hütte zurück, und der Bauer holte unter einem Steine den Schlüssel heraus und sperrte auf.
Er tappte schwer in das Hausflöt und tastete etwas unsicher nach der Stubentüre. Jest knarrte oben im Gange ein Brett, und ein Licht blitte auf. „ Hö! Urschula, bist as du?" ,, Na, i bin' s."
Ah, d' Zenzi! Bischt du no auf?"
bi scho g'leg'n, aba i bin aufg'stanna, wia'r i di
g'hört ho."
s na d' Urschula no it dahoam?" ,, Na. Sie is no it femma."
Benzi war bis zur Stiege vorgegangen, und da sah sie der Shormayer in Unterrock und Hemd oben stehen; sie hielt ein Kerzenlicht, daß sie mit der Hand gegen den Zug schützte, und der Schein fiel auf ihr Geficht und die bloßen Schultern.
Irgend etwas trieb den Schormayer dazu, daß er die Stufen hinaufging und nun auf einmal neben der Dirne stand und sie an der Schulter faßte.
Herrgott, du bischt aba g'stellt!" " Jessas, dös wenn d' Ursula wisset!" Was paß denn i auf de auf?"
,, Du paẞt scho auf! Host d' mi ja de ganz Beit nimma o'schaug'n derfa!"
Awas! Dös is grad a so g'wen!"