Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 134.
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Sonnabend, den 13. Juli.
( Nachdruck berboten.)
Da er mit der Lederhose im Bett gelegen war, mußte der Schormayer nur in die Pantoffel schliefen( schlürfen) und war schnell in der Küche. Hinterm Herde stand unordentlich gefämmt die Ursula; ihre Stirne war in viele Falten gezogen, und ihre Augen fladerten; auf dem Boden lagen die Scherben einiger Töpfe, und der blecherne Milchkübel zeigte eine große Dulle, und daneben war reichlich Milch verschüttet. Was is?" fragte der Bauer.
" Ja, was is? that no frag'n, wann i du waar! De Loas( Sau), de miserablige, fimmt da ganz frech eina, und wia'r i ihr sag, daß s' auf da Stell pada foll, lacht fie no ganz frech; und du bischt da it Herr, sagt sie, und dös müass'n mi erst sehg'n, was da Baua thuat, hat sie g'sagt. Und was? jag i; sehg'n willst du was, sag i, dös sell ko'st d' sehg'n, hab i g'fagt, daß i dir oane nei'hau, hab i g'sagt, du Hadern, du Schlampen( schmieriges Weibsbild), du ausg'ichamta, sag i, du..."
Vo dem werd it g'redt!"
So? Da derfat mi it red'n davo!"
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Koa Wort werd it g'redt von dem! Und dös sag i dir: bal i was spann, daß du da was aus' n Haus außi tragft, na schlag i di amal mit' n Ochsenfiesel her! Du bischt ma no lang it a' groß g'wachs'n!"
Indem jetzt der Ursula keine richtige Antwort einfiel, setzte sie sich auf einen Hocker und fing hinter der vorgehaltenen Schürze gottesjämmerlich zu weinen an.
So waar' s nacha, daß mi' s Kind von Haus waar und hätt foa Recht umadum, und bal mi dös sagt, was amal wahr is, na that er gar sag'n, er schlagt oan' mit'n Ochsenfiesel; und d' Muatta bal no lebat, de schaugat schö
Dem Schormayer war es nicht gar zu wohl, und er ging zur Türe. ,, Gel," sagte er, jekt fost rok'n( weinen)! 3'erst werd alls 3'sammgriss'n vo lauta Wuath, und nacha werd g'heant ( geheult). Wia halt de Weibsbilder san, de damischen!" Und damit ging er. Aber die Ursula war einmal im Bug und mochte nicht aufhören.
„ Dös wenn d' Muatta wissat, wia' s bei ins zuageht, de hätt' ja im Grab aa no toan Ruah, und is grad guat, daß f' nir woaß und nir siecht vo dem Saustall und vo dera
,, Laß di no net gar a so aus!" unterbrach sie der Schor- Schand mayer.
Ja da soll mi vielleicht no staad sei, bal mi so was fiecht, und der Hadern derfat si gar no aufmanndeln( aufspielegen)! Aba i hon ihr' s zoagt, ob fie frech sei derf."
,, Daß du grob bischt, dös woaß mi so," sagte ihr Bater und schaute die Scherben an.
Mit dera geh i no ganz anderst um, bal s' no amal eina fimmt."
HE
„ So? Bischt du Herr da herin?"
Dös is mir wurscht. I leid' s amal it." „ Net?"
Na! Und foa Stund bleib i mehr mit dem Schlampen in oan Haus."
Du, laß da' s g'sagt fei: wann' d' mit mir redst, nacha plärrst it a so!"
„ Und i schrei amal! Und vo mir aus hört' s de ganz Nachbarschaft, und des ganz Dorf derf' s hör'n, wia' s bei ins zuageht?"
Sei staad, sag i dir!"
" 1
Sie merfte erst jest, daß der Vater nicht mehr in der Küche war, und trocknete sich mit der Hand ihr nasses Gesicht ab und schnupfte auf, und dann griff sie nach dem Schürhaken und schaute gleich wieder fuchtsteufelswild in die Welt.
n Grind( Schädel) schlog i ihr no ei', dera!" sagte sie.
Ja, die Weibsbilder!
Der Schermayer hielt die Hände verschränkt hinterm Rücken und ging in der Stube auf und ab. Noch was Dümmeres gibt' s nicht wie die Ziefern! Alles hätte mit Ruhe geschehen können, und die Zenzi wäre heute noch ohne Aufsehen fortgekommen, und kein Wort hätte man darüber reden brauchen; aber nein! Es muß einen Krawall geben, und aus der verschwiegenen Nacht muß die Dummheit ans Licht hingestellt werden, daß sie nur ja recht dreckig ausschaut! Und geredet muß darüber werden, wo jedes Wort zu viel ist und alles erst aufrührt. Er hätte sich selber schon die Leviten gelesen und aus der Geschichte seinen Merks( Lehre) geunter die Nase reiben.
,, Net bin i staad; und von so oan, als wia du bischt, laß nommen; aber von einen andern läßt man sich so was nicht i mir' s Mäu gar it biaf'n."
Wos?"
Ja, von so oan! Pfui Deifi!"
Schier hätte Ursula, die sich in finnloser Wut heiser schrie, ausgespuckt; aber da sah sie noch, wie ihr Vater seine Hand aufzog, und sie hielt schüßend einen Arm vors Gesicht und duckte den Kopf nieder.
Der Schormayer ließ die Hand sinken. „ Siebgit," sagte er ruhig, wann di du jeßgt net a so braucht hättft, nacha hätt i de Benzi auszahlt, und sie waar furt ganga. Aba jezz bleibt f' bis Liachtmeß.
Dös will i sehgn."
Dös fiechst scho, du Malafißkramp'n, du; und grad weils d' du a so plärrt hoscht, bleibt f' jetzt!"
Na fost ja heunt Nacht wieda aufischiafa dazua!" Muck i di frag'n, was i thoa derf?"
Herrgott! Wie das zuwider und dumm war! Stellt sich die Gans hin und kehrt den Schmutz zu einem rechten Haufen zusammen.
Bei der Magd bist gewesen in der Kammer! Zu der Magd bist hinaufgeschloffen in der Nacht!
O du Lall'n!
Wäre es gar nicht gegangen, daß man das Maul gehalten und bloß mit den Augen geblinzelt hätte? Ich weiß alles, verstehst schon; aber... Dann war dem Respekt nicht weh getan; und wenn der Schiefling ausgezogen war, hätte die Wunde schön verheilen können.
So aber war das Kurieren schier nicht mehr möglich. Wenn er die Zenzi wegschichte, schaute es aus, als hätte er reumütig der Tochter nachgegeben und sich von ihr zwingen lassen; und ob die Magd nach der Schimpferei sich still verziehen wolle,
Jawoi, weil' s mi aa was o'geht, und weil' s a Echand das war auch nicht gewiß. ts für ins all mitanand!"
Kümmer di du um dei Schand; und dös mirkst da: was Geschichte erst recht nichts. du willst, dös g'ichiecht gar nia!"
Na geh'n i!"
Geh zua! Hab i di vielleicht bettelt, daß d' bleibscht? Schaug mir amal so was o! Machet dös Viech da herin in aller Fruah scho an Krach, daß ma's drei Häuser weit hört, und schmeißet mei G'schirr umanand, und nacha reißt sie' s Mäu geg'n ihr'n Vata auf!"
Wann du mit Recht'n umgehit, sagt foa Mensch was!" Allssammete, was i thua, is mei Sach! Herr bin i, bastehst; und dös gang mir grad no o, daß i in mein Haus an Schpion hamm müaẞt!"
Da hat' s fan Schpion it braucht; du bischt scho so auftrappt, daß ma di hör'n hat müass'n."
So oder so: die Blamaschi war einmal da. Wie das Sprichwort sagt: Lange Haar und kurzer Verstand, und immer das Moul voraus, und immer zuerst plärren und nachher erst zum Denken anfangen.
Wenn er die Zenzi daließegelt, wie die in sich hineinlachen würde, aber doch nicht so heimlich, daß es die andere nicht sehen könnte und nicht alleweil wieder eine Ursach hätte zum Spektakel aufschlagen!
Ja, was tun?
Da hätte der Gescheiteste eine harte Nuß zum Auffnacken! Und jo. einfach wär' es zu machen gewesen! Fein still und mit aller Ruhe.-
Der Schormayer schaute zum Fenster hinaus. Gerade