- 584 fuhr die Zenzi einen Schubkarren voll Mist auf den Dung- Haufen. Ahal Die dachte gar nicht ans Gehen und tat ihre Arbeit wie jeden Tag. Jetzt leerte sie den Schubkarren um und sah zu ihm her. Er ging zurück und setzte sich auf die Ofenbank. Das war nichts, daß die Dirn noch bleiben sollte. Wer wußte denn, ob die zwei Weibsbilder nicht eines Tags in: Hof zu raufen kämen, oder ob die Ursula vor dem Knecht ihre Worte in acht nehmen würde? Ein Ausweg war vielleicht, die Zenzi wegschicken, und gleich hinterdrein die Ursula. Die sollte nur zum Basel   nach Arnbach ziehen; eine Ausrede ließ sich schon finden. Hernach bald heiraten, und weg damit! Der Schormayer konnte es anschauen, wie er wollte: es war jedenfalls das einzige, was sich noch tun ließ. Und mit der Zenzi wollte er gleich reden. Er stand resolut auf; und wie er hinaussah, fuhr sie gerade wieder mit dem Schubkarren aus dem Stall. Er öffnete das Fenster und pfiff ihr. Zenzi!" Sie wandte das Gesicht lachend gegen ihn. Was is?" In a halb'n Stund, und bals d' mit der Arbet firti bist, kimmst zu mir eina!" Was willst denn?" Dös sag i Dir nacha scho." Er schloß das Fenster. Sein Sohn, der Lenz, stand unter der Türe und schaute ihn mit groben, zornigen Augen an. Was hat denn mir d' Ursala g'sagt?" fragte er schier drohend. Was woaß denn i, was Dir de g'sagt hat?" Is Dir nix bekannt?" Frag mi net a so aus! Gel? Dös is do mir ganz Wurscht, was de sagt!" Aba mir it!" So? Na red no fleißi damit und stell die in d' Kuch'l und ratsch(schwätz)!" Da braucht's koa ratsch'n gar it! Dös is schnell g'sagt g'wen, was sie mir zu'n sag'n g'habt hat." Lang oda kurz, mir is Wurscht." Ja. Dir muaß scho viel Wurscht sei, wann Di Du gar nimma schämst und bei da Nacht uckanandsteigst wia'r an alta Koda(Kater)." Hascht Du mi g'sehg'n?" Na! Sinst hält i's no bei da Nacht außi g'haut, dös liiaderliche Mensch!" ..Bal i di lass'n Hütt', gel?" (Fortsetzung folgt.) KarK Eine Szene aus dem Kinderleben. Von Hermann Conrad   i. Der Knabe starrte noch immer mit weit aufgerissenen Augen in den Hofraum hinaus... Sein Blick flog das Weinspalier hinauf und suchte die rötlichen, halbreifen Trauben, die aus dem aelbgrünen, mit goldenen Sonnenlichtern hier und da bestreuten Laube lockend hervorluglen... Dann schweifte er über die Fässcrlagen hinweg und blieb schließlich am Rollwagen haften, auf dem der Kater immer noch Sonntagsrast hielt, bald zu kurzem Schlafe einnickend, bald zu halber Stellung aufgerichtet, um mit der geschmeidigen Zunge eine graziöse Fclltoilette vorzunehmen... Sieh die Katze, Vater! Die putzt sich auch!"... Geh mal hin und streichele sie mal du sollst sehen, wie sie pfaucht!..." Karl lief auf den Rollwagen zu. Aber ehe er bis hin gekommen, war der Kater schon mit einem mächtigen Satz herabgesprungen und durch eine kleine Oeffnung in der Niederlagstür, die eigens sein Portal war, in den Speicher gehuscht... Mieze ist ausgerissen, Vater!" rief der Knabe und wollte zu seinent Vater zurücklaufen. Da fiel plötzlich sein Auge auf ein kleines Gespann, das mit seinen Hintcrräderchen aus einem von zwei größeren, nebeneinander liegenden Fässern und dem Erd- boden gebildeten Unterschlupf hervorsah... Karl heftete erst ein paar Sekunden die Augen auf seine Eni- deckung. dann bückte er sich und zog behutsam den Wagen hervor. Schließlich wickelte sich auch ein Pferd mit heraus, das leider keinen Kopf mehr besaß.. i Auch dem Wagen fehlte eines feiner Vorder- räder. Er sah überhaupt schon gehörig abgenützt aus. Ihre Be- sitzer, jedenfalls die beiden kleinen Enkel des Herrn Kommerzien» rats, die da oben in der ersten Etage mit Papa und Mama beim Großvater wohnten der junge Steinbeck hatte eine Tochter vom Sozius des Geschäftshauses geheiratet und sollte dereinst Allein. besitzer der Firma werden, vorläufig lebte er meist auf Reisen die Besitzer also des kleinen Fuhrwerks schienen mit demselben nicht gerade sanft umgegangen zu sein. Nun waren sie seiner wohl schon längst überdrüssig und hatten es achtlos als Spielzeug, das seinen Beruf erfüllt, zwischen die Fässer geschoben. Da mochte werden aus ihm, was wollte... Karl betrachtete das verkrüppelte Ding mit halb scheuen, halb neugierigen, begehrlichen Augen. Nein! So etwas hatte er noch nie besessen! Es mußte doch zu hübsch sein, mit dem Wagen im Hofe herumkutschieren zu können. Ob er es wohl wagen dürfte? Er sah sich um. Es war nie- mand in der Nähe, der ihn hätte hindern können. Der Vater hatte sich wieder in seinen Schundroman vertieft und da oben im ersten Stock, da war ja auch keiner zu sehen. O ja! Er konnte es versuchen! Karl beugte sich nieder und zog das kleine Gespann an dem Stückchen Leinen, das noch vom Rumpfe des Pferdes auslief, ein paar Schritte weiter in den freieren Hofraum... Dann ging es los... Erst ganz langsam... Der kleine Bursche sah sich öfter um, ob nicht etwa noch ein Rad abgefallen wäre... Nein! Sie saßen noch alle drei fest daran... Nun konnte er einen leichteren Trab wagen... Leicht ward es ihm nicht... Er kam bald ins Schwitzen und der Atem wurde kürzer und kürzer... Er war nicht daran gewöhnt, so lange zu laufen, er, der gewöhnlich in seiner halbhellen Ecke zu hocken pflegte... Aber es machte ihm doch unbändigen Spatz, mit dem kleinen, klappernden Ding im Hof herumzujagen... Und dabei war alles so still und einsam, zuweilen nur klirrte ein Pferd einmal im Stall und stampfte mit den Hufen gegen den Boden oder der Wind raschelte einmal in den Blättern, die der Vater da unter dem Tor- weg las... Das Klappern des Gespanns, das unter seiner Leitung frisch. weg über Stock und Stein hinstolperte, hörte Karl nicht... Er ging ganz auf in dem Lustgefühl, ungestört und unbetrachtct von anderen neugierigen Augen, seinem Spiele nachhängen zu dürfen... Wenn nur der Atem etwas länger aushielte!... Und die mit dem stärkeren Hervorbrechen des Schweißes steigende Müdigkeit des Körpers warf auch einen Schatten auf seine helle Kinderfreude... Andererseits aber war es doch wieder zu schön, solch ein kleines, gefügiges Ding an der Hand haben und durch den ganzen Hof schleifen zu dürfen!... Und immer war noch kein weiteres Rad abgesprungen und das Pferd konnte auch ohne Kopf ganz brav laufen!... Es war wirklich köstlich!... Da nahm aber die Müdigkeit überhand... Es flimmerte dem armen Jungen vor den Augen... Sein Atem ging laut und rasselnd... Sein Gesicht bedeckte eine tiefe Röte und die Beine zitterten ihm heftig... Er konnte sich nur mit Mühe aufrecht- erhalten. In dicken Tropfen perlte ihm der Schweiß von der Stirn, den ein abendlicher Windhauch schnell kühlte und kältete... Dann lief ein leises Frösteln behende über seinen Leib... Aber drinnen im Leibe war es ihm heiß, glühend heiß... Als sei da ein mächtiges Feuer angezündet, fo war es ihm... Die Haare hingen ihm, von kaltem Schweiß beträufelt, in Stirn und Wangen  in langen, ausgezerrten Strähnen... Sein Puls ging schnell und die Stirne brannte heftig... Karl ließ die Leine aus den kleinen, krampfhaft zusammen- gezogenen Fingern gleiten und lehnte sich an eine Fässerwand... Vor seinen Augen wirbelte alles bunt durcheinander... Es war ihm, als säße er in einer Schaukel, die ihn auf und ab schwibbte... Alles, was im Hof lag, tanzte um ihn herum... In den Roll. wagen war plötzlich Leben gefahren er toste in phantastischen Sprüngen einher, polterte über die Fässer, rempelte mit der Stange, die ein drohendes Aussehen annahm, als wollte sie jeden durch- bohren, gegen die Mauern gegen die Fässer, die wild durchein- anderpurzclten von der Nicderlagswand machten sich die Reben- bäume los und tanzten dämonisch in der Lust herum, die rotblauen Träubchen waren zu dicken, blutroten Knollen aufgeschwollen und es gab ein impertinentes Zischen und Kreischen, wenn sie in dem rasenden Taumel die Luft peitschten, und plötzlich saß auf einer Riescnfrucht der Kater sein Fell sträubte sich empor es bauschte sich aus zu einem halbkugelförmigcn Höcker, aus dem ein Wald kleiner, gleichsam versteinter Lanzcnspitzen starrte und jede Spitze trug ein rotes, flackerndes Flämmchen und dann die grüngelb schillernden Augen des Katers selbst, die wie zwei große, unheimliche Flammen aus dem Berginnern herauszulcuchten schienen und jetzt sprang das feuersprühende Ungetüm von Knolle zu Knolle und da! kam da nicht auf einem Faß der Vater angeritten? Er hatte eine riesige Stange in der Hand, die oben als Fähnchen einen hätzlich gelben Papierfetzen trug und mit dieser Stange fuchtelte er in der Luft herum, als wäre er be- trunken und jetzt sprang der Kater auf den gelben Papierfetzen zu und jetzt saß der flammenlodernde Berg auf dem Kopfe deS Vaters und der lachte lachte so grell so schneidend und der ganze Hof gellte mit-- und der Knabe mußte laut aufschreien er fühlte, wie er niederglitt noch einmal sprangen die Augen-