Anterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 135. Dienstag, den 16. Juli. 1912 viachdru« verbolin.) 11Z Oer Mittiber. Von Ludwig Thoma . Hütt di scho it g'fragt, und frag' di nacha aa net. bal i öü�t geh und hau s' mit da Goaßl(Peitsche) zu'n Hof außi!" „Du?"( t! »Dös will i sehg'n!" »Dös ko'st glei sehg'n, bal's d' am Fensta steh bleibst!" Lenz griff an die Türklinke. „Da bleibst!" herrschte ihn sein Vater an. »Was nacha!"> „Du bischt a Mannsbild, und vo Dir valang i was an- dersts, als wia von dem dumma Frauenzimma da drausjd." „Bei Dir waar a jed's dumm, dös si den Saustall it g'fall'n laßt!" »Was g'wen is, is g'wen; und Du machst as it anders!" »Aba nausschmeiß'n ko i de sell." „Na! Dös ko'st it; Du hascht no lang koa Hausrecht da jherin." „So? Dös will i sehgn, bal dös gerichtsmaßi(zur Kenntnis des Gerichts kommt) werd, ob a sellene Person in an Haus bleib'n derf." »Um dös kümmert si koa G'richt nix." ..I zoag's o! Hascht mi vastanna? An Kommadant frag i, ob mi dös leid'n müass'n." „Geh no und bring d' Schandarm' her; aba Du kimmst nimmer eina, dös mirk da guat!" »Amal kimm i scho Wieda." „Na, Bürschei! Für dös schiab i dir an Rieg'l vor, und auf mei Sterb'n freust Di Du umasunst." „Vo so was Hab i net g'red't." „Aba g'moant Host d' as. Amal kimm i scho Wieda, sagt der Lackl ganz frech zu mir!" „Dir gib i koan Lackl net o!" ,,S Mäu halt! Und paß guat auf, was i Dir sag! Wann Du bei da Thür außi gehst und machst ma was drei(kommst mir dazwischen) und sagst was, was mir net paßt, und thuast was, was mir net paßt, Bürschei, nacha fahr i in der näm- linga Stund in d' Stadt nei' zu'n Levi und laß an Hof z'trümmern." „Dös ko'st Du leicht sag'n.. „Und grad so leicht thoa. I bin bessa dabei, wann i z' Dachau drin privatisier und brauch enk Maulaufreißer net um mi rum Hamm . Oes habt's mi a so scho a bisse! vagrämt, ös zwoa!". „Mit was Nacha? Thua'r i mei Arbet net rechtschaff'n?" „Thun s' halt net, na stell i mir an Knecht mehra ei! Der nimmt sei Geld und is z'fried'n und zählt net an jed'n Tag in Kalenda nach, bis i übagib oder o'kratz(abkratze)!" „Du Werst vo mir aa nix sellas g'hört bamm!" »G'hört it. So schlauch(schlau) bist Du freili, daß d' so Was it sagst. Aba Aug'n macha und d' Trentsch'n(Lippe) hänga lass'n vo lauta Badruß daß i net glei Schnall und Fall übageb'n Hab'." „Was Du setz allssammete daher brachtst!" „Dös, was i scho lang gespürt Hab, woast! Dös, was mi scho lang druckt, dös kümmt jetzt außa, weils Du so frech bischt zu mir! Weil Di Du für mi hi'stellst und sagst, i soll außi schaug'n, wia's Du«mein Deanstbot'n mit da Goaßl außi haust.. „Bal amal d' Urschula..." „Jetzt red i! Bischt Du aa no oana, daß Du dein' Vätern mit'n Schandarm kimmst? Wo nimmst denn Du Dei Recht her, daß Du a so aufdrahst? Dös sell möcht i wiss'n." „Mi sagt grad, daß mi so was it leid'n muaß.. „Muaßt aa net! Koa Stund net! Pack z'samm und geh und kaff Dir a Häuslerssach von Dein Muattaguat..." „Dös hon i vom Vätern it vadeant, daß mir da Stroh- sack vor d' Thür g'schmiss'n werdl" »Dös host Du Dir in dera Stund vadeank mit Deinoi Frechheit, und bal's Dir it g'fallt, kost mi ja über dös aa'r o'zoag'n bei de Schendarm'. Mei Lioba, dös Hab i Dir in's Wachs'! druckt(etwa: das wird Dir nicht vergessen werden). daß d' mir Du mit'n G'richt und mit da Polizei daherkamst l Frag amal Dein Kommadant, wia ma dös macht, wann dct Herr Sohn's Recht Hamm möcht, und der Alt laßt's it her. Vielleicht hilft a Dir, Du ausg'schamta Kerl. Du!" „I Hab g'rad g'sagt..." „Du hoscht g'sagt, daß Du mi o'zoagst! Daß Du Dein' Vakern o'zoagst, hoscht g'sagt." „Dös hon i aa net so ernst gmoant..." „Na, gib i Dir an G'spaß o, gel! So red'n d' Hand» werksbursch'n mitanand, aba net zu mir." „Ja no, bal i einakimm, und woant mir d' Urschula was für..." „Na gehst du rei' und bischt frech! Scheniern brauchst du di ja it, und mit mir Werst du glei ferti. Und bal's dir selm it g'lingt, host ja d' Schandarm' auf deina Seit'n.. „J sag da ja..." „Nix mehr sagst, und außi gehst! I will di nimma Hamm da herin." „Und de... de ander da, de bleibt?" „So lang, als i will, �oda bis d' Schandarm' kemman und mi vahaft'n." „Vata, laß's guat>sei!" „Mach, daß d' weita kimmst, und geh an dei Arbet und laß mi nix mehr hör'n vo dera G'schicht! Und dös will i dir no sag'n: zwoamal habt's mi ös dumme Luada aufg'halt'n, daß i da Zenzi net heut scho an Laufpaß gcb'n Hab. Z'erscht de ander da draußd, und jetzt du!" „Vata, sei g'scheit und tbua s' weg!" „Na, sag i! Sinst moanst du, i scheuch d' Schandarm'. Und jetzt geh! I mag nix mehr hör'n." Lenz sah, daß keine Zeit mehr war für gute oder gar für zornige Worte. Er Hatte noch nie einen ernsten Auftritt ge- habt mit dem Alten und merkte zu spät, daß eine� unbedachte Rede nicht gar so leicht verklingt, sondern einen tiefen Riß auftun kann: und ihn reute, was er gesagt hatte. Er ließ den Kopf hängen und zog die Türe still hinter sich zu. „Bst! Lenz!" Die Ursula wisperte ihm aus der Küche zu. „Lenz, geh eina!" Er zögerte, ging aber doch zu ihr. „Daß er gar so g'schriean Hot?" „Geh weg! Du Host mi in was schön's einibracht." „Jetzt kamst du aa'r a-so daher! Was ko denn i dafür? Müass'n mi zuaschaug'n, bal so was g'schieht?" ,,A, hör auf und redt it! I wollt', i hätt mi it ein'i g'mischt!" »Du muaßt ja glei gar zu der andern Helsa !" „Hätt'st dei Mäu g'halt'n, na hätt er s' selm außi g'schmiss'n." „Dös glaabst du? Da bischt d' schön dumm!" ,.J moan', de Dumm' bischt bloß du g'wen!" „Da... da schaug! Jetzt kimnrt sie! Sie geht zu eahm cini!" Ursula deutete hastig gegen das Türfenster bint ihre Blicke hingen sich an der Zenzi fest, die ins Hausflötz herein kam und aus den Pantoffeln schloff. „Schaug hi'!" wisperte sie erregt. Aber die Magd war schon in die Stube eingetreten. Die Augen der Ursula funkelten und Muten dm Lenz vielsagend an. ,„Host as g'sehgn?". Er gab ihr keine Antwort und biß an den Fingernägeln. „Dös muaß i hör'n, was de mitanand Hamm, " flüsterte die Ursula wieder und wollte hinaus. „Du bleibst da!" „Laß mi do lus'n!(lauschen)" „Na, sag' i. Bal des Mensch rauskam und di bei'n horch'n derwischet? Soll s' des aa no ini Dorf rum vazähl'n?" Er hielt sie am Arm fest und stellte sich vor die Tür «.
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29 (16.7.1912) 135
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