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und wenn sie sonst gar nichts gehabt hätte auf der Welt und wenn fie alles verloren hätte alles, wiederholte er mit Anit­schen sie hätte doch das Leben gehabt! Und gibt es mehr als das Leben. Und gibt es etwas Besseres!

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( Fortſebung folgt.) SE

Fischerleben

der Kjökkenmöddingerzeit."

Von Heinrich Cunow  .

Während der letzten Perioden der Diluvialzeit hatte der Mensch Europas   seinen Nahrungsspielraum mehr und mehr ausgeweitet. Die Fortschritte seiner Werkzeug- und Waffentechnik hatten die Jagderträge vermehrt; und neben der Jagd lieferte in ſeen- und flußreichen Gegenden der Fischfang wertvolle Beiträge zur täglichen Nahrung. Zudem hatte der Mensch nach und nach gelernt, die er­beuteten Jagdtiere und Fische auf Glühsteinen und Herdplatten sorgfältiger zuzubereiten und durch Rösten und Dörren einige Zeit zu konservieren, also schon für Zeiten des Nahrungsmangels bor­zuforgen. Auch hatte er, wie die aufgefundenen knöchernen Pfrie­men und Nadeln mit Dehren und Desen zum Durchziehen von dicken Fäden beweisen, längst begonnen, sich zum Schuß gegen die Kälte mit warmer Felltleidung zu versehen.

Dennoch scheint der europäische   Mensch in der Diluvialzeit nie bis zum rauhen Norden, dem heutigen Standinavien und Nordruß land vorgedrungen zu sein. Diese Gebiete blieben vorerst für ihn unbewohnbar. Ihre weiten kalten Moossteppen, Schnee- und Eis­felder lockten ihn nicht. Wenn er auch in der Steppenperiode der britten Zwischeneiszeit( der sogenannten Lößzeit) und der Nach eiszeit auf den mitteleuropäischen Steppen das Wildpferd und Renntier   jagte, so blieb er doch im wesentlichen ein Waldmensch, der, wenn der Wald vor der vordringenden Kälte langsam nach Süden zurückwich und der Steppe Blaß machte, ebenfalls mit nach Süden zog.

Im jüngsten Abschnitt der letzten Nacheiszeit, dem Gefchniß­stadium", als das Waldgebiet, begünstigt von dem wärmeren feuchten Klima, sich immer weiter nach Norden vorschob und selbst im heutigen Dänemark   und in Südschweden mächtige Waldungen aus der Tundra aufsprossen, wanderte jedoch der Mensch auch in Skandinavien   ein; denn mit dem Wald zog auch die bisherige mitteleuropäische Waldfauna nach Norden, und ferner boten die Gewässer der heutigen Nordsee   und Ostsee   gute Gelegenheit zum Fischfang. Zunächst lieferte noch, wie bisher, das Wild der neu entstehenden mächtigen Urwälder: Hirsche, Rehe, Wildschweine, Bären, Wildhunde, Wölfe, Füchse, Wildkatzen, Marder, Biber, Igel usw., die Hauptnahrung; aber mehr und mehr suchten die vor­dringenden Horden die Seeufer auf, wo damals Seehunde, Austern ( auch in der Ostsee   war damals die Auster weit verbreitet), Herz­muscheln, Miesmuscheln, Strandschnecken und die zahlreichen Fisch arten eine reichliche und leicht zu erlangende Nahrung boten. Die Fischerei wurde in steigendem Maße zum Hauptnahrungserwerb, um so mehr, als nach und nach der nordische Fischer gelernt hatte, sich durch Aushöhlen großer Baumstämmestice Einbaumböte zu verschaffen, in denen er sich fühn auf das weite Meer hinauswagte. Er sah sich nun nicht mehr darauf beschränkt, sich mit den an der Küste lebenden Fischen zu begnügen. Auf schmalem schwankenden Boot fuhr er auf die hohe See hinaus und brachte reiche Beute an Hochseefischen in fein Stranddörfchen heim.

Deutlich läßt sich an dem Inhalt der nordischen Torfmoore nachweisen, wie fich diese Neubewaldung und die ihr folgende Ein­wanderung einer neuen Tierwelt aus dem Süden bollzogen hat. Nachdem sich die nordischen Gletscher völlig aus den tiefer gelegenen Gegenden zurüdgezogen hatten, breitete sich weit über die einst ver­gletscherte und verschneite Fläche eine fahle Moossteppe aus, auf der nun an fumpfigen Stellen allerlei Ried- und Wollgräser auf schossen. Ihnen folgten die nordische Weide und Zwergbirke, Silber wurz und Steinbrech. Dann faßte, langsam von Süden vor­dringend die gewöhnliche Birke und die Bitterpappel, später auch die Kiefer und Fichte im Steppenboden Wurzel. Große Kiefern­waldungen dehnten sich nun über die einstige Tundra, bis sie mit zunehmender Wärme von der Esche, dem Spikahorn, der Erle und der Eiche, die große Waldgebiete bildete, verdrängt wurden. Aber auch diese Baumarten vermochten sich nur teilweise gegenüber den neuerer Nachdringlingen zu behaupten. Ale wieder ein leichter Kälterüdschlag eintrat, drang fiegreich die Buche vor, aus der noch

*) Als 22. Bändchen der fleinen Bibliothek ist soeben im Berlag von J. H. W. Diek Nachf., Stuttgart  , erschienen: ein rich Cunow, Die Technit in der Urzeit und auf primitiven Kulturstufen, zweiter Teil: Nahrungse beschaffung und Ernährung, mit 26 Jllustrationen.( Preis brosch. 75 Bf., geb. 1 M., Vereinspreis 50 f.) Außer dem hier abge­druckten Abschnitt enthält das Heft die Kapitel: Der Mensch als Naturwesen. Nahrungsbeschaffung und zubereiung in der mitt­leren Diluvialzei. Jagd und Fischerei am Ende der Diluvials zeit.Tierzucht und Landanbau des Pfahlbaumenschen, Bom Haustein zur Eisenact,

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heute in Dänemark   und Südschweden die meisten Wälder bestehen. und im Gefolge der Kiefern, Eichen, Luchen wanderten zugleich das Wildschwein, der Aueroche, der Elch, der Hirsch, das Reh nach Norden, denen wieder, immer weiter in nördliche Regionen hinauf, der Mensch folgte.

Die Wirtschaftskultur dieser auf nordischem Boden zu Fischern gewordenen Einwanderer wird uns deutlich veranschaulicht durch die Kjöffenmöddinger oder Affalsdynger, das heißt die Küchenmüll­haufen und Abfallsstätten, die in den verschiedensten Zeilen Däne­marts, Norwegens  , Schwedens   aufgefunden sind. Es sind dies fleine flache Hügel, meist nur 2 bis 3 Meter hoch, doch oft 20 bis 40 Meter breit und teilweise mehrere hundert Meter lang, die da durch entstanden sind, daß die Fischerbevölkerung der nahegelegenen Ansiedlung oder Ansiedlungen hierher die Speiseabfälle und den Unrat ihrer Haushaltungen trug und aufschüttete. Da der damalige skandinavische Fischer nur sehr selten feinen Wohnplatz wechselte und manche Ansiedlungen viele Jahrhunderte hintereinander be­wohnt blieben, häufte sich Unrat auf Unrat, und oft mag der durch die Zersehung der faulenden Fischabfälle hervorgerufene widerliche Gestank die Luft verpestet haben, aber den primitiven Fischer der Kjöttenmöddingerzeit schreckte das nicht ab. Wie der Wildpferd und Renntierjäger der vergangenen Diluvialzeit neben den ver­faulenden, stinkenden Knochenlagern seiner Niederlassungen auch hielt, so hat auch neben diesen Riesenmüllhaufen eine Generation nach der anderen gelebt; fühlen sich doch auch heute in manchen unserer deutschen Gegenden die Bauern ganz wohl in den neben stinkenden Mist- und Jauchegruben gelegenen, mit Kuh- und Schweineftall verbundenen Wohnhäusern.

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Meist liegen derartige Misthaufen an der Ost- und Südfüste der dänischen Inseln und Schwedens  . Daraus darf jedoch nicht ge­schlossen werden, daß die skandinavischen Fischer sich vor zwölf- oder zehntausend Jahren so alt mögen die allerältesten Sjökkenmöd­dinger ungefähr fein sich aus irgendwelchen Gründen nicht gern an der Westküste angesiedelt haben. Die Westküsten Jütlands   und Norwegens   sind einst geradeso besiedelt gewesen wie die Ostbüsten Skandinaviens  , aber das Meer hat in der langen Periode, die feit jenen Ansiedelungen verflossen ist, allmählich die einstige Westküste unterminiert und weggespült. Und zugleich hat sich die dortige Küste an manchen Stellen beträchtlich gesenkt, so daß die Müllhaufen unter den Wasserspiegel gerieten und dann von Brandungen und Sturmfluten weggeriffen und zerstreut wurden.

Diese Küchenabfallhaufen enthüllen uns bis ins einzelne die Lebensweise der damaligen Bewohner des Nordens. Wir erfahren, was diese gejagt, gefischt und genossen haben. Am häufigsten find in diesen Haufen die Schalen der Muscheln: Austern, Mies- und Herzmuscheln. Besonders scheint auf den dänischen Inseln und an der südschwedischen Küste die Auster zur täglichen Kost gehört zu haben, und es ist daher nicht ganz unberechtigt, wenn einzelne Prä historiker die alten Bewohner jener Gegenden kurzweg als Muschelesser bezeichnen. Daneben liegen die Gräten von Meeraalen, Flundern, Dorschen und in neueren Abfallshaufen auch die Ueberbleibsel von Thun- und Schellfischen, Heringen, von Barten- und Bottwalen, Seehunden und Robben. Das beweist, daß schon damals auch Hochseefische auf dem Speisezettel gestanden haben und der Mensch, um sie zu fangen, mit seinen primitiven flachen Einbaumbooten sich weit hinaus auf das offene Meer gewagt haben muß.

Muscheln und Fische bildeten die Hauptnahrung; doch hat der aus einem Jäger zum Fischer gewordene Skandinavier jener weit zurückliegenden Beit keineswegs auf Wildnahrung verzichtet. Ge­wann für ihn auch der Fischfang in steigendem Maße an Bedeutung, so betrieb er doch nebenbei noch immer die Jagd, und zwar hat sie gerade in der ältesten Zeit noch eine beträchtliche Rolle gespielt. Dafür zeugt die Tatsache, daß in den älteren Abfallhaufen die an­gebrannten und abgenagten Knochen vom Wildschwein, Elch, Hirsch und Reh durchaus nichts Seltenes find. Auch Wasserratten und Biber scheint man in einzu.nen Gegenden mit Vorliebe verzehrt zu haben, ferner Auerochsen, Wildhunde, Wildbaßen, graue Bären, Wölfe, Füchse, Marder. Geflügel verschmähte der nordische Omni­vore( Allesfresser) ebenfalls nicht. Der Inhalt der Abfallhaufen zeigt, daß er auch den Wildschwan, den Riefenalt( einen heute aus gestorbenen Schwimmvogel in der Größe einer Gans), den Auers hahn, die Eiderente und verschiedene fleinere Tauchervögel erlegt und verspeist hat. Doch kommen einzelne dieser Bögel nur in den allerältesten Schichten vor, zum Beispiel der Auerhahn: eine Tat­sache, die sich daraus erklärt, daß der Auerhahn sich hauptsächlich von den jungen Trieben der Fichte und Kiefer   nährt, und als später in Dänemark   die großen Nadelholzwälder den Eichen-, Erlen­und Puchenwaldungen wichen, auch der Auerhahn verschwand.

frei­

Die Zubereitung der Speisen erfolgte in der älteren Kjöffens möddingerzeit in der alten primitiven Weise. Kein Anzeichen deutet darauf hin, daß in den ersten Jahrtausenden nach der Einwande­rung in dieser Hinsicht irgendwelche erwähnenswerten Fortschritte gemacht worden sind; erst in den neuern Kjökkenmöddingern, diz etwa im fünften Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung entstanden sein mögen, hat mar Scherben roher Zongefäße gefunden händig hergestellt aus grobem Lehm, dem kleine granitne Gesteins fragmente eingefnetet sind. Doch ist recht fraglich, ob diese Töpfe sogleich zum Kochen benutzt worden sind oder zunächst nur zur Auf bewahrung von Speiseteilen gedient haben, denn nicht nur find die ältesten dieser Töpfe völlig henfellos, fondern sie haben auch eine meist nach unten zugespißte Form, tennten also weder auf dem