Nnterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 144. Sonnabend� den 27. Juli 1912 lRachdruS versolea.» Der Mittiber. Von Ludwig Thoma . Er sah es deutlich und unschön vor sich, wie es nun kommen»verde. War sie bei anderen Leuten im Dienst, her- nach brachten ein paar Weibsbilder das Gwnmnis schnell genug heraus, und jeder hatte Verdacht auf ihn. Hinterdrein kam das Kind zur Welt und mußte vor Gericht einen Vater haben: und was sollte das Frauenzimmer abhalten, den zah- lungsfähigen Schormayer anzugeben, wenn es obendrein nicht mehr in seinem Dienst war? Heilig's Kreuzdonnerwetter! Wie sie in der Gemeinde zahnen(spotten) würden, wenn sie's für gewiß hatten, daß ein alter Esel aufs Eis gegangen war! Stichelreden im Wirtshaus und Gezänk daheim, und Alimenten zahlen als Austrägler. Der Handgaul fuhr erschrocken in die Höhe, weil ihm der Bauer in seiner stillen Wut eins überzog. Und die ganze Verwandtschaft rundherum hatte ihre Unterhaltung über ihn. Gelt, das war Zeit, daß der Schormayer abdankte, wenn er zu seinen Ehhalten(Dienstboten) in die Kammer schlich und den Respekt nicht mehr aufrecht halten konnte? Wie oft sie die Schonnayern im Grabe unidrehen wür- den, damit sie seine Schlechtigkeit in der ganzen Größe aus- nialen könnten! Das war eine liebe Zukunft, die sich da zusammenzog.. „Du Kramp'n. Du vadächtiga, ko'scht Du nit aufpassn? Fall am ebna Weg z'samm vor lauta Faulheit!" Diesmal bekam der stolpernde Sattelgaul einen saftigen Peitschenhieb. Aber vielleicht war es nur eine Aengstlichkeit von der dummen Person. Sie glaubt es, daß sie in der Hoffnung ist, sie glaubt es bloß: also war es noch nicht gewiß? Nir! In der Sache kennt sich der Dümmste aus und wird ehender zu wenig als zu diel sagen. Mit dem Trost war es nichts. Saggeradi! Wenn er der Dumme war, der für einen anderen zahlen sollte? Aber nie war ein Sterbens-- wörtel davon laut geworden, daß es die Zenzi mit einem Burschen in Kollbach hatte, und nicht einmal die Ursula hatte in der größten Wut eine Andeutung gemacht, und der wär's doch gewiß nicht ausgekommen. Es bleibt schon an dir hängen, Schormayer, und das Neh hat kein Loch. Da war guter Rat teuer. Das nächste mußte sein, einmal ausführlich mit der Zenzi reden: und sie fragen, wie sie's selber im Sinn hatte mit der Sache da, mit de�. Angabe von der Vaterschaft, und auch, wohin sie in Dienst gehen wolle. Ja, das war das nächste. Vielleicht ließ sich das Mensch überreden, weit fort zu gehen und für ein paar hundert Mark sich einzulassen, daß es überhaupt keinen Vater nannte. Das gab es doch auch, daß eme dem Gericht' nichts sagte: und bei der ersten Fuhr nach Dachau wollte er einen Advokaten fragen. So, als wenn es sich um einen andern handelte würde. Also, das war jetzt einmal zu tun, und hernach konnte man sehen, wie das Rad weiter lief. Er war schon nahe am Dorfe, und der Moosrainer Simon, ein Kleingütler, kam ihm mit seinem Ochsenschlitten entgegen. „Grüaß Di Good, Schormoar!" ..S' Good," brummte der Bauer. »Fahrst D'oiwei no Bamm fü r'n Maier z' Dachau ?" »Ja." „Heunt hoscht an B'suach kriagt, gel?" »I?" „Freili: an Vormittag scho." „Da woaß i nix; i bin an Holz draußd g'wen." „D' Leut sag'n, es war g'wiß a Hochzeita für Dei Urschula?" „Te wiss'n na mehra wia'r i." „Mi moant halt, wei' s' gar so a nobels Zeug'l(Go« spann) g'habt Hamm ." „Vo mir aus!" „Di bekümmert dös gar it diel, han?" „I wer''s scho sehg'n, bal i hoam kimm." „No ja, freili! Du bringscht Dei Tochta leicht 0. Pfüat Di!" „Adjes!" Es bekümmerte den Schot mayer wirklich nicht viel, ob die Ursula ein halbes Jahr friihcr oder später aus dem Haus kam: er hatte andere Sorgen. Er ging deswegen um keinen Schritt schneller: und wie er daheim angelangt war, spannte er ohne Uebereilung die Gäule aus. Der Lenz half ihin dabei und sagte: „Vata,'s Basel vo Arnbach is scho seit a'r a fünf Stund do." „So?" „Und da Prück! vo Hirtlbach is bei ihr." „So? Was macht denn da schimmi(Schimmel )?" „I moan, es gang eahm bessa." „Is da Dokta it da g'wen?" „Jo. Er sagt, er kimmt scho durchi." „J wer'n amol o'schaug'n." Der Schormayer ging zu dem kranken Gaul und fühlte ihn an. „Mir kimmt für, daß a nimma so hart waar." „Es is guat g'wen, daß ma'n glei warm ei'geb'n Hamm . sagt da Dokta." „Paß no weita guat auf! Du bleibscht morg'n no dahoam, und i fahr Wieda» an's Holz außi." Er ging gemächlich dem Hause zu: unterwegs blieb er stehen und schaute zum Kuhstall hinüber. „I wer' s' morg'n in's Holz keinma lass'n, da Hamm ma nacha Zeit zu'n Dischk'rier'n." brummte er vor sich hin. und dann stampfte er vor der Tür den Schnee von den Schuhen. Im Flötz(Flur) kam ihm Ursula entgegen. „Vata, es waar a B'such da." i „Is scho recht." „Soll i da'r an Kaffee in d' Stub'n eini bringa: Du Werst was Warms mög'n?" „Du bisch ja heunt ganz ansnahmsweis freundli." Es konnte ihm schon auffallen, daß er nach langer Zeit wieder ein lachendes Gesicht daheim sah. „I ho Da'r oan aufg'hob'n," sagte Ursula zuckersüß. „Bring an no eina!" Wie der Schormayer in die Stube erntrat, stand die Schneiderin von der Ofenbank auf, und der Priickl Kaspar räkelte sich langsam in die Höhe. „Du werscht it schlecht schaug'n, daß Du ins da auf- triffst?" sagte die Schneiderin. „Mi is ganz recht, daß D' amal kemma bischt." „I ho oan bei mir, an Prückl Kaschpa' a Hirtlbach ." Der Schormayer nickte dem fremden Menschen zu. „So? Du bischt da jung Prückl? An Vata kenn i wohl." „Er Hot ma's g'sagt." „A G'schäft Hütt' a mit Dir," fiel die Schneiderin ein. „Was für oans?" Der Kaspar räusperte sich und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. „I," sagte er,„sollt an Frühjahr an Hof übanehma, und durch dös sollt i heiret'n, indem daß de Alt'n an nimma weita macha woll'n, und weil na do a Bäurin in's Haus mnaß, und durch dös hon a ma denkt, ob's d' ma du it dei Urschula geb'n kunntst." „So?" Der Schormayer holte sein rotes Sacktuch hervor und schneuzte sich erst einmal. „Mhm!" sagte er„I sao it na, und üba de Sach laßt sie red'n. Hock(setz) di no hi!" Der Kaspar ließ sich auf die Ofenbank nieder, und der Bauer setzte sich an den Tisch. „So, so? Mei Urschula mögst Du heirat'n? Wia viel. moanst d'. daß s' nacha kriag'n sollt?" »»W
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29 (27.7.1912) 144
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