„Du hoscht bloß g'sagt, daß der Alt crnftschUaft(hinauf- schleicht), und daß er in Händ'n vo dem Himmiherrgotts- saggeramentsschlamp'n is, und daß mi gar nix mehr san, und daß vielleicht no amal allssammete hi' werd, und.. „Lenz, du muaßt it a so plärr'n. Laß da no sag'n.. „Nix laß i mir sag'n. Du gangst, und de bleibat, und i waar da Lapp(Tepp) auf und auf, und bal s' den Lattürl (Tummkopf), den damifch'n, ganz rumkriagt, werd f vielleicht no Baurin." „Geah l So muaßt jetzt aa it red'n! Dös glaabst ja selm it." ..Wos is da vui zu'n glaab n? Hot ma dös no nia g'hört. daß so an Alta dappig wor'n is und auf gar nix mehr aufpaßt?" „Scho! Aba..." „Aba dir is Wurscht, gel? Tu hoscht bei Geld brav ei'g'steckt und bischt drei Stund weg vo dera Gaudi. Aba'r i müaßt f' vor Aug'n Hamm , und müaßt mi schind'n und plog'n und z'letzt von Hof geh' wia'r a Handwerksbursch, mit 'n Stella in da Hand! Na, mei Liabi, jetzt drah(spiel) i amal auf." „Da machst d' Sach it bessa." „Ah? So g'fcheidt bischt du jetz wor'n?' „Laß da sag'n..." „Paß aus und laß da sag'n, und grad guat waarst du und grad sanftmaßi. Tu redt'st hakt aa, wia's dir g'leg'n is." „Bal's d' ma du it zualus'n(zuhören) willst, nacha geh'n i Wieda zu da Natherin eini." „Auf wos soll i lus'n?" „Weil i mit'n Basel g'redt Hab üba dös, und de is do g'wiß auf inferna Seit'n und Hot an Vastand ." „Und'Nl hoscht ihr all's g'sagt?" „Freili! Wia s' z'letzt do g'wen is, und an andern Tag in Arnbach no'mal." „So? Hot na de aa nix ausz'setz'n an dem Zuastand, an dem abscheilinga?" „Gnua Hot s' ausz'setz'n. aba sie sagt, es waar übahaupts g'scheidta g'wen, mi hätt'n gar it dagleicha tho(darum geküm- mert)." .Sagt sie?" „Ja. wer da Vata durch dös erscht recht stutzig werd', und indem daß a si ei'bildt. er derf ins it nachgeb'n, und wei eahm's Sach z'letzt do no g'hört, und..." „Hot sie g'sagt?" � �-- „Ja. und daß s' übahaupts\o Leut gibt, de wo„ auf dös ei'spreiz'n, daß s' eahna nix sag'n lass'n. Und durch dös waar's vielleicht bessa g'wen, bal mi koan Streit gar it g'habt hätt'n."/ (Fortsetzung folgt.) 2) lUigen. Von G u st a f I a n s o n. Aber seine Gedanken kneteten die begangene Ungerechtigkeit ohne Kraft. Hinter ihnen lag etwas anderes, das noch keine be- ftirmnic Form angenommen hatte. Fontanara konnte sich nicht von einem unklaren Gefühl freimachen, daß er ebenfalls unlogisch, viel- leicht ungerecht denke. Während die Räder über die Schienen roll- tcn und bie Landschaft ungesehen an seinen Augen varbeiglitt, drängte sich ihm unwiderstehlich das Reue auf. Als der Zug einen längeren Aufenthalt in Aidin machte, kam Fontanara eine Ähnung. daß in seinem Innern eine Umwälzung vor sich gehe. Ter Schmerz über die fruchtlose Mühe jahrelanger Arbeit wich einem neuen Gefühl. Was bedeuteter denn e-gentlich seine Ausgrabungen? Seine Bewunderung für eine große Ver- gangenheit... Er lebte in der Gegenwart, seine Arbeil würde einmal der Zukunft zugute kommen. Das kleine Detail, mit dem er sich beschäftigt hatte, bedeutete nichts neben der Eroberung eines ganzen Volkes. Eine große Provinz mit ungeahnten Zukunfts- Möglichkeiten, unendliche Weiten jungfräulicher Erde, die noch kein Pflugeisen berührt, und eine kaum mehr als zur Hälfte zivilisierte Bevölkerung, das waren Dinge, die Zukunftswert hatten. Fonta- uara nickte nachdenklich. Für sein Vaterhand war die gewÄkige Auswanderung nach Amerika noch ein ungelöstes Problem. Diese ständige Blutabzapfung würde aufhören, der Strom konnte süd- wärts nach einer italienischen Kolonie geleitet werden, konnte kon- trolliert und dem Mutterlande und vorfallen Dingen den Auswan- derern selber von Nutzen werden. Es war etwas Neues, Großes und Verheißungsvolles, was jetzt geideehen sollte. Fontanara wurde gerührt und sah dankbar sein Gegenüber an. Der Dolmetsch saß in sich zusammengekauert und hatte die Beine unter sich auf die Bank gezogen. Eine erloschene Zigarette hing ihm Mischen den Lippen, er schlief. Fontanara hatte eine außerordentliche Gelegenheit, ihn mit Muße zu betrachte«. Die Wangen des Mannes waren aufgedunsen und schwammig weich. Die ganze Erscheinung machte einen etwas schlappen und unsauhe- ren Eindruck, so wie die Europäer, die lange im Orient leben, nicht selten werden. Die einförmige Landschaft mit ihren sonnenverbrannten steini- gen Weiten, von der hier und da Flecken von lebhaftem Grün ob- stachen, war noch dieselbe. Der Beschauer ließ den Blick von dem Schläfer über die wohlbekannte Gegend fliegen. Das Morgenland. dachte er. Das schlafende, verträumte, schmutzige Morgenland, mit seinem Mangel an Unternehmungsgeist, seinem Fanatismus und seinem kindlich blinden Glauben an das Schicksal— es war wirklich kein Tag zu früh, daß einer kam und es wachrüttelte! Hoffentlich waren die Kanonenschüsse auf der Reede von Tripolis das Signal für eine neue Zeit. Denn trotz allem liebte Pietro Fontanara das Land, das er so unerlvartet notgedrungen Verlasien mußte. Er fühlte, daß sein inneres Gleichgewicht wieder hergestellt war. Der Krieg, der ihn gehindert hatte, schenkte ihm neue Ge- legenheiten zur Tätigkeit. Nordasrikas Sandfelder deckten noch unerforschte, große Ruinenstädte. Stand nicht ein Triumphbogen aus den Zeiten Mark Aurels sogar in der Stadt Tripolis ? Sein Blick flog über die sonnenverbrannte Gegend. „Die Auserweckung!" sagte er leise. Der Dolmetsch machte eine Bewegung, erwachte aus seinem Schlummer und begegnete dem Blick seines Mitreisenden. Er er- riet dessen Gemütsstimmung und fing an zu schwatzen. Halb hu- moristisch, halb ernst erzählte er eine Reihe tragikomischer Ge- schichten über die Einwohner. „Na ja, ungefähr wie bei uns," dachte Fontanara—„wenngleich die Formen wechseln." Er zuckte die Schultern. Eigentlich war das weder neu noch amüsant. Der andere schwatzte weiter. Es waren lange Details über die Unordnung und Schlappheit der Verwaltung. Er lachte herz- lich darüber und schloß mit einem bezeichnenden: „Das Mvrgenland, Signore, das Morgenland!" Seine Mutter war eine Eingeborene, aber... hm... er betrachtete sich als Italiener.„Sie begreifen, Signore. Patriot..." Fontanara wandte sich zur Seite, damit der Dolmetsch nicht das Lächeln um seine Lippen sehen sollte. Er kannte dies Prodult zweier Rassen. Und was er wußte, machte ihn nicht geneigt für Zugeständnisse. Aus den Augen des Dolmetschen schoß ein mißtrauischer Blick. Er ivar nicht richtig zufrieden mit diesem„Landsmann", der einem den Rücken zuwandte, gerade wenn man eine offene Anerkennung von ihm verlangte. Der Zug ratterte weiter durch die Dämmerung. Im Westen, dem sie zufuhren, leuchtete das Abendrot wie eine Feuerbake zwischen zwei Anhöhen. Auf einmal erlosch der spröde Schein, die Landschaft draußen vor dem Coupefenster war nicht mehr da. Schwer und drückend, mit einem Einschlag von Qualm und unge- sunden Dünsten siel die Dunkelheit über die Erde. Fontanara seufzte. Er kroch aus seinem Platz zusammen, schüttelte den Kopf und lehnte sich mißmutig zurück. Der Dolmetsch war wieder eingenickt, sein Reisegefährte hatte also Zeit, ungestörr seine Gedanken zu Ende zu denken. „War diese Reise, die einer Flucht"glich, notwendig?" Die Frage wurde niemals endgültig beantwortet. Trotz der Dunkelheit zauberte ihm seine Phantasie die Gegend draußen vor. Er kannte sie, erinnerte ein gut Teil Einzelheiten von Reisen, die er bei Tageslicht gemacht hatte. Er unterschied die Palmen, diese Fremd- linge aus Afrikas Sand, die ebensogut auf Asiens felsigem Grund gediehen, er sah die Oliven grau, knorrig und hart, die Rosen, die noch blühten, den wilden Spargel... Taraus erinnerte er sich nicht ohne Bitterkeit der ersten großen Enttäuschung, die ihm der Orient bei seiner Ankunft bereitet hatte. Die Wirklichkeit, die er schaute, stimmte in keiner Weise mit seinen eigenen Vorstellungen überein. Ter Orient war etwas ganz anderes, als was Europa ftch einbildete. Tausend und eine Nacht hatte die Phantasie des Abendländcrs in Bewegung gesetzt und... und... Mit einem plötzlichen Gedankensprung war Fontanara bei Vussus Hali angelangt. Er sah ihn ebenso deutlich vor sich, als wenn er leibhaftig zugegen gewesen wäre. Man hatte ihm den Mann als zuverlässig und klug empfohlen. Er wurde herbeigerufen, maß seinen zukünf- ttgcn Arbeitgeber mit einem prüfenden, ein wenig schüchternen Blick und gab ihm darauf die Hand. Eine Abmachung war nie unter einfacheren Formen getroffen und besser ausgefallen. Fontanara schauerte zusammen; es war übrigens auch kalt, man sah es an den beschlagenen Coupefenstern. Uussuf war ganz einfach die personifizierte Pflichttreue. Ein: wenig bedächtig, tzßinahe widerstrebend, ließ er sich mit fortziehen. Ihm fehlte gänzlich das Vermögen zu lachen, ja auch nur einen Scherz zu verstehen, aber er bemühte sich in fast rührender Weise» dies wie alles andre zu lernen. Und er gewann das Vertrauen dieses fremden Arbeitgebers, nicht weil er es zu gewinnen wünschte, sondern weil er es besser als ein andrer wert war. Fontanara fühlte einen schmerzlichen Stich in der Brust. Von diesem Mann, der ihm fast ein halbes Jahr lang eine unschätzbare Hilse und Stütze gewesen, war er ohne einen Händedruck, ohne Dank und Abschied gegangen. Sollte er ihm nicht einen Brief schreiben, um ihm zu erklären... nein, das hatte ja keinen Zweck. Fontanara knöpfte den Rock zu. es zog niederträchtig. Er be- reute seinen hastigen Ausbruch. Nun, die Eile erklärte es. Iussuf
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29 (1.8.1912) 147
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