an dem Unkraut, und nu kannst Du man gleich Schluß machen,sagt' ich zu mir selbst, denn nu hast Du hier doch nichts mehrzu schaffen. Und ich ging ins Geschäft und verlangte Ab-rechnung. Und da beschubsten sie mich um fünfzig Groschen— die Spitzbuben.„Natürlich ging ich zur Polizei, ich war damals noch dummgenug dazu. Aber das is ja'ne Bande, von Anfang bis zuEnde. Sie Mdinten ja nu, dem Ferdinand, dem könnt mankein Wort glauben, und wollten mich am liebsten gleich wiedereinspunnen. Aber so viel sie auch schnüffelten, war da nichts,wo sie einhaken konnten. Verteufelt, wie gut er sich diesmalaus der Schlinge zu ziehen weiß, der Kerl! sagten sie da undließen mich laufen. Aber sie sollten bald ihren Willenkriegen, denn nun nahm ich die Sache selbst in die Hand, undDu kannst mir glauben, das Geschäft zog den kürzeren beidiesem Arrangement. Denn, siehst Du. es gibt zwei ArtenLeute; kleine Leute, die ehrlich sind, wenn sie sich plündernlassen, und dann die anderen. Zum Teufel auch, wozu sollman wie'n geschorenes Schaf rumlaufen und nich wiederplündern! Na, aber mal fällt man rein, drei Jahr, bitteschön! Das nächste Mal krieg ich Zuchthaus!".„Das kommt doch ganz auf Dich an," sagte Pelle langsam.„Na ja, etwas kann man- natürlich dazu tun. Aber siehstDu. die Polizei wird immerzu durchtriebener, und der Mannis wohl noch nich geboren, der nich früher oder später in dieFalle geht."„Du solltest versuchen, wieder in eine anständige Be-schäftigung hineinzukommen. Du hast ja doch gesehen, daßes geht!"Ferdinand pfiff:„Auf die lumpige Art und Weise!Besten Dank, sehr freundlich von Dir, mir solche flotte An-Weisung zu geben. Ich sollt' den Großbürgern ihre fettenGänse hüten, was? Und dann auf der Treppe sitzen undtrocken Brot zu dem Geruch von dem Braten essen? Ne, ichdanke! Und selbst wenn man wollte, meinst Du, daß es geht?Du kannst Dich darauf verlassen, daß sie gut aufpassen; ver-sucht man ein ehrliches Geschäft, denn währt es nich zweiTage, bis der Alte da is.„Was is das mit Ferdinand? Ichhör', er hat was auf dem Kerbholz. Es tut mir sehr leid,denn er is sehr brauchbar gewesen, aber es ist wohl das beste,wenn er sich nach was anderm umsieht." Siehst Du, dassind die Anständigen, die andern warten ganz einfach, bisman seinen Arbeitslohn haben will, und dann knöpfen sieeinem ganz einfach was davon ab, weil man einmal gesessenhat. Sie können ja nie wissen, ob man bei ihnen nich auchlange Finger gemacht hat— wie? Und darum is es wohlant besten, wenn sie sich beizeiten sichern! Macht manSchwierigkeiten, dann kriegt man den„Dieb" direkt ins Ge-ficht geschleudert: Du kannst mir glauben, Ferdinand hat sichdas ausprobiert. Aber nu kannst Du es ja selbst mal ver-suchen."(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck vMdown.j1] Im sonnigen Süden»Von Max Werner.Durch die Wälder des südlichen Missouri brauste der Golf-Expreß. Vereinzelte Farmen mit zahlreichen weidenden Rindernund Pferden tauchten hier und da auf und erregten das lebhafteJntereffe des jungen Mannes, der an einem Fenster des Expreß-zuge» saß. Er hätte Sinn für die Landschaftsbilder, die da imFluge an ihm vorüberzogen, und auf der Fahrt von Chicago herunterhatte er reichlich Gelegenheit gehabt, die industriereichen Gegendenvon Illinois, die blühenden Städte am gewaltigen Mississippi unddie großen, ausgedehnten Farmen des Staates Miffouri zu be-nmndern.Robert Helmbrccht war Lithograph und seit zwei Jahren inAmerika. Er hatte— wie so viele vor ihm— schnell reich werdenund mit den errafften Dollars in Deutschland ein schönes, unab-chängiges Dasein führen) wollen. Und während der Zug dahineilte,dachte er an die erste traurige Zeit in New Uork, wo er monatelangvergebens nach Arbeit gelaufen war, dann, als er endlich eine Stellegefunden hatte, schlecht bezahlt wurde; wie er später nach Buffalogereist war und einen„guten Platz", wie man hierzulande sagt, er-halten hatte. Kurz darauf war ein großer Streik der Lithographenausgebrochen, und Robert Helmbrecht stand vor der Wahl, alsStreikbrecher den ersehnten hohen Wochenlohn einzustreichen oderals ehrlicher Kerl sich seinen Arbeitskollegen anzuschließen. Er tatdas letztere und setzte bis zum Frühjahr den Rest seines mitge-brachten Geldes zu. Dann fuhr er nach Chicago und half den tiefenGrund ausgraben für einen 24stöckigen Wolkenkratzer. Italiener,gZolen, Russen waren seine Arbeitskollegen..Während der Schweißihm von Gesicht und Stirn tropfte, versuchte er sich einzureden, Laßes doch ein schöner Gedanke sei, an einem so gewaltigen Bauwerkmitgeholfen zu haben! Als er sich 30 Dollar erspart hatte, ließ erHacke und Schaufel im Stich, ging hinunter nach dem Michigan-See,sah auf der schönen Promenade den vorüberfahrenden Fahrzeugender reichen Amerikaner nach und spann Zukunftspläne. Nach eini,gen Tagen fand er Arbeit in seinem Beruf und war glücklich.Ein entsetzlich heißer Sommer kam und alle Arbeit ruhte. Dcdhatte Robert in einer deutschen Zeitung von einer offenen Stellegelesen: in Foxhill im Staate Oklahoma wurde ein Lithograph ge-sucht, dauernde, angenehme Stellung usw. Er besann sich nichtlange, schrieb dahin und erhielt die Stelle. Nun fuhr er seinemneuen Wirkungskreise zu.Das Landschaftsbild hatte sich verändert, auf beiden Seiten desZuges dehnten sich weite Baumwollplantagen.Ueberrascht blickte Robert auf die Felder; die schneeweißenBüschel an den Sträuchern boten einen angenehmen Anblick. Inden Furchen liefen Neger, die Säcke umgebunden hatten undpflückten die Baumwolle. Auch Weiber und Kinder beteiligten sichan der Ernte. Die kleinen schwarzen Krausköpfe mit ihren großenAugen und hellschimmernden Zähnen hoben sich für eine kurze Weileund schauten dem vorbeijagenden Zuge nach. Dieser verließ baldMissouri und dampfte nach Oklahoma hinein, dem jungen, kaumerschlossenen Staate der großen Republik.Die Gegend sah noch recht sommerlich aus, trotzdem es schonEnde Oktober war. Die Wälder noch im vollen Grün, die großenWeideplätze noch futterreich, die Kärtchen vor den Häusern derkleinen Ortschaften noch im reichen, bunten Blumenschmuck. Durchdas offene Fenster des Wagens strömte warme Luft herein.Gegen Abend erreichte der Zug Foxhill, und Robert Helmbrechtstieg aus. Er hatte nicht weit zu gehen, bis er die Mainstreet, dieHauptstraße des Städtchens, erreichte. Meist einstöckige Häuserfaßten die ungepflasterte Straße ein, nur vereinzelt erhob sich einzwei- oder dreistöckiges Ziegelhaus. Roh aneinander gelegte Bretterbildeten den Fußweg, der sich an den Häusern hinzog.Ein Polizist schlenderte die Straße herab.„Wo ist dieTLithographische Anstalt von Fred Morgner?" fragteRobert.Der Beamte spuckte ein gehöriges Quantum Tabaksaft aus,schob seinen Bissen Kautabak von der rechten nach der linken Backeund deutete mit der Hand die Straße hinauf:„Die dritte Quer-straße— Ecke."Robert trat in die kleine Office ein und fand nur einen alten,knochigen Mann vor, der auf einer Kiste saß und eine kurze Pfeifezwischen den Zähnen hielt.„Kann ich Mr. Morgner sprechen?"„Nicht hier," knurrte der Alte.„So will ich warten, bis er kommt."„Des." Das war alles, was der Mann zwischen Pfeife undZähnen hervorbrachte.Robert betrachtete das Lokal. Ein Laden in gemischter Zu-sammensetzung: Bücher. Zeitungen, Ansichtskarten, Zigarren. Rauch-und Kautabake, weiter hinten Früchte und Nüsse.Ein Mann trat in den Laden und verlangte eine Zigarre. DerAlte erhob sich schwerfällig, reichte die Zigarre hin und warf den er-haltenen Nickel in die Kasse.„Wo ist Fred?" fragte der Käufer, während er sich die Zigarreanzündete.„Nicht hier," knurrte der Alte wieder.„Das sehe ich; ich will wissen, wo er ist?*'„Am Bahnhof."„Was will er da?"„Wartet auf einen Lithographen."„Ach so."Robert ahnte den Zusammenhang: Morgner hatte ihn abholenwollen und ihn nicht getroffen. Er teilte diese Vermutung demFremden mit.„O, Sie sind der Mann aus Chicago?" fragte dieser in beut-scher Sprache. Und als er bejahte, reicht« ihm der Mann die Hand.„Herzlich willkommen. Mein Name ist Eddie Binz. Fred istsicher zu spät zur Bahn gekommen. Es ist seine alte Schwäche,immer zu spät zu kommen."Da trat ein Mann durch die Tür, der wohl zwei Meter hochsein mochte. Sein glattrasiertes rotes Gesicht hatte einen grimmi-gen Ausdruck. Ein langer verschossener Rock und eine alte Mützegaben dem Hünen das Ansehen eines Trödlers.„Da kommt er in höchst eigener Person," sagte Binz.„DeinMann ist schon hier," wandte er sich an Morgner. über dessen Gesichtein freudiges Lächeln zuckte.Beide Hände streckte er Robert entgegen.„Gott sei Dank, daß Sie da sind, ich dachte schon, Sie würdennicht kommen. Ich habe in der letzten Zeit so viel Not mit meinenLeuten gehabt."Binz fragte, wo er eigentlich gewesen sei, ob er zu spät ge-kommen sei; blinzelte dabei Robert zu, um diesen auf den kommen-den Sturm vorzubereiten." �„Herrgott noch mal," brüllte Morgner los,„eine halbe Minute,nicht mehr, bin ich zu svät gekommen, das ist alles. WaS quatschtDu denn hier herum, Binz? Hast Du nichts zu tun?"Und den Alten, der noch immer regungslos da saß und ardseiner erkalteten Pfeife kaute, fuhr er hart an:„Was sitzt Du hier»