eine neue Pfeife und Holte hierauf das Pferd MorgnerS aus demStalls das er gründlich putzte. Robert sah ihm durch die blank-geputzten Fensterscheiben lächelnd zu.„Hallo, wo ist Mr. Morgner?" rief plötzlich eine helle Stimmeherein. An der zur Seite geschlagenen Portiere stand ein Knabe.der seine großen schwarzen Augen auf Robert richtete.„Mr. Morgner kommt erst am Mittag wieder. Was willst Du?"„Ich muß ihn sprechen." Der Knabe trat näher.»Sind SieVir neue Mann?" fragte er, Robert von oben bis unten musternd.„Ja." Robert betrachtete den farbigen Burschen. Es war einMulatte. Aus dem gelblich-braunen Gesicht blitzten ein Paarkluge Augen. Eine Reihe blendend weißer Zähne kam zum Vor-schein, wenn er sprach. Die dünnen braunen Finger spieltenan allem herum, was ihm interessant erschien.„Sind Sie ein Deutscher?," fragte er Robert und sah ihmNeugierig ins Gesicht..Ja."„Ist Deutschland schön?! Schlägt man dort auch die Nigger?"„Nein, mein Junge, man hat nur ganz vereinzelt Neger inden großen Städten, wo sie als Portiers oder dergleichen angestelltsind. Schlägt man denn die Nigger in Amerika?"„Nicht überall, erzählte mir Houston, unser Lehrer." In denAugen des Knaben blitzte es wieder auf,„Nur hier im Südenbehandeln sie uns wie Tiere."„Kennst Du Mr. Morgner gut?" fragte Robert, dem das früh-reife Geplauder des Bürschchens gefiel.„O ja, sehr gut," erwiderte er, verschmitzt lächelnd,„Wie heißt Du denn?."„Jim."�.Einfach Jim."„Jim Burnham," antivorteke der Kleine zögernd.„Wie alt bist Du?"„Zwölf Jahre." Jim sah durchs Fenster.„Da ist Mike,ich gehe und helfe ihm."Er verschwand behende durch die Tür und half emsig denWagen reinigen.Dann kamen die beiden wieder herein, und Robert wies MkeNeue Arbeit an.MorgnerS fester Schritt hallte durch den Laden und er tratmit rotem Gesicht ein. Er hatte trotz seiner Abficht, kein Bieranzurühren, doch wieder getrunken, das sah Robert auf den erstenBlick. Wütend blickte Morgner auf den braunen 5tnaben.„Was willt Du hier, Bursche?" schnaubte er ihn an.„Sie wissen doch, was ich will," entgegnete dieser fest.„Ach, geh zur Hölle, Du schwarzes Ungeziefer. Wie oft sollich Dir fagen, daß Du Dich nicht hier herumtreiben sollst, wenn ichnicht hier bin? Halunke, frecher!"Morgner machte Miene, den Kleinen zu schlagen. Dieser waraber durchaus nicht furchtsam. Rasch sprang er auf die Seite,ergriff einen großen Zirkel, der auf dem Tische lag, und riefMorgner in zornigem Tone zu:„Schlage mich nicht!"Morgner lachte gezwungen auf und ging in den Laden, Jimfolgte ihm.„Eine niederträchtige Bande, diese Nigger," schimpfte Morgner,als er wieder zurückkam.„Können einem das Leben schwer machen.Ich muß jetzt aufs Land, Mr. Helmbrecht, eine wichtige Sachebesorgen."Er nahm Pferd und WKgen und fuhr davon.Die Medizin hat nicht viel geholfen, dachte Robert. Er istschon in seinem alten Schlendrian.Einmal kam auch eine schwarze Frau in Roberts Arbeitsraum.Sie fragte ebenfalls nach Morgner. Es war eine üppige Negerin,über die erste Jugend hinaus. Was hatte Morgner mit diesenLeuten zu tun?� Roberh ward neugierig.(Fortsetzung folgt.)!Zur Älirtfckaftsgesckicdteder Kunft*Von Dr. Wilhelm Hausensteln.(Schluß.)„Demzufolge entschloß ich mich, vielen Ueberredungen zumTrotz, ganz in den Dienst Eurer Exzellenz zu treten, mit der Ab-ficht, eö so zu machen, daß Sie sich rühmen könnten, etwas zu be-fitzen, was kein anderer Herr in Italien besitzt, und so habe ichgetan. Da aber, wie aus dem Schreiben Eurer Exzellenz hervor-geht, Sie mir großmütig versprachen, Sie würden, falls ich michin der von Eurer Exzellenz vorausgesetzten Weise betätigte, dafürSegen, daß das Gehalt nur mein geringster Lohn sein sollte....be ich immer in großer Hoffnung gelebt, namentlich jetzt, woich beinahe neunzehn Jahre Eurer Exzellenz gedient und gesehenhabe, was für reiche Belohnung an Besitzungen und Häusern undanderen Benefizien Ihre anderen Diener empfangen haben. Ichaber warte noch immer, obwohl es schon fünf Jahrg her sind, daßEure Exzellenz es versprach, auf die Bezahlung jener Besatzungwas ich für kein gutes Zeichen erachte. Ich hoffte in dieser Zeit�daß Eure Exzellenz für besagte Besitzung,)as heißt für 800 Du«katen, Sicherheit geben und mir 600 Dukaten, wie versprochen,zahlen würde. Auch hegte ich Hoffnung, Sie würden mir, wie ver«sprachen, helfen, das Haus zu bauen. Nun finde ich mich, erlauch«ter Herr, mehr mit Söhnen und Töchtern beschwert wie damals,als ich zu Ihnen kam... Eure Exzellenz wollen meine Bitte er-füllen gemäß dem Versprechen Eurer Exzellenz und der Meinungvieler in Italien, die da glauben, ich schwämme in Milch unterdem Schatten Eurer Gunst, der ich mich. demütig empfehle."Nachdem Mantegna den Gonzagas fast fünfzig Fahre gedienlhatte, starb er in Armut. Als Greis sah er sich zu dem Entschlußgenötigt, seinen liebsten Besitz, eine antike Büste, den Gonzagaszum Kauf anzubieten. Die Marchesa Jsabella Gonzaga antworteteein halbes Jahr auf die Hilferufe des alten Künstlers überhauptnicht. Und als sie sich endlich rührte, da sandte sie ihren Unter»Händler mit dem Auftrag, den Preis der Büste soweit als mög->lich herunterzuhandeln.Seit der Renaissance war die Kunst, Pflege in der Hauptsachedie Angelegenheit der fürstlichen„Gönner". Das Mittelalter hattedemokratische Elemente enthalten. So hatte im Mittelalter dasbürgerlich-demokratische Versicherungsinstitut der Zunft auch fürdie Künstler geblüht. So hatten bürgerliche Auftraggeber inrMittelalter mit fürstlichen konkurriert. Auch die Kirche hatte da-mals bürgerlich-demokratische Züge gehabt. Seit der Renaissance,insbesondere seit dem Ausgang des fünfzehnten Jahrhundertsspitzten sich aber alle Dinge immer mehr aufs Fürstliche zu.Ein Opfer dieser EntWickelung war auch Michelangelo'.Er hatte ein durch und durch demokratisches Genie. Aber die Ver-Hältnisse zwangen ihn, Fürstendiener zu werden. Sein Leben gibtwie das Mantegnas Beispiele dafür, daß die Wirtschaftsgeschichteder Renaissancekunst von den gröbsten Gönnerlegenden umranktist. Die bürgerliche Kunstgeschichtsschreibung weiß aus dem„ge-nialen" Papst Julius und seiner„Bedeutung" für Michelangelonicht genug Wesens zu machen. In Wahrheit war Julius II. eineitler Sanguiniker, dem es an jedem tieferen Verständnis für dieKunst gebrach und der dem Michelangelo nicht bloß gar keine För-derung, fondern eine ununterbrochene Hemmung des Schaffensbedeutete. Hier ist zum Beispiel die Anekdote bezeichnend, die derRenaissancemaler und Historiker Vasari von Julius und Michel-angelo erzählt:„Michelangelo hat es öfters beklagt, daß er durch die Unge«duld des Papstes verhindert gewesen sei, das Werk— die Ausmalung der sixtinischen Kapelle— nach seiner Weise zu vollenden«da der Papst ihn unaufhörlich mit der Frage belästigte, wann erfertig werden würde. Und als Michelangelo ihm nun einmal er-widerte:„Ich werde enden, wenn ich mir in Rücksicht der Kunstgenug getan haben werde", entgegnete ihm der Papst:„Wir wollen,daß Du U n s genügst, und Unser Verlangen ist, es schnell ge-macht zu sehen". Und der Papst fügte hinzu, wenn solches nichtbald geschehe, werde er ihn von dem Malgerüst herabwerfen lassen."Derselbe Vasari erzählt glaubwürdig:„Es geschah einmal, daß Michelangelo sich Urlaub ausbat undGeld, um nach Florenz zu gehen. Der Papst sprach:„Schon gut— aber wann wird die fixtinische Kapelle fertig?" Michelangelo:„Sobald ich kann, heiliger Vater." Da schlug der Papst mit einemStock, den er in der Hand hatte, nach ihm und schrie:„Sobald ichkann! Sobald ich kann! Wir wollen Dich wohl lehren, zu können,Wir!"Und bei allem war es nun nicht so, daß sich der Papst bemühthätte, Michelangelo wenigstens finanziell reich zu entschädigen.Michelangelos Briefe sind voll von Beweisen der materiellen Not,die er als„Günstling" des Papstes zu ertragen hatte. Und Michel-angelo war nichts weniger als luxuriös. Der heilige Vaterbrauchte sein Geld für Kriege; und so geschah es, daß Michelangelozum Beispiel um 1510 überhaupt keine Honorare bezog. Für dasganze ungeheure Werk der Deckengemälde in der sixtinischen Ka-pelle erhielt Michelangelo 3000 Scudi(etwa 13 000 Mark), vondenen er aber auch die Materialien zu bezahlen hatte.Mantegna und Michelangelo lebten demnach keineswegs inangenehmen Verhältnissen. Zwei andere von den Größten der Re-naissance, Correggio und Tintoretto, lebten notorisch inhöchst bescheidenen Verhältnissen. Nur e i n großer Künstler deritalienischen Renaissance bedeutete eine Ausnahme von der Regelderartigen Lebens: Tizian. Die Großhändlerrepublik Venedighat seine Kunst— aus der Tizian schließlich mit einer genialenOberflächlichkeit eine Industrie gemacht hat— glänzend entlohnt.Die Art der Pension, die er vom Rat der Stadt bezog, ist eigen-tümlich. Tizian hatte das Amt eines staatlichen Sensals(Maklers)am Fondaco dei Tedefchi, der Warenbörse der deutschen Groß-Händler in Venedig, dre ohne Vermittelung eines venezianischenKommissars nicht handeln durften. Das Amt des Sensals brachteenorme Provisionen ein. Tizian hatte aber nur Einnahmen ausdem Amt; von den Pflichten war er frei. Das Amt war einsreine Sinekure. Tizian war auch fast lebenslänglich steuerfrei:1566 hatte er seine erste Steuererklärung abzugeben.(Sein Ge-burtsjahr ist das das Jahr 1477, sein Todesjahr das Jahr 1576.)Er hatte prachtvolle Landbesitzungen in den schönsten Teilen desvenezianischen Festlandes. Aber selbst Tizian beklagt sich fortgesetztüber nicht bezahlte Honorare: und zwar war es der filzige Kqises