afiaiischen Griechen manche? Kulturgut angenommen, ebenso wie bereit; in den Adern dicker weltlicher und kirchlicher Würdenträger hellenische; Blut floß. Man darf wohl sagen, dah die Türken infolge Blut- und Kulturmischung heute kaum al; ein Europa landfremdes Element zu bezeichnen find; der abendländischen Gcisteslvelt erscheinen sie viel näher gerückt, als man gewöhn- kich annimmt. Spuren dagegen des UrtürkentumS find heute in den Sitten und Gebräuchen der Osmanen nur sehr dürstig. Hierzu gehören »ewisse Gebräuche bei Geburt und Hochzeit. I« vielen Gegenden Kleinasien ; wird das neugeborene Kind noch genau so, wie bei den Kirgisen, init Salz bestreut oder mit Fett eingerieben. Und mit denselben Feierlichkeiten, wie sie bei den Kirgisen üblich sind, br- gibt fich auch bei den OSmanen die junge Frau nach der Ehe- schließung ins Haut- ihres Mannes, doch ist da» Pferd der Stepp« durch eine Sänfte ersetzt. Hier wie dort darf die junge Frau ihren, Schwiegervater das Gesicht nicht zeigen, ihn nicht mit seinem Namen nennen. Das sind Erinnerungen an die alte Heimat, und zu ihnen gehören auch die Verehrung für den Herd« kefsel. die Borliebe für das Wafjenhandwerk, das Pferd, für die Schafzucht. Viele Charaktereigenschaften aber— und unter ihnen nicht die schlechtesten— sind daS Erbteil der nomadischen Steppenbewohner. In seinem Ernst, in seiner Schwerfälligkeit, Gemessenheit und Ruh« verrät jeder Osmane, mag noch so viel ftemdes Blut in seinen Adern fliesten, den„Stocktürken'. Fröhlichkeit, Lusgelasscnbeit, Zeichen der Eile, der Auftegung, vieles und laute» Reden find unschicklich oder überhaupt unzulässig. vor allem erinnert der türkische Bauer AnatolicnS in vielem an den innerasiatischea Urahnen. Ihn zeichnen auS: Redlichkeit. Fleth, Geduld, Nüchternheit, Bescheidenheit. Bedürfnislosigkeit und eine ideale Gastfreiheit, die nach Namen. Woher und Wohin de« Gastes höchstens dann erst fragt, wenn dieser sich bereit« zum Ausbruch rüstet. Ohne Widerrede und trotz oft schlimmster Behandlung durch die Beamten ist der anatolische Landmann stets bereit, Gut und Leben für den Sultan und den Glauben zu opfern? ihm verdankt der Türke feinen Ruf als.bester Soldat der Welt". Unter den gebildeten Klassen und in der Beamtenschaft sind alle diese alttürkischen Eigenschaften stets weit weniger ausgeprägt gewesen. kleines Feuilleton. Luftschiffahrt. Die Ursache der Fliegerabstürze. Wenn fich auch lm Vergleich zur Vermehrung der Flugunternehmungen die Zahl der Unglückssölle vermindert hat, so scheint ihre absolute Häufigkeit doch noch dauernd zu steigen, da eben der Flugsport selbst mit reihender Schnelligkeit anwächst. Gefährlich wird der jkunstflug auch wohl immer bleiben, vielleicht sogar gefährlicher als irgend ein anderes Fortbewegungsmittel. Dennoch lästt fich auch mit einiger Sicherheit voraussagen, dast sich noch weitere Mittel finden werden, die eine Verminderung der Gefahr herbeizufuhren imstande find. Generalmajor Neureuther hat in der„Deutschen Luftschiffahrer- zettschrifl" angefichtS der vielen tödlichen Unfälle der letzten Wochen die bauptsächlichsten Ursachen der Abstürze untersucht und fie nach den, Grade der BerhütungSmöqlichkeit gruppiert. Am ungünstigsten Ende dieser Reihe würden die stehen, in denen gewisse Naturereiginfie, die fich von Menschen weder voraussehen noch bezwingen lassen, durch plötzliche» Eintritt eine Vernichtung des Flugzeugs und seines Insassen nach sich ziehen. Als da« andere Ende der Reihe werden solche Fälle gekennzeichnet, die nur durch die Unterlassung von ganz bestimmten Vorsicbtsmastrcgeln entstehen. Zwischen diesen beiden Gegensätzen liegt nun eine lange Folge von Möglichkeiten, in denen fich Verschiedenes miteinander vereinigt, was teils im Machtbereich des Menschen liegt, teil« von ihm nicht beherrscht werden kann. Dieser Gedankengang kann wenigsten? zu einer Klärung der Ber- Hältnisse führen und wird zunächst zu zeigen haben, was alle? zur Benncidung von Flugunfällen geschehen kann und must. Eine Gruppe der Vorbedingungen ist von rein technischer Art. CS handelt fich dabei un, alle Fehler des Materials und der Kor- ftruktion, durch die Reibungen und ähnliche Behinderungen des Motors oder der Steuervorrichtungen entstehen können. Als eine zweite Gruppe der Ursachen für Flugunfälle werden solche genannt, die nur durch besondere geistige Beherrschung des Führers über- wunden werden können. Dazu ist nicht nur Geistesgegenwart und Kallbllltigkeit. sondern auch eine gewisse Summe von Belehrung und Erfahrung erforderlich. Eine genauere Betrachtung de? Flugmechani?« «wS lehrt dast ein Flugzeug nur fclsnge von der Luft getragen und vom Führer willkürlich beherrscht werden kann, wie die Luft infolge der Vorwärtsbewegung des Flugzeuges an dessen unterer Trag- flächenseite von vorn nach rückwärts vorüberstreicht. Am sichersten wird dieser Zustand selbstverständlich bei einer einfachen Fahrt in etwa ivagrrechter Richtung erhalten bleiben. Da aber gerade die Möglichkeit des beliebigen Richtung«- und Höhenwcchsels dem Flug- zeug im Vergleich zu tu Ballon seinen großen Vorzug erteil:, so must diese Lage häufig verlassen werden, und damit tritt eine Ber- Söstening der Gefahr ein. Wird eine solche Wendung zu kurz und zu «if ausgeführt, so geht die Luft unter den Tragflächen nicht mehr von Berantw. Redakteur: Alfred Wiclepp, Neukölln. Druck u. Verlag: vorn nach hinten, sondern seitwärts hindurch. Dadurch stellt fich daS Flugzeug schräg, und damit kommt eS zu dem berüchtigten Absturz .m der Kurve". Der Führer must genau wisten, was er bei einer Wendung seinem Flugzeug an Schrägstellung zumuten darf, und zwar nicht nur in der Schärfe der Wendung, sondern auch in ihrer Dauer. Wenn ein Versagen des Motors als Ursache eines Absturzes angegeben wird, so liegt darin eigentlich eine Ungenauigkeit. Dieser Borsall kann nur als mittelbar verantwortlich gemacht werden. ES kommt für die Tragweite ganz darauf an, ob und wie es dem Führer gelingt, vom Motorflug zum Gleitflug überzugehen. Dieser Üebergang gehört nun freilich zu den schwierigsten Leistungen deS Fliegers. Ein Rest der vom Motor gegebenen Geschwindigkeit must eben noch für die richtige Einleitung des Gleitfluges ausgenutzt werden. Mit Abficht wird dies Kunststück bei jedem Abstieg ausgeführt. Alle bisher ersonnenen Borrichtungen zur Verhütung von Unglücksfällen gehen darauf aus, dem Flieger soviel Zeit zu ver» schaffen, dast er der Gefahr durch ein bestimmtes Manöver be» gegnen kann. Archäologisches» AmenophiS IV . Die merkwürdigste Persönlichkeit der ägyptischen Geschichte ist ohne Zweifel der Ketzerkönig AmenophiS IV . Als einziger unter den Pharaonen wagte er es, gegen die Allgewalt der Priester auf politischem und geistigem Gebiet anzukäntpsen. Er suchte ihrer Macht den TodeSstost zu versetzen, indem er ihre Grund« läge angriff, die Vielgötterei und den mit ihr verbundenen Aber« glauben. AmenophiS verbannte die fratzenhaften Tiergötzen von seinem Hofe und bekannte sich statt deste» zur Religion des einen Sonnengottes. Der Kampf gegen die Tradition gibt dem ägyptischen Leben unter der Regierung dieses Herrschers einen Schwung, den e» weder vorher noch nachher jemals be« festen hat. Auch auf die Kunst halte die groste Reform ihren Einflust ausgeübt: wir finden in den Werken jener Epoche einen überraschenden Naturalismus. Der König liest sich von den Hoftünstlern so darstellen, wie er wirllich war, und so erblicken wir in seinen Bildern statt der üblichen Götter- und Heldenpose einen hätzlichen, kranken Mann. AmenophiS IV. baute sich für seine neue Aera auch eine neue Residenz. Es ist die Stadt Tell el Amarna , in der die Deuttche Orientgesellschaft seit einiger Zeit überaus erfolgreiche Ausgrabungen vornimmt. Auch die Kam- pagne des letzten Jahres, über die jetzt Prof. Ludwig Borchardt-Kairo, der Leiter der Grabungen, in den„Mitteilungen" der Gesellschaft Bericht erstattet, hat eine Reihe interessanter Kunstwerke aus der Periode AmenophiS IV. zu tage gefördert. Zunächst sei der Kopf einer braunen Sandsteinstatne erwähnt, die eine der Töchter des Pharao darstellte. Dast der König einen stark verbildeten Hinterkopf hatte, ist bereits bekannt. Bei seinen Töchtern, deren er vier hatte, war diese Eigenschaft noch ent- schiedener ausgebildet. Das stellte natürlich den Bildhauern eine schwierige Ausgabe, die jedoch der Künstler d«S neuen Prinzessinnen- kopfeS vortrefflich gelöst bat. Er hat den Schädel ganz naturalistisch mit jeder Beule modelliert. Besonder? gut sind ihm die Stirn und der untere Hinterkopf mit den Muskelansätzen gelungen. So- dann wurde in dem Atelier eines Bildhauers, der für den König gearbeitet hat, eine prächtige Statue des AmenophiS selbst gefunden. Der König Hütt eine Opfertafel mit beiden Händen dor sich, auf der die Opfergaben in ganz zanem Relief ausgeführt sind. Mit be- sonderer Weichheit ist der Körper des Königs behandelt, die weich- liche Brust, der etwa« starke Leib und die fetten, nicht etwa niusku- lösen Oberschenkel. Besonder? zart ist das Gesicht modelliert, daS durch da« Fortlassen der scharfen Linie deS unteren Augenlides eine eigentümliche, jedenfalls beabsichtigte Weichheit bekommen hat. Gar nicht sehr weit von der Fundstelle dies«? Kunst- werkeS wurde ein andere» gefunden, ein unfertiges Relief ans demselben feinkörnigen Material. War die Statue mit großer Wahrscheinlichkeit als ein Bildhauermodell anzu« sehen, so ist dies Relief mit Sicherheit als solches zu bezeichnen. Es ist der nicht fertig ausgeführte Entwurf einer auch in den Gräbern von Tell el Armarna ähnlich vorkommenden Genreszene. Der König, in langem Gewände und mit dem Kopfttlch angetan, fitzt sehr beguem, sogar etwas lässig auf weichgevolstertcm Stuhl«. die Füste aus einer gleichfalls gepolsterten Fuhbank. Er hebt einen grasten Becher, in den die ihn beim Mahle bedienende Königin au» einem kleinen Fläschchen Wein eingießt. Sie trug, soweit das bei dem unfertigen Zustande des Reliefs erkennbar ist, ein langes Ge- wand und hohe Perücke. Wie auf so vielen Bildern AmenophiS' IV .. strahlle auch hier die Sonne über dieser schönen, rührenden Familien- szene. Ein wahres Meisterwerk ersten Ranges ist ein Modellkopf de« Königs, der gleichfalls in der Bildhanerwerkstatt entdeckt wurde. Dieses Porträt rückt«nS die Physiognomie AmenophiS IV. besonder» nahe. Der Ausdruck des HochmulS, den er in seinen übrigen Bildern zeigt, tritt in die'em jugendlich gehaltenen Gesicht zurück. Dafür zeigt der vornüber gestreckte Kops mit den seltsamen A»g«n deutlich den Schwärmer an. Die Reaktton, die bald noch dem Tode de« AmenophiS einsetzte, hat auch der Blüte von Tell el Amarna ein Ende bereitet. Dtan glaubte bisher, dast die Stadt nach der Wieder« Herstellung der alten Religion Verlasien worden sei. Die Forschungen Borchardrs haben jetzt bewiesen, daß diese Annahme irrig ist._ vorwärtSBuchdruckerei u.Verlagsanstait Paul SingertCo., Berlin ZW.
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29 (25.10.1912) 208
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