NnterhaltungsMatt des Nr. 217. Donnerstag den 7. Novembern 1912 (Nachdruck verbalen� SZ Die Oberwälder. Von Alfred Bock  . Weilandt legte feine Säge beifeite und schritt auf die Margolfsmarie zu, die ihren Eimer unter die Röhre gestellt hatte. ..Was sagst du zu dem Wetter, Marie? Gestern mocht man keinen Hund vor die Tür jagen, und heut ist's so schön." Ich glaub net, daß es Bestand hat, Herr Lehrer. Wir haben Unterluft. Etz heißt's geschanzt. Wer beim schlechten Wetter zugucken will, muß beim guten schaffen." -Bist heut schon fleißig gewesen?" Ich Hab Salat gesät." Wo habt ihr den Samen her?" Früher haben wir ihn von einem Träger aus Gries- heim genommen. Da sein wir ein paarmal angeführt worden. Etz hat ihn mein Vater aus Erfurt   kommen lassen. Da wissen wir, was wir haben." Sie setzte den überlaufenden Eimer beiseite und band ihre Schürze fest, die sich gelockert hatte., Herr Lehrer, ich muß Ihnen was verzählen." Ja, Marie." Die Nacht hat mir was Komisches geträumt." Und ich soll dir's auslegen, gelt?" Horchen Sic emal zu.'s war gegen Abend. Und der Himmel war glühendig rot. Ich Patschelt drunten in der Hirtzlach herum. Und auf einem Molthüwel(Erdhaufen) stand uns' alter Pfarrer. Und der sprach wider mich:Marie, deine Fittich' sind jetzt groß genug, schnätz dich in die Reih' und flieg!" Und auf einmal gespürt ich, daß ich flog. Hui, wie hoch! Bis in die Wolken hinauf. Dadrüber sein ich wach geworden. Ich Hab ja schon mehr so närrisch' Zeug geträumt. Aber is das net kurios? Diesen Morgen is ein Brief von der Frau Pfarrer aus Darmstadt   kommen." An dich?" Ja. Sie schreibt, ob ich mich net emal drauß' in der Welt umsehen wollt. Sie wüßt ein' Platz für mich, wo ich die feinere Hausarbeit lernen könnt. Und's war ein guter Platz. Beim Herrn Fabrikant Peters. Und ich sollt gleich Antwort schicken." Ja, willst du denn fort?" fragte Weilandt betroffen. Sie senkte den Kopf. Gucken Sie, Herr Lehrer. Sonntags geh ich als auf der Kreisstraß' spazieren. Da stehn die Telegraphenstangen. Und der Wind singt in dem Drahtwerk. Und da hör ich gar viel. Und das Drahtwerk is über die ganz' Welt gespannt. Und manchmal is mir's, als tät eins rufen:Du mußt dem Glück cntgegenmarschieren. Hier kannst du dich nur mit einem Aug' freuen, draußen kannst du's mit zwei." Etz auf'n Stupp könnt ich ja net fort. Erst müßt inein Vater eins für mich nehmen. Sie dürfen mich net für überecks halten. 's is net wegen dere wunderbunten Welt,'s gedenkt mir auch, was die Frau Pfarrer gesagt hat:Wer in einem fremden Haus dient, lernt sein eignes regieren." Wie sie so eifrig, ja entschlossen sprach, befiel Weilandt eine Unruhe, die er nur mühsam verbarg. Er hatte ihr die Bücher gegeben, hatte vielleicht in ihr geweckt, was sie jetzt aus der Enge ins Weite drängte. Ob ihr Vater sie gehen ließ, war freilich zweifelhaft. Und doch, wenn sie ihren Kopf daraussetzte, wer wollte sie halten? Ein Mädchenherz war veränderlich. Hatte sie einmal die Heimat verlassen, dann, fürchtete er, war sie ihm verloren. Marie," sagte er mit gepreßter Stimme,wer wandern will, muß seinen Weg auch kennen. Kennst du ihn denn? Ich glaub's nicht. Hier gehst du aufrecht durchs Dorf. Draußen mußt du dich bücken. Und wer sich blickt, der merkt erst, was er trägt. Mit zwei Augen, sprichst du, willst du dich freuen. Ja, Freude und Freude ist zweierlei. Weißt du denn, was sie da drunten Freude nennen? Ich glaub's nicht, Marie. Ich weiß es. Ich hab's gesehen, in was für Sorgen und Nöten sie stecken. Und wie sie sich Hetzen, daß man als- fort meint, der wilde Jäger tät vom Oberwald über die Helgcnäcker fahren. Und wenn sie dann tollen und sich lustieren, wollen sie bloß verdeckeln, was in ihnen rabastert und rumort. Guck, Marie, ich bin meiner Lebtag kein Kopf- Hänger gewesen. Ich will dir was heimlich sagen. Ich wav auch einmal drunten aus Rand und Band. Und Hab' mich selbst kuriert. Und hab's erfahren: nur eine Freude hat wahrhaft Bestand. Die kommt aus dem Bewußtsein heraus, daß man seine Pflicht tut in der Welt. Deswegen brauchst du nicht abzuwandern." Er hatte mit wachsender Wärme gesprochen. Sie hing an seinen Lippen, wie sie als Schulkind getan. Du willst dem Glück entgegeunlarschieren," kam er zu Ende.Guck, Marie, über das Glück Hab ich auch schon oft siinuliert. Den einen besucht's, und er hält's nicht fest. Der andere läuft, Gott   weiß wie weit danach und hat's daheim. Hast du dir nicht schon einmal überlegt, worin das Glück denn eigentlich liegt. Ich Hab mir's vielmal überlegt und komm immer zum selben Schluß: Von Grund aus glücklich ist nur der, der einen anderen glücklich macht. Guck, Marie, ich kenn dich wie keiner sonst. Du hast's in dir. daß du ein' glücklich machen kannst. Aber deswegen brauchst du nicht ab- zuwandern. Ich mein, darüber müssen wir noch einmal sprechen du und ich!" Ja, Herr Lehrer," sagte sie leise, das Gesicht von einem frohen Staunen verklärt. Und ihr Blick ruhte voll auf ihm. Nun wußte er's: sie ging nicht fortz� 3. Der Völbelsheinrich gedachte eine frischmelkende Kuh zu verkaufen. Obwohl sein Nachbar, der Daniel Moll, ein an- nehmbares Gebot darauf tat, getraute er sich nicht, den Handel abzuschließen, sondern sprach den Löb Heymann aus Dirlammen  um seine Vermittlung an. Dem schuldete er gegen sechshundert Mark, die sich im Laufe der Jahre angesummt hatten. Der Vieh- Händler kaufte die Kuh, gab sie an den Daniel Moll weiter und steckte den Nutzen ein. Es waren ihrer mehr, die bei dem Löb in der Kreide standen. Im Dorf hätte ihnen schwerlich jemand ein größeres Darlehn gewährt, der Löb riskierte es. Dafür hielt er sie an der Kette. Meist.war das Vieh, mit dem sie wirtschafteten, sein Eigentum. Waren die Tiere heraus- gefüttert, holte er sie ab und brachte mageren Ersatz. Er lieferte auch Kittel, Hosen- und Hemdenzeug, und was man sonst in der Haushaltung brauchte. Von den Tauschhändeln erfuhr man so gut wie nichts. Die sich darauf einließen, hatten allen Grund zu schweigen, und der Löb nannte grw'.d- sätzlich keinen Namen. Eh' er heut seine Schuldner besuchte, trat er bei dem Krämerskarl in den Laden und kaufte ein Päckchen Knaster. Er war ein Mann in den besten Jahren mit einem seltsam geformten, fast viereckigen Schädel. Zum Schutz gegen seine empfindlichen Augen trug er in den Ohrläppchen kleine goldene Ringe. Er sprach sehr rasch und begleitete seine Worte mit lebhaften Handbewegungen. No, Löb," fragte ihn der Kaufmann,hast du dein Ec- schäft gemacht?" Der Löb wiegte den Kopf hin und her. Mit Reißen und Schmeißen." Das wär' ein schlechter Handel, wo du nix profitierst." Ich will dir was sagen. Karl. Mancher Handel is wie ein Igel. Greift man ihn an, sticht man sich." Babberlababb! Du siehst dich vor." «Was heißt heutzutag vorsehen? Eh' man die Augen ausgeputzt hat, legt sich einer um. Und ich find mein Geld auch net im Dreck." Das ist tvahr." 's is überhaupt nix mehr los. Wenn ich so denk, was Hab ich früher allein für Maschinen verkauft. Alleweil be- sorgen sie die Genosienschaftcn. Wo die Spatzen kein' Weizen fressen, da sein ich immer noch Hoflieferant." Der Kaufmann kam hinter dem Ladentisch hervor. Tröst dich mit mir, Löb. Von den dicken Bauern kann ich auch nicht leben, die kleinen müssen den Sporcsrassel(das Geld) bringen." Der Händler kniff das linke Auge zu. So lang's dauert! Gest' war ich in Storndors. Und kam ein Bekannter bei mich, der hat ein' Pack Nägel auf'm