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Strafrechts. Wir lesen z. B. über eine Gerichtsverhandlung mit

Technisches.

Wie die Reichen in jeder anderen Beziehung schon heute alle I strengend und muß gewöhnlich nach 10 Minuten oder einer Viertel­Ergebnisse der Wissenschaft für ihr geistiges und förperliches stunde unterbrochen werden. Bei einer Frau, die mit 34 Jahren Wohlergehen sich zunuze machen können, die der arbeitenden Klasse wortblind geworden war, dauerte es ein volles Jahrzehnt, bis fie borenthalten werden, so cach die Ergebnisse eines modernen wieder fast fließend lesen gelernt hatte. Meist sind wahrscheinlich Gehirnblutungen die Ursache solcher Bezug auf eine Person, die einen wohlbedachten Mord ausgeführt Störungen, falls sie nicht bereits angeboren sind. In diesem Fall hat. Die Angehörigen des Angeklagten lassen einen ganzen Ap- ist auch die Heilung besonders schwierig. parat wissenschaftlich hervorragender ärztlicher Sachverständiger auffahren. Es gelingt dann schließlich, den Nachweis zu erbringen, daß der Angeklagte geistige Defekte habe. Und der Angeklagte Neue Wunder der Elektrizität. Im Zirkus Busch wandert in ein Privatsanatorium, nicht aber ins Gefängnis. Das zu Berlin   fand legten Monat eine Vorführung statt, die mehr be Volksempfinden sträubt sich zuweilen gegen diese gerichtliche deutet als ein kurzes Amüsement. Man sah dort unter der hohen Braris. Aber mit Unrecht. Denn der Verbrecher gehört eben Stuppel des Zirkusgebäudes in dem Luftraum über der Manege ins Krankenhaus, ins Asyl und nicht ins Gefängnis. Das Schreck- ein Luftschiff sich bewegen, das einen genauen Kurs beschreibt, ohne liche an der Sache ist nur, daß es zweierlei Recht gibt: für die daß sich ein lebendes Wesen als Besabung darin befindet. Auf dem Reichen das Krankenhaus, für die Armen das Gefängnis. Auch Teppich, der den Manegenboden bedeckt, steht ein kleines Tischchen ist es vollkommen verfehlt, wenn das Gericht den kranken Ver- mit ein paar Apparaten. Von hier aus, ohne daß eine Drahtver­brecher freispricht" und ihn damit aus der Hand des Gesezes bindung zwischen Tisch und Luftschiff bestände, wird dieses gesteuert. läß. Der freigesprochene franke Verbrecher bleibt einige Zeit im Der Mann an dem fleinen Tisch befiehlt durch einen Hebeldrud dem Sanatorium und kann dann wieder, sobald er auf freiem Fuße Luftschiff, sich rechts oder links hin zu wenden, höher hinauf oder ist, was ja in seinem eigenen Belieben oder dem seiner Angehörigen tiefer nach unten zu fahren, Sprengstoffe abzuwerfen; furg: er lenkt Jiegt, auf die eine oder andere Weise mit dem Gejes in Konflikt das Fahrzeug, als wenn er es um einen Berliner   Ausdruck zu tommen. Die Gesellschaft muß aber über solche Personen so lange gebrauchen an der Strippe hätte, bie Aufsicht haben können, als zu ihrer Sicherung vor der Schä­digung durch den Verbrecher nötig ist. Und das kann eben nur dadurch erreicht werden, dass man hier den Arzt als öffentlichen Richter einsett.

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Wir haben in der Frage über den Schuß der Gesellschaft vor dem Verbrechen zunächst nur die eine Bedingung des Verbrecher wesens betrachtet die franhafte Veranlagung. Wir haben aber erwähnt, daß die Erscheinung des Verbrechens in der Mehrzahl der Fälle noch eine zweite Bedingung wobei wir von der zu fälligen äußeren Gelegenheit zur Ausführung des Verbrechens absehen geknüpft ist: an biz sozialen Zustände, die einen über­aus scharfen Stampf ums Dasein schaffen, den Alkoholismus be­fördern, die Unsicherheit der Existenz in Zeiten der Krisen steigern und auf einer Referbearmee von Arbeitern fußen, in die natürlich ftets zunächst die am wenigsten wider standsfähigen Elemente der Proletarier abgeschoben werden. Dann die schlechte Erziehung des Nachwuchses, die die nicht widerstandsfähigen Glemente mit mit Notwendigkeit auf das Verbrechen hindrängt. Ein vernünftiger Kampf gegen das Verbrechen muß darum notwendig mit der Verbesserung der so gialen Verhältnisse anfangen. Es erweist sich der Klaffenkampf Ser Arbeiterklasse um bessere Lebensbedingungen, um soziale Für­forge, der Kampf, der zunächst auf eine Einschränkung und schließ­lich auf eine Beseitigung der kapitalistischen   Ausbeutung hinaus läuft, als schärfste Waffe gegen das Verbrechen.

Unsere Nachkommen werden an die grausamen Zeiten des tapitalistischen Zeitalters zurüdbenken, wo es eine ungeheure Armee von Landstreichern und Bettlern gegeben hat, wo jeder, der den immer wieder durch wirtschaftliche Krisen gesteigerten An­forderungen des Daseinskampfes nicht gewachsen war, zum Ver­brecher an der Gesellschaft werden mußte. Unsere Nachkommen werden staunen über unsere mangelnde Einsicht in die wahren Berhältnisse, die die Armee der Verbrecher geschaffen haben, und über unser ungtvedmäßiges Berhalten gegenüber der Verbrecher A. 2.

armee.

Kleines Feuilleton.

Psychologisches.

Diese Demonstration ist kein Zirkusblendwerk. Zwischen dem Kommandeurtisch und dem Fahrzeug besteht wirklich keine Draht­verbindung, mit deren Hilfe man ja schon lange derartige Evo­lutionen in der Ferne ausführen lassen konnte. Dieselbe geheimnis­bolle Kraft, die gestattet, daß man den auf dem Meere fahrenden Schiffen vom Lande aus Nachrichten übermittelt, ist es, die hier die Uebertragung eines Kommandowillens durch die Luft möglich macht. Das unbemannte Fahrzeug im Zirkus Busch wird mit Hilfe der Aetherwellen gelenkt.

Ein ähnliches Phänomen hat Berlin   schon einmal gesehen. Es war im Sommer des vorigen Jahres, als auf dem Wannsee  ein Boot fuhr, das ohne Insassen war und vom Lande aus gelenkt wurde. Das Umstellen des Steuers, das Anfahren und Stoppen der Maschine, die Abgabe von Warnungssignalen für begegnende Schiffe, alles wurde vom Lande aus hervorgerufen. Es war ein ganz seltsamer, sehr erstaunlicher Anblick, das Boot ohne Bemana nung so zielsicher durch das Wasser gleiten zu sehen, und die nicht­eingeweihten Passagiere vorüberfahrender Dampfer oder Segelschiffe müffen bei seinem Anblid wohl nicht weniger erschredt gewesen sein, als wenn plötzlich Hauffs Gespensterschiff" an ihnen vorüber­geglitten wäre. Die Zauberer waren auch hier die Aetherwellen.

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Man muß sich nun nicht vorstellen, daß die Schwingungen des bekanntlich unwägbaren, unendlich leichten Aethers, die mit Hilfe eines elettrischen Funtens in der von der drahtlosen Telegraphie bekannten Weise hervorgerufen werden, direkt es find, die die Luft­schiffe oder Boote auf dem Wasser antreiben und steuern. Ihnen wohnt zwar auch Energie inne, die eine gewisse Arbeit unter beson­deren Umständen verrichten kann. Aber diese Energie, die man vorläufig auf diese Weise zu übertragen vermag, ist doch nur sehr gering und genügt gerade, um eine Telephonmembrane in Schwin­gungen zu versehen. Und auch das tut sie nur, wenn an der Ur­sprungstelle der Wellen sehr bedeutende Maschinenkräfte arbeiten. Die Wellen, die Luftschiff und Fernlentboot beeinflussen, werden nur durch einen recht schwachen Funten hervorgerufen. Ihre Auf­gabe ist es, lokale Kräfte auszulösen und Maschinen zu beeinflussen, die sich an Bord der von fernher zu steuernden Fahrzeuge befinden. Das Luftschiff im Zirkus und ebenso das Boot auf dem Wann­fee haben jebes eine kräftige Affumulatorenbatterie an Bord. Ge­eignet angelegte Stromtreife erlauben es, daß mit Hilfe dieser Batterie und einer Anzahl fleiner Elektromotoren die Schrauben arbeiten, das Steuer sich dreht und einige andere Manipulationen an Bord borgenommen werden können, sobald der eine oder der Angeborene und erworbene Wortblindheit. andere der verschiedenen Stromtreise eingeschaltet wird. Dieses Die Wortblindheit bildet ein Gegenstück zu den Sprachstörungen, Einschalten geschieht nun nicht wie gewöhnlich durch Einlegen eines die man mit dem allgemeinen Ausdrud Aphasie   bezeichnet. Beide Hebels, sondern es wird mit Hilfe der Aetherwellen bewirkt. In beruhen ohne Zweifel auf krankhaften Zuständen im Gehirn und jedem der Stromkreise auf den Schiffen ist ein sogenannter Frifter bereiten in der Entwidelung eines Menschen die größten Schwie eingeschaltet, eine mit feinen Metallspänen gefüllte Möhre, die nur rigkeiten, wenn sie angeboren oder erworben schon im Kindesalter dann leitend ist, wenn sie von elektrischen Wellen getroffen wird. auftreten. Die Wortblindheit besteht darin, daß es dem damit Aus dieser Anordnung geht schon flar hervor, wie es möglich ist, behafteten Menschen unmöglich ist, richtig lesen zu lernen. Er steht zum Beispiel die Antriebsschrauben der Schiffe von dem Fernlent und erkennt zwar einzelne Buchstaben, ist aber nicht imstande, fie punkt her anlaufen zu lassen. Durch Aussendung von Wellen zu Wortbildern zu vereinigen und als solche aufzufassen. Früher mittels eines Funkens, den man übergehen läßt, bewirkt man, daß hat man diefe Strankheit für unheilbarer gehalten als die Blind der Fritter in der betreffenden Zeitung einen Stromschluß herbor heit, insofern als man fast jedem Blinden das Lesen beibringen ruft.- Schwierig ist es nur, die verschiedenen Fritter in den ver­fann, nicht aber dem Wortblinden, obgleich sich dieser doch im Befih schiedenen Zeitungen willfürlich zu beeinflussen, sie in beliebiger gesunder Augen befindet. Ef der eigentliche Sitz der Wortblind- Reihenfolge leitend und wieder nichtleitend zu machen. Das ist heit im Gehirn erkannt wurde, hat dies Leiden den Augenärzten nur möglich durch eine sehr genaue Abstimmung der verschiedenen biel zu schaffer gemacht, die es für eine eigentliche Augenkrankheit Empfangstellen an Bord auf verschiedene Wellenlängen. Die Länge hielten. Zuweilen kommt es auch noch im höheren Alter vor, daß der vom Fernlentpunkt ausstrahlenden Wellen fann mit Hilfe von bie Lefefähigkeit ganz plöblich verloren geht. Es ist der Fall eines einfachen Apparaten variiert werden. Bei der Geringfügigkeit der achtundfünfzigjährigen Mannes bekannt, der eines Morgens er zur Verfügung stehenden Energiequellen fann es allerdings nicht wachte und nicht mehr lesen konnte. Er fing an, es von neuem ganz leicht sein, die Empfangsapparate abzustimmen. Wie die zu lernen und brachte es in einem halben Jahr bis zur Unter- Konstrukteure des Auftschiffes und des Fernlentboot s diese Aufgabe scheidung der Buchstaben, aber nie wieder zum Lesen von Worten. im Detail gelöst haben, ist ihr Geheimnis, das sie ängstlich bewahren. Bei großer und stetiger Bemühung scheint es freilich doch gelingen Immerhin werden ähnliche Einrichtungen und Vorrichtungen, auch gu können, daß die Lesefähigkeit wenigstens bis zu einem gewissen in der drahtlosen Telegraphie sehr oft angewendet, um Störungen Grade wieder hergestellt wird. Der Unterricht ist aber sehr an- des Depeschenverkehrs durch fremde Stationen zu vermeiden. Berantto. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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