zehn Eier aus! Man sieht, welche Wechselbeziehungen auch hiersich einstellen, und erkennt gleich den Nutzen solcher befiedertenRäuber. Aber sie merzen auch ständig die schwachen und krankenTiere aus,, die ihnen am ersten zum Opfer fallen, und sorgen auchso für die Gesunderhaltung der Rassen.Viele Reiher, wie sie an den ungeheuren Rohrsümpfen derunteren, Donau, wo früher die Horste dutzendweise standen, geschossenwerden, stürzen tot in das undurchdringliche Rohrdickicht, wo sienicht aufgefunden werden und unnütz samt ihren prächtigenSchmuckfedern, die als„Aigretten" ein so begehrter Modeartikelsind, der nie aus der Mode kommt, nur zur Zeit der Brut, so gehenauch bedauerlicherweise die Jungen der erlegten Tiere elendiglichzu Grunde. Auf einem grohen Gut an der Jagst wird Won einempassionierten Reiherfreund noch eine große Kolonie dieser Tieregehalten. Sie besteht aus der respektablen Anzahl von 200 Paaren,die der Gram aller umliegenden Fischpächter find! Aber diePassion für den Reiher hat sich schon 400 Jahre lang in derFamilie, die ihnen stets ein Asyl gewährte, vererbt, so daß selbstdie Angriffe der Regierung auf dies einzigartige Naturdenkmalin Deutschlayd wenig nutzen, oder vielmehr Ivenig schaden!Ein anderes derartiges lebendes Naturdenkmal pflegt auch nochin Westpreußea der Besitzer von Pagdanzig in seiner Komoran-kolonie, der letzten des Landes, Auch dem Komoran, der ebenfallsdie Untugend hat, den Menschen die Fische wegzufangen, ist vonden Fifchereipächtern der Vernichtungskrieg offen erklärt:- Ehmkeerzählt, daß eine Anzahl Herren in ,Danzig alljährlich einen Feld-,zug gegen die auf der Nehrung horstenden Vögel unternommenhätten. Stach den Aufzeichnungen eines dieser Nimrode, der überseine Beute gar stolz Buch führte, wurden an einem einzigen Tage61 Kormoran« geschossen!. Unter solchen Umständen wird es garnimmer niehr lange dauern, und man sucht vergeblich nach jenemeigentümlichen Bild in der deutschen Landschaft, das die auf denhohen kahlen, vom Kot der Tiere ganz weiß getünchten Bäumenhorstenden Komorane bieten.Einer der schlimmsten und schießwütigsten Verfolger und Ver-nichter der Vogelwelt an der Ost- und Nordsee ist, der sonst so Harm-lose— Badegast! Er langweilt sich, er hat nichts zu tun. wenner» Skattloppen satt hat, und die Strandflöhe ihn auch nicht mehrinteressieren, dann verfällt er darauf, zur Erholung dem Schieß-spart obzuliegen. Die höchste Kunst besteht natürlich darin, dieVögel glatt aus der Luft herunterzuschießen. Zur Vorübung,damit man sich nicht zu oft blamiert, ist ja überall irgendwo derSchießstand mit den„Tontauben" da!— Auf Helgoland sah ichselbst des öfteren, wie angeschossene Tierchen grausam verendeten,der Unzahl von toten Vögeln nicht zu gedenken, die nutzlos imBrande der Sonne verfaulen. Dr. Konrad Günther hat nicht sounrecht, wenn er sagt:„Man sollte es nicht glauben, welche Blut-bäder unter den zutraulichen Vögeln angerichtet werden und dasvon Männern, die sich zu den Gebildeten zählen. Wie viele derangeschossenen Vögel müssen sich in den Dünen traurig zu Todequälen, wie viele Junge müssen verlängern, weil ihnen die Elternweggeschossen werden. Die Badegäste, denen die Fähigkeit fehlt,der reichen Tierwelt des Meeres Interesse abzugewinnen, lang-weilen sich eben, gehen auf Möwen- oder Seehundjagd, und dieanderen bewundern noch gar den mit Beute Heimkehrenden, anstattihm ihre Mißbilligung möglichst offen zu zeigen.„Günther führtals Beispiel dieser Schlächtereien die Aufzeichnung des berühmtenOrnithologen v. Berlepsch an, dem sich als Zeugen auch Dr. Henickeund Leege anschließen:„An einem Freitag jm Juli 190ö besuchtenwir den Memmert(bei Juist). Mit Freude konnten wir konsta-tieren, daß die Insel seit einigen Wochen nicht gestört worden war.indem sich Nest neben Nest befand, teils mit Jungen, teils mitschon stark bebrüteten Eier». Ueber den Brüten kreisten Wolkenvon alten Vögeln. Vorsichtig verließen wir die Insel, um amfolgenden Dienstag wieder nach dort zu fahren, hofsend, nun alleNester mit Jungen anzutreffen. Wie groß aber loar unser Er-staunen und unsere Entrüstung! Schon von weitem fiel es unsauf, daß nur wenige Vögel über der Insel kreisten, und als wirdie Insel betraten, waren alle Nester leer oder nur halb verwesteJunge darin. Die jungen Vögel lagen auch außerhalb der Nesterallenthalben zerstreut, und die ganze Luft war durch Aasgeruchverpestet. So viel Eier vier Tage vorher, so viel abgeschossenePatronen lagen jetzt überall umher, ein Zeichen dafür, daß gleichnach unserer Abwesenheit einer jener empörenden Ueberfälle statt-gefunden hatte."Einer der ebenfalls auf den„Aussterbeetat gesetzt" ist, ist derkleine Dickkopf, der Eisvogel, der sich aber trotz aller Dickköpfigkeitnicht am Leben erhalten wird, wenn man ihm weiter so zusetzt.Ich habe bis jetzt in meinem Leben, trotzdem ich etwas herum-gekommen bin, doch nur zwei dieser fliegenden, wundervoll ge-färbten, lebendigen Edelsteine gesehen. Ja, wie aus Smaragdenund Türkisen geschnitten sind die prächtigen in allen Nuancen vonUltramarin bis Smaragdgrün schillernden Federn dieses für unsernebliges nordisches Klima fast allzu Prächtigen. Trotz alledemfindet er keine Gnade vor seinen Verfolgern, weil auckj er seinLeben lang von Fastenkost lebt! Aber ihm könnte man wenigstens diekleinen Fischchen gönnen, die er in seinen kurzen Hals hinunter-würgt, doch der habgierige Fischer sagt: das sind die jungen Fische,die einmal groß werden konnten, wenn der Freßsack da nicht ausmeiner Weide am Ufer säße— und bums!— ein Blitz, ein Pulver'rauch— und der wunderschöne Freßsack liegt mit einem Fischs»schwänz zum Halse heraus auf dem Wasser zuckt noch einmal ms'dem nelkenroten Fuß, schlägt noch einmal mit der türkisblauenSchwinge— und hat seine Henkersmahlzeit erhatten, ja— ist nichteinmal ganz damit fertig geworden. SLe t ird ihm zum Halsnoch herausgerissen und dann schickt mar, zum Ausstopfer, undzuletzt steht er verstaubt, verblaßt und von Motten zerfressen undzerflust mit Glaspcrlenaugen auf dem Sims und dient den Enkelnals trauriges Anschauungsöbjekt von einer einmal in Deutschlandgewesenen, unglaublich schönen Vogelart. A. R.JVovcUcn.Es liegen eine Reihe Novellenbände vor. deren Stimmung undInhalt schon aus dem Generalnenner, dem Kennwort des Titel-blalles zu erraten ist. Fedor Siologub gibt seinen Er-Zählungen den Sammelnamen Schatten.(F. Ladhschnikow,Berlin.) Es sind vier Wschichteü beschaltet mit Weh) Gram, Leidenund Tod. Sie handeln hauptsächlich von Km, trn; ihrem Verhältniszu den Eltern, insbesondere zur Mütter, und zeigen Muttersorgenund Kindcrleid, die Tragik junger Herzen, ihre Verwirrungen undVerirrungen, die Dämonen, die schicksalsbestimmend mit Krallen indas Glück greifen und enden zumeist mir einem krassen Akkord, derdie elegische Melodie von den Lebensnöten der gepeinigten Menschenschrill beschließt. Siologub hat sich mit der Grübelsucht russischerSchriftsteller eingebohrt in die„Schatten" dss Lebens und läßtkeine Sonne über leine beklemmenden Geschichten hinhiiichen. SeinBuch zeigt in jeder Skizze den heißen Atem des Milertebens, ichmöchte sagen die Snbjektivilät des Dichters, während sich ArturSchnitzler in seinem neueste» Novellenband Masken undWunder(S. Fischer-Berlin) in einer an ihm bisher unbekanntenObjektivität präsentiert. Sein Stil ist ruhiger geworden, beinahestreng, abgeklärt, ins Klassische hinüberspiclend. Er zeigt Menschenunter Musken, wie die Maske sällt oder hinter der Maske Leiden-schaften wühlen. Aber er schildert diese Leiöenichaften gleichsam ausder Ferne, als Chronist, so daß auch über diesem Buche, obwohlglühendes Begehren und zehrender Schnrerz darin ausflammen, auchdie alte Schnitzlersche Ironie in gebändigter Form aufzuckt, eine ge-dämpfte Stimmung lagert. Mystisches ist verflochteil mit alltäglichenGeschehnissen, immer aber ist es das Weib, das seine Seele als Ver-führerin, Beglückerin oder Opfer über die Porc-änge ausstrahlt.Wo Schnitzler seine Weibkenntr.is uns ethisch vorführt, kommtAlfred Polgar damit in seinem Bande H i o b(Albert Langen,München) epigrammatisch. Der Anatolstil des früheren Schnitzlerbegrüßt uns in diesen knappen von Weltmannsgeist getragenenSkizzen, die, angeregt von lächelnder Satire, in spielerischer Form,bcsckiwert nur durch die Kristallisation der Erlenntnis, Menschen,Dinge und Kulturniederschläge ningeistreicheln. Die erste Novelleaber, nach der das Buch seinen Namen hat, Hiob, so etwas wie einExtrakt der Beziehungen der Geschlechter, Lulu in der Westentasche,mit den» Mann als Märtyrer, streift in seiner durchschimmerndenTragik den großen Ernst und rührt an tief Menschliches.Das Mcuschlich-Allzumenschliche hat auch die Erzählungsrcihezum Gegenstand, die Karl Hauptmann unrer dem TitelN ä ch r e(Ernst Rowohlt, Leipzig) veröffentlicht. Er dehnt seine Ge-schichten bis zu zwölf Kapiteln anS, weil es ihm Spaß macht, seineGestalten nach allen Seiten zu drehen unb gu beleuchten. So erhältdas Buch eine gewisse Breite, aber gerade bei Karl Hauptmannoffenbart diese ausgedehnte Schreibweise seine wanne Innerlichkeit,sein Aufgehen in dem Stoff, den er nul den Arabesken seiner gütigenEmpfindung, seiner Menschen- und Naturliebe schmückt. Die Novellengehören fast sämtlich der„Tränenzone" an, Gewissenshämmerschlagen, das Sorgenauge der Mutter wacht, Gaukeleien des Blutestreiben den Menschen in Verderben und Tod, oder zu Umwandlungund Reue. Schicksalsnächte sind es, die den Menschen hier erwürgenoder zu neuem Leben führen. Oder die Resignation, das Bescheidenist der Gewinn eines durch Kämpfe geführten Lebens.Kämpfen bleibt das Buch Rudolf Presbers: Von Ihrund Ihm(Deutsche Verlagsansialt, Stuttgart) ii. Sein Inhaltsind heitere Szenen, Silnationen. Verhältnisse zwischen„Ihr undIhm" in gefälliger Dialogform. Es ist ein Buch deS Feuilletonismus,weiß aber gut zu untecholten und ergötzt durch die Schlagfertigkeitdes Witzes, der hier die Vorgänge trägt,Eine liebenswürdige Harmlosigkeit tänzelt um allerlei Irdischesherum, die mondäne Welt steht im Miltelpunkt und wird ein wenigbohlspiegelmäßig an die Wand der Lächerlichkeiten projiziert. Presberist ein guter Beobachter, eine Art Gesellschaftskritiker auf bürgerlicherBasis, sein Humor bittet stets um Entschuldigung und kennt keineGeißelhiebe. Für Mußestunden eir ganz oigenehmcr Gesellschafter,der seine Sätze zu baue» versteht. ll. V.kleines feuiUetonLudwig Uhland und der Orden?our le merite. Ende November1833 erfuhr Uhland aus den Zeitm.gelt, daß er zum Mitglied despreußischen Ordens xonr 1c merite anseriehcn worden sei. Erschrieb darauf am 2. Dezember an Alexander- v. Humboldt diesenBrief:„Euer Exzellenz! Von verschiedenen Seiten und iit glaubhafterWeise kommt mir heule die Nachricht zu, daß das Kapitel desOrdens, der sich Ihrer Vorstandschaft erfreut, beschlossen habe, mich