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Da und dort dämmert ja die Ahnung vom Schaden des bezug auf das Kalb genau dasselbe befagt, wie das Eisbein in bezug Knipsens schon auf und manche Feinfühlige empfinden die Vor- auf das Schwein. Die Berliner alb sheffe ist nichts anderes spiegelung falscher Tatsachen beim Phtographieren recht lebhaft als die füddeutiche Kalbsbage; der Münchener unterscheidet die Die Täuschung seiner selbst und des anderen liegt nämlich darin, Kalbshage von der Schweinehage, der Berliner die Kalbshare bont daß- künstlerisch ausgedrückt der schöpferische Vorgang zwischen Gisbein. Unser Wort Eisbem ist also nichts anderes als ein He dem Eindruck einerseite, den der Photograph von einer Landschaft bein, und es berub: auf einer bloßen Laune des Sprachgeistes hat, die ihn zur Wiedergabe reizt, und dem Resultat der Wieder- und der Sprachentwickelung, wenn wir es heute Eisbein" und nicht gabe andererseits eine ganze Anzahl von Trübungen und Heßbein oder gar Heißbein" nennen. Fälschungen durchmachen muß. Wer nur so zum Spaß" photo­graphiert, wird das natürlich nicht verstehen und es für überspannt halten. Wer aber sich ständig über sein eigenes Photographieren ärgerb, auch wenn er fünstlerisch schon recht ansehnliche Bilder zu­stande bringt, der weiß, was ich meine.

Aus diesen und manchen anderen Gründen greift mancher Wanderer wieder zum Bleistift und zum Stizzenbuch oder trägt anstatt den Kamera eine Blechschachtel mit Wasserfarben und einen guten Papierblod im Rucksack. Der Wert des Zeichnens und des Malena liegt darin, daß der Wanderer gezwungen wird, einmal das Bild, das er gern mit nach Hause nehmen möchte, intensiv auf sich wirken zu lassen, und zwar nach seinen Selligkeitswerten, wie nach den allgemeinen Linien, nach seinen Farbentönen, wie nach dem perspektivischen Ausbau. Kurz, er muß den Eindruck in seine Einzelbestandteile zerlegen und dann das erschaute Bild in seinem wesentlichsten Inhalt auf die denkbar einfachste Form in seinem Innern zusammenbringen. Dann erst kann der Vorgang der Wiedergabe beginnen.

So aber lernt man das Schauen und das Schaffen. Selbst wenn das, was er auf das Papier mit Blei oder Farbm zaubert, auch ein fauler Zauber ist, so hat er doch ein Stückchen der groben Arbei geleistet, die jedes wirklichen Menschen Aufgabe bildet: die Wunder der Außenwelt in sich aufzuhaugen und das Aufgenommene dann als eine neue Schöpfung herauszugestalten, sich selber zur Freude und manchmal anderen zur Lehre. Zur Lehre, wie man dahinterkommt, nämlich hinter die verborgenen Herrlichkeiten und Wunder der Welt.

Und das ist immer schon etwas, auf alle Fälle mehr als die billige Selbstbewunderung der zahllosen photographierenden Sonn­tageknipser, die es noch nicht erfaßt haben, daß die moderne Technik eine Diebin ist, die uns immer mehr nimmt, als gibt A. F.

Kleines feuilleton.

Sprachwissenschaftliches.

Die Wissenimaft vom Eisbein. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Und nicht jeder aus zwei oder mehreren Bestand teilen zusammengefeßte Name, in dem uns das Wort Eis" be­gegnet, hat mit dem Eise, dem richtigen Wintereise, etwas zu schaffen. Die Lutherstadt Eisleben heißt nicht so, weil es in ihr beionders talt ist, sondern weil sie einst das Leben( Erbe) eines Jio war. Das Dorf Eisfeld bei Hildburghausen an der Weier sowie Eis­ dorf bei Lützen heißen so nach einem altdeutschen Personennamen Egio( Eio), und der Ort Eisdorf bei Halberstadt führt gar semen Namen auf die merkwürdige Form Achilhardesdorp zurück. Wir haben ferner eine Anzahl von eisigen Familiennamen, die aber ebenfalls nicht das geringste mit dem Gise zu tun haben. So stellt der Familenname isig nur eine angedeutichte Form des biblichen Namens Isaak dar, und jemand, der Eisner heißt, führt seinen Namen deswegen, weil sein Vorfahr, der diesen Namen annahm, ein Eisenhändler gewesen ist.

Geologisches.

Eine neue Erklärung der Eiszeit. Es mußten überwältigende Beweise dafür beigebracht werden, ehe sich die iffenichaft zu einer so ungeheuerlichen Annahme bequemen konnte, wie die einer gleichzeitigen Bereifung großer Teile der Erdoberfläche sie darstellt. Noch jetzt erregt die Vorstellung, daß eine faft zu sammenhängende Eismaise das ganze nördliche Europa vom standi­nabilden Gebirge her bis zu den deutichen Mittelgebirgen und emerieits weit nach dem Jnnern von Rußland , andererseits bis nach England und Schottland binüber begraben haben sollte, uniere Einbildungskraft in einem Grade, der einem nüchternen bedenklich erscheinen will. Menschen Troßdem muß fie als eine 10 gut begründete Tatsache hingenommen werden, wie sie die Naturwissenschaft nur überhaupt zu bieten vermag. Die Versuche aber, dafür eine Erklärung zu finden, find bisher durchaus unbefriedigend ausaefallen. Alle raöglichen Zusammenhänge haben dazu berbalten müjien, und man hat der Erde die wunderlichsten Schickiale angedichtet, um die Eiszeit dadurch zu rechtfertigen. Bald ioll der Noropol der Erde an einer anderen Stelle, etwa im nörd­lichen Atlantlischen Ozean gelegen baben, bald soll die Erde auf ihrer Reiie mit der Sonne durch den Weltraum in ganz beionders falte Gegenden geraten sein, und was dergleichen Bhan­tajien mehr waren. Es hat aber auch nicht an gründlichen Unter­fucbungen gefehlt, die wenigstens zur Klärung der Frage beigetragen haben. Daß die Ursachen der Eiszeit, die im wesentlichen als eine Veränderung des Klimas zu betrachten ist, nicht im Erdförper und ieiner Atmosphäre allein gelegen haben fönnen, sondern kosmischen Ursprungs gewesen sein müssen, wird jezt ziemlich allgemein an­genommen. Eine neue Erklärung hat der Astronom Dr. Spitaler in Paris dargeboten. Er knüpft an die Tatsache an, daß die Milchstraße mehr Wärme ausstrahlt als der übrige Himmelsraum, was er auf eine größere Zahl von sehr heißen sogenannten Heliumsternen in diesem Gebilde zurückführt. Die Milchstraße berändert mun ihre Stellung gegen die Himmelspole der­art, daß sie in 26 000 Jahren einen Kreis von etwa 23 Grad um den Pol der Ekliptik beichreibt. Damit ändert sich ihr Abstand vom wäre, müßte ihre nähere Lage am Aequator zu einer Erniedrigung Aequator . Falls nun der Wärmeeinfluß der Milchstraße hoch genug der Temperatur an den Polen fübren und in Abständen von 26 000 Jahren in regelmäßigen Wiederholungen eine Eiszeit ver­

anlassen.

Aus dem Tierleben.

Der australische Urhund. Trozdem Australien bas fleinste der Feitländer ist, hat die Naturwissenschaft kaum auf einem anderen Kontinent wichtigere Bereicherungen erfahren, und nament­lich die Lebewelt Australiens mit ihrer sonst nirgend vorkommenden Eigenart bildet eine unerfezliche Ergänzung zu den botanischen und zoologischen Erfahrungen auf der übrigen Erde. Ist schon die Bflanzenwelt höchst merkwürdig, so stellt von den Tieren Australiens fast jedes einzige eine auf dieien Erdteil beschränkte Art dar. Eine der Besonderheiten Australiens ist darin zu erblicken, Wir stellen scherzhaft eine Verbindung zwischen dem Eisbein, daß es teine Haustiere bervorgebracht hat. Was die Be­dem Lieblingsgericht der Berliner und der Norddeutschen, und dem wohner jezi daran befizen, ift bon den Einwanderern Eise her, indem wir falte Füße als Eisbeine" bezeichnen; hat mitgebracht worden. Nur von dem australischen Hund, dem Dingo, man einem langweiligen Vortrage in einem schlecht gebeizten oder ist es zweifelhaft, ob er nicht auf australischem Boden gewachsen ist. ungeheizten Saale beigewohnt, jo gab es wohl Eisbene" gratis. Dafür ist er auch eigentlich nicht zu den Haustieren zu rechnen, da Aber das Eisbein hat mit dem Eise nichts zu tun. Auf der Suche er durchaus eine wilde Lebensweise führt. Wie sehr er sich von den nach der Erklärung dieses Wortes ist man nun auf das griechische Menschen emanzipiert hat, geht daraus hervor, daß er auch in den Wort is chion verfallen, und man nimmt jetzt ziemlich allgemein zoologischen Gärten nur recht selten zu sehen ist. Sogar der Ber an, daß das mittelniederdeutsche isben, der sprachliche liner Zoologische Garten, der über eine große Sammlung von Water unseres Eisbeines, von diesem griechischen ischion Hunden verfügt, hat erst türzlich ein paar Dingos in seinen abzuleiten iei. Diese Erklärung hat hat aber einen argen Befig gebracht. Die meisten Naturforicher neigen jezt freilich Haken. Wer einmal Jschias Schmerzen empfunden zu der Annahme, daß der Dingo nur ein verwilderter Haus­hat, weiß, daß ischion das Hüftgelenk iſt. Wachen an dieser Stelle bund ist, doch sind die dagegen erhobenen Einwände nicht leicht zu des Körpers den Schweinen die Eisbeine? Dort wachsen die töst- entfräften. Der Weltumiegler Coot hat ihn jedenfalls als Be­lichen Schinken, und sie sollen dort wachsen in alle Ewigkeit. Bei wohner Australiens vorgefunden; der Hund ist also schon dort ge der Erklärung des Wortes Eisbein hat man vielmehr auszugeben weien, ebe von einer Einwanderung in den fünften Erdteil die Rede von unserem Worte Hacke, das Ferse" bedeutet und das wohl war. Zur Erklärung ieines Vorkommens, falls er überhaupt mit ficher auf denselben Ursprung zurückgeht wie das Wort Hafen, dem Menichen feinen Einzug dort gehalten hat, würden also nur zwei dessen Grundbedeutung Krümmung" ist. Die Hacke( Ferse) ist die Möglichkeiten bleiben. Entweder müßte er schon vor der Ankunft der stärkste Strümmung, die unser Körper aufweist, und man übertrug Europäer nach Australien gebracht worden sein und sich dann der diesen Ausdruck auch auf andere Teile des menschlichen und Pflege des Menschen ganz entzogen baben, oder die Reisenden, tierischen Körpers und insbesondere des Beines. Wir haben nun in die ichon vor Coot einige Teile der australischen Küste entdeckt und ammierer Sprache die Worte Hachse, Hare, Hechie und Heise, besucht haben, fönnten vielleicht ein Hundepaar absichtlich oder uns die sämtlich den Kniebng eines Tieres bedeuten. abfichtlich dort gelassen haben, das eine außerordentlich starke Ber­Für die Erklärung unferes Wortes Eisbein fommt wohl nur mehrung und selbstverständlich eine Verwilderung erfahren hat. Die das mittelniederdeutsche Wort hesse in Betracht, das die Bedeutung Dungos werden in Australien auch feineswegs geschäßt, sondern von Sniebug" bat. Unter Wegfall des anlautenden h ist aus einem ganz als Raubtiere verfolgt. Sogar die später eingeführten eigent mittelniederdeutschen Heiiebeh das Wort Eisbein" entstanden. Man lichen Haushunde sehen in den Dingos keine Verwandten, sondern kennt in Berlin noch heute das Wort Kalbsbeiie", das in einen natürlichen Feind.

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Verantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW,