Kreis künstlich verwilderter Heckenpstanzen. Hier die kleinen Glas-anbauten für Wein, dessen dickes Klettergewinde wie ein Spinnen-gebilde an der GlaSdecke hängt, die die Sonnenwärme leicht hinein,aber schwerer hinauslästt und Spaniens Schwüle und des Aequatorswarme Feuchte um die saugenden Blätter legt. Die wenigen nichtstuenden schwarzen Parks mit prunkvollen Portalen und übergroßenTreibhäusern, die nur zum Pläsier ihrer selten hier einkehrendenLord-Befitzer dienen, verschwinden unter den einfacheren Häusern derFarmer, die man mit ihren Tochter», Söhnen. Gehilfen und Arbeiternden Tag über in Gang sieht. Zu Rad, mit Pslanzen oder Früchtenailf dem Korbgestell und die Pfeife im Mundwinkel, den Waterproofüber, die Füße in Ledergamaschen, die Schuhe schwer genagelt. Mitruhiger Energie schreiten sie aus, treten gravitätisch die Radkurbel,immer die Pfeife im Mundwinkel. Aus ihren kleinen zweirädrigenLandwagen jagen fle mit schnellem kleinen Pferd zur Stadt oderlärmen auf dickem Sandgaul in drolligem Trab über die Steineeiner schmalen Gasse, die Pfeife im Mundwinkel.Im mühsamen wankenden Tritt bringen drei einzeln geschirrtePferde den mit Seetang hochgeladenen Karren die steigenden, vondurchbrochenen alten Klippenwänden ununauerten Straßen hiitan.Er wird aus die Wiesen verteilt und bringt aus den kleinen Flächenfür mehr Zuchtvieh reiche, bekömmliche Nahrung, als auf ungewartetenWeideflächen der Großgrundbesitzer.In geschlossenen Stiefeln schreiten die begleitenden oderführenden Arbeiter. Große Männer mit derselben harten ab-wartenden Entschlossenheit im Auge, gleichmütig oder spöttisch aufden eleganten Nichtstuer sehend und an der Pfeife kauend. Siesteigen, wenn fle am Strande den angeschwemmten Tang suchen.direkt in das Wafler, trotz der Jahreszeit, und gabeln zwischen Geröllund Felsbrocken den Tang hervor.Ein Omnibus rollt vorbei, hält, nimmt einen Fahrgast undfährt weiter. Ich stutze. Der Schaffner ist ein Junge, der einen,anderen, der vielleicht gestern noch sein Schulkamerad war, zuwinkt.ehe er das Signal gibt, weiter zu fahren. Ich bin am Hafen, indem eben nur einige Kohlen ausladende Dampfer und das Post-dampsboot nach Southampton liegen. Außerordentlich schnell und! geschickt geht die Entladung vor sich, nur wenige Arbeiterlud dabei tätig. Die Windemaschine leitet der Maat, aberneben ihm sitzt abermals ein kaum schulentlassener Knabe amMaschinenhebel, das Auge unausgesetzt aus den Kolben gerichtet,dessen Bewegungen er zu hemmen, zu entfachen hat.„Vollkommene Freiheit hier", auch die zu verhungern oder mitden Gliedern in die Maschine zu kommen. Dafür fragt dich auchniemand, was für eine Haarfarbe deine Großmutter hatte und wodu vorgestern geschlafen hast und wovon du lebst und— und— und.Hast du keinen Garten und kein HauS und keinen Besitz, so bist duein armer Mann, denn nichts gibt es hier sonst, waS dein Herz er-heitern könnte. Diese Insel, der einige tausend intelligente undsichtlich wohlhabende Farmer ihr Gepräge ausdrücken, kennt außerder Kirche und dem Eigenhaus und dem Sportplatz keine Formgeistiger Erholung. Eine kleine Bibliothek erfreut sich klubartiger,reservierter Vornehmheit, fle ist für gewöhnliches Volk absolut nicht«ingerichtet und nur Präsenzbiblothek.Es gibt nur einige rohe Lichtbildbühnen, aber keine ernsteBühne, keine Regung, die über den nackten Geldjinn und den landes-üblichen Familiensinn hinausgeht.Das Volk steht nach der Arbeit in den Gassen; die jungenLeute vergnügen sich, wenn sie die fabelhaften aufregenden Ereig-nisse deS letzten Fußballmatches zum Hundertstel, Male überlegt undbesprochen haben, Feucrwerkskörper abzubrennen.Aber bald beginnt die Saison, die Kartoffelernte setzt ein, derunaufhörlich die weiteren Früchte und Gemüse folgen werden, vonder Fremdenernte zu schweigen. In dein heule leeren Hafen werdensich dann hundert Dampfer drängen, um die als Frühkartoffel sokostbare Erdfrucht in die engliichei, Häfen zu bringen, alle Straßenwerden von eiligen Leuten erfüllt sein, die nichts in, Kopfe habenals die Chancen, die letztjähriaen Ernterekorde zu brechen. Alledie Fruchtspeicher, heute verschlossen und verödet, werden sich öffnenund mit Leben erfüllt sein. 30 000 Fremde werden hierim Lause eine? Halbjahres landen und all die Boarding-Häuser undihre heute trübselig und müßig an, Kamine sitzenden Bcflyer durchviele Guincen beglücken. Aber welche Goldernten auch das Jahrgeben wird, welche Fortschritte mit Fleiß und Intelligenz in derlandwirtschaftlichen Gütererzeugung gemacht werden— die Seelewird leer ausgehen»nd frieren, und das sonntägliche Kirchenjuchbeemit Pauken wrrd sie nicht aufheiten,. sondern„och mehr bedrückenund zuletzt ganz verscheuchen von brr Insel der nur„Wohl-anständigen".?. Gl.Totensonntag.Der Totensonntag hat in den letzten Jahrzehnten entschieden anBeachtung gewonnen. DaS dürfte nicht zum geringsten Teil auf denEinfluß deS Allerseelentages zurückzuführen sein. Andererseits be-zeugt dieser Umstand die Tatsache, daß auch in der Gegenwart nochgewisse Tage mit ihren Bräuchen volkstümlich werden können.Eigentliche„Totengedächtnisfeste" sind den Germanen von alterZeit her vertraut, aber in wesentlich anderem Sinne als der Gegen-wart. Zivei Arten dieser Totengedächtnisfeste muß man unter«scheiden: solche, welche an bestimmten Tagen nach dem Tode einesAngehörigen und solche, welche an bestimmten Jahrestagen be«gangen wurden. Erstere beziehen fich auf einen kleinen Volkskreis»letztere wurzeln im ganzen Volke und bilden einen nicht unweseiit»lichen Bruchreil des Seelenkultes.Die ersteren führen wesentlich verschiedene Ramen. Am älteste!»mag wohl die Bezeichnung„Erbbier"(niederdeutsch Arfbeer) sein.Den Zeitpunkt dieser Feier können wir für die vorchristliche Zeitnicht genau bestimmen. In chnstlicher Zeit fand daS Erbbier meistam 7. oder 30. Tage(auch wohl am 3. oder 9.) nach dein Hin«scheiden, und zwar vor dem leeren Hochsitz des Verstorbenen statt;der Erbe nah», den Minnetruuk und bestieg dann den ihn, nun zu-stehenden Hochsitz. Jütisch heißt diese Feier ganz bezeichnend: Jefcsalig Liges Skaal drikke(des seligen Leichnams Wohl trinken).Kürzer bezeichnet eS das Niederdeutsche mit„Troestelbier", und in»Hochdeutschen heißt es; den Toten vertrinken. In Sachsenhausei»bei Frankfurt a. M. war es früher Sitte, den Toten zu„vertanzen". In der Umgegend von Jena sagte man auä»um die Mitte des 19. Jahrhunderts:„Heute wird die Hautvon N. N. versoffen"; dies bedeutete, daß nach den, Begräbnisdes N.?t. im Sterbehause von den Erben ein Faß Bier zum bestei»gegeben werde. In manchen Gegenden Nord- oder Mitteldeutsch»lands sagt man»och heute: daS Fell, den Balg versaufen. DerAusdruck„die Haut versaufen" findet sich schon in der 1604 zi»Rostock erschienenen„Laien-Bibel" des dortigen Predigers NikolausGryse. Aus Lübeck wird 18S2 berichtet:„Als aber an, Abend nacüdem Begräbnis die Haut verzehrt(das Leichenmabl gehalten) wird"usw. In Dortmund ist das„Fell versupen" noch vielfach Brauch.sogar in besseren Bürgerkreisen. Man kneipt jedoch nicht auf Kostender Verwandten des Toten, sondern aus eigener Tasche. Auch it»Berlin kennt man diese Bezeichnung. Im Bergischen und in Süd-Westfalen nennt man das Leichenmahl„Liekzech" oder„rüeaten"(rueeten). De», Worte liegt das althochdeutsche rinzen, daS angcl»sächsische reotan(— klagen) zugrunde.Die Kirche bestiminte in Deutschland den 3., 7., 9. und 30. Tagals TotengedächtniStag, sich aller Wahrscheinlichkeit noch damit ai»heidnischen Brauch anlehnend, was schon die Zahlen beweisen. Der3. und 9. Tag waren den alten Griechen, Römern und Slawen alsTotenfeiertag bekannt, während der 30. Tag sich derselben Bedeutungbei den Juden und Jndiern erfreute. Für die allgemeinen Toten-gedächtnistage kamen besonders die Wendepunkte des Jahres iitBetracht, die die Kirche hernach auf die Ouatembcrtage und nament»lich auf Allerseelen verlegte. Vor allen Dingen war eS die Mitter-nachtSzeit, die hier eine Rolle spielte. Mit den Wendcpnnklen desJahres war zugleich der Punkt gegeben, wo der Volksglaube sichweiter entfalten konnte und man auch Wendepunkte für das mensch-liche Leben vermutete. Die Seelen der Verstorbenen erscheinen dannund lverden vielerorten gespeist. Ein besonders wichtiger Tag istdafür die Zeit der Zwölften, der Weihnachtszeit, dann aber auchAllerseelen, Fastnacht usw. Der Wendepunkt des Lebens tritt nochim pommerschen Volksglauben deutlich hervor, da man dort derMeinung ist, daß in den Zwölften den Geistersichtigen kund wird,wer im nächsten Jahre sterben muß.Sehr späten Ursprungs ist unter den Festen deS evangelischet»Kirchenjahres die Totenfeier an, letzten Sonnlage des Kirchenjahres,am Totensonntage. ES ist eine Gedächtnisfeier der Verstorbenen,nicht nur derer, die im letzten Kirchenjahre hinschieden, sondern über-Haupt der Entschlafenen. Aber dieser Tag trägt, wie wir schon andeuteten. nicht rein kirchlichen Charakter; er bar gerade in den letztenJahren unbestritten mehr und mehr einen volkstümlichen Charaktergewonnen durch das allgemein gewordene Pilgern zu den Gräbernder Lieben, die man mit Blumenschmuck und Kranzspenden versieht.Dieser Schmuck der Gräber ist bald vergänglich. Er tritt damit inGegensatz zum dauernden G r a b s ch m u ck, den wir in seiner ge-schichtlichen EntWickelung kurz verfolgen wollen, wobei wir uns aufdie germanischen Völker beschränken.Weniger zun, Schmuck als zum Schutz und zur Weihe dientet»die an dei, ältesten germanischen Gräbern und Urnen angebrachte!»Hammerzeichen und Hakenkreuze, ferner Runeninschristen und die Grab-beigaben der verschiedensten Art.„Der allgemeine Gebrauch, zum An-denken lieber Verstorbenen aus den modernen Massenrichestätten ein Stein-monument zu widmen als letzte Liedesgabe, ist in unseren Länder,»kaum über ein Jahrhundert gekommen." Die alten Grabsteine ausunfern Kirchhöfen, oft künstlerisch recht beachtenswerte Leistungen,sind meist dem Andenken der Reichen und der großen Geister gc»widmet. Die große Masse des Volkes begnügte sich mit den»schlichten Grabhügel, der mit bestimmten Blumen geschmückt wurde.Außer Blumenschmuck werden die letzten Ruhestätten der Armen nochmanchen anderen Schmuck, bestimmte Kennzeichen aufgewiesen haben.Aber wir sind in dieser Hinsicht sehr ungenügend unterrichtet überdie Vergangenheit, etwa das frühe Mittelalter. Bildliche Dar«stellungei, fthlei, ganz, und die schriftlichen Nachweise sind äußerstgering; vielleicht dürfen wir aus dem heutigen Grabichmuck derKar, Häuser einen Rückschluß ziehen, weil gerade dieser Ordenin seiner ganzen Lebensweise äußerst konservative Zügebewahrt hat und seine Mitglieder in � ihrer Lebensentsagung denAermsten beigezählt werden müssen. Sie pflegen noch heute Abt,Prior und gewöhnliche Brüder in derselben schlichten Weise(ohneSarg, nur im Habit und mit zugenähter Kapuze; damit ebensallsan mittelalterliche Sitte mahnend) zu begraben; � ein überaus ein«fache? Kreuz ohne jede Inschrift schmückt gleichmäßig die�Gräber.Bei manchen vorgeschichtlichcii Grabern war der Schmuck cnt-