geistiger und materieller Prozesse war, denen als Bindemittel ein Element diente, all gemein befannt in der höllischen Chemie des Lebens- ein Element vom flüssigen Aggregatzustand und von roter Farbe. Die Energie der sozialen Bindungen ent­lud sich gewaltsam, zwischen Anode und Kathode flossen fräftige Ströme und in der Mitte lagen haufenweise die Leichen.

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Was hatte der von der Wissenschaft Besessene, diese von den Ausdünstungen des Laboratoriums betäubte Seele dort zu suchen? Logisch gesprochen nichts. Doch zum Glück für den Fortschritt der Welt treten im sozialen Leben, freilich felten, Epochen ein, in welchen die Logik aus den Gehirnen sich zurückzieht und von ferne zusieht, was die Menschen mit sich anfangen.

Nach einiger Zeit also ließ sich unser Chemifer in einem weit draußen liegenden Vorort von Warschau nieder, in einem Häuschen, das ihm die Partei gemietet hatte, und arbeitete zugunsten dieser Partei und dem Zarentum zum Tod. Er begann mit Hausmitteln Werkzeuge zu fabrizieren, welche die Aufgabe hatten, in einem gewissen Maße die Unabhängigkeit des Vaterlandes erkämpfen zu helfen und das polnische Prole­tariat seinen fetten Zielen näher zu bringen.

Das Streben nach dieser Unabhängigkeit war bei unserem Gelehrten ziemlich nebelhaft, von den letzten Zielen hatte er faum eine Vorstellung, und dennoch arbeitete er eifrig und ausgiebig, ohne Rücksicht auf sich und auf jene, die seine höllischen Produkte gebrauchen sollten. Er hatte einen sehr foliden Ruf. Man sagte:

Endlich haben wir einen wirklichen Chemiker!" Er versteht die Sache. Und dabei ist es doch immerhin ein Ruhm für die Partei, daß ein solcher Gelehrter Ein wahrer Gelehrter."

,, Weit und breit bekannt." Ueberall bekannt."

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lichem Schimmern aus den Tiefen fich wölbenden Kuppen bis in die Wesertäler und zu den im Duft verschwimmend sich andeutenden hessischen Bergen hinüber. In lautloser Stille steht der hohe von Albatrossen hängen die kolossalen Wedel der Tannenäste unter Tannenwald am Tränkeberg hinauf wie schwere riesige Fittiche der Schneelast zur Erde herunter. Vor uns funkeln auf den Rüden von langsam, fnidbeinig sich voran schiebenden Holzfällern die Schneiden der gezahnten, fast mannslangen Sägen. Einige andere Fäller kommen von der Arbeit ihnen entgegen. Sie stecken ver­wundert und interessiert die Köpfe mit den warmen Fellmüßen zusammen, und als wir dazu kommen, sehen wir, daß der Mittel­punkt des Interesses ein Nest voll junger Kreuzschnabel ist, die im Astloch einer gehauenen Riesentanne gelegen hatten. erste graue Flaum ist auf den nadten, nicht gerade schönen kleinen Körpern zu sehen, die sich scheu und fläglich in der Restmulde zu sammenducken. Der eine Fäller meint, gestoßener Mohnsamen sei am besten, ein anderer meint, ein Zusatz von Eigelb garantiere dafür, daß der Finder die armen Wintertinder groß bekomme. Tief aus dem Schneewald pochen die Artschläge anderer Fäller, und manchmal stäubt, wie unter einem Erzittern des ganzen Winter waldes, leiser Schneehauch aus den Rändern hoher Zweige.

Kaum der

Von dem Wegweiser nach St.- Andreasberg müssen wir die an gefrorene Kruste abklopfen, um uns vergewissern zu können. Auf der Straße über den Rehberger Graben gehts an dem fait zwei Kilometer langen Oderteich hin, in dem man durch eine Talsperre die einzelnen Quellenarme der Oder aufgesammelt hat, um sie durch einen in den Granitfelsen hineingesprengten Graben von über sieben Kilometer Länge den Andreasberger Bergwerken dienstlich zu machen. Weite Tannenwälder schließen den in malerischen Win­dunzen sich hinziehenden See in ihren stimmungsreichen Rahmen. Kurz darauf überholen uns zwei echte Oberharzer Landgängerin nen", die mächtige Buckel haben; denn unter ihren buntgeblümten langen Kragenmäntein tragen sie Kiepen mit Eiern und Butter zur Stadt. Die eine erzählt uns, daß ihr Mann Köhler im Oste­rodischen ist, der fortwährend an die zwölf Meiler im Brand hat also so eine Art Engros- Köhler! Aber das Geschäft hätte sonst doch nur wenig mehr auf sich, feit man immer mehr Steinkohlen brennt. Wenn sie einmal in der Woche hinkomme, um Brot und

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Meiler eimere"; dann sei die Verkohlung im Innern beendet und der äußere Erdbewurf werde glühend das sei schauerlich schön in der schwarzen Nacht anzusehen.

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Nicht häufig, alle zwei Wochen ungefähr, betrat ein ärm- Zubrot" zu bringen, sehe sie am liebsten zu, wenn nachts sich der lich gekleidetes Mädchen das kleine Vorstadthaus. Da dem Chemiker diese Besuche angekündigt zu werden pflegten, so nahm er einen Hemdkragen um, fämmte sich und warf über das unaufgeräumte Bett eine zerlöcherte Dede, lüftete die Wohnung, fegte die Zigarettenstummel zusammen, die auf dem Boden herumlagen, schloß sorgfältig die Tür zum Labo­ratorium und wartete ungeduldig.

( Fortiegung folgt.)

Harzwanderung im Winter.

Von Alwin Rath.

In Klausthal, einem Städtchen des Harzes, das mit seinen wirr durcheinandergeschobenen Gassen und den so malerisch un­regelmäßig über- und untereineinander gebauten Giebeln und diesen herben, derben, unter der Fron des Lebens sich mühenden Bergbewohnern reizvoller ist, als die fahle, zu einem nadten Hoch­plateau sich ausdehnende Umgebung, läutet vom Turm das Anfahr­glödchen für die Bergleute. Eine schwarze Schar sehniger Ge­stalten eilt mit dem Grubenlicht in der Faust dem Schacht zu. Scharf, wie lebendig gewordene Silhouetten, heben sich die einzel­nen, deren hagere Körper alle von den schweren Mühen der Erz­gewinnung in den Felsenstollen genugsam zeugen, von der blenden­den Helle des Schnees ab, der mit weichen Massen jeden Stein, jede Fensterbant, jeden Draht in der Luft did überquillt. Aus der Hütte hört man das Stöhnen der stählernen Maschinengiganten, in den Pochwerken dröhnen die mächtigen Hämmer, und elektrische Bahnen schleppen über Tage die gebrochenen Erze zu den Auf­bereitungs- und Sortierhäusern, den Wäschen und Pochwerken. Nach einem Einblick in diesen interessanten Betrieb, in dem selbst die Moorwasser des viele Kilometer entfernt liegenden Brockenfeldes die Kraft des Menschen und der Maschinen mit unterſtüßen müssen, wenden wir uns unserem weiteren Wanderziele St.- Andreasberg zu. An den ragenden, von oben bis unten eine weiße Schneelike zeigenden Schloten der Grube Wilhelm", deren Gebäude russige, schmierige Schneemüßen tragen, geht's vorbei, und zwischen den bom Schneepflug zu beiden Seiten hoch aufgehäuften kristallen­glitzernden. weißen Dämmen hin. Auf den Pfauenteichen, rechts von der Straße, haben sich Burschen den Schnee weggeschaufelt und bersuchen, ihrer kleinen, did eingemummelten Schwester, von der nur etwas wie eine rote verfröstelte Nasenspiße zu sehen ist, das Schlittschuhlaufen beizubringen. Es ist eine schwere Mühe, diesen unbeholfenen Beinen etwas Sicherheit auf den schmalen Stahl­schienen zu geben das Unterfangen wird oft mit Hinpurzeln aller drei gebüßt.

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Mit ihrem flarsten Winterlicht steht die Sonne schräg über dem fernen Broden. Nach Westen hin schweift der Blick von der Andreasberger Chaussee über all die in sanftem, weißem und bläu­

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eines scheuerartigen Holzhauses. Sie laden uns mit hinein zu Nicht weit vor Andreasberg klopfen die Frauen an das Fenster einer Zaffe Kaffee und wenn wir noch feinen Bogel hätten, tönnten wir da drin einen kriegen, setzten fie schalthaft hinzu und weisen auf die Unzahl von kleinen Kästen mit den gelben wohl bekannten Andreasberger Kanarienrollern. Es ist ein unbeschreib­liches Trillern und ein unaufhörlicher Frühlingsjubel in diesem großen Holztasten, von dem außen schwere Eiszapfen herabhangen und den der Winterschnee in kleinen Bergen ummauert. Aber im Hauptberuf ist dieser Kanarienzüchter Besenfabrikant wenigstens im Winter. Da siken um die Feuerstelle inmitten der Köte" Frau, Kinder und Hausherr, und alle find eifrig beschäftigt, zierliche Bündel von schmal geschnittenen Rohrreisern mit einem Drähtchen an einem Ende zu umwideln. Dies Ende wird dann in einen brodelnden Leimtopf getaucht, in dem aber auch Teer kochen kann, so schwarz ist die Sauce, und zuletzt wirds in eins der Löcher der hölzernen Besenkappe gepropft. Es ist ein fast unausstehlicher Geruch von diesem Geschäft und von den Ausdünstungen der Vögel­körbe im Hause. In der Ede liegt denn auch hinter einem grünen Vorhang ein frantes Mädelchen. Die Frau, die dabei hodt und allen möglichen Unsinn auskramt, schaut uns nicht gerade freund­lich an. Sie vermutet wohl ziemlich richtig, daß wir nicht viel von ihrer Besprechungskunst halten, mit der fie diesen abergläubischen, um ihr Liebes besorgten Leuten nur das sauer verdiente Geld aus der Tasche schwindelt.

Kurz vor dem hoch im Tal fich hinaufziehenden Andreasberg merkt man gleich, daß ein reger Wintersportbetrieb hier gepflegt wird. Weiße langbeinige Schneespinnen kommen auf schnee­umstäubten Stiern von den Höhen niedergesaust und haben ihre gute Mühe, die Unebenheiten des. Terrains zu bewältigen und zwischen den Felskloben hindurchzusteuern. Bewundernd folgen die Blicke diesen eleganten Kurben und Hopfern, diesen Stößen und Bremsversuchen, bis plößlich eine der Spinnen sich im Schnee ein­wickelt und die zunächst dahinterher Fliegenden, ein einzig stürzen­des Gezappel, ebenso unwiderstehlich zu den weichen Bolstern des Winters sich hingezogen fühlen. In dieser merkwürdigen echten Bergstadt, die fast ganz aus Holzhäusern besteht, sind die Straßen für die schlittenfahrende Jugend und ebenso für die sportluſtigen Fremden, die sich hier in recht bedeutender Anzahl eingefunden haben, unübertrefflich gute Rutschbahnen wenngleich sie als Rodelbahnen, wegen der hier und da unglaublich scharfen Kurven, weniger zu empfehlen sind." Ruschelschlitten" nennen die Burschen hier ihre Rodelwerkzeuge. Einem Ruschler" passiert es nicht, daß er in den Schnee tippt, wohl aber einem" Rodler" unter jubelnden Applaus aller Andreasberger Jungen und Mädel! Je weißer der Schneemann sich aus den Schneegebirgen zur Seite der Straße aufrappelt, einer um so echteren Anteilnahme kann er gewiß sein.

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dann aber

Auch hier sieht man wie in Klausthal die dunklen Gestalten