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unbefugten Gaft nach Möglichkeit fernzuhalten, wie auch die Jungen am Verlassen der Wiege zu verhindern. Diese Pensionats­ausflüge wiederholen sich täglich 2-3 Monate lang, bis sich die Jungen nicht mehr fügen und sich nicht mehr länger am Gängel­band" herumführen lassen.

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Geradezu seltsam mutet uns der Anblick eines Männchens des grotesten Seepferdchens an, das die Eier bis zu ihrer Ent­widlung austrägt. Die Weibchen kleben nämlich ihre Eier an die rinnenartige Furche am Leibe des Männchens, die sich dann schließt und mit dem Heranwachsen der Jungen mächtig anschwillt. Auch bei einem anderen Büschelkiemer, der bekannten Seenadel, wird aller Regel zum Troß das Männchen trächtig" und trägt die Eier bis zu ihrer Entwicklung in einer Bruttasche aus.

Kleines feuilleton.

Kulturgeschichtliches.

Der

Michelangelo als Schnee plastiker. Zu den Freu Den faltblütigen i hen hätte wohl niemand eine solche Er- den, die den Besuchern winterlicher Sportpläge winken, gehört auch findungsgabe in der Pflege der Jungen zugetraut, wie sie z. B. der das Vergnügen an stattlichen Schneebauten und Schneefiguren aller den Welsen nahe verwandte und an der Küste Ostindiens und Afri- Art, deren Anblick durch die Kamerakunst erfreulicherweise auch tas im Bradwasser vorkommende Aríus falcárius Rich. und der denen vermittelt wird, die daheim geblieben sind. Wer an dieser brasilianische A. commersónii zeigen, die zu ihrer Kinderstube das amüsanten Plastik Gefallen findet, den wird nun sicher auch die Maul des Männchens wählen! Nachdem das Weibchen ihre Gier folgende kleine kunsthistorische Reminiszenz interffieren. abgesetzt haben, werden diese von den Männchen besamt und dann jugendliche Michelangelo, dessen Bildhauergenie Lorenzo de Medici in das Maul genommen, in dem sie bis zu ihrer vollendeten Ent- erkannt hatte, war bekanntlich von dem lehteren in das Haus auf­wicklung bleiben. Eine größere Aufopferung für seine Nachkommen genommen worden, um hier seine Ausbildung zu erhalten. Als kann man doch wirklich nicht verlangen, wenn man berücksichtigt, jedoch im Jahre 1492 Lorenzo unerwartet starb, mußte der junge daß das Männchen die Eier( oft einige Dutzend) wochenlang im Künstler den Palast der Medici verlassen und sich im Hause seines Maul herumtragen muß und während der Zeit gar keine Nahrung Vaters eine eigene Werkstatt errichten. Abgebrochen aber waren zu sich nehmen kann. Gs sieht aber auch nach der glücklichen die Beziehungen zu der Familie seines Gönners deswegen noch Geburt" der Jungen danach aus: völlig abgemagert und entkräftet nicht. Als darum in der Nacht des 22. Januar 1494 es so start schwimmt es im Wasser herum, und dennoch ist seine Tätigkeit als zu schneien begann, daß am anderen Morgen der Schnee in Florenz Amme noch keineswegs beendet. Es wird berichtet, daß die Jungen ungefähr 3 Gülen hoch lag, fonnte Lorenzos Sohn, Piero de Medici , während der ersten Tage stets in unmittelbarer Nähe des Vaters Michelangelo Bunorrati auffordern lassen, im Hofe des Palaftes bleiben und bei der geringsten Gefahr in seiner sich weitauftuenden eine große Statue aus diesem vergänglichen Material zu errichten. Mundhöhle Schutz suchen. Der Auftrag wurde ausgeführt, und die Schneefigur erzielte einen größeren Erfolg, als Michelangelo wohl selbst gedacht hatte. Denn nicht nur die Gäste des rauschenden Festes, das gerade im Medicäer­palast gefeiert wurde, staunten bewundernd das weiße Kunstwerk an, sondern Piero selbst ward von seinem Anblick so sehr betroffen, daß er dem jungen Bildhauer seine Anteilnahme in stärkerem Maße zuwandte, ihm sein altes Zimmer und den gewohnten Platz an der Tafel wieder einräumte. Interessant ist übrigens der Umstand, daß auch in der künstlerischen Entwickelung eines der erbittertsten Wir können noch mehr solche Fälle außerordentlicher Brut Rivalen Michelangelos , des formgewandten, aber hohlen Bandinelli, pflege unter den Fischen anführen, wo z. B. die Eltern derart die Schneeplastik" eine gewisse Rolle spielte. Dieser Bandinelli, emanzipiert find, daß sie sich nur noch mit dem Laichen befassen der den um 13 Jahre älteren Meister glühend beneidete, ahmte und die Entwicklung und Aufzucht ihrer Kinder einer fremden ihn eifrigst nach. Vielleicht war es auch eine fleine mitierung Amme übertragen! Ein solch modernes" Ehepaar ist unser kleiner, und fein reiner Zufall, daß der jugendliche Bandinelli eines Tages einheimischer Bitterling, dem die Malermuschel zur Brutstätte ebenfalls durch die Modellierung einer liegenden Schneefigur die dienen muß. Sie wehrt sich zwar heftig gegen eine derartige Zu- Aufmerksamkeit des Publikums auf sich lenkte und so sein bild­mutung. ihre eigenen Riemenkammern für fremde, untergeschobene hauerisches Talent entdecken ließ. Kinder herzugeben, aber alle verzweifelten Anstrengungen, durch schnelles Schließen der Atemspalte die Eindringlinge fernzuhalten, muben nichts, denn das Weibchen des Bitterlings weiß mit seiner Neue Nordlichtforschungen. Im hohen Norden er­Legeröhre so zielsicher die beiden Eierchen in die Spalte abzu- strahlt jetzt die Nacht wieder von den herrlichen Erscheinungen, die schießen, daß es stets rechtzeitig seine Röhre zurückziehen kann, be- dort neben Mond und Sternen als einzige Lichtentfaltung den vor die Muschel es merkt, die vergeblich durch das schnelle Schließen langen Winter erhellen. Daß die Polarlichter mit dem Magnetis­ihrer Schalen den Bitterling zu guillotinieren" versucht. Man mus der Erde in Zusammenhang stehen, ist seit langem angenom­fönnte beinahe auf den Gedanken kommen, anzunehmen, als ob men worden, und später ist dann eine Beziehung zu den Kathoden­fich die Bitterlinge ihrer strafwidrigen Kindesunterschiebungen" strahlen hinzugekommen. Eine völlige Aufflärung dieses gerade bewußt wären, denn nachdem sie der Muschel genügend Gier ein- in seiner Mannigfaltigkeit unendlich wundersamen Phänomens ist verleibt haben, ziehen sie sich in das Gewirr der Pflanzen zurüd aber bis auf den heutigen Tag noch nicht gewonnen worden. In und gebaren sich scheu und ängstlich, wie Brehm zu erzählen weiß. den letzten Jahren hat sich Professor Carl Störmer in hervorragen­Wir können hier nicht ausführlicher auf den hochinteressanten Wer- der Weise mit der weiteren Erforschung des Nordlichtes beschäftigt lauf der Fortpflanzung des Bitterlings eingehen; wer sich aber da- und zum erstenmal die Photographie planmäßig dabei verwertet. für interessiert, kann sich leicht selbst davon überzeugen, da diese Im nördlichsten Norwegen wurden zwei Stationen angelegt, deren billigen Fischchen ohne Schwierigkeit im Zimmer- Aquarium zur Entfernung von etwa 4% Kilometern zuvor genau ausgemessen Eiablage zu bringen sind. war. Von beiden Stellen aus wurden die Nordlichter photogra

Physikalisches.

Den Schluß unserer Ausführung mögen einige Frosch- phiert, indem durch ein telephonisches Signal die völlige Gleich Yurche bilden, bei denen ebenfalls das Männchen Kindermädchen- zeitigkeit der Aufnahmen gesichert wurde. Durch Benußung be­dienste verrichten muß. sonderer Platten gelang es, gute Bilder schon in einer Belichtungs­Schon unter unseren einheimischen Froschlurchen haben wir zeit von wenigen Sekunden zu erhalten. Außerdem wurde darauf einen solch merkwürdigen Vertreter, der nach seiner Brutpflege so- Bedacht genommen, daß stets einige große Eterne auf der Platte gar benannt worden ist: die Geburtshelferkröte oder der waren, um den Himmelsort festzustellen. Dies Verfahren führte Fehler, auch Hebammenfrosch genannt. Nach der Paarung im zu einer ziemlich genauen Bestimmung der Lage der einzelnen Frühjahr und Sommer widelt das Männchen die vom Weibchen Nordlichter mit Bezug auf die Himmelsrichtung und die Höhe über austretenden langen, rosenkranzähnlichen Eierschnüre nach gleich dem Horizont, sowie auch die Abschätzung der Höhe dieser Erschei­zeitig erfolgter Befruchtung um seine Hinterbeine. Mit dieser nungen über der Erdoberfläche. Auf demselben Wege wird be­Gierlast verkriecht es sich dann 1-3 Wochen lang unter Steine tanntlich seit langem auch die Höhe von Sternschnuppen ermittelt. und Geröll in der Nähe des Wassers, bis es an dem Zucken der in Der Abstand der Nordlichter von der Erdoberfläche wechselt nach den Eiern sich entwickelnden Jungen merkt, daß sie zum Aus den Ergebnissen dieser Beobachtungen in noch größerem Umfang schlüpfen reif geworden sind. Jetzt begibt es sich ins Wasser zurück als bei den Meteoriten, nämlich zwischen 36 und 461 Kilometern. und streift die Gierschnüre ab. Weiter hat sich Störmer mit der Frage der Entstehung der Nordlichter beschäftigt. Daß sie durch Kathoden- und Radium­strahlen, die unmittelbar von der Sonne ausgehen, erzeugt werden, hält Störmer für unmöglich, weil nach seinen Untersuchungen kein elektrisiertes Teilchen, das von der Sonne kommt, die Erdatmo­sphäre in einem anderen Teil als in der unmittelbaren Nachbar­fchaft eines magnetischen Bols erreichen könnte. Unter dieser An­nahme ließe es sich nicht erklären, daß die Polarlichter zuweilen so weit in niedere Breiten vordringen. Störmer nimmt vielmehr an, daß sich zeitweise in der Ebene des magnetischen Aequators der Erde ein ungeheuerer Ring von Kathodenstrahlen bildet und bestehen bleibt, und daß dadurch der Zugang der die Polarlichter hervorrufenden Strahlen noch zu niederen Breiten ermöglicht wird. Der Radius dieses Ringes würde den Erdradius 140mal über­treffen, und der Ring selbst würde einen Strom von ungefähr 60 Millionen Ampere enthalten.

Auch der andere uns von den Fischen her bekannte Fall ist unter den Froschlurchen vertreten, daß nämlich die Brut von dem Männchen im Maul herumgetragen wird. Es geschieht dies nach Dürigen bei der chilenischen Nasenkröte, deren Männchen einen zu einer mächtigen Bruttasche erweiterten Kehlsad besitzt, in dem die Gier folange verbleiben, bis die Jungen als fertige vier­beinige Fröschlein ihre Kinderstube verlassen.

Mit diesen Beispielen, die wir noch weiter fortführen könnten, wollen wir unsere Liste schließen. Wir glauben gezeigt zu haben, daß man die Vertreter dieser beiden oft so mißächtlich behandelten Wirbeltierklassen der Fische und Amphibien nicht ohne weiteres ale stumpfsinnige Geschöpfe bezeichnen darf, denn eine solch rührende Fürsorge, wie wir sie hier kennen gelernt haben, sezt doch etwas mehr als einen bloßen Trieb" voraus. Auch die Freude am Be­obachten wollten wir mit diesen Zeilen weden und unsere Aquarien­und Terrarienfreunde zu eigenen Studien anregen, die nicht nur biel Zeitvertreib und Freude bereiten, sondern die auch für unsere Kenntnis der Biologie dieser Kaltblüter von Wert sein können. Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW,