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Helden, unser geliebter Bufer", daß hr, stinkendes Bad, an ihrem heiligen Andenken nur verdient und von Euch aus nichts für die Sache tut? Schon lange sehe ich Euch zu, The Feßen, und sag nichts. Schon lange warte ich geduldig auf Besserung wie ein Vater, aber jetzt ist's genug! Ich weiß genau, was jeder von Euch denkt. Er denkt, daß der Richter" ebenso ist, daß der Richter" das erlaubt, daß der Richter" Angst hat, den Browning selbst in die Hand zu nehmen, und nur Geld erpressen will bei der Bourgeoisie, zusammensparen, um bald ein eigenes Geschäft damit zu gründen! Ihr ge­meinen Feiglinge! Du, Nadel", lächle nicht und denke nicht, daß ich bloß so rede, weil in dieser Woche der Umsatz so ge­ring war. Du, Nadel", erinnere Dich wohl, was am hellen Tag mit dem Tramwaykutscher" geschah, der mich nicht als seinen Chef achten wollte. Und Du, Roß". ich weiß wohl, was Du denkst: Du willst Dich ganz im stillen drücken und zusammen mit Deinem Schwager ein Geschäft gründen, für das Geld, das gesammelt wurde, und für das, das Du der Partei gestohlen hast, trotz Deines Schwurs, alles bis zum legten Pfennig abzuliefern. Aber von uns zieht man sich nicht so leichten Kaufes zurück. Und der an so was denkt, mag sich an gewisse Ereignisse erinnern!

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Und jetzt rate ich euch in Güte denkt an das, was war! Hier redet heute einer wie der andere und sagt: schlechte Zeiten!

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Ja, warum?

Ihr dummen Feiglinge! Jetzt erst kommt für uns die Beit! Jett erft ist es unsere Sache, der Welt zu zeigen, was Kommunisten find! Aber ihr versteht nichts! Oder verstehst du's, Schutzmann", so sprich! Warum glaubst du, daß man jetzt feine größeren Geschäfte mehr machen fann? Sprich, ich befehle es dir!"

( Fortießung folgt.))

Die Spinne.

Bon Paul Eitel. ( Schluß.)

Schweigend arbeitete ich längere Zeit. Tiefe Stille herrschte- die dumpfe, eintönige Stille eines tief in der Erde liegenden Ge­wölbes mit seinen fahlen, schmußigen und finsteren Mauern, die etwas Graufiges, Unheimliches hatten. Das Gaslicht über meinem Kopfe, das frei brannte, summte leise, zischend, in furz abgebrochenem Pfeifen. Und dieses Geräusch flang wie ein schwermütiges Lied, das Lied eines lebendigen Grabes, eintönig und monoton, und machte die Stille, das unheimliche Schweigen in diesem Raum nur noch dumpfer und erdrückender.

Als ich mit dem letzten Brett Schrippen fertig war, sah ich einmal flüchtig auf. Ich war überrascht: mitten an der Wand lief die Spinne. Sie war von dem alten Rez heruntergefrochen. Blöglich hielt fie inne und blieb stehen, als wäre sie selbst überrascht, daß ich sie sah. Und zögernd wandte sie sich, einmal nach rechts, dann wieder nach links, um dann, wie in einem schnellen Entschlusse, mit einem einzigen Saß in ihr neues Gewebe dahinzuschießen, wo sie sich gleich in den äußersten Winkel verkroch. Sie blieb da mehrere Tage verborgen, taum daß sie sich hin und wieder ein wenig rührte. Jch opferte jeden Tag/ Stunde für fie und fing ihr eine Fliege. Manchmal zwei, auch drei. Sie nahm sie alle an. Allmählich verlor sie die Schen und wagte jetzt öfters, aus ihrem Netz hervorzufriechen. Anfangs blieb fie aber immer in dessen Nähe. Eines Nachts aber ich rollte gerade den Kuchenteig zu einem langen dünnen Fleck aus fam fie zu mir herunter und troch bis zu dem schmalen Rand der hölzernen Teigmulde vor, wo sie eine ganze Weile sitzen blieb und mir aufmerksam zusah. Mich rührte und feffelte das Gebahren dieses fleinen, winzigen Tieres, das eine große Intelligenz berriet, und ich dämpfte den Lärm des alten Noll­holzes, das furchtbar quietschte, um sie nicht zu erschrecken. Endlich wagte sie sich mehr vor und troch auf der Mulde hin bis zu dem ausgerollten Teigfleck hin, den sie mit ihrem spitzen Schnabel be­fühlte. Und zuletzt stieg sie hinauf und spazierte auf dem Teige herum. Mir war das höchst unlieb.

Eine Weile wartete ich in der Hoffnung, daß sie von selbst wieder weggehen würde. Aber ihr fiel das nicht im geringsten ein; fie schien sich im Gegenteil beinahe häuslich niederlassen zu wollen. Ich hatte wenig Zeit, und mit dem Fettopf in der Hand stand ich ratlos da und wußte nicht, was beginnen. Sie hinderte mich an der Arbeit. Und anfassen wollte ich sie nicht, da ich fürchtete, ich tönnte ihr wehetun.

3weimal rief ich ihr zu: Aber so geh' doch weg. Siehst du denn nicht, daß du mich aufhältst!" Sie hörte nicht. Da blies ich fie mit meinem warmen Atem sachte an. Sie sträubte sich, trümmte ihren Leib hoch, indem sie mit den Füßen sich fest gegen den Teig anstemmte. Ich blies abermals, diesmal aber stärker. Und wirklich, ich brachte sie von ihrem Blazz herunter. Ganz böse drehte sie sich nach mir herum, dann schlich sie wieder langsam, trübe weiter.

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Es tat mir eigentlich leid, daß ich fie ein wenig geärgert hatte. Aber diesen Borfall batte sie bald wieder bergeffen, und sie wurde bon Tag zu Tag kecker und zutraulicher. Wenn ich jetzt abends in die Backstube trat, schlüpfte sie gleich aus ihrem Winkel hervor, ge rade als ob sie auf mich schon gewartet hätte. Sie rannte unruhig an der Wand hin und her und sah mich erwartungsvoll an. Ich wußte schon, was das hieß, und ich begann, die Wände nach einer Fliege abzusuchen. Das war das erste, was ich tun mußte. Sie war ein sehr boshafter Thrann, meine fleine Freundin, die mir wenig Ruhe ließ. Manchmal verlor ich die Geduld und fuhr sie an: Aber so geh doch endlich mal, du dummes Ding. Ich habe iegt teine Beit." Sie blieb aber figen und sah mich groß, ber­wundert an. Ich konnte ihr wirklich nicht böse sein, und ich mußte sie dann schön bitten und locken, an meinem Finger hinaufzufriechen, bamit ich sie an ihr Gewebe hängen konnte. Denn anders brachte ich sie nicht fort.

Besonders gerne spazierte sie auf meinen Händen herum, gerade als ob sie mich liebkofen und mir ihre Freundschaft damit beweisen wollte. Ich hatte sie darin ganz verwöhnt. Aber sehr unlieb war es mir, wenn ich mich zum Effen auf die Teigmulde jezte und sie dann antam und über meine Hand oder über meine Schenkel lief und auf die belegten Stullen hinauf spazierte, um auch ihre Nase da hinein zu stecken.

Defters spielte sie mir einen Schabernad. Einmal war ich eine Weile draußen vor dem Dfen gewesen, um nach dem Feuer zu sehen, und als ich wieder zurückkehrte und weiter essen wollte, fand ich meine übrigen Stullen mit einem ganzen Netz von feinen Fäden überzogen. Triumphierend stand sie auf dem einen Ende und blinzelte mir übermütig, ein wenig boshaft zu und rieb sich ihre Beine auf der glatten, schwarzen Wursticheibe ab. Ich unterdrückte meinen Merger und jagte sie etwas unsanft weg. Die Stullen mußte ich fortwerfen. Ich entdeckte noch eine andere Eigenschaft, die ich bisher an ihr och nicht tannte: eine furchtbar große Neugier, die fie oft zu den gewagtesten Torheiten verleitete. Sie fletterte einmal an dem eijernen Gasrohr boch, um das Licht, die summende, tanzende und immer nervös fladernde Flamme näher in Augenschein zu nehmen, und hätte sich beinahe ihren Kopf dabei berbrannt. Erschreckt purzelte sie wieder an einem langen Faden hängend herunter und landete auf der Mulde. Sie war im ersten Augenblick so bestürzt, daß sie sich nicht rührte.

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Ich konnte nicht umhin, ihr ein wenig Vorhaltungen zu machen, und sagte zu ihr:" Siehst du, meine Liebe, das kommt daher, weil du zu vorwizig bist! Ueberall muß man seinen Schädel nicht hineinstecken!"

Aber sie hörte herzlich wenig auf meine Moral und kehrte mir ihren Rücken zu. Und nach einer Weile lief fie, müde und schlecht­gelaunt, in ihren Winkel, um sich dort auszuruhen.

Uebrigens besaß sie auch einen großen Mut. Das bewies sie, als eines Nachts ein schwarzer, dicker Käfer durch die schmale Rize aus dem Mehltrog hervortroch und neugierig den Kopf in die Höhe streckte und in der Luft herumschnüffelte. Kaum hatte sie ihn gefehen, als sie auch schon wie ein schnelles, flinkes Nad auf ihn losschoß. Der Käfer machte erschrocken tehrt und rannte schnell davon, dicht hinter ihm her meine kleine, energische Freundin mit vorwärts gebogenem Kopf wie ein Stier, der auf den Feind losgehen will. Sie ber­schwanden beide durch die schmale Rize in den Mehltrog hinein. Eine ganze Viertelstunde blieb sie verschwunden, dann erschien fie wieder, ganz weiß, mit einer dicken Schicht Mehl bedeckt und be­wegte fich langsam und schwer vorwärts wie ein feiner, runder, lebendig gewordener Mehiklumpen. Ich erkannte sie taum wieder und es fehlte nicht viel, so hätte ich sie mit dem Besen von der Mulde heruntergefegt. Ganz erstaunt rief ich ihr zu: Na, wie siehst denn du Sie schüttelte sich, fragte mit ihren langen Hinter­beinen das Mehl vom Rücken und scheuerte ebenso ihren Kopf. Ihre alte graue Farbe bekan fie aber nicht wieder, fie blieb immer noch von einer dünnen Schicht Mehl bedeckt, die sich nur langsam verlor. Das fümmerte fie aber äußerst wenig; fie lief berum, munterer und vergnügter denn je.

aus?

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Einmal letterte sie, wohl um mir besser zusehen zu können, wie ich den Schneckenteig zusammenrollte und ihn in schmale Scheiben zerschnitt, auf den Fetttopf hinauf und balancierte auf dem dünnen, schmalen Rand. Es war gewiß Neugier, die sie veranlaßte, fich etwas tiefer über den Topf zu bücken. Plötzlich rutschte sie auf dem glatten Rand aus und plumpfte mitten in das flüssige Fett hinein. Und erbärmlich, dem Ersticken nahe, zappelte sie in dieser gelben Flüssigkeit herum und arbeitete sich, je mehr fie fich anstrengte, aus dieser tückischen Falle herauszukommen, nur immer tiefer hinein. Ich fischte sie mit einem Finger heraus, sie hatte so viel Fett auf­gesogen, daß sie sich kaum mehr rühren konnte; nur mühsam troch fie vorwärts, einen langen, dünnen Fettstreifen hinter sich bildend. Bum Glück war das Fett nicht heiß gewesen, sonst wäre sie un­fehlbar verbrüht. und fie Das sind nur einige der Abenteuer, die sie erlebte erlebte deren viele! Aber eines Abends trat etwas ein, das ihrem jungen, winzigen Leben ein jähes Ende bereiten sollte. Es waren sieben, vielleicht auch acht Wochen verflossen, seit ich mit der Spinne befreundet war. Da erschien einmal mitten in der Nacht der Meifter. Er fehrte von einem Statklub zurück, dem ein halbes Dugend Bädermeister der Nachbarschaft angehörten und den er

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