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Hauswirtschaft.
Standes verbirgt, daß er manchen als ein Muster an Heiligkeit und Hunderte von Händlern bieten an, was eines Orientalen Herz erscheint. Seine Weibergeschichten wiederholen sich an jedem erfreut. Ein merkwürdiges Völkergemisch drängt und schiebt sich Orte, wohin sein Amt ihn führt. Man munkelt von Abtreibungs- hier durcheinander, fehnige Albanesen mit funkelnden Augen in den geschichten. Er pflegte die Frauenzimmer sicher zu machen, indem Raubvogelmienen, hochgewachsene Montenegriner mit stolzem Gange, er sie sich antraute und ihnen flar machte, daß ein Mädchen sich beturbante Türken, zerlumpte Zigeuner, Italiener und Griechen mit einem Geweihten gewisse Sünden gestatten dürfe. Er suchte Dalmatiner und Bosniaken, Gendarmen und Soldaten, die Kawassen Wenn vom türkisblauen bie Rechtfertigung seines Treibens in der jesuitischen Moral- der Konsulate und vereinzelte Fremde. theologie, die er glänzend beherrschte, und seine Vergehen schob Himmel die Sonne goldig berniederstrahlt und die Schneealpen da er von sich ab und nannte sie sehr geschickt Sünden des Zölibats. drüben sich im lächelnden See widerspiegeln, dann föhnt dies Gemälde Trotz aller flaren Beweise bleibt er in 99 Verhören, die sich mit dem sonstigen Stutari aus! über vier Jahre erstrecken, standhaft im Leugnen. Er sucht Schutz hinter seinem priesterlichen Charakter und malt aus, wie verrucht er sein müßte, wenn er mit blutbefleckten Händen den Kelch des Herrn anzufassen gewagt hätte. Eines Tages, in reueboller Schwäche, legt er ein Bekenntnis ab; er wolle sein Gewissen entTasten. Aber die nun folgenden Verhöre sind Jongleurkünste jesuitischer Dialektif. Alle seine Handlungen rechtfertigt er aus der Ethica christiana eines Pater Stattler:" Ich kann unmöglich glauben, sagt er, daß meine Absicht ein Verbrechen sei, indem ich nur meinen öffentlichen Kredit sowie die Achtung des Klerus zu erhalten und den öffentlichen Skandal zu vermeiden suchte." Nach seiner Auslegung der Moraltheologie ist seine Tat eine NotHandlung, eher gut als schlecht, weil die Ehre des Klerus auf dem Spiele stand, und er versucht den Untersuchungsrichter mit seiner jesuitischen Sniffologie und Pfiffologie zu überrumpeln. Aber dieser Herr hatte wahrscheinlich ebensowenig Sympathie für die Moraltheologie wie der eingefleischte Rationalist Feuerbach . Seltsameriveise entging Riembauer dem Tode und wurde zu FestungsStrafe verurteilt.
In seinem Roman„ Kaspar Hauser oder die Trägheit der Herzen" hat Wassermann ein prachtvolles Charakterbild des unbeugsam rechtlichen Menschen Feuerbach entworfen, der seine Kombinationen über den Fall Hauser, die auf ein in hohen Regionen begangenes Verbrechen hindeuteten, mit großer Kühnheit in die Welt warf und für das Recht des Nürnberger Findlings selbst vor Fürstenthronen eintrat. Auch diesen Feuerbach findet man in Der Sammlung, den Rechtsfanatiker, der nur die unbetrügbare Wahrheit kennt, und zwar in einem Memorandum für den König über einen chemaligen Minister, der sich unter dem vorigen Fürsten schwerer Unterschlagungen und Ausbeutungen schuldig gemacht, aber als fürstlicher Gelegenheitsmacher jeder Strafe jahrelang entging; seinen Staub sogar noch mit der Privatschatulle feines Herrn teilen durfte, dann aber in Ungnade fiel und ohne Recht und Urteil lange Jahre eingeferfert blieb, bis Feuerbachs Schrift ihm die Freiheit wiedergab. Feuerbach fennt keine höfifchen Rücksichten. Ihm ist nur das Recht heilig. In diesem Schriftfak bat er aber überdies ein reizendes Kulturbildchen aus der Zeit ber absoluten Fürsten aufbewahrt.
Kleines feuilleton.
Wie soll man Tee bereiten? Die richtige Antwort auf diefe Frage scheint jedermann zu wissen, und dennoch sind auf dem Erdenrund sehr verschiedene Methoden der Bereitung des russischen" Tees im Schwang, als Zeichen, daß dieses Problem" auf manche Weise gelöst werden kann.
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Wichtig für die richtige Ausnüßung des Tees ist es, au wissen, daß sein Aroma von einem flüchtigen ätherischen Del und seine anregende Wirkung von dem mit dem Koffein völlig identischen Alkaloid Tein abhängt. Alle übrigen chemischen Substanzen im Teeblatt, wie die Gerbsäure, Gummi, Dextrin, munden dem europäischen Gaumen nicht.
Die richtige Teebereitung muß also anstreben, das aromatische Del und Tein herauszulösen, die übrigen Stoffe zurückzubehalten. Da das ätherische De! flüchtig ist, ergibt es sich von selbst, warum alter Tee ausrauchi", und warum Tee nur gut verschlossen, feineswegs aber in Bapierpackung aufbewahrt werden soll. 50-60 Proz. des Teins und der aromatischen Stoffe lassen sich nun in kochendem Wasser binnen einer Minute aus den Teeblättern lösen, während die Gerbsäure längere Zeit zur Lösung bedarf. Hieraus folgt, daß das russische Verfahren der Teebereitung, bei dem die Teeblätter mit ein wenig siedendem Wasser übergossen werden, und von dieser konzentrierten Lösung dann je ein Löffel den mit heißem Wasser gefüllten Schalen zugeteilt wird( nach den neuen chemischen Analysen von Dr. Andriaka) unzweckmäßig ist. Da gegen erscheint es ökonomisch, weil es einen dreimaligen Aufguß ermöglicht, bei dem freilich die Wiederholungen völlig der aromatischen Stoffe entbehren.
Noch unpraktischer freilich ist die Methode, die Teeblätter mit dem Wasser kochen zu lassen, da hierbei zwar viel Tein, aber noch mehr Gerbsäure gelöst wird und die aromatischen Stoffe sich verflüchtigen.
In England entfernt man die Gerbsäure, indem man in die Teeschale etwa ein erbsengroßes Stüd reine Gelatine wirft. Diese bindet die Gerbsäure und das Getränk ist dann auffällig aromatischer, bedarf freilich nach unserem Geschmad einer nochmaligen Filtrierung.
Aus alledem ergibt sich, daß der Teekenner sein Lieblingsgetränk so bereiten wird, daß er relativ viel Teeblätter in das gekochte Wasser wirft und schon nach einer halben, spätestens nach zwei Minuten filtriert. Will er aber sparsam damit umgehen, empfiehlt sich ihm die russische Art der Teebereitung.
Erziehung und Unterricht.
Stutari. Als Stambul des Westens" ward häufig Stutari, das seit Monaten so heißumrungene, bezeichnet, das gerühmte Stadar der Serben, und gepriesene Stodra der Albanesen, und gern hatte sich die Phantafie ein idyllisches Bild gestaltet, einer schönheits- Schulgefahren. Tausende von Schulkindern sind durch reichen, gartenvollen Stadt des Drients am weit und weithin sich die Einschulung zu Ostern dem ungehinderten Verkehr mit der Natur ausdehnenden, von hohen Gebirgszügen umrahmten See. Aber, entzogen und unterliegen allen Gefahren, welche ein regelmäßiger, wie so oft auf türkischem Boden, schaut die Wirklichkeit gar anders andauernder Aufenthalt in geschlossenen Räumen mit schnell veraus, und es gibt wohl keinen europäischen Reisenden, der beim brauchter Luft und meist ungenügender Lüftung, noch dazu unter nüchternen Anblick der Hauptstadt Oberalbaniens nicht herb ent- Anspannung der geistigen Kräfte naturgemäß zur Folge haben muß. täuscht gewesen wäre. Nicht einmal, wie sonst häufig bei anderen Hier heißt es für die Eltern, doppelt acht geben, daß das Kind bei orientalischen Ortschaften, spiegelt das Aeußere ein malerisches den ersten Anzeichen von schlechtem Befinden sofort in naturgemäße Kulissenbild vor: ein zum Teil recht schmuddeliges und unansehn Behandlung genommen wird. In bedenklichen Fällen wird natürlich liches Nest ist's, mit engen Gäßchen und halbverlassenen sofort der Arzt zu rufen sein. Leichtere Fälle von Fieber, KopfStraßen, in denen fich nicht die geringsten Anklänge an die geschicht- und Halsschmerzen wird oft schon eine einfache Heilanwenliche Vergangenheit der heute etwa 20 000 Bewohner zählenden dung beseitigen fönnen. Ruhe in frischer Luft, Luftbad, ein Stadt, finden, die einst die mauerumgürtete Residenz des Königs schnelles Abreiben, ein Leibumschlag während der Nacht mit nachGentius von Illyrien , dann in römischem, serbischem und venezia- folgender Abwaschung des Körpers am nächsten Morgen. Schwinden nischem Besitz gewesen ist, bis sie 1479 an die Türken fiel. Brände dann die Symptome nicht sofort, dann ist um so sicherer auf eine und Erdbeben, das letzte vor acht Jahren, haben gründlich auf- ernstliche Erkrankung zu schließen. Vor allem auch heißt es jetzt auf geräumt, falls dies nicht schon vorher die Bewohner selbst getan, eine vernünftige Diät halten, die keine Eiweißmast sein darf, die gleichgültig gegen alles, was die Patina des Altertums trägt und aber anregende und gesunderhaltende Nährsalze in reichlichem Maße mit bentwürdigen Erinnerungen verknüpft ift. Deshalb fallen zuführt. Zweifellos auch ist die Ansteckungsgefahr in der Schule uns auch viele neuere, zum Teil von Gärten umgebene Bauten eine größere als zu Hause. Hier heißt es darauf achten, daß das auf, Orient und Dtzident in enger Nachbarschaft, hier schlanke Kind in diefer Beziehung nichts aus der Schule" mit nach Hauſe Minarets und gekuppelte Bäder, neuere und ältere. Friedhöfe bringt. Oft wird das Kind, damit es nur ja in der Schule, nichts verund vielumfassende Haus- Gasthöfe, dort freundliche Häuschen mit fäumt", noch in die Schule geschickt, wenn es bereits deutliche Anzeichen grünen Jalousien, verschiedene ton ihnen mit grellen Konsulats- von Erkrankung äußert. Wegen so einem bißchen werden wir doch wappen an den Eingängen und flatternden Fahnen auf den roten das Kind nicht zu Hause behalten!" heißt es oft in solchen Fällen. Dächern, ein von einem Kroaten gehaltenes Hotel mit dem stolzen Hier sollte die Rücksicht auf die Gesundheit des Kindes stets den Namen„ Europa " und ein ganz lauschiger Kleiner Park, der an den Schulrücksichten vorausgehen, auch auf die Gefahr hin, daß das Kind Hauptplay stößt, nabe Uhrturm und Kaserne. Das Charakteristische eine schlechte Zensur mit nach Hause bringt oder gar einmal nicht an Stutari sind der 500 Meter hohe Tarabosch, der die Stadt versezt wird. Ein gesundes Kind holt das Bersäumte bald nach, und ihre Umgebung beherrscht, eine natürliche Festung mit in den einem franken nügt keine gute Zensur und feine Versegung. Hier Fels eingebauenen Schanzen, und der Bazar, der in viertelstündiger foll natürlich nicht etwa der Ueberängstlichkeit das Wort geredet Entfernung am See liegt und aus weit über 1000 Buden und werden. Am sichersten werden die Eltern immer sein, wenn das Hütten besteht. Hier, in diesem Gewirr und Geschwirr, entrollen Kind durch naturgemäße Lebensweise und Ernährung einen widerfich feffelnde und volkstümliche Szenen voll echtesten orientalischen standsfähigen Störper erhalten hat, der alle Schädigungen aus eigener Gepräges; in den offenen Ständen find zahllose Handwerker tätig kraft besiegt.
Berantw. Nedatteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
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