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Noch nicht noch niche will ich flehend rufen. Die kleinen Räder sind schon aufgeprallt, ein Rud im Siz, die Erde ist unter uns und nimmt uns auf, und da halten wir schon, tausend Menschen brüllen und stürzen sich auf den Apparat. Mit einem sonderbaren Gefühl von Kleinheit und Scham steige ich aus, flettere auf die Erde hinab, entkleide mich der Brille, der Müße, des Man­tels, gebe dem Flieger die Hand und gehe hinweg, durch das dichte Volk hindurch, keines Gefühle nah Gedankens sicher, aber in allem, was ich an Sehnsucht und Abenteuerbedürfnis und unbezwinglich triebhaftem Fernweh in mir habe, neu erregt und gestärkt und vertieft

aber mehr nur reproduktiv, ich glaubte nur halb daran, und ver- driger streichend. Längst ist der große Horizont versunken, the gaß es sogleich völlig, denn zufällig fiel mein Blick seitwärts auf Erde wallt zu uns herauf, die Menschenhausen atmen uns entgegen. die Erde und da sah ich erst, daß wir schon hoch, hoch waren. Der Nochmals fliehen sie vor unserer Maschine davon, eine Gasse irit Motor sauste, der Wind schrie, meine Hände froren und meine steht, wir gleiten nieder. Nase wurde falt, und da neben mir, an der dünnen Holzlatte vorbei, sah ich die Stadt Bern   und die krumme Aare und Fabriken und Kajernen und Reitplähe und Alleen liegen, drollig klein und schief und hingestreut, und es fiel mir ein, wie dieser Anblick des fleinen Getriebes und des zum Spielzeug gewordenen Menschen­wefens mir einst vom Zeppelinschiff aus Spaß gemacht hatte. Aber das war etwas anderes! Dort war es ein behagliches Buschauen wie aus einer Loge gewesen. Hier waren die Blicke auf Stadt und Felder, die ganze verkürzte und flächenhaft gewordene Welt durchaus nur zufällige Beigaben. Die Hauptsache war: Wir flogen. Und wie wir flogen! Wir stiegen in Wellenlinien hinan, immer höher, und je und je taten wir plöblich, wie in einer Atem­pause, einen kurzen lautlosen Fall, der Sib schwand unter mir weg, mein Magen höhlte sich weit. Dann gleich wieder Trieb, An­itiea, Kraftgefühl. Dann wieder der kleine unberechenbare Fall, Atempause, horchendes Schweigen im Magen.

Die Landschaft ist mir noch immer nicht ar geworden; ich size wie ein Knabe, vom Erleben hingenommen, und habe den Ver­stand daheim gelassen. Ich werfe, von Schauern feliger Bangigkeit unterbrochen, meine Blicke und Atemzüge wie Lieder und Seufzer in die Welt, ich schwebe atemlos mitgeriffen in einer ungeheuern Musit durch die Räume, ich bin ganz Kind, ganz Knabe, ganz Aben­teurer, ich trinke den berauschenden Wein des Losgerissenseins, der Gleichgültigkeit und Verachtung gegen alles Gestrige, der ani­malischen Erregung in tiefen Zügen, ich bin Drache und Wolke, Prometheus   und Ikarus.

O Gott, was ist das? Was steht dort so groß, so wirklich und edel mitten in dieser laufigen Welt, die ich so tief verachte, die so schäbig und winzig und fleinlich eingeteilt zu meinen Füßen liegt? Am Rande der Welt, hinter all dem Gewimmel nichtiger Formen und irdischen Getändels, stehen wunderbar und groß die Berge. Ich sehe den riesigen Eiger   streng und dunkel, das hohe Schreckhorn einsam und vornehm an seinem Orte stehen, und ich ahne beim Anblick des ungeheuer erweiterten Horizontes so etwas wie einen raschen Flug über die Erde hinweg: wie da die großen Gebirge, Wüsten, Meere einzig übrig bleiben, alles andere versinkt und sich als verwesende Moräne kundgibt.

Wir fallen tief, mein Magen hat sich daran gewöhnt, schon nach Minuten hat er sich angepaßt und läßt das Ribeln bleiben. Die Berge sind weg, wir hängen schräg nach links über, gegen einen feindlichen Wind, über die Flügel weg sieht man Jurazüge, senkrecht unter uns die Aare, gepflegten Wald, Höfe am Ende der Kurve unvermutet ein Blick über die ganze Stadt, vom Bärengraben an aufwärts, wie sie auf ihrem Felsen im Bogen der Aare liegt.

Die früblingstoilette

des Zimmeraquariums.

neue

Der herbstliche Niedergang in der freien Natur findet seinen Weg auch in das Zimmeraquarium. Das lebhafte Wachstum der Tier­und Pflanzenwelt hört auf, und während die Tage sich fürzen, häufen sich im Aquarium die Abfallstoffe. Mit dem sich verschlech ternden Aussehen mindert sich fast regelmäßig das Interesse des Aquariumhalters, und wenn es im Frühling mit verstärkter Kraft erwacht, hat er meist ein trübes, verfallenes Wasserbecken vor sich. Da heißt es ganze Arbeit machen oder wenigstens gut auffrischen. Was an lebendem Getier vorhanden ist, wird mit dem Käscher in eine große Waschschüssel oder in Eimer hinübergeangelt, wobei darauf achten muß, man daß das Wasser nicht tälter oder wärmer oder unbedeutend ist als das alte. nachdem es vorher etwas Dieses wird dann abgegossen, aufgerührt wurde, so daß die obere Schicht des Bodenbelags auf­gewirbelt und beim Ausgießen mit fortgeschwemmt wird. Mit Hilfe eines steifen Kartenblattes hebt man dann noch einige Milli­meter des sandigen Grundes ab, bis man wieder auf reinen Boden stößt, den man dann mit ausgewaschenem Flußiand wieder auf die alte Höhe aufschüttet. Etwaige durch Algenüberzüge blind" ge wordene Stellen der Glasscheiben muß man aber schon vorher mit einer steifen Bürste oder einem hölzernen Schaber aufhellen und ab­ipülen. Solecht entwickelte Pflanzen werden entfernt, neue werden eingepflanzt, wozu feine besondere Anleitung gehört. Wer mit der heimatlichen Pflanzenwelt schon Bescheid weiß, pflegt sich seinen Bedarf aus den Seen und Gräben der Umgebung zu holen. Der Anfänger gebt am besten zum nächsten Aquariumhändler, wobei er beachte, daß in einem kleinen Behälter auch nur kleine Pflanzen gehören. Mit der nordamerikanischen Elodea densa wird er aber in jedem Falle zufrieden sein. Beim Einfüllen des Wassers legt man zuvor ein Stück festes Papier auf den Sandboden und gießt das Wasser im dünnen Strable langfam darauf; dadurch wird verhütet, daß Sand und Erde bei der Einfüllung aufgerührt werden. Ob man mit Regen- oder Leitungswasser füllt, ist gleich­gültig; aber erst wenn es Zimmertemperatur   erlangt hat, darf man die Tiere wieder in ihr altes Heim setzen, und wenn man neue Pflanzen eingefegt hat, soll man mit dem Einsetzen lieber noch einige Tage warten, bis die neuen Pflanzen sich angewurzelt haben. Wan   stellt das Gefäß, wenn man etwa umgezogen ist, in die Nähe eines Fensters, aber nicht in den direkten Bereich der mittäglichen Sonnenstrahlung.

Wann werde ich über die Alpen   fliegen, über das Meer? Ich muß das einmal bis zur Sättigung ausfosten! Ich sehe ja nichts, ich ahne und fühle bloß, ich taumle entzückt und beängstigt durch eine andere, jäh vor mir aufgerissene Welt, nur langsam lerne ich wieder denken. Die Welt ist Erhabenheit, erhaben ist Gebirge, Wüste, Meer. Der Mensch bringt den Humor hinein. Ich beginne fie wieder zu lieben, die Menschen, die da drunten so fleinlich und sonderbar wirtschaften, die den Wald frisiert und die Hälfte der Welt in kleine, umzäunte Landfeßchen zerrissen haben. Ich will nicht schwebende Wolke, treibende Schneeflocke, ziehender Vogel sein, ich will nicht die Berge lieben und die Menschen schmähen, deren schwächster ich bin ich will mit aller Liebe, deren ich fähig bin, mich zu ihren Schwächen und zu ihrem Stolze bekennen. Das sind nicht die Pferdekräfte und nicht die genauen Rechnungen der Die hohen Mieten in den Großstädten bringen es ganz von technischen Wissenschaft, die mich und den Flieger und Blériot   und Latham in die Höhe geriffen haben. Das ist die alte große Sehn- selbst mit sich, daß die Aquarien eher zu flein als zu groß gewählt sucht, das ist der aus Schwäche geborene Troß, das ist Titanenerbe. werden. Man muß sich nun büten, ein fleines Aquarium mit vielen Das hat uns fliegen gelehrt. Aber mit dem Fliegen ist keine Sehn- Fischen vollzustopfen. Einige Arten gibt es allerdings, die so an­fucht erfüllt, der Bogen ist nur stärker und wilder gespannt, die spruchslos und dabei so organisiert sind, daß man nicht ängstlich zu Kreise des Wunsches sind weiter gezogen, das Herz brennt tropiger. fein braucht. Hierher gehören in erster Linie die Matropoden, Träume, Bruchstücke von Gedanken, Bruchstücke von großer die jedermann bekannt sind. Sonst aber muß man in der Regel Musik umgeben mich. Da weckt mich ein unsäglich bangfrohes, ge- auch im gut bepflanzten Aquarium mindestens 3-4 Liter Wasser spanntes, überraschtes, mißtrauisches Gefühl, das durch alle Nerben auf jeden höchstens fingerlangen Fisch rechnen. Ist die Bevölkerungs­geht. Der Motor schweigt. Wir hängen in der Höhe, wir neigen| dichtigkeit" zu groß geworden, so halten sich die Tiere dicht uns, und nun kommt das Wunderbarste, wir gleiten auf der elasti- unter dem Wasserspiegel auf. Sobald dieses Zeichen des Sauer schen Luft, die uns zuweilen mit leiser Schwellung prellt, wir stoffmangels sich einstellt, muß man durch Anbringung eines Durch fahren wachsam und flink hinunter wie ein Automobil mit abge- lüftungsapparates oder Verminderung der Fischzahl sofort Abhilfe stelltem Motor einen Berg hinab und wie ein Schiläufer seine schaffen. Unter anderen braucht unser heimischer Stichling. Halde hinunter gleitet. Dächer, Alleen, Schornsteine springen uns einer der lebhaftesten und amüsantesten Fische, der im Frühjahr entgegen, größer und größer wird der kleine Rasenplay, auf den leicht zur Brutpflege im selbstgebauten Nest schreitet, viel Wasser. wir zielen, und nun sehe ich, er ist das Flugfeld, und die paar Hat man daher wenig Raum, so begnügt man sich am besten mit trüben Trauben und Haufen schwärzlichen Gewimmels darauf sind den" Zauntönigen" unter den Fischen, die man bei jedem Aquarium die Menschenmenge. Herrgott, wir fahren mitten in sie hinein! bändler unter dem Namen, Girardinu 3" bekommt. Als diese Wir stürzen vorwärts wie rasend, immer dem schwarzen Haufen Tierchen vor erst anderthalb Jahrzehnten aus Südamerika   eingeführt entgegen, ich sehe einzelne Gruppen und Figuren schon deutlich, wurden, wurden 150 M. für das Paar bezahlt, während diese sie sind schon dicht unter uns, Weiber schreien auf, Kindermägde Liliputaner   jezt sehr billig find. Oft erhält man rennen entsetzt und verzweifelt mit ihren Babywagen davon, Knaben umsonst, weil sie lebendiggebärend, wie sie außerdem noch laufen Galopp, fallen, geben es auf. Wir aber nehmen, es ge- find- sich sogar in der Gefangenschaft so leicht vermehren, schieht ohne mein Wissen und fährt mir nochmals, zum lebten daß man bald genötigt ist, gute Freunde mit dem Nachwuchs zu Male, wunderlich kihelnd durch den Magen, wir nehmen einen fleinen Anlauf, machen einen Sprung und find wieder in der Luft. Wir haben nur den Platz für die Landung gesucht und um­fliegen das große Feld noch einmal im Kreise, niedriger und nie­

beschenken.

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fie

Wem das Leben der Fische nicht abwechselungsreich genug ist ein Fall, der sich besonders bei kleinen Aquarien einzustellen pflegt verzichtet besser darauf, indem er die heimische Kleintierwelt unserer