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die Gegenwart eines Dritten nur störend sein. Ich nehme an, Sie wiffen Ja, ja, ich weiß, Sie moderner Wundertüter," erwiderte Renatus bitter. Oh, hätten Sie lieber die Tote ruhen lassen. Es tut nicht gut, glauben Sie, es tut nicht gut, heutzutage Tote zu erwecken."

" Ich denke, die Sache ist für solche Scherze zu ernst." " Scherz?! Wer treibt denn Scherz? Bin ich ein Boffen reißer, daß Sie mich in eine solche Komödie hineinzerren?"

" Ich hoffe, das ist nicht Ihr dauernder Standpunkt. Lassen Sie mich die nötigen Aufklärungen geben. Als ich gestern aus dem Taufregister ersah, wer die vermeintliche Tote ist, habe ich

Schnaaje noch etwas hinzufügen, Fräulein Lämmerhirt gerührten Abschied nehmen, aber Renatus streckte abwehrend die Hände aus und wiederholte nur immer: Gehen Sie, bitte! Gehen Sie!" Als das Zimmer leer war, stürzte er an seinen Nachttisch und steckte sich eine Formaminttablette in den Mund. Dann blieb er vor dem Marmorrelief stehen. du Betrügerin!" stöhnte er. Oh, meine Ideale! Ich Großvater! Vierfacher Großvater! Wenn das meine Frant er fährt! Fort! Ich sage ab! Ich reise ab! Dies Lausenest sieht mich nicht wieder."

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Du

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mich sofort zu Fräulein Lämmerhirt begeben. Sie wissen viel Die Elektrizität Elektrizität als Laftarbeiter.

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leicht oder nicht? daß Fräulein Lämmerhirt Aufnahme in einem Stift gefunden hat, für das ein untadeliger Lebenswandel Vorbedingung ist. Ich habe dem Fräulein auf den Kopf zugesagt, daß sie die Kuratoren gröblich getäuscht hat, daß ich ihre Ver­gangenheit tenne. Herr Professor, als christlicher Pfarrer wäre es eigentlich meine Pflicht, Sie aufzufordern, Ihre Verfehlung von damals durch eine späte Sühne wieder gutzumachen." Was? Sie meinen? Halten Sie mich für geistesfrant?" Keineswegs. Ich weiß, daß man leider dem Leben Kon­zessionen machen muß. Für eine Heirat dürfte es unter diesen Umständen zu spät sein. Aber Sie können auf andere Weise Ihren jugendlichen Fehltritt wieder gutmachen. Hat Fräulein Lämmer­Hirt Ihnen mitgeteilt, daß ihre Beziehungen nicht ohne Nach­tommenschaft geblieben sind?"

Nachkommenschaft?"

Allerdings. Es ist wohl mehr die Schuld der Eltern als des Fräuleins selbst, daß dies bisher vor aller Welt geheim geblieben ist. Ga lebt in dieser Stadt ein Mann, Herr Professor, der das Recht hat, Sie Vater zu nennen. Er lebt in sehr fümmerlichen Verhältnissen. Ich wende mich an Ihr Gewiffen. Lassen Sie die zärtliche Teilnahme, die Sie fälschlich für eine Tote aufwandten, den Lebendigen zugut kommen! Ich habe Ihren Sohn herbestellt. Ich denke, jein Anblick wird am ehesten Ihr Vaterherz rühren. Ich werde ihn jetzt rufen."

Das alles hatte der Herr Pastor auf eine eigentümlich be­stimmte Weise geäußert. Nun ging er, ohne eine Antwort abzu­warten, zur Tür und rief:

Herr Lämmerhirt, fommen Sie doch, bitte, mal herein." Renatus rollte die Augen, wühlte in seinen Haaren, zerrte an seinem Kragen, schritt dann auf das Fenster zu und riß es auf. Mit verschränkten Armen, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, in der Haltung des ersten Napoleon, der düster seinem Schicksal troßt, nahm er im Fensterrahmen Stellung.

Aber was sich nun über die Schwelle drängte, war so über­wältigend, daß er seine heroische Pose vergaß und auf die Fenster­bank zurückfant.

Eine Frau von überquellender Leibesfülle, die ein Kind auf dem Arm, zwei an ihrer Schürze hatte, trat resolut zuerst ein. Hinterher stolperte ein Mann von ziemlich blödem Aussehen, der troh seiner Länge und seiner Kanonenstiefel wesentlich gegen sie abfiel. Aus seiner Seitentasche ragte eine kurze Pfeife hervor. An seiner Rechten führte er einen didköpfigen fleinen Jungen. Der Pastor schüttelte allen die Band, die Frau riß dem Jungen die Müße vom Kopf und wischte ihm mit dem Schürzenzivfel die Nase ab. Die beiden älteren Kinder gingen auf Fräulein Lämmer­Hirt, dann auf Renatus zu und sagten der Reihe nach Guten Tag". ,, Das ist recht, daß Sie gekommen find."

"

Rune  , mein Mann war erscht nicht zu bewägen, Herr Pastor. Aber ich hab ihn gesagt, wenn's der Herr Pastor doch sagt, miffen wir doch kommen. Der Herr Bastor wird schon wissen, wozu's gut ist."

Ich hoffe, es wird Ihr Schaden nicht sein. Der Herr Pro­feffer wünscht Sie kennen zu lernen."

Pastor Schnaase wandte sich an Renatus und murmelte: Bitte, sehen Sie ihn an. Die Aehnlichkeit ist unverkennbar." Wer sind diese.?" stammelte Renatus.

Ihre Enkel."

" Daß ich nicht lache!"

" Wie geht's Ihnen denn, Herr Lämmerhirt?" Rune,' s macht sich.' s ist jetzt grad e bißchen hart mit der Arbeit."

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' s muß eben gehn, Herr Pastor," fiel das Weib ein. Man schlägt sich so fümmerlich durch' s is ja nischt zu verdienen mit der Gärtnerei. Und die Kinder, Herr Pastor. Immer eens frank. Das is doch eso bei uns armen Leiten. Nu find se ja grad emal alle aus'm Bette. Aber die Kleenste hier, die wär uns bald drauf­gegange am Diphtheritus. Se is noch nich wieder so recht gesund. Und ich habe immer Angst, daß sie die andern noch anstedt."

" Diphtheritis?  " fragte Renatus. Ich bitte Sie, Herr Bastor!" " Ja. Ich hoffe, Sie werden etwas für sie tun. Nicht wahr, Sie werden sich Ihren Pflichten nicht entziehen." Hier! Da!"

Er holte sein Portemonnaie hervor und nahm so viel Geld Heraus, als er im Augenblick fassen konnte.

Ich werde später weiter sorgen. Aber nun gehen Sie, bitte. Ich ich bin am Ende. Das das geht über meine Kraft Neber meine Kraft! Gehen Sie, ich flebe Sie an!"

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Das Ehepaar und die Kinder wollten sich bedanken, Pastor

Seit Jahrzehnten ist man mit besonderem Eifer damit bc­schäftigt gewesen, Maschinen zum Heben von Lasten und für den Transport von Gütern zu konstruieren. In großer Zahl sind aber Kräne und Transportbänder erst in die Fabrikbetriebe und zahllose andere Arbeitsstätten eingedrungen, nachdem der Elektromotor für diese Art der Kraftleistung dienstbar gemacht worden war. Heute beherrscht der Kran die Welt. Ueberall, wo es etwas zu heben gibt oder geben könnte, hängt die fahrbare Kette von der Decke herab. Es gibt zierliche Miniaturfränchen und solche für 50 000 kilogramm Nublast. Alle aber arbeiten sie bei elektrischem Antrieb mit der gleichen Sicherheit und Akkuratesse.

Die vorzügliche Lenkbarkeit der Kräne wird insbesondere er­reicht durch die trefflichen Steuermechanismen, die dafür kon= struiert worden sind. Ta sitzt der Führer in seinem fleinen luftigen Häuschen am Stran hoch droben über allem Getriebe der Werkstatt. Es ist oft eine ganz gewaltige Maschine, die er zu beherrschen hat. Drei Bewegungen fann er mit dem Kran vollführen. Er kann das Strangerüst selbst hin und her fahren, die Lauffaße nach beiden Seiten hin dirigieren und den Hafen hinauf und hinab steigen lassen. Alle diese Bewegungen erreicht der Mann durch leichtes Drehen von Hebeln. Bei den ganz modernen Kränen ist ins besondere der Steuermechanismus für die Bewegungen von Lauf­fabe und Hafen sehr sein durchgebildet. Der Kranführer hat hier das Gefühl, daß er durch den Druck seiner Hand direkt Einfluß auf die Bewegung des Hafens nimmt, daß er selbst ohne Zwischen­schaltung einer Maschine die Last von mehreren tausend Kilogramm hebt und verschiebt. Er gewinnt dadurch eine große Sicherheit in der Steuerung und kann niemals durch falschen Hebeldruck einen Fehler machen. Dieser Effekt wird dadurch erreicht, daß die ge­famte Steuerung von Kranfabe und Rette in einen einzigen Hebel gelegt ist und daß dieser Hebel immer im Richtungssinne der Last­bewegung verschoben wird.

Dieser Universalsteuerschalter beligt cinen fräftigen Griff, der nach oben und unten, nach rechts und links bewegt werden kann. Der Schaltorganismus selbst besteht aus zwei gesonderten Säften. Links befindet sich die Steuerung für das Verschieben der Rauffage, rechts ist der Schalter für den Hubmotor untergebracht. Beide Or ganismen aber werden durch einen und denselben Hebel beeinflußt. Mit dessen Hilfe kann man jeden der beiden Motoren einzeln, man kann sie aber auch beide gleichzeitig laufen lassen, so daß zugleich mit dem Heben der Last eine Verschiebung stattfindet.

Der an die Apparate des rechtsstehenden Stenerfastens an geschossene Motor wird durch Auf- und Abwärtsbewegung des Führungshebels beeinflußt. Wenn man den von links aus ficuer­baren Motor betätigen will, muß der Hebel nach rechts und links verschoben werden. Beide Bewegungen sind vollkommen unabhängig voneinander. Drückt man den Schalthebel in die Höhe, so steigt die Kette des Krans empor; neigt man den Hebel nach unten, so scuft sich die Last. Eine Verschiebung des Steuergriffs nach rechts bringt eine Bewegung der Lauffaße im gleichen Sinne hervor; dasselbe vollzieht sich bei der Linksbewegung. Die Bewegungen des Hebels und der Last sind immer identisch, so daß für die Sinne des Führers der vorher erwähnte Effelt entsteht. Man fann sich denken, daß bei dieser vortrefflichen Anordnung ein Fehlgriff an der Kransteuerung ausgeschlossen ist, der ja bei schweren Lasten die schlimmsten Folgen haben kann. Bei diesen modernen Kran Haltern   braucht der Führer nicht jedesmal die vorzunehmende Maß­nahme zu überlegen; er folgt nur seinem gefunden Menschenver stand und wird dann immer die richtige Bewegung treffen. Bei der allermodernsten Art der elektrischen Kräne aber ist ein Haken überhaupt nicht mehr zu erblicken. Diese Maschine ist im stande, ohne sichtbaren Greifapparat und ohne Mitwirkung des Menschen durch eine geheime Kraft, die ihr innetwohnt, eiserne Lasten aufzuheben und fortzuschaffen. Diese Art der, Kräne wird am häufigsten zum Fortbewegen solcher Eisenstücke benußt, die man wegen ihrer rauhen Kanten und der grobförnigen Außenhaut nicht gut mit den Händen anfassen fann. Insbesondere kommen hierfür die Maffeln in Betracht, die groben Stücke, die vom Hochofen her direkt in Sand ausgegossen werden. Ihre Oberfläche ist voll feiner Spitzen und Nadeln, die jede Berührung verbieten.

Wenn man die Masseln in die Sießerei schaffen will, so kommt cin Kran angefahren, dessen Rette in eine runde Eisenplatte endet. Deren untere Fläche ist vollkommen glatt. Doch wenn diese zum Auflammern anscheinend sehr ungeeignete Scheibe bis auf eine furze Entfernung über die Eisenstücke hinabgelassen ist, so springen diese lustig zu ihr empor und bleiben an der glatten Platte gang fest haften. Ja, die Leidenschaft, dort nach oben zu kommen, ist