mU einer Szene in der Art des Daunner, mit der Halluzi.Nation eines Morde?. AlS er dann immer mehr zu sich selber kam,hat er aus solche Erregungen verzichtet und hat in der BedeutungS-losigkeit emeS Apfels die bedeutungsvollste Schönheit entdeckt. DasStilleben, das wir hier von ihm zu sehen bekommen, ist durch diewundervolle Rhythmik seiner unbegreiflich satten Farben Wohl dasschönste Bild der Ausstellung. Und der„Blick über die Dächer",der unzählige, in uns gespeicherte Vorstellungen, Jugendeindrückeund Sehnsüchte deS Mannes, wachruft, ist in der Selbstlosigkeitseines Seins, in der zwecklosen Selbstverständlichkeit seines Wer-dens von einer unvergeßlichen Poetik, und ist doch ebenfalls nur:Naturalismus.In Saal IIIA wurden einige der Jüngsten versammelt; mangruppierte sie um drei prachtvolle Bilder des ToulouseLantrec, den man den Klassiker des späte» Rokokos nennenkönnte. Eines dieser drei Bilder, eine gelbe Tänzerin, ist duftigwie ein Watteau und nervig, wie nur ein Exponent des zwanzig.sten Jahrhunderts es sein kann. Dabei zeigt dies verführerischeWerk eine Malhaut wie Edelsteinschliff. Dem Toulouse am nächstensteht Julius PaScin; freilich, es ist dieser dekadente Wildlingostöstlicher Abstammung neben dem Erben gezüchteter Kultur nurwie ein heißes Begehren neben einer kühl beherrschten Erfüllung.Pascins Akte frühwissendcr Kinder vermögen nie restlos dasparfürmiert Fleischliche in anmutig blühenden Schein zu wandeln.Aehnlich ist eS um die flimmrig pikanten Landschaften des C u r tH e r r in a n n bestellt. Sie vermöge» nicht völlig die artistischenAbsichten des Pinsels vergesse» zu machen. Es bleibt ein Rest vonAielierschlvere. Das gilt auch von Kokoschka, gilt in weithöherem Maße von den eigentlich Jungen, von Matlhes, Heuser,Steiner. Da» dieser Gruppe Gemeinsame ist die Mildigkeit desTones; sie werde» ihn gefunden habe», ohne miteinander bekanntgeloesen zu sein. Es gibt eben Menschen, die Moll, andere die Durlieben. Daß sich die gleichgcartete» Liebhaber ähnlich auszudrückenversuchen, ist zwar nicht merkwürdig, ist immerhin,>venn eS rubel.Iveise geschieht, ein Symptom. Das Rudel oder die Gruppe, dieSchule oder das Programm sind äber just charakteristisch für denAufmarsch unserer Jüngste». Das könnt« ein Zeugnis der präde-stimerten Notwendigkeit fein, kann aber auch als ein Anzeichender inneren Schwäche und als ein« Tendenz zum Gewerblichen,zum Kunstgewerblichen also, gedeutet werden. Man wird ab-warten müssen; da» ein« läßt sich heute schon sagen: eS steckt inall diesen Herandrängenden mehr Abficht als Notwendigkeit, mehrIntellekt al» Sinnlicksteit. Kokoschka, der Wiener, zum Exempelzerlegt die Dinge und Körper in ein System von Diagonalen; mankönnte an die Druck- und Zuglinien einer Jngenieurkonftruktiondenken. Da aber diese Li»!«» zuweilen auch wirr durcheinandergehen und so etwas wie Gefühlskurden anzudeuten scheinen, gibteS an manchen Stellen des Bildes ein heftige», zuweilen nichtunsympathische» Gekritzel. Wer Kokoschkas Zeichnungen kennt,weih, daß durch solche Kritzelei die Psyche«inigcr Köpfe, etwa derRichard Dehmels, typisch erfaßt wurde; in den Bildern stört dasgraphische Maß solcher Technik. Es wird die Nervosität der Linien.Bündel nur schwach überdeckt von einer durchsichtig wirkendenJarbenhaut, von einer opaleszenten, flimmrigen Schicht. DabeiHut der Künstler offenbar die Neigung, dem Ikinquecento nahe tzukommen; eS ist, als schaue ein«ntrenkter Lionardo durch«rnSpinngewebe aus Rege nbogenft reifen hindurch. HeinrichHeuser ist weit harmloser. Er macht«in« Kreuzabnahme,«ineheilig« Nacht, ein Schlachtgetriebe; es steht aus, als wenn ausSpielzeugschachteln Holzfigureu zu Silhouetten geklebt wordenwären. Mau könnte auch an die Jahrmarktsbilder„so hat auchin dieser Nacht, einer«in« umgebracht" gut denken. Dabei istdie Regie nicht ungeschickt; als Intarsia, als Mosaik, als Glasbildkönnte man sich die Angelegenheiten ganz gut vorstellen. AlS selbständige Kunstwerke haben sie nur die Bedeutung eines Mono-meters; sie zeigen an, daß allerlei Kräfte am Werk sind, da»Dekorative zn suchen. Ganz ähnlich steht es uni die übrigen Ge-Nossen dieses Saales in Moll.Im Saal IIIS häirat die schon erwähnte Kollektion MaxLieberniann. Es ist immer genußreich, die EntWickelungdiese» gesunden, klugen und doch temperamentvollen Künstlers nach-vrüfen zu können. Wir treffen hier kleine Bildnisstudien, diedirekt von Courbet und Muneachi kommen, trefft» eine entzückendeVorarbeit zu der in Helligkeit tauchenden Schusterwerkstatt derNalionalgalerie. Dann Beispiele für die„kanalisierten" Bilder,ei» Altniännerhaus, eine Stickschule. Schließlich die erregt hin-geschriebenen, von stürzendem Leben erfüllten Bilder der letztenJahre: ein sarbensatteS Kohlfeld. Auch von den Bildnissen derletzten Zeit sind einige Proben zu sehen. Gerhart Hauptmann, einrtlvas Verschlvommener Goethe, der Marburgcr Philosoph Eohe»,sprechend ahnlich, mit fühlbarer Anteilnahme an der Persönlichkeitdes rasseverwandten Geistes gemalt. Ter Entwickclungsgeschichteeines einzelnen ist auch der nächste Saal gewidmet; er enthältdreißig Bilder von Wilhelm Trüb»er au» der frühesten ZeitIns zur Gegenwart. Wieder ist Courbet einer der Paten, auch dasEngland der klassischen Porträtkunst und Constables sind zuspüren. Leibis Einfluß läßt sich allenthalben nachweisen, danebenaber regt sich frühzeitig die selbständige, sichere Art deS Modelleur».? rübner hat etwas vom Bildhauer; er hat eine Faust. Er ist dielsicherer als Liebermann, aber längst nicht so geistvoll, nickt sosleptifch, nicht so kritisch wi« dieser. Es gehört zu den Per-guügu ngen dieser Ausstellung, zwischen dem Liebermaun. und beutTrübnersaal hur und her zu pendeln» nur recht intim diese beidenverwandten und doch so verschiedenen Naturen miteinander zu der-gleichen. Nie hätte Liebermann so farbig sei» können, wie sichdies Trübncr bei seinem Postillcm oder bei de» Landschaften derletzten Periode ftisH_ Robert Breuer.,Kleines feuilleton.Die Mutter stirbt.Die langen Jahre her haben fie«S gewußt; nunwürgt die Tatsack)« vier mutige Seelen. Nie war Mutter»Herz gesund gewesen— solange sie denken können. E»hat die Frau viel gequält, diel gemartert. Nun liegt fie ausdem Sterbebett und mißt mit eisigen Fingern, die Decken. DunkleTiefen gibt das gedämpfte Licht ihrem Antlitz, das hie und dazu lächeln sucht. Sie will ihren Kindern kein« üble Erinnerungenhinterlassen an die Stunde, in der sie stirbt.Das Leben ward ihr gegeben, der Kinder Weg zu ebnen. PomAugenblick an, da fie neues Sein in sich spürte, liebte sie. DieSchreie, die ihr der Schmerz erpreßte, der Schmerz, der neue»Leben, die Kinder in die Welt warf, sie waren der Jubel ihrerKraft, die Schöpfer ward. Fünfmal war fie dem Tod« nah«;fünfmal hat sie geboren.Fünf Knaben. Vier stehen am Toten.bett; den einen hat fie begraben, vor langen Jahren. Da bleichteihr Haar in einer Rächt, da tat das Herz so angstvolle Schläge,daß es keinen ruhigen Gang mehr fand; da halsen nicht Kuren»nicht Arzneien.Die voll« Kinderstube vertrieb den Mann. Nächte hatte sieauf ihn gewartet, gesprochen hat sie nie. Und als er in die Erdesank, da weinte sie, als wäre er der geblieben, dem sie sich gabin blühender Jugend, in drängende» Kraft. Den Knöchel hat sichdi« Rot wund gepocht; sie durfte nicht herein zu der immer tätigenFrau. TagS pflegt« sie; nacht» arbeitet« sie: so wuchsen dt«Kinder.„Mutter I" Ter älteste flüstert's, der noch den Reisestaub derFerne an den Schuhen trägt.Mit letzter Kraft streichelt fie di« Hand, die so leicht ihrblutiges Geld verwarf, die nun ernster Arbeit dient und Gutestut; nie hat sie au ihm gezweifelt.Mit verkrampften Fingern stehen di« Zwillinge; hier schttnigt:das sausende Lebe«. Rastlos arbeiten in den Höfen di« rostigenHämmer, die schnellenden Maschinen, die Mutter» Hand schuf underhielt, bis sie die Fäuste rühren tonnten, di» sie das Dämmern derAhnung fühlten, wa» Mutter» Lieb« vermag. Da» Weib»es einenwill Mutter werden; da» erwartet fie nochl»Roch nichts?" fragt der Sterbenden Blick.„Noch nicht» I" gibt Jugend die Antwort.Der jüngst« läßt Mutters Puls frei; hier karn er nicht klügeln,nicht rechnend messen; der Arzt in ihm stirbt, weil die Lieb« sein«Diagnosen stellt. TaS Ende ist da: di« Hand, die sie geführt hat.di« ihre struppigen Bubeniöpf« glättet«, si« liegt kraftlos auf derDecke. Nie mehr wird pe sich hebe«, das Kreuz auf ihre Stirnzu zeichnen, das Kreuz, dem die Frau glaubt, das ihr Strohhalmwar im Weltmeer der Qual. Mit ttefer Rührung haben stvMutter» Stimme beten hören; wa» ihnen oft Schwäch« schien,feiges Festhakten am toten Zwang, heute hat«» Leben und Blutbesessen! Gleich ist die Form, wi« der Mensch die Schöpfung ehrt.mit Glaubens- oder Wissenslüg«; er ehrt sie, und es ist Lüge.a» Nach Ludwig» Bild sieht die Mutter, e» liegt auf der Deck«ihres Bettes, so hat sie'» gewollt. Dreißig Jahre find«». daß derSiebenjährige starb; sie hat ihn nicht vergessen.„Er muß jede» Jahr seine« Kranz auf dem Grab« haben.Ist das auch geschehen? Und ich liege— neben Vater."Die grauen Nebclflore heben und drehen sich vor den Fenstern.ganz weit, irgendwo draußen in der Welt steigt die Sonne aus;«» hat alle» sein Schicksal. Tie Tür klappt auf, eine atemlos«Stimme bringt die Kunde.„Großmutter", flüstert der jung«Vater und weint.Si« lächelt, und matt sivtt der Kops zur Seite. Das letzt«,was fie mit tiefen Freuden hört, ist der stark« Schall der haftigenTritt», mit denen di« vier zum Totenbett der Mutter stürzen.Kraft und Leben gaben ihr da» Geleit zur ewigen Ruh'.„ Walter v, Molo.Physiologisches.Welche Wärm« verträgt der menschlich« Körper?Zu dieser Frage wird un» folgende« geschrieben: Während meinerDienstzeit bei der Marine ivar ich zum Heizer auf dem UeiuenKreuzer„Seeadler" bestimmt. Wir lagen in Deulsch-Ostafrika. Beieiner Ausfahrt von DareSsalam zum Torpedoschießen gerieten wirmit unserem Schiff aus Grund. Bei Ebbe lag das Schiff gänzlich