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Er steht im Hof, seinem Vater gegenüber. Dieser sieht ihn| Die besten plastischen Arbeiten dieser Ausstellung wurden von nicht vor Wut, er speit sein Weib an und schreit sinnlos: Da fpud Hugo Lederer   gesandt: die bekannte Büste des Kapellmeisters ich noch druf" Ah, hat er nichts zur Hand? Jrgendwo hört er in Strauß, ferner der Säemann und ein laufendes Weib, awei der Luft: Unter die Erde! Erde her! Er padt ins Gras, reißt monumentale Figuren, deren Leben durch die Balance der Arme mit einem großen Rasenstück einen schweren Klumpen Erde   aus, geleistet wird. Nicht uninteressant, aber mehr Formel als Form, springt auf seinen Vater zu: Spud druf! Spud druf 1" und schlägt sind die Arbeiten von Franz Mehner, ein wenig hunntsch ihm die Faust voll Erde ins Maul, daß beide stürzen, läßt nicht los, aufgeregt. Dem Lachkabinett der Unbegreiflichkeiten gehört das niemand, niemand kann seinen eisernen Arm bewegen, niemand seine Stachelschwein von May Esser( 868a); es besteht in der Haupts Hand von des Vaters Mund wegreißen, bis dieser unter seinen fache aus zahllosen naturgetreuen Stacheln, ganz, wie man es in Fingern erstickt ist. dem zoologischen Garten bewundern kann. Es bedarf teiner Ueberlegung, um festzustellen, daß solch loderes Stachelfleib unge­fähr das ist, was sich am wenigsten zur plastischen Gestaltung eignet. Ebenso gut ließe sich ein Küchenfieb oder eine Baumkrone als volle Rundplastik anrichten.

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Dann steht er auf, geht zu seiner ohnmächtigen Mutter, der er sanft seinen Ring vom Finger zieht und stellt sich der Polizei. Obwohl er um ein Todesurteil gebeten hatte, wurde er, wie ein gangs gefagt ist, freigesprochen. Was gilt ihm solche Gerechtigkeit? Seine Mutter sprach ihn nicht frei. So ging er außer Landes und blieb verschollen.

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Große Berliner   Kunftausstellung. unft abgehalten werden. Da ist nun von vornherein merk

II.

Man wollte diesmal eine umfassende Ueberschau über die Leistungen der neuen deutschen Architektur geben, zu­gleich sollte eine Parade der sogenannten kaiserlichen Bau­würdig, daß die kaiserliche Kunst und die neue deutsche in einen Gegensatz gebracht werden müssen. Der romantisch gesteigerte Die historische Abteilung ist ohne Zweifel dieser Ausstellung Selbstherrscher, der Schlösser bauen möchte, muß rüdwärts besseres Teil. Mit der Jahresernte 1913 hingegen ist, wie das bei greifen; kein Baumeister der Gegenwart kann dem mittelalter­solchen Massenansammlungen von Bildern nicht anders erwartet lichen Empfinden ein Instrument sein. Das wäre eine harmlofe werden kann, auch diesmal wenig anzufangen. Immerhin lassen Wahrheit, wenn nicht in diesem Falle die mittelalterliche sich doch genug Arbeiten herausfinden, die ein aufmerksameres Romantit ihre Ansprüche auch auf Bauten der in der Gegenwart Anschauen verdienen. Das Niveau steigt; die Augen der Maler lebenden Allgemeinheit ausdehnte. Es wäre schließlich zu er­werden empfindsamer, die Hände beweglicher. Der Impressionis  - tragen, daß im wilhelminischen Zeitalter etliche alte Schlösser mus hat auf der ganzen Linie gesiegt. Man braucht nur das verdorben, einige neue zu einem Scheindasein ins Leben gerufen Porträt der alten Akademie, wie es militärgerecht und hand- wurden. Was aber unerträglich genannt werden muß, ist die werksmäßig, ohne Zweifel tüchtig, aber doch zum Sterben lang- leidige Tatsache, daß dieser wilhelminische Historizismus fich auch weilig, Anton von Werner   machte, mit den Bildnissen der Gegen- auf viele der öffentlichen Bauten wie ein Mehltau legte. Es ist wart zu vergleichen, um die Abkehr von der trockenen Registratur unklar, wie weit die gesetzlichen Bestimmungen die Zustimmung zur geschmackvoll hergerichteten Sinnlichkeit festzustellen. Bon des Kaisers zu bestimmten Bauten der Reichs- und Staats­Werner bekommen wir gleich eine ganze Hekatombe solcher red- behörden erforderlich machen; es ist aber gewiß, daß viele dieser licher aber doch schließlich unerquidlicher Pinselphotographien Gebäude durch die Einwirkung des Kaisers das Mumienhafte be­vorgesezt: Die Reichstagseröffnung 1888. Diese Köpfe, noch mehr tamen. Die gotischen Postgebäude und die barocken Wissens­vielleicht die Orden, Uniformen und Stiefel sind ohne Zweifel institute sind Beispiele genug. Es ist eben der romantisch ge überaus ähnlich geraten; es fragt sich nur, ob nicht in absehbarer steigerte Fürst nicht mehr produktiv genug, um Architektur als Zeit die Technik der Farbenphotographie ähnliches und besseres Auftraggeber und Maßstab zu organisieren. Daß dieses Mißver­wird leisten können. Es findet aber die Kunst ihre Grenze dort, hältnis unter Wilhelm II.   besonders peinlich sich bemerkbar macht, wo die Mechanik beginnt. Da nun diese Mechanik immer leistungs- dafür zeugt das Unwesen des Burgenbauers Bodo Ebhardt.  fähiger wird, muß die Kunst immer mehr von dem Ergreifen der Das rastlose Mühen dieses überlegten Fanatikers wirkt fast fontrollierbaren Wirklichkeit sich abkehren, um das scheinbar Un- tragikomisch. Die Ritter find tot, so vermag niemand, weder der sichtbare und doch für das Gesicht Entscheidende, um den Rhyth- Fürst noch sein getreuer Diener, wieder Burgen zu bauen. Mit mus und den Klang zu erfassen. Es mehren sich die Maler, die der Kirche geht es ähnlich. In der allgemeinen deutschen Archi­so mit den Augen zu sehen vermögen, die darum dem Reich der tekturabteilung zeigt uns die Gruppe der Kirchen jene Kopisten­Kunst zugehören. Um von den Bildnissen und den Gegenpolen künste, die wir hinreichend kennen. Die wenigen Proben über­Werners zu sprechen, mögen( wobei einigen Unbekannten ohne zeugender Baukunst, wie sie Büher, Schumacher( Dresdener Zweifel ein Leid geschieht) etliche beachtenswerte Tafeln aufge- Krematorium), Müller( Berliner   Krematorium), Behrens( Hage­zählt sein. Schulte im Hofe( N. 272) hat den Reichskanzler ner Krematorium) und schließlich Theodor Fischer  ( Ulmer und als eine Art von poliertem Oberlehrer, als eine graue Gleich- Münchener   Kirchen) zu zeigen haben, lassen einen stets fragen: mütigkeit festgehalten. Friz Reusing( Nr. 288) hat einen ob es auch schon so dogmenfreie Priester gibt, die in solchen ver­adligen Herrn mit ostelbischer Unverfrorenheit, aber nicht ohne weltlichten Kirchen zu wirken vermögen. Die Architektur der athletische Anmut ausgerüstet. Als ein Hodler- Schüler erweist Stirche ist gegenwärtig nicht gesund. Gesund aber bis zur Robuft­fich Frizz Burger( Nr. 879); es gelingt ihm, nur mit den heit, selbstverständlich und sieghaft ist die Architektur der äußeren und inneren Konturen, mit grünen Linien und roten abrit. Auch davon treffen wir gute und typische Proben. Flächen, einen Eindruck des Lebens zu geben. Wesentlich reifer Der Breslauer Bölzig und Peter Behrens sind die Meister ist Heinrich Brüne  ( Nr. 890), er weiß aus dem menschlichen des modernen Hauses moderner Arbeitsmethode. Sie wissen Modell und dem Hintergrund eine koloristische Einheit zu ver- das Ungeheure konzentrierter Kraft, wie sie sich in unwidersteh­weben. Walther Thor( Nr. 1569) ist ein rechtes Beispiel für den lichen Maschinen und in dem Zusammenströmen der Arbeiter­Sieg der nervösen Technik des Impressionismus; besonders in der massen entladet, durch Mauerwerk zu verewigen. Aus den Behandlung des Anzuges zeigt sich der Vorteil der beweglichen, Fabriken dieser beiden Architekten spürt man den heißen Atem den Spuren und Sprüngen des Lichtes nachtastenden Manier. des modernen Produktionsprozesses; es sind diese Fabrikbauten In der Landschaftsmalerei hat das neue Sehen noch wie Tempel einer neuen, heidnischen Religion der Arbeit, gründlicher sich durchgefeßt; die Beweglichkeit des Objektes, das Menschenschlünde und doch zugleich Türme, an denen jeder An­Wehen der Blätter und das Wirbeln der Luft, half automatisch sturm neu sich redkender Romantik zerschellen muß. Fabriken zu schnell reagierenden Augen und einer gespannten Kurzschrift fönnen gebaut werden, weil die, denen sie die Stätte schaffen, die des Pinsels. Man beschaue sich daraufhin Bilder wie die von Träger der Gegenwart sind. Baer  ( Nr. 293), Uth( Nr. 1055), Marie Hager  ( Nr. 1868), Hellwag( Nr. 654); fie alle haben eine anregende Heftigkeit gemeinsam. Es geht auf diesen Bildern etwas Komisches vor sich, es rieselt Sonne, es fallen Schatten, es wirbelt Sturm. Die Wirkung solches Naturgeschehens kommt dadurch zum Ausdrud, daß der Maler mit seiner Farbe einen ähnlichen Prozeß vor­nahm, wie er ihn in der Natur sich entwirren sah: die Farb­tropfen rieseln, sie fallen oder sie wirbeln. Als solch ein Erperi­ment, rieselndes Licht in optische Melodie umzusetzen, ist das Bild, das Schlichting( Nr. 284) von einer Abendbeleuchtung des Potsdamer Blazes au gestalten versuchte, nicht gleichgültig; man ahnt zum mindeſten die Reize, die in diesem kreisenden Wirrwarr der Lichtflocken unser warten. Um daran zu erinnern, daß auch Stilleben und Interieur an dieser Entwickelung zum Malerischen teilhaben, sei ein in Mahagonitönen angelegtes Tulpenbild von Brandis  ( Nr. 260) genannt und außerdem die sehr geschidte Arbeit der Julie Wolfthorn  ( Nr. 861), eine Zusammenstellung chinesischer Porzellane, nicht vergessen.

Auch die Plast it ist ihrem Schicksal nicht entgangen; fie hat die akademische Kälte verloren, ist bewegter und menschlicher geworden, hat aber zugleich gelernt, daß das Problem der Form nicht in dem Anwenden von Schablonen, vielmehr in der Er­fühlung des dem Leben eingesenkten Bewegungsspieles besteht.

Wir

Nach solcher Methode, aufsuchend, was lebendiges Spiegelbild lebender Zeit ist, fönnen wir in dieser Architekturabteilung in Stein geschrieben die Kulturgeschichte unserer Tage lesen. werden uns hier mit einem Inhaltsverzeichnis begnügen müssen; bevor aber auch dieses gegeben wird, noch ein Wort. Ein Wort, das nicht scharf genug sein kann. Mit dieser Architekturabteilung sollte das Interesse des Publikums der Baukunst neu zugeführt werden. Eine lobenswerte Arbeit, die durch das Ungeschid der Leiter dieser Abteilung fläglich mißriet. Wie kann man als ein überlegender Mensch solche Häufung von schwarz- weißen Photo­graphien auf die harmlosen Ausstellungswanderer loslassen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß das Publikum fluchtartig aus diesen Sälen verschwindet und daß niemand, den nicht die Pflicht dazu treibt, sich die Mühe geben wird, aus dieser Monotonie das Ent­scheidende herauszusuchen. Und dann: welche mangelhafte Ord­nung. Der Katalog verheißt, daß Schulen, Kitchen, Rathäuser beieinanderhängen sollen; es lassen sich zu solcher Gruppierung auch etliche Versuche feststellen, aber immer wieder wird die Ordnung durchbrochen.

Es gibt eine Abteilung Herrensize". Hier sehen wir die modernen Burgen, die Schlösser des Reichtums. Sie stehen rings im Lande, am dichtesten in der Nähe der großen Städte und in den Industriebezirken. Diese Herrensitze sind der stein­