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an.
Der erstere war Abgeordneter einer nördlichen Pro- Imich in die Arme genommen hätte, um des Erkannten willen, denn vinz gewesen, der andere Regierungsrat in einer westlichen. feines hatte mich erkannt. Beide hatten d'Entraque in St. Germain einige Monate nach der Katastrophe gesprochen. Er wäre sehr aufgeregt gewesen, sagten sie. Sofort jätte er ihnen das Drama mit Lebhaftigkeit und allen Einzelheiten erzählt.
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Aber
in seinem Bericht wäre feiner der erschwerenden Umstände gewesen, die seine lebten Aussagen hatten. Ihre beiden Zeugnisse unterschieden sich nur in einem Bunkt: Châtel hatte einen Satz nicht gehört, an den sich Lavaux genau erinnerte. ,, Lermantes hatt leichtsinnig darauf los= geschossen." Sonst waren belde vollständig einig. Rutor versuchte ihnen zu sagen, daß ihr Gedächtnis fie täuschen könne. Sie aber schlugen vor, mehrere Personen fommen zu lassen, denen sie an demselben Tage d'Entraques Erzählung wiederholt hätten. Brévine beantragte, diese Zeugen noch sofort zu laden, wenn d'Entraque mit den beiden Herren nicht einig wäre.
Aber als dieser vorgerufen wurde, hütete er sich, ihnen zu widersprechen; er betonte wieder, daß er sich der Einzelheiten, die ihn nicht sofort frappierten, nach und nach erinnert hätte. Er fügte hinzu:
,, Wie die anderen Jäger traute auch ich Lermantes zuerst nicht die mindeste verbrecherische Absicht zu. Darum haben mich die einzelnen Tatsachen erst später stubig gemacht, als die Ereignisse einen anderen Sinn annahmen."
Die Auseinandersetzung wurde sehr lebhaft. „ Herr d'Entraque, haben Sie gesagt," fragte Brévine , ,, Bermantes habe leichtsinnig darauf losgeschossen?"
" Ich kann mich dieser Worte nicht mehr entsinnen." ,, Herr Lavaur erinnert sich aber. Also, Sie bestreiten feine Aussage?"
Reineswegs.
Ich sage, daß ich mich nicht erinnere, diese Worte geäußert zu haben. Nichts weiter. Aber es ist möglich, daß ich sie sagte."
,, Wie vorsichtig Sie sind! Sie würden allen Ihren hier gemachten Erklärungen widersprechen."
" Das glaube ich nicht. Was ich für Leichtsinn hielt, war Berechnung. Ich habe mich eben geirrt. Dann ist alles so schnell geschehen. Ich war erregt, erschüttert. Ich wiederhole noch einmal: erst nach und nach sind mir alle Einzelheiten eingefallen."
Ich
Ich werde mir dieses Geständnis merken: Ihre erste Erzählung war spontan, die zweite ist gefünftelt, berechnet. In jedem Falle widersprechen Sie sich vollständig." " Ich habe erklärt, wodurch dieser Widerspruch entstanden ift." Die Stimme klang etwas erregt, aber er verlor seine Sicherheit nicht. Brévine fühlte, daß er log. Aber diese Lüge war wie ein Gespenst, das er allein sah. Wie konnteer fie greifen, sie vor aller Augen zeigen, durch welche Fragen sie zwingen, laut zu werden?
( Fortiezung folgt.)
Die Schwefter.
Von Hermann Horn.
Ich halte eine Postkarte in der Hand. Es ist der abschlägige Bescheid meiner Schwester. Ich hatte sie um eine ganz fleine Gefälligkeit gebeten. Sie schrieb zurück, sie sei gerade im Begriff aufs Land zu reisen, und ich könnte doch leicht von der Expedition der betreffenden Zeitung die Nummer selbst bestellen. So und so müsse ich das machen. Als ob man mir das zu sagen brauchte!
"
Ich hatte mir das so schön vorgestellt. In der Nummer sollte nach einer Mitteilung, die mir zugekommen, eine gute Rezension über mich stehen. Meine Schwester würde sie holen, hineinschauen, ftolz werden, Zanten und Onkels das Blatt zeigen, und sie würden alle bei dem Ansehen der Zeitung ihre Ansicht so sachte mit-hm oder„ ei ..hm eida sch mal viner ändern. Nun hatte sie abgelehnt. Ich wußte den eigentlichen Grund. Sie hatte Angst gehabt, sie müsse für mich fünfzig Pfennige oder gar eine Mark auslegen, was man so leicht vergißt, zurückzuzahlen. Sie hatte ja ein unerhörtes System des Sparens erlernt; das mußte auf ihr Wesen abfärben.
Ich grolle ihr und es steigt in mir auf. Was war sie mir in all den Jahren jener Kämpfe, die mit meiner Jugend hinter mit liegen? Was war mir da die Familie? Ein jedes hatte eigene Interessen und Absichten gehabt. Jedes wollte mich in ein ander geld rüden; wie es dem eigenen Wunsche entsprach. Und da ich dumps entschlossen den eigenen Weg wandelte, da war keiner mit einem großen mitleidigen Herzen, der
O, ich hatte von ihnen allen am Ende nichts mehr gewollt, allzu wissend, was gefordert worden wäre. Harte Bilder tauchten in mir auf.
Und konnte sie so sein!. Ich breche mit ihr!-
Das Bild eines Briefes erscheint. In ehernen, sicher geformten Worten waren hier die Gedanken gestellt, daß sie zerschneiden mußten, was freundliche Empfindung mir zusammenhielt. Ich gehe im Zimmer auf und ab und meine Fäuste sind geballt dabei.
Ich liebe solche Zustände;- das ist reinigend.
Was Ihr Menschen, die Ihr da auftaucht, jagen könnt! Meint Ihr, ich weiß nicht? Gut, sie wird wirklich aufs Land gegangen sein. Gut, man tritt wegen so etwas nicht so auf und so und so und gut bis in Ewigkeit.
Meint Jhr, weil Ihr der Meinung seid, daß mans nicht sagen darf wenn man Geist hat, mein Geist ließe sichs verbieten zu reden? Was ist denn Geift? Das Erkennen der eigenen inneren Mächte, und wo sie hintragen, das ists, was stark macht! mir schon mehr gewesen. Und wenn die Schwester bei mir über Was war mir diese Schwester? Hundert Menschen, tausend sind diesen Schritt gestrauchelt und zu Fall gekommen ist, das war ihr Schicksal, wie jener Knechte, die im Gleichnis den ganzen Tag im Weingarten des Herrn gearbeitet hatten und abends gleich gestellt wurden mit denen, die nur eine Abendstunde lang dieses Werk verrichtet hatten. Oft genug hab ich mein Sach auf eins gestellt und gerade deswegen durchgeführt.
Die Schwester muß unfähige Kinder lächerlich bedeutungsloser Menschen erziehen. Für lächerlich bedeutungslose Menschen ihr Leben opfern, dazu hat die sich geduldig heranziehen lassen. Ich habe herangezerrt aus dem weiten Gebiet des Geistes, was ich erreichen konnte; mit ihm zu kämpfen. Ich habe die Angst und Sorgen wie Wasser an mir hernieder laufen lassen und bin Einer geworden. Aber was ist das dieser im kleinen Kreis Gefangenen! Der lächerlichen Madame v. H. muß sie das Schnupftuch holen, wann es ihr gefällt, von mir wird sies für selbstverständlich halten, wenn ich ihrs aufhebe.
Wenn diese Lebenseinrichtungen jo lächerlich sind, und sie fügt sich ihnen mechanisch, daß sie mich, weil ich im vierten Stock wohne, um ich sein zu fönnen, mit geringerem Interesse, mit geringerer Hochachtung belehnt, als irgend ein dickes Tier aus der Bel- Stage, jo mag sie die Folgen tragen.
Ich breche mit ihr!
Eine Siegerlust wandelt durch meine Adern, pocht im Herzen und im Hirn, aus dem sich ruhig und klar die Gedanken formen. Ahnungslose Schwester! ich weiß, Du wirst Schmerzen empfinden und Tränen vergießen. Immerhin hattest Du in Deinen fernen 3ufunftsträumen auf mich gebaut, meine Hilfe, solltest Du ihrer mal bedürfen erhoffend Dich stark gefühlt. Aber gerade einen solchen Menschen abzuweisen, einen solchen seinem Wesen zu opfern, weil man sich so viel wert ist, das macht verantwortungsreich und verlohnt das Leben. Opfert Einem Wesen mal erfüllte sichs an mir, meinen Weg bezeichnen Opferaltäre! und was Ihr verbrannt habt, das vergeistigt Euch. Mehr wie eine Nicht leicht sind manche Opfer geworden!
Da höre ich auf einmal etwas!
Hartnäckig flingt ein Wort an mich heran und schlägt wie ein gekrümmter Knöchel gegen mein Ohr. Es hallt dumpf und eindringlich, ich verstehe erst nur den Laut; nun tönt es wie aus einem Abgrund gehaucht: Gouvernante sie ist Goubernante! Aber das Wort scheint einen ungeheuren Umfang zu befizzen. Gleich einem Riesenzelt in dunkler Nacht von tausend Pfählen an die Erde gepflockt, aber ohne Stüßbalfen, im Innern. nur vom Winde gefurchter, sich blähender Fläche aufgebauscht. Und klagende Stimmen ertönen in verhaltenem Schluchzen, und das Unterspiel von dem Lächeln und Seufzen viel verschmerzter Stunden flingt darein.
Auf einmal öffnet sich ruhig und feierlich eine Wand.. Ein großes, schwarz beschlagenes Tor geht in den Angeln und zeigt in eine stille Dunkelheit.
Von mir, durch das Tor, wandelt alles langsam in die Nacht dahinter. Es sieht sich nicht um, es verschwindet stumm. Und ich lächle leise in mich hinein und schmerzlich. Der Brief mit den verlegenden Säßen wird nicht geschrieben.
Bauhygiene.
Baukunst und Bautechnik umschließen das Bauwesen, indem sie ihm Form und Methode geben; hier steht der Mensch, der künstTerisch fühlt und technisch denkt. Die geistige Arbeit am Bau wird aber erst Wirklichkeit durch die Tat; mit dem ersten Spatenstich jetzt die förperliche Arbeit ein und aus der Tiefe des Erdbodens heraus wächst das Bauwerk empor zu Höhen, die außer dem Kraftbereich des Menschen ständen, wenn es ihm nicht gelänge, seiner Kraft durch allerlei Hilfsmittel weitere Grenzen zu schaffen. Immer handelt es sich dabei um die Ueberschreitung der Grenzen seiner natürlichen Kräfte: der Mensch kann von Natur aus nicht unter der