-

486

-

-

mit einer Unpersönlichkeit umgibt und sie zwingt, faltblütig[ trage und sich vermehre, wie etwa Lebendiges mußte man es bea zu bleiben. Der Lohndiener vergoß einige Tropfen Château handeln, das Schaden nehmen, davonlaufen, sterben kann. Schöpfer Yquem neben dem Glase des Herrn Treib. Frau Motiers de und Sklave, Krieger und Priester seines Reichtums war er ge wesen, jetzt hielt er ihn in seinen Händen, rund und sicher, Fraisse, die immer beiseite geschoben wurde und wenig sprach, ordentlich verteilt und angelegt, als herrliche Beute. Nun war er stieß einen Seufzer aus. Herr Rudrit spielte mit seinem wieder daheim, zu Hause. Er wollte sich jetzt eine Fabrik kaufen... Messer; er wünschte, um die Gemütlichkeit seines Diners nicht vielleicht, wenn es angängig war, die Spinnerei Pietro Oddos, wo zu stören, daß die Unterhaltung eine andere Wendung nähme. er in der Jugend lange Jahre gearbeitet hatte?... er wollte sie Wirklich," antwortete Herr Motiers de Fraisse, es wieder in Gang bringen, vergrößern, neue Arbeiter anwerben, die. scheint mir schwierig, daß die Geschworenen die Vorsätzlich Maschinen verdoppeln, den Absah erweitern und Geschäfte, Leute, feit zurückweisen. Ich weiß in der Tat nicht, wo sie mildernde Maschinen und Erde in seiner Herrscherfaust vereinigen. Umstände für ihn finden könnten. Oder daß sie Zweifel hegen Nachkommen, die das Geschäft von ihm hätten übernehmen können. Pietro Oddo war jezt alt und müde. Er hatte keine männlichen und deshalb, wie manchmal, vorsichtig sein werden. Das sind vielleicht würde er ihm die Spinnerei gern zu günstigen Bedingun elende Verdikte, deren Zusammenhangslosigkeit genügen gen abtreten? würde, die Einrichtungen zu kompromittieren."

Aber vor allem," rief die junge Frau, Herr Präsident, darf man ihn doch nicht zum Tode verurteilen. Niemals wird man genau wissen, ob er schuldig ist, niemand kann in seinem Herzen lesen. Und dann ist er sehr sympathisch."

Es gibt manche sehr sympathische Mörder," bemerkte Herr Treib.

" Das sind die gefährlichsten," fügte Baron Choffart

hinzu.

Da die Männer ihr gefühllos schienen, und ihr Mitleid wohl auch nicht ernst aufnahmen, wandte sich die kleine Baro­nin jezt an Frau Rudrit.

Liebe, gnädige Frau, Sie sind so gütig, sagen Sie doch Ihrem Mann, daß er ihn nicht zum Tode verurteilt. Das wäre zu schrecklich... Es würde mich quälen, ich würde be­dauern, hingegangen zu sein."

Das hängt nicht von meinem Manne ab," antwortete die alte Dame, mit ruhigem Lächeln. Glücklicherweise, denn ich würde dann nicht ruhig schlafen."

( Fortsetzung folgt.I

Das Versprechen.

Von Ada Negri  .

( Berechtigte Uebertragung aus dem Italienischen.)

( Schluß.)

Und dennoch kam Marco unvermutet zurück. Wie er ausstieg, hätte man sehen können, daß er gemagert war, sein Gesicht war dunkel gebräunt, an den Augenwinkeln gruben sich tiefe Krähen­füße ein und zogen als bittere Sorgenfalten die Wangen hinab, bis in die Mundwinkel hinein. Als vollendeter Amerikaner stieg er eines Tages bei der kleinen Station Valle San Nicolao aus dem Bieller Zuge und blickte sich nach allen Seiten um, als ob er die Gegend erst wieder erkennen müßte.

An einem Sonntage, drei oder vier Tage nach Marcos Ankunft, saßen die beiden Männer in dem zu ebener Erde gelegenen Fabrik­fontor einander gegenüber und fochten mit gleichen Waffen, der Schlauheit und dem Eigensinn, ihren Wettkampf aus. Beide ver­standen sie ihr Handwerk von der Pike auf: als Anspinner hatten sie schon mit zwölf Jahren angefangen. Beide wußten sie den Wert und die Almacht des Geldes zu schäzen, das sie ersehnt, zusammen­gescharrt und Soldo um Soldo festgehalten hatten. Bis auf die niedrige und massige Stirn, das scharfgemeißelte Profil, die kalt­sinnige und hartnädige Verschlagenheit, das Erbteil der Bielleser Raffe, waren sie einander ähnlich wie Vater und Sohn. Ihre Unter­haltung war denn auch ein Meisterstück, was die Feinheit, praktische Klugheit und geschäftliche Tüchtigkeit betraf. Sie wurden in der Hauptsache Handelseinig; am nächsten Tage wollten sie weiter­sprechen.

Wie es eigentlich gekommen war, daß Marco gerade vor dem Tore der Fabrit, die unter dem grauen Regendach eines Sonntags­abends in graue Farben getaucht war, sich Fresia gegenüber fand?... Möglich, daß sie ihn hatte eintreten sehen, daß sie ihn braußen erwartete... Sicher, daß er in diesem Augenblicke das Gefühl hatte, daß sie für ihn bis hierher dieselbe Bedeutung gehabt hatte wie die Augen in der Stirn oder das Blut in den Adern: man denkt ihrer nicht, weil sie zu uns gehören, weil sie untrennbar eins mit uns sind.

Sie boten einander einen einfachen Gruß. Sie stiegen selb ander das gewundene Gäßchen hinan, das zum Plätzchen Viole führt. Weit und breit war niemand zu sehen. Die Frauen saßen bei der Vesper, die Männer in der Weinstube.

" Jst Dir's immer gut gegangen?" fragte Marco mit halb­lauter Stimme.

Ja,

-

aber ich bin jetzt allein. Du bist magerer geworden, Marco."

Die Mutter ist gestorben.

Nicht die leiseste Anspielung auf sein jahrelanges Schweigen, auf sein Versprechen, an das er vielleicht nicht mehr dachte, nicht mehr denken wollte, nichts von seinem Reichtum, der jetzt wie eine dunkle, schwere Scheidewand zwischen ihnen stand.

-

-

War es wirklich so? Oder schien es nicht vielmehr, als ob nichts, rein gar nichts zwischen ihnen stünde nicht einmal die Luft? Lag nicht ihr ganzes Sein flar und unverhüllt, durchsichtig vor den Augen des andern?... Wie lange hatten sie sich nicht gesehen?.. Seit andern Tags?... Nein, seit zwanzig Jahren.

-

-

Es war freilich richtig: Fresias Mund war verblüht, ihre Haut schlaff, da und dort traf man auf ein weißes Haar. Und auch das Von der Türschwelle des Cafés schaute ihm ein dickes Weib war unleugbar: Auf Marcos Gesicht und in seinem Inneren gleichgültig zu. Er schlug den schmalen Kiesweg ein, der zum stand mit deutliker Schrift die Seelenverhärtung geschrieben, Campore führt, überquerte die Brücke der Strona, und verweilte wie sie ein wildes, habsüchtiges Leben mit sich bringt. einen Augenblick, um in den Strom hinabzuschauen, der sich hoch Mochte das immerhin sein: für ihn war sie das einzige man wie einen alten aufschäumend zwischen den Felsbroden des Flußbettes seinen Weg Weib, das Weib, das Lappen erawang. Mehr ein undeutliches Gefühl als eine flare Einsicht in die Ede werfen kann, an das man sich Jahre und Jahre fagte ihm, daß er nun wieder daheim sei. Unter dem einbrechenden nicht mehr erinnert und das gleichwohl in ihrem Winkel harrk Abendscheine hatte die Novella eine bleigraue Färbung angenommen, und schweigt und sich demütigt in Treuen   und wartet. Auch wenn die weinbepflanzten Hügel auf der anderen Seite lagen noch in er nicht heimgekehrt wäre, sie hätte ihn erwartet. Wenn sie un­vollem Sonnenglanze, Fabriken reihten sich an Fabriken, und in wissend und roh war da paßte sie zu ihm, der ja auch kein anderes der Ferne ragte, hoch erhaben über alles, die weiße Spitze des Wissen hatte als das: zu verdienen. In ihren Hundeaugen, ihrer Sanct Bernhard empor, dessen Kreuz, Fra   Dolcinos Meisterwerf, unterwürfigen Schmeichelſtimme, ihrer demütigen Haltung besaß sie fich scharf gegen die Bläue des Himmels abzeichnete. das, was er zu einer beruhigten Existenz brauchte, er der rastlos auf dem Posten, auf der Hut sein mußte und doch kein inneres Echo in sich trug als den Widerhall flingenden Metalles. Sie wollte nichts von ihm. Wenn er sie hier an der Straßenede stehen gelassen hätte, ohne sich weiter um sie zu bekümmern, sie wäre ohne Murren stehen geblieben.

Von Campore bis Valle Mosso begegnete er Scharen von Werk­Teuten, die von der Arbeit kamen: von den älteren erkannte ihn teiner wieder, die jungen waren ihm fremd. Nun kam er heim, wie er sichs geschworen hatte, als schwerreicher Mann, und doch fühlte er sich einsam wie damals, einsamer als je. In New York  , in Chicago  , im Inneren Canadas hatte er sich nacheinander als Mechaniker, Ausläufer, Schreiber, Erfinder und Teilhaber an zwei­deutigen Unternehmungen durchgebracht.

-

Kühn und verschlagen hatte er über dem Zusammenbruch dieser Unternehmungen neue Gebäude errichtet, die der Voraussicht nach wie Kartenhäuser einstürzen mußten, und die gleichwohl wie durch ein Wunder ihr Gleichgewicht aufrecht hielten: das Endziel hatte er nie aus den Augen verloren. Mit Eigensinn und Nachgiebigkeit war er zu Werke gegangen und hatte sich durchzusehen gewußt. Weder Wein noch üppiges Leben, weder die Weiber noch die Politik hatten über seinen rauhen Lebensernst obzusiegen vermocht. Er war eine Art Mönch im Dienste des Reichtums gewesen, um seinet­wegen hatte er von allen Mitteln Gebrauch gemacht, die außer halb des Strafgesetes Fallen: der Eroberung zuliebe, nicht dem Genusse. Nannte man das Genuß? War das Geld da, so mußte man es zählen, überwachen, in Umlauf sehen, damit es Zinsen

-

-

-

Lange schaute er ihr ins Auge. Die nagende Zeit hatte ihre ursprüngliche Art unversehrt gelaffen und jenes unfagbare Etwas nicht zu tilgen vermocht, das einstmals das Herz des Zwanzig­jährigen gerührt und entflammt hatte. Um dieses unwandelbaren Zeichens willen war sie für ihn unverändert dieselbe geblieben, wie das Haus für uns das gleiche bleibt, in dem wir aufwuchsen, wie die Erde, auf der wir geboren sind. Mit vollkommener, Ruhe wie jemand der den Faden eines unterbrochenen Gespräches dort wieder aufnimmt, wo er ihn einige Minuten früher fallen gelassen, wandte Marco die Rede an das Weib: " Ich gehe mit dem Vorsatz um, Pietro Oddos Fabrik zu kaufen. Wenn ich der Herr bin, Fresia, willst Du dann zu mir kommen?" Und vollkommen gleichmütig, ohne eine Spur von Freude oder Trauer, erwiderte sie:" Ja, ich werde zu Dir kommen."

-

-