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Die chemische Ausnutzung des Lichtes.
Von H. Faltenfels.
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Elementen" im großen erhoffen, in denen Sonnenenergie unmittelbar in nutzbare Elektrizität umgesetzt wird.
Sind die hier angedeuteten chemischen Errungenschaften einmal erst aus dem Stadium der Laboratoriumsversuche, die jedem technischen Fortschritt vorangehen müssen, herausgekommen, so wird neuerdings die Chemie die Führung im technisch- wissenschaftlichen Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch das geniale Ge- Fortschritt der Menschheit an sich reißen, denn sie wird dann die dankensystem von Dalton die Chemie mit Hilfe der Atomtheorie billigste aller Kraftquellen in einer Weise erschlossen haben, die eine den Ablauf der Prozesse, deren Beobachtung fie bis dorthin be- völlige Umgestaltung der Produktionsweise ahnen läßt. schäftigte, auch zu berechnen lernte, entwickelte sie sich binnen Der Begriff der Fabrikstadt wird sich dann völlig ändern. Und wenigen Jahrzehnten sprunghaft. In einer glänzenden Reihe großer ebenso wird die Industrie andere Drte aufsuchen, als jetzt, wo fie Entdeckungen schuf fie die großen chemischen Industrien, in denen die Nähe der Kohlenbergwerke magisch anzieht. Die alte Wiege der Deutschland die Ehrung der menschlichen Kultur an sich riß; der Menschheit: die heißen Länder werden durch ihren Reichtum an Steinfohlenteer, als der Universalstoff zahlloser chemischer Produkte, photochemischer Energie wieder mehr zur Geltung lommen und wohl ohne die wir heute nicht mehr leben zu können glauben, auch die Hochgebirge, in deren reiner Luft jedermann am eigenen symbolisierte so recht diese Zeit, der man prophezeite, sie werde einst Leib die wunderbare photochemische Energie der Höhe ermessen kann. das Jahrhundert der Chemie" genannt werden. Da kam die( Am besten weiß dies der Hochgebirgsphotograph.) Wendung. Der Physiker kam dem Chemiker zuvor. Die großen Man wird sich im kommenden Jahrhundert der Photochemie" Tatsachen der Elektrizitätslehre: die Reihenfolge von Entdeckungen, wenn eine solche Utopie erlaubt ist Europa wohl ganz ver wie elektrisches Licht, Telegraph, Telephon, Kraftübertragung, ändert vorstellen müssen. Verschwunden sind die Rauchschwaden über damit Hand in Hand die Herstellung und tausendfache Verwendung den Städten mit ihrem Heer von Krankheiten; es gibt keine großer Mengen elektrischer Straft, daran geknüpft die wunderbaren Industriezentren um die Bergwerke und die Knotenpunkte der die neuen Einsichten der Phyfit, Röntgenstrahlen und Radium, blendeten tohle verfrachtenden Bahnlinien mehr, denn die mit Lichtkraft" be die Menschheit, die nun rasch das neue Schlagwort vom Jahr- dienten Fabriken der Zukunft beziehen überall unmittelbar ihren hundert der Elektrizität und der Physik prägte. " Heizstoff" vom Himmel. Die einsamen Bergesgipfel find von geschäftiger Industrie bevölkert, just die einst menschenleeren und gemiedenen Einöden erleben nun den neuen Aufschwung. Das Flachland wird, so weit nicht die weiße Kohle" der Wasserkraftausnußung auch in ihm Industrieunternehmungen rentabel macht, einen vorher nicht gekannten Aufschwung des Pflanzenbaues erleben, da die neuere Photochemie mit Recht darauf hinweist, daß diese lebenden Sonnenmaschinen" für immer die billigste Art der Lichtausnüßung darstellen werden.
So trat die Chemie scheinbar wieder in ein bescheideneres Stadium zurück und schien das Beste, was sie zu geben verstand, bereits geleistet zu haben.
In Wirklichkeit ist jedoch auch sie raftlos an Neuem tätig und bereitet soeben eine Reihe großer Umgestaltungen des Wirtschafts
lebens vor.
Es ist das Gebiet der Photochemie, der chemischen Ausnüßung des Lichtes, auf dem sie sich derzeit am erfolgreichsten betätigt und zu sehr bemerkenswerten Ergebnissen gelangt ist.
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Die photochemischen Fabriken würden einen Teil der ArbeitsDer Chemiter empfand es schon seit langem als einen des fräfte freimachen und dadurch weite Volksschichten aus den trauKulturmenschen unwürdigen Zustand, daß wir unter Einsetzung von rigen, einseitigen und ungefunden Verhältnissen der Gegenwart in so viel Menschenleben und Bergeudung von Menschenkraft die in der eine natürlichere Lebensweise, in mehr Berührung mit der Natur Steinkohle gespeicherte Lichtenergie aus der Erde graben und dann bringen. verschwenden, weil auch unsere besten Refselanlagen nur einen sehr So hätten wir denn alle Ursache, diese von der Photochemie geringen Nutzungseffekt aus dem Heizmaterial herauszuholen wissen, in aller Stille vorbereitete Wandlung der Dinge herbeizusehnen. während wir die gegenwärtig frei auf die Erde niederströmende Sonnenlichtenergie völlig ungenügt laffen.
Um welchen Energievorrat es sich hierbei handelt, werden am beften einige Zahlen belegen. In einer Minute strahlt die Sonne
bedeutet, da Europa und Amerifa zusammen genommen nur 1100 Millionen Tonnen Steinkohle fördern, daß( täglich nur sechs Stunden Sonnenschein angenommen) schon 3675 Quadratkilometer Erdoberfläche dieselbe Wärmemenge von der Sonne erhalten, die wir überhaupt aus der Kohle herzustellen vermögen. Nimmt man in Betracht, daß die Wasserkräfte der Erde etwa 70 000 Millionen Tonnen Steinfohle entsprechen, so ändert dies doch an dem Gesamtergebnis nichts, wonach der Mensch weiß, daß auf der halben Million Quadratkilometer, die die Oberfläche der Erde ausmachen, so viel nutzbare Energie jedes Jahr vorhanden ist, daß sie der 150fachen Menge feiner Kohlenförderung entspricht. Nur fann er fie bisher nicht benügen.
Diesen Zustand zu ändern unternimmt nun die Photochemic. Neben ihr und vor ihr experimentierte man schon in Aegypten und Peru mit Sonnenmotoren, die sich die Betriebsenergie durch große Glasspiegel vom Himmel herunterholen, angeblich mit gutem Erfolge. Wichtiger als diese Versuche sind aber jene, über die die chemischen Zeitschriften neuerdings berichten.**) Diese Versuche bezwecken nichts anderes, als den Pflanzen ihr Kunststück der Sonnenenergieberwertung abzulauschen.
Denn die Pflanze versteht es in der Tat, die ihr vom Himmelslicht umsonst gelieferten Gaben auf das trefflichste zu verwerten. Bom photochemischen Standpunkt aus ist sie eine vollendete Sonnen maschine, die einfach den Vorgang der Verbrennung umkehrt, indem fie den vorhandenen Kohlenstoff unter Befreiung von Sauerstoff in Kohlenhydrate und damit in Stoffe, die sie zu ihrer Ernährung brauchen kann, verwandelt.
Für den Photochemiker handelt es sich im Prinzip um das gleiche technische Problem, nämlich die Sonnenenergie in irgend einer nugbaren Form zu binden und zu speichern. Dies ist nun in den letzten Jahren tatsächlich in verschiedenster Weise gelungen. Silber hat auf diese Weise, nur durch Benutzung des Lichtes, technisch brauchbare Stoffumwandlungen vollzogen, also durch die Sonne den Umweg über die Dampfmaschinen der chemischen Fabrit erspart. Noch wichtiger erscheint der Bericht der„ ChemikerBeitung"( Bd. 34) über die gelungenen Versuche von D. Berthelot, die Affimilation der Pflanzen im Prinzip mit ultravioletten Strahlen nachzumachen. Und die Versuche von C. Winter und Titlest a d laffen auch die Möglichkeit der Herstellung von photoelektrischen
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*) Kalorie die Wärmeeinheit, d. H. die Wärmemenge, die er forderlich ist, um 1 Kilogramm Wasser um 1 Grad Celsius zu er
wärmen.
**) Beurath in der Zeitschrift für phyfit. Chemie", Band 74. Plotnikow in derselben, Band 75 und 76. Silber in den Berichten der Deutschen chemischen Gesellschaft", Band 43.
Bu Johanni pflegen die Frühlingslieder der befiederten Sänger verstummen, und an ihrer Stelle erheben die sechsbeinigen Musikanten in Flur und Feld während der heißen Sommermonate ein seltsames Konzert: das fingt, fummt, brummt, zirpt und schrillt, und nicht mit Unrecht pflegen die Dichter die Stimmen der Insekten auf" seinem Violinchen als„ Geigen" zu bezeichnen. Friz Heuschreck spielt schrippdedelit heißt es beispielsweise bei Meister Wilhelm Busch , und die Droste singt:„ Die Grille dreht geschwind die Beinchen um, Streicht an des Taues Kolophonium, und spielt fo fchäferlich die Liebesgeige." Freilich, der Vergleich mit der Geige hat nur insofern Berechtigung, als die Dichter die Technik des Insektenkonzertes im Auge haben, denn mit dem lange der Geige ist durchaus keine Aehnlichkeit vorhanden. Dem Insektenkonzert haben schon die Alten Geschmack abgewonnen. Homer vergleicht einmal in der Jlias die redenden Helden mit finsenden Biladen, Virgil dagegen erklärt die Biladen, die ihm Wald Goethe wieder, bei dem die langbeinige Zikade gleich im Gras ihr und Hain vergällen", für langtveilig, und diese Ansicht findet sich bei altes Liedchen singt".
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Wie machen es nun die Insekten, wenn sie geigen"? Der alte Streit um diese Frage fann heute in den meisten Fällen als entschieden gelten, und im Grunde genommen sind die Beobachtungen, die Aristoteles in seiner Naturgeschicht der Tiere niedergelegt hat, ziemlich richtig. räusch, indem sie mit den Springfüßen reiben. Die Heuschrede, Die Feldheuschrecken erzeugen seiner Ansicht nach das zirpende Ge wohl der bekannteste unserer sechsbeinigen Musikanten, reibt tatsächlich beim Zirpen die Schenkel an den Flügeldecken. An der Innenseite des Schenke! s liegt der Fiedelboden, eine Schrillader mit elastischen Zähnchen von außerordentlicher Kleinheit; nach Landois Untersuchungen haben die Zähnchen nur eine Länge von 0,045 Milli decken. Auf der scharfen, erhabenen Sante einer Ader der Flügeldecke meter. Die Saiten" der Heuschredengeige liegen an den Flügelstreicht die Heuschrecke; die ganze Flügeldecke wirkt als Reſonanz boden, und daraus erklärt sich der in Anbetracht der Kleinheit des Tieres starte Ton. Bei der Feldgrille, die zu unseren geräuschvollsten Insekten gehört, geht das Geigen nach der gleichen Methode bor sich, und es find nur die Teile der Geige etwas anders angeordnet; sie benutzt nämlich nicht Beine und Flügel, sondern die Flügel allein und reibt mit der Schrillader einer Flügeldecke auf einer Leiste der anderen. Man kann bei der Feldheuschrecke wie bei der Feldgrille an getöteten Tieren das Geigen selbst hervorrufen, indem man die Schrilladern richtig über die Schrilleisten hinwegstreichen läßt, und wenn man bei der Feldgrille den Flügel allmählich durch Abschneiden verkleinert, fann man die Tonhöhe verändern. Uebrigens ist bei der Feld