treibt keine unniitze Vcrs-bwendnng, wie man bei oberflächlicher Be«trachtung glauben könnte, sondern sie sorgt mit der Obstbeilage dafür,das; die verabreichten Speisen in möglichst vollkommener Weise vomOrganismus ausgenutzt werden.Die Art, in der uns das Obst als appetitlich-anregendeS Mittelauf unserem Speisezettel entgegentritt, ist überaus mannigfaltig.Da ist das Gelee, das uns das Butterbrot zum Morgenkaffee schmack«hafter machen soll, die Obstbeigaben zum Fleisch, namentlich wenndaS Fleisch schon zur Bereitung einer Suppe gedient und von seinerSchmackhäftigkeit eingebüfet hat, die Obstbeigaben zu kohlehydrat«reichen Speisen, zum Beispiel zu Reis und zahlreichen Mehlspeisen,die Kompotte, die im Anschluß an eine Fleischspeise gegeben werden,oder die Obstmuße als Nachspeise. Wie vielgestaltig aber auchim einzelnen die äußere Aufmachung der Obstbeigaben sein mag,stets ist es in letzter Linie die Anregung unseres Appetits, dw— wenn auch ganz unbewußt— von der Küche mit ihr er-strebt wird.Wir haben schon oben darauf hingewiesen, daß die BedeutungdeS Obstes auf unserem Speisezettel in Analogie zu der desFleisches zu stellen ist. Denn das Obst ist eben wre das Fleisch einwohlschmeckendes Nahrungsmittel, d. h. es besitzt einen selbständigenNährwert, der unabhängig ist von der Bedeutung deS ObsteS al«eines Genußmittels. Greifen wir auch hier wieder zu einem Bei-spiel. Ein Apfel, von dem vier bis fünf Stück auf ein Pfund gehen,enthält beinahe neun Gramm Zucker, ungefähr so viel, als in zweigroßen Stücken Würfelzucker enthalten ist. Dann kommt ja nochder— wenn auch geringe— Eiweißgehalt deS Obste» hinzu.Mit zwei bis drei Aepfeln haben wir so viel Zucker aufgenommen,al« wir insgesamt Zucker zu unserem Morgenfrühstück brauchen.Namentlich das durch Backen, Kochen und mechanische Verarbeitungveränderte Obst kommt wegen seines Nährwertes in Betracht, weilvon so hergestellten Obstspeisen viel mehr verttagen und gegeffenwerden kann, als von rohem Obst.Die Bedeutung des ObsteS, wenn auch nicht eines jeden Obstes,geht über das bisher Betrachtete noch hinaus. Und zwar kommtmanchen Obstsorten eine große Bedeutung als Genußmittel zu,die wir nicht wegen ihrer Beziehungen zum Appetit, sondern wegenihrer Wirkung auf den Allgemeinzustand unseres Organismusschätzen müffen. Wir haben hier die Wirkungen im Auge, die z. B.dem Alkohol, dem Kaffee und dem Tee zukommen. Diese Mittelwirken anregend(der Alkohol nur zu Beginn) auf unser Nerven-shstem. Und so beeinfluffen diese Mittel unseren ganzen Allgemein-zustand. DaS Obst nun enthält keine Stoffe, denen etwa eine aus-Sesprochene spezielle Wirkung auf daS Nervensystem zukäme, aber eSat doch die Fähigkeit, unseren Allgemeinzustand sehr zu beeinflussenund zwar, indem er unseren Durst stillt. Wir wollen hier wiedervon einem geläufigen Beispiel, vom Apfel, ausgehen. Ein Apfel,der Ivo Gramm wiegt, enthält etwa 8S Gramm oder Kubik-zenttmeter Wasser. DaS ist so ziemlich ein Weinglas vollWasser. Aber nicht einfach Wasser: eS ist versüßte» Wasser,dessen Geschmack noch durch die Pflanzensäuren, die inallen Pflanzen enthalten sind, verbessert ist. Man denke nurdaran, daß lvir uns aus dem Saft der Zitrone(=-- eine Lösung vonZitronensäure) ein durststillende? Getränk herstellen, indem wir denSaft mir Waffer stärker verdünnen und noch mit Zucker versüßen.Wen» wir einen rohen Apfel cffen, so nehmen wir in ähnlicherWeise eine Lösung von Aepfelsäure, die durch den im Apfel enthal«tenen Zucker versüßt ist, auf. Die durststillende Wirkung ist nament-lich ber den sehr saftigen Obstsorten ausgesprochen. So z. B. beider Apfelsine, bei den befferen Sorten der Birne und beim Pfirsich.Die Zitrone kann nicht roh gegessen werden, leistet aber ausgezeich-uete und immer mehr Anerkennung findende Dienste bei der Ver«dünnung mit Wasser.Leider lvird die Bedeutung des ObsteS als eines durststillendenMittels heute noch viel zu wenig gewürdigt. Zum großen Teil liegtdaS allerdings daran, daß gutes Obst verhältnismäßig teuer ist, unddaß darum die meisten Menschen eS vorziehen, ihren Durst mit Hilfe«neS Glases Bier zu.löschen". Man kann sagen, daß heutzutagedie ganze Erholungsorganisation(Wirtshäuser, Tanzboden, AuöflugS-Parks, VcrgnügungSlokale usw.) ökonomisch auf dem Verttieb desAlkohols basiert ist. ES ist daS ein Punkt, der in der Bekämpfungde? Alkoholismus vielleicht doch nicht die gebührende Berück-fichtigung erfährt. Würde z: B. der Milch-, Kaffee-, Tee- und Obst-vertrieb auch nur annähernd so organisiert sein wie der Alkohol-vertrieb, namentlich der Vertrieb de» BiereS, so würde dadurchdem Alkoholkonsum ein ganz gewaltiger Abbruch getan werden—zugunsten der anderen Genußmittel, denen nicht die verheerendeWirkung des Alkohols zukommt. Sehr zu begrüßen wäre es, wennalle lloternehmungen, die den Betrieb von Milch und alkoholfreienGetränken(.Milchhäuschen" und ähnliche) auf öffentlichen Plätzenund Straßen vermitteln, auch den Vertrieb guten ObsteS übernehmenwollten.Gewiß muß auch beim Genuß von Obst Maß gehalten werden.Ein lleberfluß ist auch hier dem OrganiSmuS schädlich. Aber vonchronischen Krankheiten, die etwa durch den Obgenuß mitbedingtwürden, kann gar keine Rede sein. In Betracht kommen auSschließ-lich akute katarrhalische Erkrankungen deS Verdauungsapparates beiLeuten, die aus anderen Momenten heraus zu Verdauungsstörungenneigen. Aber auch diese katarrhalischen Erkrankungen stellen sich inder Regel nur bei Genuß rohen ObsteS, beinahe niemals bei Genußvon Obstmusen ein. Und noch mehr: dem Obst kommt die RolleeineS ausgezeichneten Mittel« bei der Behandlung mancher Ver-dauungsstörungen zu, so der chronischen Verstopfung. Hier kann derArzt nicht zur Anwendung stark wirkender Abführmittel greifen, dabei der chronischen Verstopfung ein ziemlich dauernder Gebrauch vonMitteln, die den Stuhlgang befördern, in Betracht kommt. Darummüffen hier schwächer wirkende Mittel benutzt werden, z. B. ver«schiedene Obstsorten, namentlich der Apfel in Formt des Muses.Ueberblickt man übrigens den.offiziellen" Arzneischatz deS Arztes, derihm bei chronischer Verstopfung zur Verfügung steht, so spielen auchhier pflanzliche Stoffe die erste Rolle. Manche von ihnen, zumBeispiel Rhabarber, sind sogar zugleich„Arzneimittel" und.Hausmittel".Alles in allem: wir essen daS Obst, weil eS uns gut schmecktund weil eS damit die Verdauung und Ausnutzung der Speisenbefördert.„Gut geschmeckt— gut verdaut' können wir hente mitdemselben Recht sagen wie man gut gekaut— gut verdaut" zu sagenpflegt. Und außerdem ist da« Obst ein Nahrungsmittel, das manch-mal einen beträchtlichen Nährwert besitzt. Und ein richtiges Genuß-mittel, daS namentlich wegen seiner durststillenden Wirkung zuschätzen ist. Und schließlich gar ein ausgezeichnetes Mittel zur Be-kämpfung der so ungemein verbreiteten chronischen Verstopfung._«. Lipschllv.Kleines feuilleton.Aus dem Gebiete der Chemie.Gasförmiger Kohlen st off. Der Kohlenstoff ist da»einzige Element, da« bisher nur in fester Form aus der Nawrbekannt gelvesen ist, und zwar als schwarze Masse im Graphit undals schöne kostbare Kristalle im Diamant. Alle Versuche, den Kohlen«stoff in einen flüssigen oder gasförmigen Zustand überzuführen, sindmißlungen. Wird reiner Kohlenstoff verbrannt, so verflüchtigt er sichnicht als solcher, sondern als Kohlensäure. ES scheint nun aber,als ob die Naturwiffenschaft auf den Gebieten der Physik undChemie jetzt völlig umgewälzt werden soll, nachdem dieRadiumforschung dw bisherigen Grundlagen der Elementein» Wanken gebracht hat. Eine überraschende Entdeckungreiht sich an die andere, und so ist jetzt auch der gasförmigeKohlenstoff zur Tatsache geworden- Einer der tätigsten underfolgreichsten Mitarbeiter von Profeffor Ramsay, Norman Collie,hat jetzt nach einander zwei Vorträge in Gemeinschaft mit DoktorPatterson vor der chemischen Gesellschaft in London gehalten, dieunter anderen verblüffenden Neuigkeiten auch diese gebracht haben.Daß ein Stoff, der früher als Element und daher als unzerlegbargegolten hat, sich in andere Stoffe verwandelt, ist seit einigenJahren fast zu etwas Gewöhnlichem geworden. So hat denn auchProfeffor Collie zunächst nachgewiesen, daß die beiden Elemente Heliumund Neon aus Wafferstoff erzeugt werden können, wenn man durch diesGas eine kräftige elektrische Entladung hindurch leitet. Der Erfolgdiese» Experiments ist durch unzählige Wiederholungen völligsicher gestellt und auch von anderen Forschern bestätigt worden.Eine höchst bedeutsame Ergänzung erfährt nun dieser Vorgangdurch die neuesten Versuche. Wenn die elektrische Entladung ineiner'mit Wafferstoff geftilltcn Röhre lange fortgesetzt wird, fonimmt die ursprüngliche Menge von Wafferstoff, wie nach jenerAufklärung zu erwarten ist, stetig ab, weil eben andere Gase ent-stehen. ES bleibt aber nicht bei der EntWickelung von Helium undNeon, sondern die Forscher haben nun auch ein eigenartige» GaSin den Röhren entdeckt, deffcn Spektrum durchaus mit dem desKohlenstoffs übereinstimmt, also auch für nichts anderes gehaltenwerden kann. Wird dies KohlenstoffgaS weiterhin in Berührungmit Quecksilber der elektrischen Entladung ausgesetzt, so verschwindeteS vollständig. In dieser Hinsicht und anderen ähnelt eS dem rätsel-hasten Stoff, den zuerst Professor I. I. Thomson entdeckt und mitder Bezeichnung X8 belegt hat.Um jede» Bedenken auszuschließen, daß etwa die Entstehung vonHelium und Neon in den Wafferstoffröhren auS dem Metall derElekttoden herstammen könnte, hat Profeffor Collie mit seinemMitarbeiter weitere Experimente mit Röhren ohne Elektrode»ausgeführt, und auch in� diesem Fall sind durch starkeoszillierende Entladungen in einer um die tvafferstoffhaltigeRöhre gewickelten Drahtspule sowohl Helium al» Neonerzielt worden. Damit ist daS letzte Bedenken gegen die Zuverlässig-kett de» Versuchs beseitigt worden. Ein ander«? außerordentliche»Ergebnis hat der Physiker bei der Prüfung des Metalls erhalten, daSwährend der elektrischen Entladungen in der Röhre von derElektrode abgesprungen war. In diesem Metall fand sich immerein Stoff, der scheinbar Schwefel war. Bei der Auflösung in Säurenämlich gaben die verschiedenen für die Elektroden benutzten Metalle,und zwar Kupfer, Magnesium, Platin und Palladium mit einerLösung von Bariumchlorid einen weißen Niederschlag. Nunmehrind also al« Verwandlungsprodukte de« WafferstoffeS schon vierandere Elemente nachgewiesen worden, und zivar außer Helium undNeon auch ein gasförmiger Kohlenstoff und Schwefel. Da die größteSorgfalt darauf verwandt worden ist, diese vier Elementenicht etwa vor Beginn de» Experiment» in die Röhre gelangen zulaffen, so kann ihr spätere» Erscheinen vorläufig nicht anders alsdurch die Verwandlung des Wasserstoff» erklärt werden._Verantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwär:eBuchdruckcreiu.VerlagSanstaltPaulSingerL-Co.,BerlinL>V.