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dem Stock um mich, wie um etwas unangenehmes zu berjagen, wie| Brandstiftung au Gefängnisstrafen oder Zuchthausstrafen von 2 man nach einer audringlichen Fliege schlägt. Aber es half nichts. bis zu 24 Jahren verurteilt, aber nur 2 freigesprochen wurden. Die Fliege furrte weiter. Die höchste Strafe von 24 Jahren Zuchthaus   hatte der 51jährige Hans Felix Egli aus der Gemeinde Bäretswil  , Vater von sechs Kindern, als Rädelsführer" erhalten. Der Staatsanwalt hatte gar die Todesstrafe durch das Schwert beantragt, obwohl bei dem fraglichen Brande kein Menschenleben verloren ging oder auch nur gefährdet war und obwohl viele Zeugen den Egli als geistesgestört bezeichneten. Sechs andere arme unglückliche und in einem be­greiflichen Frrtum befangene Weber hatten je 18 Jahre Zucht haus erhalten, die übrigen 24 Angeklagten Zuchthaus  - oder Ge fängnisstrafen bis herab zu zwei Jahren. Das Gerichtsurteil charakterisierte das Verbrechen der Hauptangeklagten als vorsätz­liche Brandstiftung, durch die ein Schaden von 270 000 Frank ver ursacht worden sei, nicht aber als Komplott oder Aufstand, und den weitverbreiteten Frrwahn", welcher die Schuldigen beherrscht habe, führte es als Milderungsgrund an.

Wir waren nun aus der Schneeregion zu grünen Biefen und zu den roten Alpenrosen gekommen. Alles war hier mit Blumen überfät. Wieder begegneten wir jemand. Das muß wohl ein Mensch sein, da der Bergpfad zu steil für Tiere ist. Und es ist ein Mensch, ein altes Weib, das auf dem Rücken eine Laft Biegel trägt. Da sie fich uns nähert, hält sie nicht an, geht nicht zur Seite und erwidert unferen Gruß, ohne den Blick vom Wege zu erheben; es ist, als ob fie, durch das starre Blicken auf den Weg, auch die Augen zu Hilfe nehmen wollte, um diesen steilen Bergpfad zu erklimmen, zu be­zwingen.

Ich hatte gerade einige Alpenrosen gepflückt, um sie an meine Müze und an meinen Bergstod zu steden. Aber ich fümmerte mich nicht mehr um fie.

Nun fam ein dritter Träger uns entgegen. Es war ein alter, grauhaariger, magerer Greis mit frummen Beinen, die er niemals der Richtung des Pfades anpassen konnte. Auf dem Rüden trug er einen gußeisernen Ofen. Auf seinen Wangen   glühte ein mattes, frankhaftes Rot. Mit ihren letzten Kräften frochen sie aufwärts diese Stlaben der Arbeit". Endlich, zum ersten Male in meinem Leben, begriff ich vollständig den Inhalt dieser Worte und begriff die Bitterkeit mit der sie ausgesprochen wurden von jenen, die ihre Bedeutung voll erfaßten.

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Ich sah mich nach den Trägern um. Man konnte sie kaum von dem Bergpfade unterscheiden. Sie waren wie verwischt, waren eins geworden mit ihm, grau, wie er, leblos, wie er. Aber hoch oben stiegen die scharfen Konturen des Hotels mittten im blendendweißen Schnee auf und auf dem Dache wehte freudig die Fahne. Jetzt famen wir in die Waldregion, ein großer herrlicher Natur­park am südlichen Hange des Berges. Der Weg war nicht mehr so steil und felsig, sondern bequem und breit. Der Bergbach hüpfte längs des Weges von Stein zu Stein. Und als der Weg plötzlich eine Biegung machte, sahen wir uns vor einer prächtigen ebenen, grünen Wiese, die zur Rast lockte.

Weshalb denn an etivas anderes als an seine eigene Freude denken, da man ja nur ihretwegen lebt? Ich habe das Recht und muß das Recht haben, zu jubeln und froh zu sein, ohne mich darin stören zu lassen. Was habe ich mit den Armen und Elenden eines fremden Landes zu schaffen! Ich kann ja ihre Lage nicht verbessern. Und wahrscheinlich wird ihre Arbeit genügend be zahlt, sonst würden sie sie ja aufgeben. Auf diese Art hatte ich bis jetzt bei allen meinen Streifzügen durch die Alpen   alle Reflexionen von mir gewiesen, wenn ich einen Träger ermattet am Weg rande liegen gesehen.

Also, schlagen wir uns im Grase nieder, öffnen wir das Ränzel... die Mittagsmahlzeit hervorgeholt das Wasser spendet der Bach und dann noch einen letzten Blick auf dieſe herrlichen, sonnüberstrahlten Matten

Wir waren nahe daran, über ihn zu stolpern. Es war eine Eisen­Vor uns, quer über dem Wege, liegt ein schwarzer Gegenstand. schiene, die wohl auch für den Neubau da hinaufgeschafft werden foll; als Dachſtüße oder dergleichen. Am Wegrande liegt ein Mann, den wir anfangs gar nicht wahrgenommen hatten. Er liegt erschöpft dort, den Kopf an einen Stein gelehnt. Blut tropft aus feinem Munde und neben ihm liegt ein Taschentuch, ganz rot von seinem Blute, aber er hat nicht mehr die Kraft, das Tuch an die Lippen zu führen, und läßt das Blut auf die Wiese niedertropfen. Diese eiserne Dachſtüße soll also auch auf einem Menschenrücken dreitausend Meter hoch gebracht werden, auf Pfaden, die für die Tiere zu steil und zu schlecht sind! Und sie soll das Dach des Hauses stilgen, zum Schuße aller jener, die gerade an dieser Stelle allen Komfort der Neuzeit genießen wollen!

Der Mann rührte sich nicht, er scheint uns weder zu sehen noch zu hören. Aber, obwohl er unbeweglich dort liegt, ist es doch, als ob er uns irgend etwas vorwerfen wollte, und ich versuche nicht einmal, mich vor mir selbst zu verteidigen. Ich fühle mich so be­schämt und mein Herz krampft sich zusammen. Ich kann nicht länger bei dem plätschernden Bach stehen bleiben, mich nicht der Wiese erfreuen, fann feinen Abschiedsgruß auf die blauenden Höhen werfen. Auf der Netzhaut meines Auges hat sich unverwischbar ein furcht­bares Bild geprägt: eine Eisenschiene, neben der ein Mann liegt, deffen Lippen, unter harter Last, Blutstropfen weinen. Also auch hier oben, wo ich mir alles gerecht, harmonisch, freudvoll und frei borstellte, auch hier ist dieser furchtbare Konflikt unseres Lebens, daß die einen in Sllaverei sich opfern müssen für die Freude der daß keine Kirche, fein Tempel der Kunst, ja nicht einmal ein leines Berghotel gebaut werden kann, ohne daß diese Ge­opferten blutend am Wegrand niedersinken.

anderen

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( Autorisierte Uebersetzung von Karl Morburger.)

Der Schweizer   Weberputsch von 1832.

Am 23. Juli waren es 80 Jahre, daß vor dem Obergericht in Zürich   33 Weber als Angeklagte standen und 31 von ihnen wegen

Um was handelte es sich in diesem bedeutungsvollen Gerichts­falle? Um ein ergreifendes Weberdrama, das 12 Jahre später im schlesischen Weberaufstand sein geschichtliches Seitenstück erhielt.

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Im Kanton Zürich   waren Anfang des 19. Jahrhunderts etwa 18 000 Baumwollweber am Handwebstuhl tätig und sie schlugen sich durch die Mitarbeit von Frau und Kind sowie in Verbindung mit etwas Landwirtschaft recht und schlecht durch. Die sich immer mehr ausbreitende mechanische Weberei in England und den kontinen­talen Ländern machte der Handweberei zunehmende empfindliche Konkurrenz und Anfang der dreißiger Jahre war die gesamte In­dustrie des Kantons Zürich   mit ihren mehr als 40 000 Arbeitern auch durch die Rückwirkungen der Revolutionen in Belgien   und Polen   in Mitleidenschaft gezogen worden. Die polnischen Juden," sagt Theodor Curti   in seiner ausgezeichneten Geschichte der Schweiz   im 19. Jahrhundert, die polnischen Juden, welche den Absatz der Fabrikate nach den östlichen Ländern und Asien   ver­mittelt hatten, fehlten jezt auf der Leipziger Messe, was für den Kanton Zürich   allein einen jährlichen Verlust von mehreren Mil­lionen bedeutete und mit zur Erklärung dafür dient, warum man bei uns der Wiederherstellung eines unabhängigen Polens   so große Bedeutung beimaß; als russische Provinz, befürchteten die Industriellen, würde Polen   für den schweizerischen Handel verloren sein." Diese Feststellung des innigen Zusammenhanges von wirt­schaftlichen Interessen und revolutionärer Sympathie der schweize­rischen Stapitalistentlasse hat geradezu pikanten historischen Reiz. Indes ist die heutige schweizerische Kapitalistenklasse nicht anders geartet. Sie würde sich selbst mit der sozialistischen   Organisation Deutschlands   ganz ruhig abfinden, wenn sie mit ihm gute Geschäfte machen könnte und feine unmittelbare Gefahr für die Sozialisierung der Schweiz   bestände.

Weber empfindlich traf. Curti berichtet über ihre Verdienstver­Es war also eine Wirtschaftskrise eingetreten, die auch die hältnisse, daß die tüchtigsten Weber im Jahre 1830 mit der Her­stellung von zwei Stücken Calicota- ,, Galliſtückli" 1 Gulden sechs sich die meisten Minderjährigen befanden, höchstens 15 Kreuzer, Kreuzer wöchentlich verdienten; die weniger tüchtigen 30 bis 33 Kreuzer und die zahlreichste Klasse der Schwächeren, worunter wenn ihre Auslagen für Schlichte und Del abgerechnet waren.

Das waren elende Verhältnisse, unter denen die Weberbevölke­tung schwer litt und mit denen sie sehr unzufrieden war. Und dazu drohte die Einführung der Webmaschine, welche Gefahr die Stim­mung der Weber noch erbitterter machte. Sie hatten die Ein­führung der Spinnmaschine, die Vernichtung der Handspinnerei und das Elend der Handspinner erlebt und sie befürchteten von der Webmaschine das gleiche Schicksal, das ihnen noch viel schrecklicher erschien als ihr gewiß auch nichts weniger denn beneidenswertes

Los als Handweber.

Das Jahr 1830 war für die Schweiz   ein Revolutionsjahr. Die französische   Julirevolution, die den König Karl davongejagt hatte, verfehlte ihre aufrüttelnden Rückwirkungen auch auf die Schweiz  nicht, und in den Kantonen Thurgau  , St. Gallen  , Aargau  , Basel  land, Solothurn  , Bern  , Waadt  , Luzern  , Schaffhausen   usw. rührten sich die Liberalen, das meiste Volk hinter sich, gegen das aristo­fratische Regiment, das sich in seiner Ausschließlichkeit und volks­verachtenden Selbstüberhebung kaum viel vom monarchischen Ab­solutismus unterschied. Der Liberalismus siegte, und eine neue era der wirtschaftlichen und politischen Entwickelung war er­öffnet.

Im Kanton Zürich   spielte sich die große einleitende Aktion der unblutigen Revolution in dem 21 Kilometer von der Stadt Zürich  entfernten Bezirkshauptort Uster   ab, wo sich am 22. November 1830 8000 bis 10 000 Mann versammelten, um die Forderungen des Volfes für eine neue freiheitliche Verfassung aufzustellen. Wie notwendig und reif diese Verfassungsrevision war, bewies die nachherige Annahme der neuen Verfassung in der Volksabstimmung mit 40.000 gegen nur 1725 Stimmen.

An dieser glänzend verlaufenen Verfassungsbewegung hatten sich auch unsere Weber mit den besten Hoffnungen beteiligt. Als das Memorial von Uster" aufgestellt wurde, verlangten die Weber die Aufnahme des Verbots der Webmaschinen, und der Redner Steffen gab ihnen die Versicherung: Au dem mueß ghulffe sy!" ( Auch dem muß geholfen sein.) Das war aber ein gefährliches und unerfüllbares Versprechen, das sich bitter rächen sollte. Mit der zunehmenden Not drangen die Weber immer entschiedener auf die