— 588Trotzdem: Roseager ist bisher als Kämpfer aufrecht durchsLeben gegangen. Er hat mit ebenso viel Witz und bissiger Strengegegen den Klerus Front gemacht, wie er mit heiligem Feuereifer fürMenschenverbriiderung und Weltfrieden gestritten. Man darf hier-für seinen bereits vor zwanzig Jahren erschienenen tiroler Aufstands-roman„Peter Mayr. der Wirt an der Mahr' heranziehen.Und wenn dieser auch nur vom eng begrenzten Horizont des gutenSteiermärlerS und Oesterreichers beherrscht wird, er ist doch einwirlsames Protestwerk gegen den Krieg.Aber auch sonst stellte Rosegger seinen Mann._ Furcht, Duckmäuserei. Kriecherei vor feindlichen Gewalten war nie seine Sache.Man blättere daraufhin nur einmal in seinem Versbuch„MeinLied' I Er mag zutveilen irren und daneben hauen— was er tatund wie er's durchführt, zeugt für den unerschrockenen Mut diesesMannes.Er glaubt an den Sieg alles Guten.Er sieht auf„auf den Zinnen der Treue, des Rechts, der Bildung.die Fahne des Friedens Wehn".Er sieht„die Völker in Liebe verschlungen und frei'.Er sieht„die Menschen Menschen sein' IErnst K r e o w S k i.Kleines feuilletonKeplers Mutter. Wohl jeder kennt den Namen Johann Keplers,des großen Astronomen und Mathematikers, viele wissen auch wohl,daß er es war, der der Lehre des KopernikuS über das Weltensystem zum endgültige» Siege verhalf und der selber die epochemachenden Gesetze über die Bewegung der Planeten fand— denmeisten unbekannt dürfte es jedoch sein, daß Kepler monatelang hatkämpfen müssen, um seine eigene Mutter, Katharina, vor demScheiterhaufen zu retten, auf dem sie als Hexe den Berbrennungstod erleiden sollte.Hiermit hatte es folgende Bewandtnis: Katharina Kepler, einehochbetagte, sehr redselige Frau, hatte sich in den Ruf einer Hexegebracht, indem sie selber Arzneien und dergleichen anfertigte unddiese ihren Mitbürgern fast gewaltsam aufzudrängen suchte. Bielmag auch dazu beigetragen haben, daß sie wegen ihrer Klatschsuchtwenig beliebt war und anscheinend manchen persönlichen Feindhatte, wie denn auch in dem 1620 anhängig gemachten Prozeßwegen Zauberei eine starke Boreingenommenheit der betreffendenAmtspersonen gegen die Beschuldigte zutage trat.Die Behörden ihres Wohnortes Leonberg, die daS Verfahrengegen Katharina Kepler eingeleitet hatten, zeigten sich von solcherParteilichkeit, daß ihnen die Führung des Prozesses abgenommenwerden mußte, und er naiv Güglingen in Schwaben überwiesenwurde. Dadurch war aber für die Mutter Keplers nichts gewonnen—dasselbe Spiel wie schon in Leonberg wiederholte sich auch hier, gesetzliche Bestimmungen wurden einfach übergangen, und am 4. September 1620 erklärte das Gericht, daß zur Erforschung der Wahrheitnur noch Meister Jakob, d. h. der Scharfrichter nötig wäre, oder,mit anderen Worten, daß die der Hexerei Beschuldigte gefoltertwerden sollte.Da, in der höchsten Not, erschien ihr Sohn Johannes, der sichdamals in Linz aufhielt, in Güglingen, und seinen Bemühungengelang es schließlich, seiner Mutter bis zur endgültigen Entscheidungmancherlei Erleichterungen zu verschaffen: so durfte sie ihre Zellemit der Wohnung eines Gefangenenaufsehers vertauschen, blieb abertrotzdem gefesselt und erhielt außerdem noch— und zwar auf ihreKosten I— zwei Wärter, die die damals Dreiundfiebzigjährige Tagund Nackt bewachen mußten.-Endlich, am 10. September 1621, erkannte die juristische Fakultät zu Tübingen, der die Sache inzwischenübergeben war, dahin:„daß die Katharina Kepler um ihres hohenAlters willen und weil die Beweise gegen sie nicht starkgenug seien, zwar nicht wirklich gefoltert, doch wegen der Mengeder Änklagegründe durch die Folter geschreckt werden solle."So wurde denn die Greisin in die Folterkammer geführt, ihrdort vom Henker der Gebrauch der Marterwerkzeuge genau erklärtund die Oual, die dadurch verursacht Ivurde, eingehend beschrieben.Zum Schluß wurde sie aufgefordert, doch lieber alle? zu gestehen;allein Katharina Kepler bekannte nichts.Obgleich hierauf sofort der Befehl eintraf, sie— falls dieIhrigen für die Kosten des Berfahrcns aufkämen— sogleich freizulassen, wurde auch dies absichtlich verzögert, bis ihr endlich, am4. November 1621, die Befreiungsstunde schlug.Vierzehn Monate hatte die Gefangenschast gedauert und etwavierhundert Gulden hatte der Prozeß an Kosten verschlungen— einebedeutende Summe für ihren Sohn Johannes, wenn man bedenkt,daß Kepler trotz seines gewaltigen Könnens immer hart mit der Notdes Lebens zn kämpfen hatte:— in einem Reime heißt es von ihm:So hoch ist noch kein Sterblicher gestiegen,Wie Kepler stieg. Er starb in Hungersnot.Er wußte nur die Geister zn vergnügen.Drum ließen ihn die Körper ohne Brot!Der Zweckck, das weibliche EiBiologisches.d e r� B e f r u ch t u n g. Hat die Besruchsting denzur EntWickelung anzuregen, oder hat sieden, die Eigenschaften zweier Eltern auf die Nachkommen zu über-tragen? Diese Frage ist schon seit langen Jahren Gegenstand ein-gehender wissenschaftlicher Konttoversen gewesen. Die neuerenForschungen von Jacgues Loeb, der Seeigeleier durch Ueber-gießen mit verdünnter Salzsäure zur EntWickelung brachte, schienendie Annahme zu bestätigen, daß der Befruchtung nur derWert eines chemisch-physikalischen Entwickelungsreizes zukäme.Dem widerspricht freilich die ja über jeden Zweifelerhabene Tatsache, daß die Eigenschaften des VaterS sich auf dieNachkommenschaft uberttagen. Auf einen entgegengesetzten Stand-Punkt hatte sich Aug» st Weismann gestellt, der seinedarloinistische Sexualitätstheorie auf die Anschauung gründete, daßdurch die Befruchtung zufällige Abweichungen der einzelnenIndividuen von der Norm durch Zusammentteffen bei beiden Elternim Nachkommen verstärkt würden und dadurch eine natürliche Ans-lese geschaffen werde.Der amerikanische Naturwissenschaftler Jenninas hat nundieser Auffassung eine neue Stütze gegeben durch Untersuchungen anWimperin fuforien, über deren Ergebnisse er im„The Journalof Erperimental Zoology' berichtet. Die Infusorien können sich aufgeschlechtlichem und auf ungeschlechtlichem Wege fortpflanzen. Diegewöhnliche Vermehrung ist die durch Teilung, die eintritt, sobalddas Tier eine gewisse Größe überschritten bat. Von Zeit zu Zeit findetaber auch eine Art Vermählung statt, die K o n j u g a t i o n. die darinbesteht, daß sich die Tierchen aneinander legen und Kernsubstanzmiteinander austauschen. Nach diesem Akt fährt dann jedesmit der Teilung fort. Bon einem männlichen und einem weiblichenIndividuum kann hier also noch nicht die Rede sein. Man hat langeZeit geglaubt, die Konjugation habe die Bedeutung einer Verjüngung.JenningS hat demgegenüber durch das Experiment festgestellt, daßdie VermehrungSsähigkeit ganz unabhängig von der Möglichkeiteiner Konjugation erhalten bleiben kann, ja daß die Tiere nach derKonjugation sogar gewöhnlich geschwächt find. Auch dieungeschlechtliche Vermehrung bietet nicht die Möglichkeit einerVariierung und damit Anpassung und Höherentwickelung der Art.Die Tiere gleichen immer den Eltern. Erst bei der Konjugattontritt eine Kombination verschiedener Erbanlagen und so ein Eni-stehen neuer Bariationen ein. Unter Umständen kann dadurch über-Haupt die Erhaltung de? Organismus gewährleistet werden, wennnämlich die Art unter äußere Bedingungen gelangt ist, bei denensie nicht hätte fortbestehen können, während einige der neu erzeugtenKombinationen dies vermögen.So hat bei den niedrigsten Lebewesen die Beftuchtung nach derMeinung JenningS allein den Zweck, die Eigenschaften zweierEltern auf die Nachkommen zu übertragen. Bei höheren Organismenkommt dazu die Aufgabe, die Entwickelung des Eis überhaupt an-zuregen. Beide Wirkungen sind aber dem Wesen nach durchaus ver-schieden, wie sie denn auch getrennt von einander anftteten können.(Loeb-Jennings.),f Astronomisches.Das aufgegriffene Meteor. Es kommt Verhältnis-mäßig selten vor, daß jemand einen Meteoriten gleichsam imFallen erwischt. Da die Meteorfälle an sich recht häufig sind, soliegt der Hauptgrund dafür ohne Zweifel darin, daß die Meteoriten,ob sie nun aus Eisen oder aus Gestein bestehen, in der weitausüberwiegenden Mehrzahl gar nicht bis zur Erde gelangen. KleineMeteoriten werden durch die Glut, in die sie durch Reibung mitder Luft geraten, völlig aufgerieben, und große erleiden noch wäh-rend des Fluges aus demselben Grunde oft eine Explosion, die siebis in staubartige Teilchen zersprengt. Die übrigbleibenden Brockensind dann zu klein, um noch wahrgenommen zu werden. Bor allemaber ist noch zu berücksichtigen, daß nur wenige Meteoriten sogroß sind, daß sie auch bei Tageslicht an ihrem Leuchten zu er-kennen sind. DeS Nachts aber, wenn auch die kleineren Stern-schnuppen sichtbar werden, befinden sich verhältnismäßig wenigeLeute im Freien, so daß die Wahrscheinlichkeit, es könnte sich beimNiederfallen eines Meteorsteins gerade jemand in unmittelbarerNähe befinden, gering ist. In Japan ist es einmal gelungen, einesMeteoriten habhaft zu werden, nachdem er eben zur Erde nieder-gegangen war, und eine Beschreibung dieses Ereignisses steht inden Denkschriften des wissenschaftlichen Kollegiums der UniversitätKioto. Es war etwa V* Stunde nach Sonnenaufgang, als einLandmann vom Dorf Okano in der Provinz Tamba eine weißeglühende Masse vom Himmel herabkommen und zu Boden fallensah. Er ging auf die Stelle zu und fand dort einen Stein, derwie ein Eisenblock mit einer langen Spitze nach oben aussah undsich 80 Zentimeter tief in die Erde eingebohrt hatte. Sachverstän-dige erkannten in der Masse sofort einen Meteoriten, der nun einergenauen Untersuchung ausgeliefert wurde. Seine chemische Zu-sammensetzung ergab sich zu rund 9ö Proz. Eisen, 4J4 Nickel,Kobalt, etwas Phosphor und Kupfer in Spuren. Da dieseElemente zu Nickeleisen und Phosphornickeleisen zusammentreten,so würden die Ziffern bedeuten, daß der kleine Himmelskörper zu98,5 Proz. aus Nickeleisen und zu Ich aus Phosphornickeleisen be-tand. Diese Zusammensetzung�ift die gewöhnliche beim sogenann-ten Meteoreisen. Ein anderes Stück, das früher auf ähnliche Weiseerbeutet wurde, enthielt 98,7 Nickeleisen. Die Uebereinstimmungist also eine sehr große.rantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckeret u.VerlagSanstattPaul Singer LcEo., Berlin LW.