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„ das Maß nehmen", hatte es berufen" lassen und ihm ein ge-[ daß verschiedene Knappenlieder, die er allda gedichtet hat, statt weihtes Marienbilder! um den Hals gebunden; um ein Aermchen ideologischer Allerweltsvorstellungen vom Dasein der Grubenleute hatte sie ihm ein rotes, in Weihwasser getauchtes Seidenband ge- ein Körnchen eigener Anschauungen verraten würden. Nichts davon schlungen, war wöchentlich einmal mit ihm in die Kirche gegangen, rein gar nichts. Und ähnlich steht es um seine ganze Lyrik: formale furz, keine Mühe war gescheut worden. Glätte, schnelle Gelegenheitspoesie, die keine Wellen wirft.
Aber sie hatte halt Pech, die arme Brunnbauerin. Grad wie das arme Hascherl im Begriff war, sich zu einem so artigen, ruhigen Baby herauszumachen, wurde es hin.
Der Doktor schimpfte, bevor er den Totenschein schrieb, auf die Dummheit des Volkes, sprach von fahrlässiger Tötung, von Alkoholvergiftung, von Verhungernlassen. Und die Frau Brunnbauer stand verständnislos dabei und heulte. Die Großkopfeten haben halt feinen Begriff, wie schwer das Leben ist. Nun hatte sie wieder kein Kind und mußte sich für alle Liebe noch solche Sachen sagen lassen. Aber die anderen Weiber trösteten sie. Kinder gäb's ja genug, sie hätte ja doch alles getan für das Kinderl, und für das arme fleine Mizzeri sei es sehr gut; wer weiß, was ihr noch gekommen wäre. Und acht Tage später sprach niemand mehr von der Sache.
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Ja, noch was. Die Mizzi ist wieder so weit". Diesmal will sie bei einer anderen Schwester entbinden, die das Kostgeld auch gut brauchen kann.
Die bürgerliche Literaturgeschichtsschreibung hat Theodor Körner ob seines mit einem unfreiwilligen Tode beschlossenen Bardentums unter die Sterne versetzt; und die Schule hat als unterwürfige Dienerin des allenthalben am Staatsruder fizenden Prozent patriotismus diesen Gözenkultus bis zur Widrigkeit fortbetrieben. So kommt es, daß vornehmlich die männliche Jugend aller gehobenen" Unterrichtsanstalten für Körner schwärmt, der am 26. August 1818 im Treffen bei Gadebusch erschossen wurde. Die Frage, ob er zufällig der Kugel eines feindlichen Reiters oder gar, wie einige überlebende Augenzeugen befundet haben, dem Racheatt eines persönlich beleidigten, von ihm gehänselten Gefangenen erlag, ist noch immer nicht entschieden.
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Auch Körners( fünf) Erzählungen in Prosa sind nur belanglose Versuche nichts mehr. Und der Dramatiker? Nicht weniger als elf ein bis fünfaltige Possen, Luft, Schau- und Trauerspiele hat Körner während seines knapp anderthalbjährigen Aufenthaltes in Wien vom Stapel gelassen; und zehn davon, bis auf„ Rosamunde", das reichste von allen, gingen bei seinen Lebzeiten, ihm große Ehrungen einbringend, über die Wiener , Weimarische und Dresdener Bühne. Nur das patriotische Soldatenstück„ Joseph Heiderich", ist in Profa, die übrigen in Versen gehalten. In der Nachtwächter"-Posse gibt er persönlich Erlebtes schnurrig und lustig. Aber diese kleinen Stücke haben nichts Neues an sich; sie sind Ware, wie sie schon im achtzehnten Jahrhundert massenhaft für das bürgerliche Unterhaltungstheater gefertigt wurde, und was sich auf den Kothurn des hohen Dramas wagt, ist Wortrausch. Auch das Brinh- Trauerspiel, in dem der Heldentod, erlitten im Kampf mit einem verhaßten Feinde, gefeiert wird.
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Dieses Stüd, ein Vorsput der kommenden schillerepigonischen Dramatit, wird noch heute hier und da aufgeführt, in Körners Baterstadt alljährlich einmal. Das hat man nun lange genug ge trieben. In der Zeit der Befreiungstriege tannte man ein der artiges Einschäßen Körners nicht; keiner der damaligen Freiheitsdichter hat Körner auch nur mit einer Zeile angesungen. Und nun wär's wohl an der Zeit, daß die Theater auf das Wort hörten: Laßt es genug sein des grausamen Spiels! Denn ein Stüd wie Bring ist im Theater nicht zu ertragen, und man soll die Jugend nicht mit falschen Auffassungen über dramatischen Wert und Bühnenbestimmung nähren. Körner ist 22 Jahre alt gestorben, und was er schrieb ist Durchschnitt ohne Eigentümlichkeit.
Aftronomisches.
der
e. k.
Die
Die Sternwarte der Riesenfernrohre. reichste Sternwarte ist gegenwärtig ohne Zweifel diejenige auf dem Mount Wilson in Kalifornien , die von ihrer Mutter, der Carnegieinstitution in Washington , während des letzten Jahres allein für ihre laufenden Ausgaben mehr als eine Million Mart empfangen hat. Set dem nun, wie ihm wolle; jedenfalls teilte Körner mit Der größte Erwerb, den die Sternwarte durch diese Zuwendungen unzähligen anderen Freischärlern die gleiche Begeisterung und das erhalten hat, ist die Bollendung des Turmfernrohrs von 45 Meter gleiche Schicksal. Mit dem Unterschiede jedoch, daß ihn jene„ Dri- Länge. Der Turm, von dem dieser Riesenbau den Namen erhalten flamme" zum Kriegsstalden machte und seine Stirn mit dem Lorbeer bat, ist ein eisernes Gerüst, das sich um das eigentliche Fern des Dichters tränzte. Wie man auch immer denken mag- Körners rohr Herumlegt. Jeder Metallstab dieses Gerüstes enthält eigener Bater dachte weit kühler an der der Echtheit seiner Ver- auf der Innenseite einen zweiten, ganz unabhängig züdung für die Sache der Freiheit" ist nicht zu rütteln. Er, der von ihm ist und ihn nicht berührt. Es sind also eigent des Glückes Schoßlind" zu sein sich rühmen konnte, reißt sich ios lich zwei Türme, deren innerer durch den äußeren vor den von schmeichlerischen Erfolgen als Dramatifer, reißt sich los vom Wirkungen des Windes geschützt wird. Auf der Spize des Turmes Herzen einer heißgeliebten Braut, um sein junges Leben zu opfern. ruht auf einer Plattform der Spiegel, der einen Durchmesser von Auf raschestem Wege stößt er zum Lüßowschen Freikorps, das fich- 180 Zentimeter befigt. ein triftiger Grund für Körners Entschluß fast aus lauter Die Sternwarte sieht aber der Vollendung eines noch größeren Akademikern, jungen wie alten, zuſammenſegte. Spiegels entgegen, dessen Herstellung allerdings den größten Hinder nissen begegnet. Der berühmte Optifer Ritchey hat die schwere Aufgabe übernommen, den neuen Spiegel zu liefern, der mit einem Durchmesser von 254 Bentimetern alle früheren Apparate dieser Art weit hinter sich zurücklassen wird. Die Kosten will der amerikanische Multimillionär Hooker tragen. Die Schwierigkeit besteht weniger darin, einen Spiegel von solcher Größe zu einer genau parabolischen Form zu verarbeiten und zu polieren, als in der Verfertigung der geeigneten Grundmasse, die in einem Glasblock von 270 Bentimeter Durchmesser und 70 Zentimeter Dicke bestehen und vollkommen einheitlich, also frei von Schlieren und Blasen sein muß. Die einzige Werkstatt, die einer solchen Anforderung gewachsen wäre, ist die Glasfabrik von St. Gobain in Frankreich , die auch das erste Riesenteleskop des Mount Wilson mit der Glasmasse für den Spiegel versehen hat.
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Und dort im ständig wechselnden Felde entstehen innerhalb weniger Monate jene feurigen Striegsgesänge, die wir unter dem Titel„ Leier und Schwert" fennen. Im füßen Nausch des Moments geboren, mußten sie zünden. Und es soll nicht geleugnet werden, daß sie das auch noch heute in jugendlichen Gemütern tun; denn nicht die Logik der Tatsachen, sondern das hingeriffene Pathos, mit dem sie vorgetragen find, entscheidet. Wir wissen aber, daß neben dem Uebermaß der patriotischen Phrase wenig Eigenes übrig bleibt. In diesen Gedichten kehren nur alte Symbole wieder, die fich durch die ganze Bardenpoefie von ihren frühesten Anfängen bis auf die Friberizianische Epoche ziehen. Kleist, Schiller find Körners direkte Lehrmeister. Er denkt an die Hermannschlacht, Wilhelm Tell , hauptsächlich die Jungfrau von Orleans und beschwört das Bild der Königin Luise als Schußengel. Er ruft sogar einen Friedrich Wilhelm III. und den Geist des Prinzen Louis Ferdinand an. Die Geschichte weiß es freilich ganz anders. Und auch darin, daß er Napoleon einen Tyrannen, Wüterich, Bluthund usw. heißt, fagt er nur, was jeder durch keinerlei Kenntnis beschwerter Naivus fagte. Das nach träglich von anderer Seite herausgegebene Lied von der Rache" mit seinem pathologisch gewordenen Blutdurst hatte Körners Vater von der Veröffentlichung ausgeschlossen. Er wußte, warum. Und immerdar muß Gott nebst allen Heiligen den Helfer machen. Man sieht: es ist derselbe Apparat, mit dem bis in unsere Gegenwart hinein hantiert wird.
Immer muß eine große Zahl von Probegüssen gemacht werden, che man darauf rechnen fann, einen von hinreichender Güte zu er halten. Für die Crownglaslinse des großen Fernrohrs der Lickssternwarte, die nur 90 Zentimeter Durchmesser befigt, waren 19 Probegüsse notwendig. Die französische Werkstatt hat mittlerweile bereits einen Glasblock nach Kalifornien geschickt, der nach eingehender Prüfung auch endgültig abgenommen und bereits bezahlt worden ist. Die sogenannte Stundenachse, die dem Spiegel als Unterlage dienen soll, wird eine Länge von 12 Meter erhalten. Die feinsten. Vorsichtsmaßregeln werden den ungeheuren Bau dieses Instruments vor Temperaturschwankungen schützen. Bei dem großen Spiegelfernrohr von 180 Zentimeter ist es gelungen, diese Schwankungen herabzumindern, so daß sie Abänderungen in der Brennweite von höchstens 1-2 Zehntel Millimeter veranlassen.
Ehe Theodor Körner seiner Leier das Schwert zugefellte, hatte er bereits eine schier unheimliche dichterische Fruchtbarkeit entfaltet. Solche Leichtigkeit des Produzierens vertrug sich doch schlecht mit Driginalität und gedanklicher Tiefe. Nirgends hiervon eine Spur, weder in dem Erstling Knospen" des allerdings erst Siebzehn- Uebrigens find die Spiegelfernrohre immerhin noch billiger als jährigen, noch in den Vermischten Gedichten", die danach entstanden die Refraktoren, zumal für jene teine so große Kuppel notwendig find. Die unmittelbare Bekanntschaft mit Kleist, Schiller , Goethe und ist. Die amerikanischen Astronomen wenigstens sind auch davon anderen Dichterheroen, die im elterlichen Hause freundschaftlich ver- überzeugt, daß die Spiegelfernrohre bessere Leistungen versprechen, fehrten, wirfte fast tragisch auf den Jüngling. Kaum ein Gedicht, da der Spiegel auch nach Bedarf immer wieder neu bersilbert werden das nicht Spuren ihres Geistes aufwiefe? Körner studierte befannt- fann. Vor allem kann ein Spiegel leichter aufgestellt werden, ohne lich auf der Bergalademie in Freiberg . Man sollte nun meinen, daß eine Durchbiegung erfolgt.
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Berantw. Nebatteur: Alfred Wielepp, Neukölln, Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
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