— 764—häufigsten vertreten ist. sollte man bei Anpflanzungen überhauptgrundsätzlich absehen, norncntlich auf magerem Sandboden, da sieauch große Anforderungen an das Erdreich und dessen Düngungstellt. Bei Cox Orangenrenettc ist die Blutlauscnipfänglichkeitsehr bedauerlich, denn diese Sorte ist zwar kleinfrüchtig. aber einEdelapfel von einzigartigem Aroma, neben der Muskatrenette undRibstons Pcpping, die beide sehr unzuverlässig tragen, Wohl dereinzige Apfel mit ausgesprochenem Muskataroma.In vielen Gärten sind die Birnen krank; sie treiben imSommer schlecht, die Blätter werden fleckig und fallen zum größtenTeil ab, die Bäume sehen dann dürftig aus, auch bleiben die an-gesetzten Früchte in der EntWickelung zurück. Gegen diese Krank-heitserscheinung gibt es kein Gegenmittel, sie wird als Rost be-zeichnet. Der hier in Frage kommende Rostpilz hat einen Zwischen-lvirt, von dem seine Existenz abhängig ist. Er lebt in einemStadium auf zwei verschiedene Wacholderarten, auf dem Sade-bäum mit kriechendem Wuchs und auf dem hochstrebenden virgini-schen Wacholder. Die Pilzsporcn werden durch den leisesten Luft-hauch auf ziemlich große Entfernungen zu den gegebenen Zeitenvom Wacholder' auf die Birne und umgekehrt von der Birne aufden Wacholder übertragen. Bevor man sich also zur Anpflanzungvon Birnen entscheidet, sollte man erst in den Gärten der weiterenUmgebung Umschau nach genannten Wacholderarten halten, dievielfach als Ziergehölze angepflanzt sind. Wo man auch nur einenderartigen Wacholder trifft und den Besitzer nicht zum Ausrodenbewegen kann, da verzichte man auf Birnen. Ist die Luft rein,dann sehe man von Anpflanzung der frühen Sommerbirnen, diedurcbiveg kleinfrüchtig und nur wenig aromatisch, auch leicht ver-derblich sind, ab und pflanze Serbstbirnen als früheste Sorten.Die zuerst reifende gute Herbstbirne ist die gute Graue, dannfolgen in der Reifezeit Amanlis Butterbirne und die gute Luise.Letztere ist, zur rechten Zeit gepflückt und genossen, eine deraromatischsten Birnensorten, dabei schön von Färbung und schönvon Gestalt.. �„Die Birnensorten verhalten sich übrigens bezüglich ihresWertes nickt in allen Gegenden gleichmäßig; im allgemeinen sinddie Birnen mit Riesenfrüchten, in Fachkreisen Kohlrüben genannt,mindertvertig; so die Sorten Andenken an den Kongreß, KönigAlbert, Triumph von Wien u. a. Andere großfrüchtige Sortenverhalten sich, je nach Klima und Lage, verschieden. Die Herzoginvon Angoulem« bleibt bei uns fast ungenießbar, während sie inmilden Gegenden eine erstklassige Tafelfrucht ist, und die Pastoren-birne entivickelt sich im märkischen Sand zur Tafclsrucht, währendman sie anderwärts nur als Kochbirne kennt.Wer Pflaumen liebt, der pflanze nicht die gewöhnlicheHauszwetsche, obwohl sie die anspruchsloseste ist, die man in gutenPflaumenjahren, wie dem gegenwärtigen, oft nicht einmal für3 Pf. das Pfund los wird, sondern Reineclauden uich feinePflaumen, namentlich im September/Oktober reifende Spätsorten.Bei Sauer- und Süßkirschen sind die frühesten Sorten die minder-wertigsten. Die bei uns verbreitetsten ersten Süßkirschen, Frühesteder Mark und Früheste von Werder, sind fleischarm und haben nurherzlich wenig Aroma, während sich unter den späten Sorten solchevon allererster Qualität befinden, wie Büttners späte rote Knorpel-kirsche und Noble. Unter den Sauer- oder Einmachekirschen istund bleibt die im Juli/August reifende große lange Lothkirsche, inLiebhaberkreisen Schattenmorellc genannt, die. beste und ertrag-sicherste. Meine Bäume dieser Sorte haben mich in den letztenzehn Jahren auch nicht ein einziges Mal mit der Ernte im Stichgelassen._ Hd.Kleines f euiUeton.Technische?.Die größte Talsperre Europas. In den ersten Tagende« Oktober wird ein neues Meisterwerk deutscher Wasserbautecknikeröffnet, die größte Talsperre Europas, die Edertalsperre, die selbstdie kürzlich eingeweiht« Möhnetalsperre noch um 70 Millionen Kubikmeter Stauinhalt übertrifft. Bei Hemfurth in Waldcck ist die mächtigeAnlage erstanden; in der Hauptsache wird sie dem Zwecke dienen,den Riedrigwasserstand der Weser zu erhöhen und in Verbindungdamit den Rhein-Hannover-(Mittelland)-5kanal zu speisen. Oberweserwie Kanal werden von nun ab während des ganzen Jahres schiffbarsein; zugleich werden die verderblichen Frühjahrsiiberschwemmungenim Eder-, Fulda- und Wesergebiet beseitigt. Natürlich wird auch hiereine elektriiche Ueberlandzentrale errichtet, für die Landwirtschaft, dieKleinindustrie und chie Städtebeleuchtung.Die Besichtigung des neu geschaffenen Riesenwerkes erfolgt ambesten von Bad Wildungen, Waldeck und Hemfurth aus, mit derBahn bis Buhlen; von dort ist die Talsperre in Stunden er-reichbar. Wo an einer Biegung der Eder in der.Ura" am Uren-köpf und dem 422 Meter hohen Michelskopf die den Fluß be-gleitenden Berge bis fast auf 100 Meter herantreten, wurde dieSperrmauer errichtet. Etwa 200000 Kubikmeter Erde und Steinemußten ausgehoben werden, um auf den felsigen Urgrund zukommen. Hier an der Sohle ist die Mauer 270 Meter lang und34 Meter breit; die Kronenläuge beträgt 300 Meter, die Breite6 Meter; die Höhe erreicht 48, ö' Meter. Die zum Bau benötigten200 000 Kubikmeter Steine wurden in den benachbarten Bergen ge-brachen. DaS Niederschlagsgebiet der Sperre umfaßt 1400 Quadrat-kilometer; die Wasserfläche hat eine Länge von 2ö Kilometer undeine größte Breite von 2 Kilometer. Der Stausee wird 2 02Millionen Kubikmeter Wasser fassen. 250 KubikmeterWasser können in der Sekunde abgegeben werden durch sechs in derTalsohle befindliche Rohre von 1,35 Meter lichter Weite; außerdemsind 12 Oeffnungen von je 2,50 Meter Breite in der Mitte derMauer geschaffen; zum Abfluß des Hochwassers ist die ganze Mauer-kröne als Ueberfall ausgebildet.Die Getamtkosten werden sich auf über 20 Millionen Mark be-laufen, von denen etwa 8 Millionen Mark auf den Grunderwerbkommen. Erbauer ist die preußische Wasserbauverwaltung inHannover. Die Sperre ist im Verhältnis zu ihrer Wassermenge diebilligste aller bisher gebauten Sperren infolge der günstigen natür-lichen Bedingungen. Wie bei der Möhnetalsperre verschwindenauch hier ganze Dörfer vom Erdboden. Die aus demStaugebiet verzogenen 125 Grundbesitzer mit rund 800 Angehörigensind teils nach dem Osten Deutschlands, teils in die benachbartenhessischen Gebiete abgewandert, teils haben sie sich im WaldeckerLande angesiedelt.Die Lage_ des Stausees ist infolge der zahlreichen Buchten undLandzungen eine sehr schöne, namentlich an der Sperrmauer, vonder man über den ersten Teil des Sees hinweg das Schloß Waldeck,218 Meter über dem Tal, 420 Meter über dem Meere, liegen sieht,ebenso ist umgekehrt von der Altane des Schlosses aus der Rundblickganz eigenartig.Aus dem Leben.PeterRoseggersFührerindunklerZeit. Es war1884 in Graz, als Adalbert Svoboda leitender Oiedakteur der dorti-gen Tagespost war. Rosegger dankte ihm ein ermutigendes Schreiben,das ihn zur Fahrt nach Graz veranlaßte. Ihm voran traf beiSvoboda ein Bauer ein, der ein von dem Waldbauerbuben gesandtesPaket von 16 Pfund Schwere überbrachte: es enthielt alles, wasRosegger geschrieben hatte. Im Oktoberheft der Monatsschrift„DerTürmer"(Äreiner u. Pfeiffer Verlag, Stuttgart) erzählt nunRosegger in dankbarer Erinnerung, wie die erste Begegnung mitseinem Entdecker, Helfer und.Führer in dunkler Zeit" gewesen ist:Im Herbste besuchte ich Graz und stand vor Dr. Svoboda.Da gab es folgendes Gespräch:„Also Sie sind der Mann, der mir den Korb voll Handschriftengeschickt hat? Manchmal nehmen Sie bei Ihrem Dichten wohlBücher zu Hilfe?"„Bücher Hab' ich halt nie gar viel, deswegen will ich mir ihrerschreiben."„Wenn Sie Bücher hätten, würden Sie auch dann nochschreiben?"„Weiß nit. Immer einmal kann ich abends halt nit einschlafen,wenn ich nit ein wenig dichten tu'."„Sie sind Lehrling bei einem Bauernschneider?"„Das ist g'wiß."„Gefällt Ihnen das Handwerk."„O, ganz gut. Aber können tu' ich halt noch nit gar viel."„Möchten Sie nicht lieber in die Stadt kommen und was ande-res lernen?"„Am liebsten wär's mir halt, wenn etwas von mir in dieZeitung hineingedruckt werden tät'."Der Doktor zuckte mit dem Kopf zurück, wie immer, wenn ihnetwas unangenehm berührte.„Lieber junger Petrus!" sagte er dann.„Bevor Sie etwasgeben können, müssen Sie noch sehr viel nehmen..Daß ich vonIhnen etwas abdruckte, geschah nur, um Gönner zu suchen, die Sieausbilden lassen möchten. Haben Sie erst was Tüchtiges gelernt,dann reden wir weiter vom Dichten. Sie sind den langen Wegnach Graz zu Fuß gekommen?"„Und will morgen wieder heim."„Einstweilen ja. Aber doch nicht zu Fuß, doch auf der Eisen-bahn."„Das tragt's halt nit."„Denn Sie werden ein großes Bündel mitnehmen. Ich gebeIhnen Bücher mit." Er wies auf einen Stoß, der auf dem Tischelag.„Merken Sie auf! Diese Bücher mit dem roten Umschlaglesen Sie, um zu sehen, wie Sie nicht dichten sollen, und die ge-bundenen lesen Sie, um zu sehen, wie man's machen soll. Nach-schreiben auch diese nicht, nur- den Geschmack damit bilden." Dieersteren— einige neue Romane, wie sie zur Besprechung an Zei-tungen geschickt zu werden pflegen, die letzteren Klassiker.Als diese Bücher in ein großes Bündel gebunden waren, sagteSvoboda zu mir:„Dann noch etwas, Petrus! Ihre Jacke, die Sieanhaben, ist so weit zwar ganz sauber, aber etwas zu dünn fürschlecht Wetter,— erlauben Sie!" Damit zog er seinen schwarzenRock mit dem roten Seidenfutter aus, so daß er einen Augenblickin Hemdärmeln war, bis er in ein Hauskleid schlüpfte. Den Rockhat er mir an den Leib gestreift.„Geben Sic bloß acht, daß Sienichts verlieren, in der Brusttasche haben Sie ein kleines Porte«feuille!"Als ich nachher die Treppe hinabstieg, war ich doch begierig,waS das ist— ein Portefeuille.Das war meine erste Begenung mit diesem Manne, der esbuchstäblich zustande brachte, für seinen Nächsten den Rock auszu»ziehen und hinzugeben.___Berantto. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanftaltPaul Singer Berlin SV/.