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Keine Gefahr. Die unteren Fenster find blind, und der zweite Stock ist unbewohnt. Man läutet. Nun, wird's?" Aus Juy tu ich's merken Sie sich das Er hatte sich auf das Fensterbrett gesetzt und die Füße hinaufgezogen; er sah, daß Brand aufstand und auf ihn zukam. Nein, nein! das verbat er sich Nachhilfe war überflüssig. Hastig erhob er die Hände zur Abwehr, verlor das Gleich gewicht, fuchtelte, einen Stützpunkt suchend, in der Luft herum, und plumpste kopfüber hinaus.
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Brand trat ans Fenster und sah ihn auf dem Boden liegen und gar nicht fesch", gar nicht flott", mit blöd aufgerissenen Augen zum blauen Himmel emporstarren. Er war tief eingesunken in ein frisch rigoltes Beet, das zur Aufnahme schöner Blumen und nicht zu der eines solchen Klobes bestimmt war. Dietrich warf ihm seinen Zylinder nach, den er bergessen hatte, und konnte nicht umhin, einen neuen Mangel in der Erziehung dieses Herrn zu rügen:
„ Wenn er voltigieren gelernt hätte, wie ganz anders wäre er da unten angekommen."
( Fortfeßung folgt.)
Romeo und Julia auf dem Dorfe. fehr gut. Grit jebt erhob es ſich vom Stuhl, wiegte sich in den
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uns die Leute, dachte er. Niemand hilft uns, und ich bin ehrlich und fürchte niemand! So trat er unerwartet in Brenchens Stube, und ebenso unerwartet fand er es schon vollkommen angekleidet und geschmückt dasißen und der Zeit harren, wo es gehen könne, nur die Schuhe fehlten ihm noch. Aber Sali stand mit offenem Munde still in der Mitte der Stube, als er das Mädchen erblidte, so schön sah es aus. Es hatte nur ein einfaches Kleid an von blaugefärbter Leinwand, aber dasselbe war frisch und sauber und saß ihm sehr gut um den schlanken Leib. Darüber trug es ein schneeweißes Musselinehalstuch, und dies war der ganze Anzug. Das braune, gekräuselte Haar hatte es wohl geordnet, und die sonst so wilden Löckchen lagen nun fein und lieblich um den Kopf; da Brenchen seit vielen Wochen nicht aus dem Hause gekommen, so war seine Farbe zarter und durchsichtiger geworden, so wie auch und die Freude ein Rot um das andere, und an der Prust trug es vom Kummer; aber in diese Durchsichtigkeit goß jezt die Liebe einen schönen Blumenstrauß von Rosmarin, Rosen und prächtigen Astern. Es saß am offenen Fenster und atmete still und hold die frisch durchsonnte Morgenluft; wie es aber Sali erscheinen sah, streckte es ihm beide hübsche Arme entgegen, welche vom Ellbogen an bloß waren, und rief: Wie recht hast Du, daß Du schon jetzt und hierher kommst! Aber hast Du mir Schuhe gebracht? Gewiß? Nun stehe ich nicht auf, bis ich sie anhabe!" Er zog die Ersehnten aus der Tasche und gab sie dem begierigen schönen Mädchen; es schleuderte die alten von sich, schlüpfte in die neuen, und sie paßten neuen Schuhen und ging eifrig einige Mal auf und nieder. Es zog das lange, blaue Kleid etwas zurück und beschaute wohlgefällig die roten, wollenen Schleifen, welche die Schuhe zierten, während Sali unaufhörlich die feine, reizende Gestalt betrachtete, welche da in lieblicher Aufregung vor ihm sich regte und freute. schaust meinen Strauß?" sagte Brenchen, habe ich nicht einen schönen zusammengebracht? Du mußt wissen, dies sind die letzten Blumen, die ich noch aufgefunden in dieser Wüstenei. Hier war noch ein Röschen, dort eine Aster, und wie sie nun gebunden sind, würde man es ihnen nicht ansehen, daß sie aus einem Untergange zusammengefucht sind! Nun ist es aber Zeit, daß ich fortkomme, nicht ein Blümchen mehr im Garten und das Haus auch leer." Sali sah sich um und bemerkte erst jetzt, daß alle Fahrhabe, die noch dagewesen, weggebracht war." Du armes Vreeli!" sagte er, haben sie Dir schon alles genommen?" Gestern," erwiderte es, haben sie's weggeholt, was sich von der Stelle bewegen ließ, und mir kaum mehr mein Bett gelassen. Ich hab's aber auch gleich verkauft und habe jetzt auch Geld, sieh'!" Es holte einige neu glänzende Talerstücke aus der Tasche seines Kleides und zeigte sic ihm." Damit," fuhr es fort, fagte der Waisenvogt, der auch hier war, solle ich mir einen Dienst suchen in einer Stadt, und ich solle mich heute gleich auf den Weg machen." ,, Da ist aber auch gar nichts mehr vorhanden," sagte Sali, nachdem er in die Küche geguckt hatte, ich sehe tein Hölzchen, kein Pfännchen, kein Messer! Hast Du denn auch nicht zu Morgen gegessen?" ,, Nichts," sagte Brenchen, ich hätte mir etwas holen fönnen, aber ich dachte, ich wollte lieber hungrig bleiben, damit ich recht viel essen könne mit Dir zusammen, denn ich freue mich so sehr darauf, Du glaubst nicht, wie ich mich freue!" Wenn ich Dich nur anrühren dürfte," sagte Sali, so wollte ich Dir zeigen, wie es mir ist, Du schönes, schönes Ding!"" Du hast recht, Du würdest meinen ganzen Staat verderben, und wenn wir die Blumen ein bißchen schonen, so kommt es zugleich meinem armen Kopf zugute, den Du mir itbel zuzurichten pflegit." ,, So komm, jest wollen wir ausrüden!"" Noch müssen wir warten, bis das Bett abgeholt wird; denn nachher schließe ich das leere Haus zu und gehe nicht mehr hierher zurück. Mein Bündelchen gebe ich der Frau aufzuheben, die das Bett gekauft hat." Sie setzten sich daher einander gegenüber und warteten; die Bäuerin tam bald, eine vierschrötige Frau mit lautem Mundwerk, und hatte einen Burschen bei sich, welcher die Bettstelle tragen sollte. Als diese Frau Vrenchens Liebhaber erblickte und das gepuzte Mädchen selbst, sperrte fie Maul und Augen auf, stemmte die Arme unter und schrie: Ei sieh da, Vreeli! Du treibst es ja schon gut. Hast einen Befucher und bist gerüstet wie eine Prinzeß?"„ Gelt aber!" sagte Brenchen freundlich lachend, wißt Ihr auch, wer das ist?"„ Ei, ich denke, das ist wohl der Sali Manz? Berg und Tal kommen nicht zusammen, sagt man, aber die Leute! Aber nimm Dich doch in acht, Kind, und dent', wie es Euren Eltern ergangen ist." -Ei, das hat sich jetzt gewendet und alles ist gut geworden," erwiderte Vrenchen lächelnd und freundlich mitteiljam, ja beinahe herablaffend, seht, Sali ist mein Hochzeiter."" Dein Hochzeiter, was Du sagst!"" Ja, und er ist ein reicher Herr, er hat hunderttausend Gulden in der Lotterie gewonnen. Denkt einmal, Frau!" Diese tat einen Sprung, schlug ganz erschrocken die Hände zusammen und schrie:„ Hund hunderttausend Gulden!"
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Nachdruck verboten. Sobald er in der Stadt war, trug er seine Uhr zu einem Uhrmacher, der ihm sechs oder sieben Gulden dafür gab, für die filberne Kette bekam er auch einige Gulden, und er dünkte sich nun reich genug; denn er hatte, seit er groß war, nie soviel Geld befeffen auf einmal. Wenn nur erst der Tag vorüber und der Sonntag angebrochen wäre um das Glück damit zu erkaufen, das er sich von dem Tage versprach, dachte er; denn wenn das Uebermorgen auch um so dunkler und unbekannter hineinragte, so gewann die ersehnte Lustbarkeit von morgen nur einen seltsameren, erhöhteren Glanz und Schein. Indessen brachte er die Zeit noch leidlich hin, indem er ein paar Schuhe für Vrenchen suchte, und dies war ihm bas vergnügteste Geschäft, das er je betrieben. Er ging von einem Schuhmacher zum anderen, ließ sich alle Weiberschuhe zeigen, die vorhanden waren und endlich handelte er ein leichtes und feines Baar ein, so hübsch, wie sie Brenchen noch nie getragen. Er verbarg die Schuhe unter seiner Weste und tat sie die übrige Zeit des Tages nicht mehr von sich; er nahm sie sogar mit ins Bett und legte sie unter das Kopffiffen. Da er das Mädchen heute früh noch gesehen und morgen wieder sehen sollte, so schlief er fest und ruhig, war aber in aller Frühe munter und begann seinen dürftigen Sonntagsstaat zurecht zu machen und auszupuken, so gut es gelingen wollte. Es fiel seiner Mutter auf, und sie fragte verwundert, was er vorhabe, da er sich schon lange nicht mehr so sorglich angezogen.„ Er wolle einmal über Land gehen und sich ein wenig umtun," erwiderte er, er werde sonst frank in diesem Hause." Das ist mir die Zeit her ein merkwürdiges Leben," murrte der Vater, und ein Herumschleichen!" ,, Laß ihn nur gehen," sagte aber die Mutter, es tut ihm vielleicht gut, es ist ja ein Glend, wie er aussieht!" Hast Du Geld zum SpazierenIch brauche keines," gehen, woher hast Du es?" sagte der Alte. fagte Sali." Da hast Du einen Gulden!" versetzte der Alte und wirf ihm denselben hin. Du kannst im Dorf ins Wirtshaus gehen und ihn dort verzehren, damit sie nicht glauben, wir seien Hier so übel daran." Ich will nicht ins Dorf und brauche den Gulden nicht, behaltet ihn nur!"" So hast Du ihn gehabt, es wäre schade, wenn Du ihn haben müßtest, Du Stecktopf!" rief Manz und schob seinen Gulden wieder in die Tasche. Seine Frau aber, welche nicht wußte, warum sie heute ihres Sohnes wegen so wehmütig und gerührt war, brachte ihm ein großes schwarzes Mailänder Halstuch mit rotem Rande, das sie nur selten getragen und er schon früher gern gehabt hätte. Er schlang es um den Hals und ließ die langen Zipfel fliegen, auch stellte er zum erstenmal den Hemdkragen, den er sonst immer umgeschlagen, ehrbar und männlich in die Höhe, bis über die Ohren hinauf, in einer Anwandlung ländlichen Stolzes, und machte sich dann, seine Schuhe in der Brusttasche des Rockes, schon nach sieben Uhr auf den Weg. Als er die Stube verließ, drängte ihn ein seltsames Gefühl, Vater und Mutter die Hand zu geben, und auf der Straße sah er sich noch einmal nach dem Hause um. Ich glaube am Ende," sagte Manz, der Bursche streicht irgendeinem Weibsbild nach, das hätten wir gerade noch nötig!" Die Frau sagte: O wollte Gott , daß er bielleicht ein Glück machte, das täte dem armen Buben gut!" Richtig," sagte der Mann, das fehlt nicht, das wird ein himm- Hunderttausend Gulden!" versicherte Vrenchen ernsthaft. liches Glück geben, wenn er nur erst an eine solche Maultasche zu geraten das Unglück hat. Das täte dem armen Bübeli gut, natürlich!"
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Sali richtete seinen Schritt erst nach dem Flusse zu, wo er Brenchen erwarten wollte; aber unterwegs ward er anderen Sinnes and ging geradezu ins Dorf, um Brenchen im Hause selbst abzuholen, weil es ihm zu lange währte bis halb elf. Was fümmern
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Herr du meines Lebens! Es ist aber nicht wahr, Du lügst mich an, Kind!"-" Nun, glaubt, was Ihr wollt!"„ Aber wenn es wahr ist und Du heiratest ihn, was wollt Ihr denn machen mit dem Gelde? Willst Du wirklich eine vornehme Frau werden?" Versteht sich, in drei Wochen halten wir Hochzeit!"
Geh mir weg, Du bist eine häßliche Lügnerin!"" Das schönste Haus hat er schon getauft in Seldwyl, mit einem großen Garten und