Weinberg; Ihr müht mich auch besuchen, wenn wir eingerichtet sind, ich zähle darauf!"Alliveg, Du Teufelshexlein, waS Du bist!"Ihr werdet sehen, wie schön es da ist, einen herrlichen Kaffee werde ich machen und Euch mit feinem Eierbrot auf- warten, mit Butter und Honig I"Du Ketzerslösli, zähl' darauf, datz ich komme!" rief die Frau mit lüsternem Gesicht, und der Mund wässerte ihr.Kommt Ihr aber um die Mittagszeit und seid ermüdet vom Markt, so soll Euch eine kräftige Fleischbrühe und ein Glas Wein immer parat stehenl"Das wird mir batz tun!"Und an etwas Zuckcrwerk oder weihen Wecken für die lieben Kinder zu Hause soll es Euch auch nicht fehlen!"Es wird mir ganz schmachtend!"Ein artiges Halstüchelchen oder ein Restchen Seidenzeug oder ein hübsches, alles Band für Eure Röcke oder ein Stück Zeug zu einer neuen Schürze wird gewiß auch zu finden sein, wenn wir meine Kisten und Kasten durch- mustern in einer vertrauten Stunde!" Die Frau drehte sich auf den Hacken herum und schüttelte jauchzend ihre Röcke.Und wenn Euer Mann ein vorteilhaftes Geschäft machen könnte mit einem Land- oder Viehhandel, und er mangelt des Geldes, so wißt Ihr, wo Ihr anklopfen sollt. Mein lieber Sali wird froh sein, jederzeit ein Stück Bares sicher und erfreulich anzulegen! Ich selbst werde auch etwa einen Sparpfennig haben, einer vertrauten Freundin auszuhelfen!" Jetzt war der Frau nicht mehr zu helfen, sie sagte gerührt:Ich habe immer gesagt, Du seist ein gutes und schönes Kind! Der Herr wolle es Dir wohl ergehen lassen immer und ewiglich und es Dir gesegnen, was Du an mir tust."Dagegen verlange ich ctber auch, daß Ihr es gut mit mir meint."Allweg kannst Du das von mir verlangen."Und daß Ihr jederzeit Eure Waren, sei es Obst, seien es Kartoffeln, sei es Gemüse, erst zu mir bringet und mir anbietet, ehe Ihr auf den Markt gehet, damit ich sicher sei, eine rechte Bäuerin an der Hand zu haben, auf die ich mich verlassen kann. Was irgendeiner gibt für die Ware, iverde ich gewitz auch geben mit tausend Freuden, Ihr kennt mich ja! Ach, es ist nichts Schöneres, als wenn eine wohlhabende Stadlfrau, die so railos in ihren Mauern sitzt und doch so vieler Dinge benötigt ist, und eine rechtschaffene, ehrliche Landfrau, erfahren in allem Wichtigen und Nützlichen, eine gut und dauerhafte Freundschaft zusammen haben. Es kommt einem zugute in hundert Fällen, in Freud und Leid, bei Gevatter- schaftcn und Hochzeiten, wenn die Kinder unterrichtet werden und konfirmiert, wenn sie in die Lehre kommen und wenn sie in die Fremde sollen. Bei Mihwachs und Ueberschwemmungen, bei Feucrsbrünsten und Hagelschlag, wofür uns Gott behüte!" Wofür uns Gott behüte!" sagte die gute Frau schluchzend und trocknete mit ihrer Schürze die Augen;welch ein verständiges und tiefsinniges Bräutlein bist Du, ja, Dir wird es gut gehen, da mühte keine Gerechtigkeit in her Welt sein. Schön, sauber, klug und ioeise bist Du, arbeitsam und geschickt zu allen Dingen. Keine ist feiner und besser als Du, in und auher dem Dorfe, und wer Dich hat, der muh meinen, er sei im Himmelreich, oder er ist ein Schelm und hat es mit mir zu tun. Höre Sali! dah Du nur recht artig bist mit meinem Vreeli, oder ich will Dir den Meister zeigen, Du Glückskind, das Du bist, ein solches Röschen zu brechen." So nehmt jetzt auch hier noch mein Bündel mit, wie Ihr mir versprochen habt, bis ich es abholen lassen werde. Vielleicht komme ich aber selbst in der Kutsche und hole es ab, lvenn Ihr nichts da- gegen habt. Ein Töpfchen Milch werdet Ihr mir nicht abschlagen alsdann, und etwa eine schöne Mandeltorte dazu werde ich schon selbst mtbringen."Tausendskind! Gib her den Bündel." Vrenchen lud ihr auf das zusammengebundene Bett, das sie schon auf dem Kopfe trug, einen lange» Sack, in welchem es sein Plunder und Habseliges gestopft, so dah die arme Frau mit einem schwankenden Turme auf dem Haupte dastand.Es wird doch fast zu schwer auf einmal," jagte sie,könnte ich nicht zweimal daran machen?"Nein, nein, wir müssen jetzt augenblicklich gehen, denn wir haben einen weiten Weg, um vornehme Verwandte zu besuchen, die sich jetzt gezeigt haben, seit wir reich sind. Ihr wiht ja, wie es geht."Weih ivohl, so behüt' Dich Gott und denk an mich in Deiner Herrlichkeit!" lFortsetzung folgt.) Zu Didcrotö Gedächtnis« Von Kurt EiLner. Vor 200 Jahren am u. Oktober 1713 wurde Denis Diderot , der Enzhklopädist, geboren. Sein Ruhm wird überstrahlt durch Vol- taire und Rousseau , obwohl er ihnen an Kraft des revolutionären Geistes ebenbürtig, in der Beweglichkeit seiner das ganze Reich menschlicher Tätigkeiten umfassenden Interessen überlegen war. Diderot war der grohe Anreger, der auf allen Gebieten Ideen säte. Er war ein Buchjournalist weltgeschichtlichen Stils, er hat sich an seine Zeit ganz verschwendet. Darum wird er heute nur noch wenig gelesen, in Deutschland , wo eine Ausgabe seiner lebendig gebliebenen Werke fehlt, fast gar nicht. Dennoch ist gerade die klassische deutsche Literatur ohne ihn undenkbar. Lessing , ein im Denken und Leben ihm verwandter Geist, der seine Theaterstücke übersetzte, gesteht, dah er ihm die Anregung zu seinen bürgerlichen Schauspielen schuldet. Goethe und Schiller liebten diesen hellen und kühnen Kopf. Soeth« übersetzte au» DiderotS Nachlaß die brennend zuckende Satire Rameaus Neffe , bevor noch das Original in Frank« reich bekannt wurde. Auch eine kunstphilosophische Abhandlung DiderotS hat Goethe ins Deutsche übertragen. Diderot war der Sohn eines Messerschmieds aus der Champagne. Er ging in die Jesuitenschule, aus der er entwich. Dann führte er in Paris , in dem völlig losgebundenen Dasein dieser Zeiten, das Dasein eines schriftstellernden ZigeunerS, unermüdlich tätig, Gebirge von Papier auftürmend, in stetein Kampf mit Polizei, Gerichten, Kerkermeistern, Feinden, auch mit den Leidenschaften des HerzenS und mit der Not, für sich, feine Familie, seine Geliebten Geld zu schaffen. Wenn er ein paar Louisdor brauchte, schloß er sich in sein Zimmer ein und ging nicht eher wieder heraus, bis irgend ein verkäufliches Buch fertig war. Katharina II. hat ihn auS schlimmstem Elend errettet. Sie kaufte ihm seine Bibliothek ab und zahlte ihm dann als Bibliothekar seiner eigenen Bücher das Jahres- gehalt auf fünfzig Jahre im voraus. Sein reicher Nachlatz ist im Besitz der Zarin geblieben. Aber Diderot verkaufte sich nie. Er diente immer der Wahrheit, dem schöpferischen Streit wider die Mächte der Lüge, des Aber« glauben?, der weltlichen und geistlichen Unterdrückung. Er begann als Uebersetzer englischer Philosophen und eines medizinischen Lexikons. Bald schreibt er selbst philosophische Abhandlungen, Romane von ehrlich witziger Erotik, die man sehr zu Unrecht unter die Schmutzliteratur einreiht. Er ist Mathematiker, Natur- Wissenschaftler, Theaterdichter, Kunstkritiker. Man lästert ihn als einen Atheisten; das ist er keineswegs oder doch nur insofern, als er die unumstößliche Sicherheit einer menschlich helfenden, beglückenden und genießenden Sittlichkeit irdisch fester zu begründen sucht als in den Wolken des Himmels. Er gibt sich als Skeptiker, aber im Grunde seiner Seele ist er ein Schwärmer, und die Briefe, die er seiner geliebten Sophie Voland schrieb, die Bekenntnisse und die Memoiren DiderotS atmen jene Be­geisterung für Tugend, Menschenliebe, Freiheit, wie sie Rousseau nicht feuriger zu dichten vermochte. Vor allem steht DiderotS Name unvergänglich auf dem Titelblatt jenes Riesenwerks, in dem die Revolution Wissenschaft wurde, ehe sie Wirklichkeit ward: der E n z p k l o p ä d i e. Neben ihm zeichnet als Herausgeber in den ersten Teilen der Mathematiker d'Alembcrt, der ihn aber bald verließ. Dies Werk, in dem das universale Wissen der Menschheit heute erzeugt man flache und farblose Konversationslexika " agitatorisch in den Dienst deS menschlichen Freiheitskampfes gestellt wurde, hat Diderot , wie er es selbst er« dachte, im wesentlichen auch selbst zu Ende geführt; er ist auch der Verfasser vieler und der wertvollsten Artikel. 1750 erschien der erste Band, 1773 der Schlußteil. Ein Jahrzehnt darauf, am 30. Juli 1784, ist Diderot gestorben. In einem letzten Werk süber den römischen Philosophen Seneca ) verherrlicht er den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, da« gewaltige Vorspiel der französischen Revolution. Ein flüchtig paradoxer Einfall DiderotS, der in einem Person« lichen Gespräch aufblitzte, soll den das ganze Leben und Wirken Rousseaus entscheidenden Gedanken erweckt haben: die Ablehnung der gesellschaftlichen Kultur. Diderot selbst aber blieb einem Einfall nichts weniger als treu. Trotz aller Empfindsamkeit für dieschlichte Natur", die auch ihn erfüllt, ist er im Gegenteil ein bewußter, früher Borkämpfer einer höchst entwickelten bürgerlichen Kultur. Klarer als irgend ein anderer hat er die Bedeutung der Technik für die Zukunft der Menschheit erkannt, und man fühlt unmittelbar die bürgerlich industriellen Triebkräfte der großen Revolution, wenn man den prophetischen ArtikelArt" in der Enzyklopädie liest, den Diderot verfaßt hat, eine Verherrlichung der Technik, der Handarbeit, der Industrie sim Stande der Manufaktur). Die revolutionäre Bedeutung des Mannes läßt sich nicht besser und klarer würdigen, als wenn wir zweihundert Jahre nach seiner Geburt aus jenem Artikel einige seiner vorwirkend lebendigen Gedanken übersetzen. Philosophie der Technik. Von Diderot . Der Mensch ist nur der Diener oder der Deuter der Natur; er versteht und schafft nur soviel, als er durch Versuch oder Nachdeuken Kenntnis von den Dingen hat, die ihn umgeben. Seine bloße Hand, wie stark sie immer sein mag, wie unermüdlich und geschmeidig, vermag nur für eine geringe Zahl von Leistungen auszureichen; große Dinge leistet sie nur mit Hilfe von Werkzeugen und Regeln. Die Werkzeuge und Regeln sind gleichsam Muskeln, die den Armen hinzugefügt werden, und Kräfte, die die des Geistes verstärken. In der Technik, mit der ich mich hier um f« mehr beschäftigen werde, je weniger die Schriftsteller von ihr gesprochen haben, ist'das Vermögen des Menschen zusammengefaßt, sich die natürlichen Körper zu nähern oder zu entfernen. Der Mensch kann alles oder nichts, je nachdem diese Annäherung oder Entfernung möglich ist oder nicht. Ich sage mit einem Philosophen, daß die Naturgeschichte ohne die Technik unvollständig ist. Ich fordere die Naturforscher auf, ihr Werk über die Pflanzen-, Stein- und Tierreiche zu krönen durch die Erfahrungen der Technik, deren Kenntnis erst recht zur wahren Philo« sophie gehört; und ich wage nach einem Beispiel hinznzufügeir: also ist die Sache, die ich treibe, keine Meinung, sonder» ein Werk, und sie ist nützlich und von erster Bedeutung. Das sind nicht