-

810

die

-

Twittewittewitte tviiii:

-

Der Tag und der Weg, nur der Weg und der Tag Kleinste Krume vom Festgelag!

Dieses Abendlied fennt der Steinklopfer.

-

doch nie

mit feinen, sympathischen, femitischen Zügen und einem Paar schwermütiger Augen, die jedoch jederzeit eine Härte an­nehmen konnten, faß müde zurückgelehnt in seinem Drehstuhl. Eine erloschene Zigarre hing in dem einen Mundwinkel, und und der Wegarbeiter, dessen Mahd am Graben entlang felten er starrte geistesabwesend auf ein Chiffretelegramm, während pünktlich zur richtigen Zeit geschieht, der vielmehr aus Rücksicht auf die Geheimschrift der Linie aufgeschlagen auf seinen Knien die benachbarten Aecker hier und da hinaus muß, um das Unkraut lag. Reuters   zugleich faltes und gutmütiges Antlig eine zu fappen, ehe es Samen anfeßt, trifft oft auf ein Neft, das aus Art Napoleonantlig, mit einem vierkantigen, starken Ver- fonmverblichenen halmen wie ein Körbchen geflochten ist und auf brecherkieferverzog sich zu einem Lächeln, und zwar in dem Grabenhang durch die Stengel des wilden Sterbels festgehalten der Weise, daß von den Nafenflügeln zwei Paranthesezeichen wird, die bei der Arbeit als Stüßpfeiler gedient haben; Schutz vor ausgingen, aber keine runden, sondern solche, die man in der dem Regen bietet dem Neftlein das flutende Gras oder der mächtige Setersprache Klammern nennt und die sich unter den Mund- Familienregenschirm des Klettenblatts. winkeln an der Biegung des Kinns schlossen oder zusammen­schoben. Alles war rechtwinklig und vieredig an diesem Manne äußerlich sogar sein Lächeln.

--

-Hallo, Roth! grüßte er, und der Frachtagent hob den Kopf. Inwendig fuhr er zusammen, aber er ließ sich nichts anmerfen.

Er erwiderte den Gruß freundlich, gleichmütig: -Hallo, alter Stier!

Diese scheinbar höchst unpassende und naseweise Anrede­form dem mächtigsten Geschäftsmann und Millionär des kom­menden Augenblics gegenüber war dennoch für den Ein­geweihten völlig forrekt und gerade jetzt ganz an ihrem Play. Sie war eigentlich eine brutale, aber keineswegs frivole Schmeichelei. ( Fortfegung folgt.)

Die Goldammer  .

Von Svend Fleuron  .

Niemals zwischert die Goldammer so wehmütig, wie an einem Regentage im Herbst.

-

Wenn er anbricht, der mit Sehnsucht erwartete Morgen, wo das Getreide in voller Reife steht und bloß darauf harrt, in Schwaden gelegt zu werden wenn der Bauer sich mit seinen Tagelöhnern berabredet und für einige Wochen ein paar von den verzweifelten Existenzen, die in der Herbstzeit von Hof zu Hof ziehen, in feinen Dienst genommen hat wenn vorgemäht worden ist für die Garbenbindemaschine, die Bierfäßchen gefüllt sind und die Speise-. fammer mit Schlackwurst und Kümmeltäie frisch versehen ist wenn der Brotherr am frühesten auf den Beinen und flinker als gewöhnlich über den Hofplatz zum Stallflügel schlendert, um den Tieren ein ordentliches Kernfutter zu geben, und dabei in die Fäuste spuckt, zum sichtbaren Beweise seiner aufgesparten Arbeitslust und wenn es dann still, langsam und anhaltend vom bleischweren Himmel herniederzurieseln beginnt, als neues Vorzeichen eines Landregens für die zweite Augustwoche, dann ist der rechte Resonanzboden geschaffen für die feltfame Wehmut in den zarten Tönen der Goldammer  , dann erst findet dieser Vogel Gehör für seinen einfachen fleinen Gefang. Ein selbstherrliches Geschöpf ist die Goldammer ein genüg samer Bursch, der sich nur zur Winterszeit, wenn die Umstände ihn zwingen, dazu bewegen läßt, Umgang mit der feinern Gesellschaft zu suchen ein einsamer Sänger, der da zu Hause ist, wo der Wind ihm frei seine düstere Begleitung gewähren fann.

--

Auf dem öden Steinplay, zwischen unfruchtbaren Hügeln von grauen Feldsteinen, zwischen Schotterhaufen und Pfannenstein hüpft die Goldammer umber; auf der offenen Landstraße in den spärlichen Bäumen, deren zerfaserte Kronen sich refigniert zueinander neigen, strebt sie nach dem Wipfel hin und man trifft sie auf der äußersten Spitze eines welken Zweiges, wo sie sich schaufelt und wiegt, in turmgeschorenen Schlehenbüschen sowohl an der Grenzscheide des Außenfeldes wie auch an unseren Waldrändern.

Ja, auch der Wegmann fennt den Vogel anders:

-

er fann nicht

Just wenn die Arme im Schwunge gestreckt sind, die Sichel nach hinten, und wenn die ungleichmäßig abgenutzte Klinge fingend die Schwaden nimmt, so fann es geschehen, daß vor der Spize seines flopigen Holzschuhes ein Vogel aufflattert und verwirrt davonfliegt. Jäh hält er im Schlage inne, läßt die Sichel ruhen und mit der Linken vorsichtig das Gras zerteilend, sieht er da vor sich vier, fünf gelbgeränderte Schnabel, die, ohne zu mudsen und doch so ver­nehmbar, nach Futter schreien.

-

Für feine Forderung hat der Mann aus dem Volfe ein schärferes Gehör! Sie erinnert ihn ja nur an eine alltägliche Szene von daheim:

Brot muß herbeigeschafft werden, Fett und ein wenig Salz. Und doch ist das Essen nicht mal das Schlimmiste, Herr Pastor.... Nein, an den Kleidern fehlt's, wenn der liebe Gott einen nun mal mit einer großen Kinderschar gefegnet hat."

Den Hirschchen hier im Grase fällt es gewiß leichter! Und während der Wegmann so schaut und daran denkt, daß jein Größter zu Hause ja bald stehen" wird, sieht er die Gold­ammer fich unruhig nähern. Gelb ist sie am Vorderleib- sonst gleicht sie einem unansehnlichen Sperling.

Aber der Jäger vor allem hat gelernt, die Goldammer gut schätzen, wenn er sich an späten Herbsttagen, müde von der Hühner­jagd, die sich ihrem Ende zuneigt, auf den Grenzivall wirft, um den Lehm von den Stiefeln zu fragen und eine Weile auszuruhen. Hintenüber gelehnt, die Hände tief in den Taschen, sieht er den Sprühregen einſidern und wenn er dann plöglich, steif, talt und schwer, die Augen aufschlägt, figt die Goldammer zwitschernd auf der Weide über seinem Kopfe der einzige Vogel, der in der Schläfrigkeit des Novembertags den Schnabel auftun mag.

-

Nun hat er etwas mit nach Hause zu nehmen! Der Steinklopfer, der Wegmann, der Jäger und auch der Eisenbahnkondukteur aus der alten Zeit, der sich, während der Zug dabinsauste und sich in den Wind einhüllte, an der Seite vorwärts arbeitete von Coupé zu Coupé  .ja, auch der Kondukteur tann, trog dem Poltern des Zuges, in einem jagenden Moment einen Eindruck von dem Kleinen Sänger bekommen und sich verleiten lassen, ihm mit den Augen zu folgen, wenn er, in die Flucht gescheucht durch den eilenden Zug, die Flügel ausbreitet und steigt und steigt, bis er endlich vom Winde fortgesogen wird über den dröhnenden Waggons.

" 1

achtet wird.

-

Jm Dedlandgehöft dagegen schenkt der Goldammer niemand Beachtung. Hier gibt es für genug zu sorgen. Der Boden ist widerspenstig und die Gesindeverhältnisse sind schwierig. Zwei schwielige Hände auf dem Felde und zwei gekrümmte Hände im Hause fun ihre Pflicht. Und doch stellt sich ein Jahr übers andere der Huflattich ein, wie der Staub in den Winkeln fällt; die Hypo­thekenzinsen müssen bezahlt, Steuern und Abgaben entrichtet werden; man muß etwas daran wenden für neue Gerätschaften und für ein wenig mehr Bestand... und dann soll man ja auch leben. Mit den Kleidern, Herr Pastor, mag es sein, wie es will!" An eine solche Stelle paßt die Goldammer eigentlich gut; hier eine ist sie die zarte Poesie inmitten der Prosa des Arbeitstags Poeste, nach der niemanden verlangt, und die von feinem be­Aber eines Morgens im Herbst an dem Morgen, dem man mit Sehnsucht entgegengesehen hat, weil das Korn jetzt so reif ist, geht der Mann leichtfüßiger als gewöhnlich wie's werden kann über den Hofplatz zum Stallflügel hin, um den Tieren ein ordent liches Kernfutter zu geben. Eine Mähmaschine ziemlich alten Modells ist für eine Woche gemietet worden, zwei halberwachsene Jungen haben versprochen zu helfen, die Bierfäßchen sind gefüllt und das Bockzicklein der Geiß ist geschlachtet min soll's an die Arbeit Der Steinklopfer, der den lieben langen Tag hinter seinem geh'n! schräggestellten Strohschirm auf den Flintstein losschlägt, daß es Da beginnt, beim Morgenimbiß, der Landregen vom bleiernen prasfelt, auf den Granit, daß er seine bläulichen Funken speit, er Himmel herabzufidern, langsam und still macht er sich an seine Ar­sieht wohl so manches Mal, wenn's auf Feierabend zugeht, die Gold- beit ammer singend auf dem Gipfel der Klafter sizen und er läßt die mit Tüchern umwickelten Hände schlaff in den Schoß sinken, reckt sich morgen auf seinem Sig mit gedehntem Schnauben und lauscht dem Vogel; wie schön gligert das golddurchwirkte Federkleid in der unter­gehenden Sonne, die durch zerrissene Wolfenschichten hervorflimmert! Twittewittewitte wiii!

An den langbogigen Telegraphendrähten von umwachienen Eisenbahnlinien flammert sich der Vogel gerne fest; er hält sich im Gleichgewicht mit Hilfe des langen Schwanzes, der, leicht aus­gebreitet wie ein halbgeöffneter Fächer, unaufhörlich im Winde schlägt, auf und nieder oder er setzt sich auf die windgeschützte Seite der aus Reisern geflochtenen Garteneinfriedigung des einsamen Dedlandgehöfts, mit der Aussicht auf ein sandiges Startoffelfeld und ein distelreiches Stück furzstengeligen Hafers.

-

Nur eine Reihe gleichlautender, flar flingender Töne, die zum Schluß in ein weiches Zittern übergehen, das langsam in die Luft hinichmilzt wie das ersterbende Beben der feierlichen Gebetschläge bon der Glocke der Dorfkirche.

-

-

Ausdauer versprechend.

-

-

-

Kein Erntewetter gestern, feins heute und wohl auch feins nur Regen, der ins Getreide rieselt, ins Gras sickert und auf die Rübenblätter trommelt! Da trällert die Goldammer inniger als je zuvor ihre weh­mütige Strophe der einzige Vogel, der in all der Hoffnungs­losigkeit den Schnabel aufzusperren wagt. Den Millionen Tropfen zum Trozz fährt sie fort und fort. Ein fleiner Sänger antwortet dem andern und bald ist es, als wäre die ganze ertrinkende Frucht der Felder von einem Trauerchoral umspannt.

Twittewittewitte- wiii! Twittewittewitte- wiii!