noch ganz klein! Der arme Pigonl Davon hatte ich keine Ahnung! Die Gerichtsvollzieher benahmen sich sehr anständig. Hören Sie," sagte der gröhere von beiden,wir geben Ihnen vierundzwanzig Stunden, um da? nötige Geld zu beschaffen; mein Genosse kann hier im Laden übernachten wir möchten nicht zu hart mit Ihnen verfahren Ich half Madame, die Kinder zu beruhigen.' Wenn ich daS Geld hätte', sagte ich,würde ich es Ihnen zur Verfügung stellen, Madame-- im Herzen eines jeden an- ständigen Menschen sollte Humanität zu finden sein; aber ich habe kein Geld, Denken Sie doch nach, ob Ihnen nicht Freunde helfen könnten.' Monsieur', erwiderte sie.ich habe keine. Hätte ich denn eit. Freundschaften zu schließen-- ich, mit meinen fieben indern?' Aber in Frankreich . Madame?' Auch dort habe ich keine. Ich bin ja doch mit meiner Familie überwarfen; und bedenken Sie, es sind jetzt fieben Jahre her. seit wir nach England kamen, und das geschah damals nur. weil uns niemand helfen wollte.' Die Dinge schienen schlimm zu stehen, aber was sollte ich machen? Ich konnte nur sagen: Lasten Sie die Hoffnung nicht sinken, SDiadame vertrauen Sie mir!' Ich ging fort. Den ganzen langen Tag dachte ich daran, wie ruhig sie gewesen war großartig! Und ich sagte mir in einem fort: Also streng dich an! Denk was anS! ES muß was geschehen I Aber nichts fiel mir ein. Am nächsten Morgen hatte ich wieder jene gehelligte Stätte der Wohltätigkeit zu besuchen und ich machte mich auf den Weg. voll von Gedanken, was man nur für die arme Frau tun könnte; e? war, als hätten sich die Kinder an meine Beine geklammert und hielten mich fest. Ich kam spät hin und um die Zell einzuholeir, rasierte ich diese Subjekte dort, wie ich sie noch nie zuvor rasiert hatte; ein heißer Morgen ich schwitzte l Zehn für einen Pcnnh! Zehn für einen Penny I Ich dachte daran und an die arme Frau. Endlich war ich fertig und setzte mich nieder. Ich überlegte mir: ES ist zu viel! Warum tust Du's eigentlich? Es fft dumm von Dir! Du vergeudest Dich! Und dann kam mir meine Idee! Ich verlangte nach dem Verwalter. .Monsieur' sagte ich. ,cS ist mir unmöglich, loeiter her- zukommen.' WaS sagen Sie?' fragt er. Ich habe IhreZehn für einen Penny' satt ich heirate; ich kann es mir nicht leisten, noch länger herzukommen. Ich magere zu sehr ab für so ein Schundgeld!' Was?!' sagt er,Sie sind ein beneidenswerter Mensch, wenn Sie fich'S leisten können. Ihr Geld so zum Fenster hinaus- zuwerfen.' Mein Geld zum Fenster hinauswerfen! Pardon, Monsieur, aber schauen Sie mich an' ich schwitzte noch iinmer sehr stark für jeden Penny. den ich hier mache, verliere ich drei, und dabei rechne ich gar nicht die Schuhsohlen, die ick hin und zurück auf dem Wege ablause. Als ich noch Junggeselle war, Monsieur, ging's nur mich und sonst keinen was an, damals konnte ich mir diese Ertra- vaganzen noch erlauben, aber jetzt muß das ein Ende nehmen ich habe die Ehre. Monsieur!' Ich ließ ihn stehen und ging fort. Ich begab mich zu dem Laden der PigonS. Der Gerichtsvollzieher war noch immer dort pfai! Er muß die ganze Zeit geraucht haben. Ich kann Ihnen keine längere Frist gewähren', erklärte er mir. Das hat jetzt nichts mehr zu sagen,' gab ich zurück; und ich klopfte an und ging in das rückwärtige Zinuner. Die Kinder spielten in einer Ecke, und da« Seine Mädchen mit seinem goldenen Herzen hütete sie wie eine Mutter; und Madame saß am Tisch, ein paar schwarze Handschuhe an. Mein Freund, noch nie habe ich ein solches Geficht gesehen gefaßt, aber so blaß, so schrecklich entmutigt, so verarämt. Fast sah es aus, als wenn fie den Tod erwartet hätte. Es war arg, es war arg wo der Winter vor der Tür stand! Guten Morgen, Madame!' sagte ich,etwa? Neues? Haben Sie irgendeinen Ausweg gefunden?' Nein, Monsieur. Und Sie?' Nein.' Und ich sah fie wieder an eine schöne Frau; ach, eine schöne Frau! Aber hören Sie', sagte ich,heute morgen ist mir eine Idee gekommen. Also was würden Sie dazu sagen, wenn ich Sie auf- forderte, mich zu heiraten? Es wäre am Ende bester als nichts.' Sie blickte mich mit ihren dunkeln Augen an und erwiderte: Aber gerne, Monsieur I" Und jetzt, Kamerad, jetzt erst fing sie zu weinen an zum erstenmal I' Der kleine Franzose hielt inne und sah mich lange an. .Hm!' sagte ich schließlich.Sie haben Courage!' Er starrte mich wieder an; sein Blick verdüsterte sich, als hätte ich ihm ein schlechtes Kompliment gemacht. Glauben sie?' ftogle er endlich, und ich merkte, wie ihn der Gedanke quälte, als hätte ich ein dunlleS Angstgefühl in seinem Innern aufgerührt. Ja", sagte er gedehnt, während sein gutmütiges gelbes Gesichr Verantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Druck u. Verlag immer runzeliger wurde und jede Runzel dunller zu werden schien. ich fürchtete mich davor, schon als ich's tat. Sieben Kinder I' Noch einmal blickte er mich an:Und feit damals! Manchmal manchmal könnt' ich ja' Er brach jäh ab, dann fuhr er heftig fort:Das Leben ift schwer! Was sollte man machen? Ihr Gatte war mein Freund. Hätte ich es mitansehen sollen, wie fie auf die Straße gehen mußte?" Aus dem Englischen von L. Leonhard. kleines Feuilleton. Hygienisches. Die Antisepsis in der Barbierstube. Der von der Pariser Prophyloftischen Gesellschaft mit der Erforschung von Borbeugungsmitteln beauftragte Dr. Fouquct tritt mit Vorschlägen hervor, deren Ausführung er zur Verminderung der Ansteckungs- gcsahr� in den Barbierläden für unumgänglich, rotwendig hält. Hauptsächlich redet er einer schärferen Desinfektion und Sterili- sation der verschiedenen Gerät« das Wort. Er verlangt, daß die Schneideinstrumente in einer einprozentigen Lösung von Natrium- karbonat nach jedesmaligem Gebrauch gewaschen und hierauf mit einem trockenen Handtuch abgerieben tverden. Bürsten, Kämme und Pinsel sind täglich in ammomakhaltigem Seisenwasser zu ent- fetten. Alle metallischen Instrumente sind der Flamme auszusetzen. Pinsel und Seisennapf sind bor jedesmaligem Gebrauch in kochen- des Wasser zu tauchen. Bürsten und Kämme sind in einem her- metisch verschlossenen Schrank aufzubewahren, in dem eine Schale mtt. einer vierprozentigen Formallösung steht. Puderquasten dürfen nicht gebraucht werden. Statt ihrer hat man sich Watte- bausche zu bedienen, die nach jedesmaligem Gebrauch fortgeworfen werden müssen. Ein Trockenzerstäuber ist ebenfalls zum Pudern zulässig. Alaunsteine dürfen nicht benutzt werden; sie find durch pulverisierten Alaun zu ersetzen, der mit Hilfe eines Wattebausches aufgetragen wird. Ferner legt Dr. Fouquet den Barbieren ans Herz, das Rasiermesser nicht durch Streichen über den Daumen auf seine Schärfe hin zu prüfen. Der Battcriologe Dr. Langlais hatte festgestellt, daß ein Rasierpinsel, nachdem er in balterien- freies Wasser getaucht worden war, dort nicht weniger als 160 000 Bakterien aus den Kubikzentimeter hinterließ. Das Rasiermesser erwies sich als nicht weniger gefährlich. Es wies 7000 Bakterien vor dem Eintauchen in das Sterilisationswasser auf. 14 000 nach dem Streichen über den Riemen und 26 000 Bakterien, nachdem der Barbier mit dem Daumen die Schärf« der Schneide geprüft hatte. Der als antiseptisches Mittel vielgerübmte Alaunstein ergab nach den Forschungen Dr. Remlingers 68 250 Bakterien auf den Kubikzentimeter in bakteriensreiem Wasser. Und Bürsten und Kämme konnten sich einer nicht minder reichhaltigen Bakterien- flora oder besser Fauna rühmen. Verkehrsweseu. Der Weltgürtel der drahtlosen Teleyraphie. Räch den Plänen der Marconi -Gesellschaft, die dieser Tage in Ren» Dar! bekanntgegeben wurden, wird in nicht allzu langer Zeit ein Gürtel von Abgabe- und Empfangsstationen den ganzen Erdball umspannen und damll ein« neue bedeutsame Epoche in der Ge- schichte der drahtlosen Telegraphie eingeleitet werden. Mit der Er» Öffnung der Abgabestatton von Louisberg in Reu-Schottland. die in der vergangenen Woche eröffnet wurde und die mit der Empfangs- station von Glace Bay in Verbindung steht, ist die Möglichkeit der Abgabe und Annahme von transatlantischen drahtlosen Nachrichten verdoppelt worden. Eine neue Erfindung Marconis gestattet, daß die Nachrichten jetzt zur selben Zeit abgesandt und aufgenommen werden. Am 1. Januar 1914 soll dann das neue System der trans- atlantischen drahtlosen Verbindungen weiter verstärkt werden durch zwei Stationen zu Carnarvon und Towhn in Wales und zwei zu Belmar und Reu-Braun schweig in New Jersey . Ein wenig später beabsichtigt die Marconi -Gesellschaft noch andere neue Verbindungen zwischen Boston in Massachusetts und Stavangcr in Norwegen zu eröffnen. Auf diese Weise werden in kurzer Zeit an die Stelle des einzigen Paares von Austauschstattonen, die früher der trans - atlantischen drahttosen Telegraphie zur Verfügung stand, 84 Wege getreten sein, aus denen drahttose Nachrichten zwischen Amerika und Europa befördert werden können. Ein weiterer Ausbau des ge- planten.Weltgürtcls' wird eingeleitet durch die Errichtung von großen Stationen in der Nähe von San Franziska und aus den Havannseln, die für den drahtlosen telegraphischen Dienst mit dem Orient bestimmt find. Japan wird binnen kurzem eine vollständige Station für drahtlose ZÄegrophie haben, und die Errichtung eben- solcher Stattoncn auf den Philippinen und in China fft von der Marconi -Gesellschaft in Ausficht genommen. Stationen werden auch in Brasilien und Argentinien eingerichtet und solche an allen Hauptplätzen Südamerikas sollen folgen. Mit dem Beginn der neuen drahtlosen Verbindung über den Stillen Ozean , die im nächsten Jahr erfolgen wird, tritt die Verwirklichung des groß- arttgen Planes zum erstenmal hervor und effie Verbilligung der Gebühren soll die wichtige Erfindung auch weiteren Kreisen zu- gänglich machen.___ : Vorwärts Buchdruckerei u.Vertag«an stall Paul Singer L-Eo., Berlin SAk.