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Verrenn' Dich nur nicht in eine Liebschaft. Das worden. Nicht nur ein margiftischer Forscher wie Cunow, fondern flingt alles ganz gut und schön: die Eltern daheim unter- auch andere Vertreter der Urgeschichte und der Völkerkunde legten ftigen; aber daß man das alles auf dem Podium verdient immer größeres Gewicht auf die ökonomischen Grundlagen, deren was? genaue Kenntnis den Aufbau der Gesellschaft und besonders die das wird man wohl keinem weismachen können Verwandtschaftsverhältnisse erst verständlich macht. Es ist gewiß Und diesen gutgemeinten Zynismus brillte der Doktor ein glänzender Beiveis für die Fruchtbarkeit der materialistischen hinaus mit einem Gesicht, so fürchterlich wie eine Moloch- Geschichtsauffassung, daß Forscher, die ihr von vornherein teilnahms­los oder fogar ablehnend gegenüberstanden, durch die Tatsachen ( Fortlegung folgt.) selbst gezwungen wurden, nicht nur diese Methode anzuwenden, sondern dies soar teilweise fonsequenter, folgerichtiger zu tun, als es Engels   möglich war.

maste.

Eine materialiftifche Soziologie.

Das Werk Müller- Lyers.

Engels   hat im Anschluß au Morgan die frühesten Entwicklungs­epochen der Menschheit in Unter-, Mittel- und Oberstufe der Wildheit und ebenso in drei Stufen der Barbarei eingeteilt, und diese einzelnen Stufen werden vornehmlich durch bestimmte technische Er­findungen charakterisiert, wie die des Feuers, von Pfeil und Bogen, der Töpferkunst usw. Diesen so gebildeten Stufen entsprechen dann jeweils bestimmte Formen der Verwandtschaftsorganisation. Zuerst aller Wahrscheinlichkeit nach regelloser Geschlechtsverkehr. Aus diesen entwickelt sich die Blutverwandtschafts- und weiter die sogenannte Bunalnafamilie, aufgebaut auf einer eigentümlichen Form der Gruppenehe. Hieraus entwidelt sich dann die Paarungsfamilie" und als leyte   bisher erreichte Stufe die monogame Che".

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2. Friedrich Engels   und nachher. Von allen gesellschaftlichen Einrichtungen erscheint dem in den Anschauungen des Alltags aufgewachsenen Menschen keine so un­veränderlich, so sehr dem historischen Wandel entrückt wie die Familie. Daß die Staatsformen sich ändern, erfährt er aus der Zeitung, und in den letzten zehn Jahren hatte man ja erfreulich oft Gelegenheit, solche Veränderungen zu beobachten. Auch die Religion erscheint wandelbar; in der Schule lernt man ja schon, daß das Christentum erst ziemlich spät entstanden ist, und daß andere Religionen vor Sieht man genauer zu, so ist ein Zusammenhang zwischen jenen ihm da waren. Und selbst, daß die Moral nicht une technischen Errungenschaften, durch die jene Entwidlungsstufen veränderlich ist, lehrt die Bibel selbst. Wollte heute jemand charakterisiert werden, und den Verwandtschaftsformen, die ihnen ent­das Leben der Erzväter wiederholen, er fäme nicht nur sprechen, allerdings kaum zu finden. Tatsächlich hat sich ja auch Engels  mit unseren Moralanschauungen, sondern auch mit Polizei und dadurch gezwungen gesehen, an der materialistischen Geschichtsauffassung Gericht in recht häufigen Konflikt. Unveränderlich aber wie ein sehr bedeutende Einschränkungen vorzunehmen. Die Aenderungen der Fels in der Brandung scheint die Familie dazustehen als die Zelle, verwandtschaftlichen Organisationsformen hängen bei ihm nicht von aus der sich erst der gesellschaftliche Drganismus aufbaut. Zwar dem ökonomischen Aufbau der Gesellschaft ab, sondern teils von rein zeigt uns auch schon die Bibel, daß die Familienverhältnisse einst biologischen Faktoren, von der Sänftigung der Sitten, von der lln­andere waren als heute, daß insbesonders in jenen Zeiten Viel- möglichkeit des Nachweises der Waterschaft usw., teils einfach von dem weiberei herrschte, aber dieser Unterschied erscheint nicht gar so Anwachsen des Reichtums. Die durch den regellosen Geschlechts­wesentlich. Seit damals, werden wir belehrt, hat sich eben die verkehr und die dadurch herbeigeführte unsicherheit der Vaterschaft Gefittung gehoben, und die verlangt, daß sich jeder Mann, ivenigstens bedingte Notwendigkeit, die Verwandtschaft nach der Mutterfolge offiziell, mit einer Frau zufrieden gibt. Und sie bewirkt auch, daß zu berechnen, soll zu einer besonderen Würdigung der Frau fich die Stellung der Frau allmählig hebt. Ihre Unterordnung hat führen, die dadurch nicht nur dem Manne gleichgestellt, allerdings von jeher bestanden und wird daher auch weiter bestehen sondern ihm vielfach ihm vielfach sogar übergeordnet wird. Erst der wachsende Reichtum gebe den Anreiz, Privateigentum von dem Be­In diese so ruhige Betrachtungsweise haben nun Geschichtsforschung siz der mutterrechtlichen Sippe abzusondern, damit aber auch, legitime und vergleichende Völkerkunde zugleich gewaltige Löcher gerissen. Erben zu zeugen, auf die dieses Eigentum übergehen könnte. Es hat sich gezeigt, daß die Familie im Laufe der Jahrtausende sei die Einzelfamilie entstanden, in der der Mann, der Vater schon die mannigfachsten Wandlungen mitgemacht hat, daß es sogar herrschte. Der Umsturz des Mutterrechts war die weltgeschichtliche eine Zeit gab, wo sie überhaupt nicht bestand und daher auch nicht Niederlage des weiblichen Geschlechts." die Urzelle des gesellschaftlichen Organismus abgeben konnte, und fogar was bis dahin als geradezu selbstverständlich betrachtet worden war. daß das Weib dem Manne stets hörig und untertan war, zeigte sich für gewisse gesellschaftliche Verhältnisse als unrichtig. Ja, man fand Beiten und Völker, die eine ausgesprochene Bevor­rechtung der Frau, ja ihre Herrschaft gekannt haben.

bleiben..

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Diese Entdeckungen erschütterten die ganze Anschauungsweise in den Sozialwissenschaften määtig. Sie wurden starke Stützen der Entwickelungstheorie, und mit dem größten Eifer stürzte sich die junge Wissenschaft auf die Aufgabe, Ordnung zu bringen in das scheinbar wirre Chaos der neuentdeckten Tatsachen, die Geseze ihrer Entwickelung zu erforschen; und da war es von größter Bedeutung, daß einer der hervorragendsten Forscher auf diesem Gebiet, Lewis H.   Morgan, die Abhängigkeit der Familienformen von der Wirtschaft entdeckte. Diese Tatsache bot der von Marg und Engels   aufgestellten materialistischen Geschichtsauffassung eine willkommene Bestätigung und Ergänzung, und so wurde das Buch Morgans von unseren beiden Altmeistern mit großer Freude begrüßt, und Engels   schrieb auf Grund von Morgans Forschungen sein Buch Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates  ".

Dieses Buch hat für die Aufklärung und geistige Fortbildung des Proletariats eine gewaltige Bedeutung erlangt. Ungezählte Tausende von Proletariern haben direkt oder indirekt aus ihm gelernt, daß selbst die Verhältnisse der Gesellschaft, die zunächst als die unwandelbarsten erscheinen, doch derselben Veränderlichkeit unter­worfen sind wie alle anderen, und daß auch hier sich der Grundsatz bewährt, daß die übrigen gesellschaftlichen Verhältnisse jeweils abs hängig sind von den wirtschaftlichen.

Aber seit der vierten Auflage dieses Buches von 1891, der legten,

So

Die neuere Forschung hat gezeigt, daß die wirtschaftsgeschicht liche Grundlegung dieser Theorie ungenügend und daß die Folge rungen zum großen Teil irrig sind, aber auch, daß jene Ein­schränkungen der materialistischen Geschichtsauffaffung, zu denen sich Engels   genötigt glaubte, ganz überflüssig, ja irreführend find. Die wichtigste Entdeckung, die in dieser Hinsicht gemacht wurde, und die auch Müller- Lyer mit besonderem Nachdruck hervorhebt, ist die von der primitiven Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, wonach der Mann sich der Erwerbung hauptsächlich tierischer Nahrungsmitel zuwandte, also der Jagd, während das Weib Wurzeln und Früchte suchte, daneben allerdings auch fleine Tiere, wie Schnecken, Würmer, Käfer usw. nicht ver­schmähte. Erst diese Entdeckung lieferte den Schlüssel zum Ver­ständnis all der bisher so rätselhaften Erscheinungen der verwandt­schaftlichen Organisation. Vor allem wurde es nun klar, daß mit einer so allgemein gehaltenen Stufeneinteilung nach technischen Er­findungen, wie sie Morgan vorgenommen hatte, nichts getan war. Nicht auf die Technit tam es an, sondern auf die Wirtschaft. Zunächst mußte scharf unterschieden werden zwischen Gesellschaftsgruppen, die sich vorwiegend von der Jagd und der aus ihr hervorgegangenen Viehzucht ernährten, und jenen, deren wirtschaftliche Grundlage der Ackerbau bildete. In den ersteren Wirtschaftsformen herrschte der Mann, in den letzteren aber oft die Frau, die Erfinderin der Kunst des Ackerbaus, von deren Tätigkeit Wohl und Wehe der ganzen Gesellschaft abhing.

Aber nicht nur die Stellung der Frau war nun aus den Wirt schaftsverhältnissen erklärt; auch die ganze Art des Zusammenlebens fonnte nun auf diese zurückgeführt werden. Gustav Edstein.

die Engels ſelbſt noch revidieren konnte, hat die völkerfundliche Erlebniffe eines blinden Kindes.

Forschung ungeheure Fortschritte gemacht. Ein gewaltiges Material ist zutage gefördert worden, und zahlreich sind die Versuche, diese Tatsachen entweder mit den älteren Anschauungen in Einklang zu bringen oder sie neu zu gruppieren und neue Anschauungen aus ihnen zu gewinnen. Die Literatur über diese Fragen ist mächtig an­geschwollen, und heute ist es dem Laien kaum mehr möglich, sich hier ohne verläßlichen Führer zurecht zu finden.

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Von Detar Baum.

Brunos Eintritt in die Blindenanstalt verzögerte sich durch Mutters Krankheit. Man mußte jede Aufregung von ihr fernhalten und verschob darum llebersiedelung und Abschied von einem Monat zum nächsten; ein ganzes Schuljahr ging schon darüber hin. Sein neunter Geburtstag war vorüber. Professor Görniß machte sich Vorwürfe, die Reife, die Zukunft seines Sohnes fonnte einmal unter dieser verzögerten Ausbildung leiden.

Einen solchen Führer befizen wir nun in Müller- Lyers Buch Die Familie". Seine Darstellung der ungeschichtlichen Zustände und Verwandtschaftsverhältnisse ist der von Engels   ent­schieden überlegen, und zwar nicht nur an Fülle der Tatsachen, Er versuchte, den Knaben wenigstens als Tagschüler das sondern auch, und das ist besonders interessant, an Konsequenz Institut besuchen zu lassen. Doch der weite, für Bruno und doppelt in der Anwendung der materialistischen Geschichtsauffassung. für seinen Führer zeitraubende Weg morgens und abends in jeder Es ist das nicht ein spezielles Verdienst Müller- Lyers. Die Witterung war beschwerlich. Und es zeigte sich bald, daß diese Art urgeschichtliche und völkerkundliche Forschung ist durch die des Schulbesuches Gelegenheit bot, die Schule nicht voll, nicht ernst Gewalt der Tatsachen selbst immer mehr in diese Bahn gelenkt zu nehmen.